Zinslauf für Erstattungszinsen

Nach § 233a Abs. 1 AO ist, wenn die Festsetzung der Einkommensteuer zu einem Unterschiedsbetrag i.S. des § 233a Abs. 3 AO führt, dieser zu verzinsen. Der Zinslauf beginnt – abgesehen von Ausnahmeregelung in § 233a Abs. 2 Satz 2 AO – grundsätzlich 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist (§ 233a Abs. 2 Satz 1 AO); er endet mit Ablauf des Tages, an dem die Steuerfestsetzung wirksam wird (§ 233a Abs. 2 Satz 3 AO). Als „Unterschiedsbetrag“ i.S. des § 233a Abs. 1 AO definiert § 233a Abs. 3 Satz 1 AO die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, die anzurechnende Körperschaftsteuer und die bis zum Beginn des Zinslaufs festgesetzten Vorauszahlungen.

Zinslauf für Erstattungszinsen

Wird eine Steuerfestsetzung geändert, so ist eine auf ihr beruhende Zinsfestsetzung ebenfalls zu ändern (§ 233a Abs. 5 Satz 1 AO). In diesem Fall ist für die Zinsberechnung der – um anzurechnende Steuerabzugsbeträge und um anrechenbare Körperschaftsteuer verminderte – Unterschiedsbetrag zwischen der festgesetzten Steuer und der zuvor festgesetzten Steuer maßgeblich (§ 233a Abs. 5 Satz 2 AO). Dem sich danach ergebenden Zinsbetrag sind bisher festzusetzende Zinsen hinzuzurechnen; bei einem Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen entfallen darauf festgesetzte Zinsen (§ 233a Abs. 5 Satz 3 AO). Ein Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen ist nur bis zur Höhe des zu erstattenden Betrags zu verzinsen; diese Verzinsung beginnt frühestens mit dem Tag der Zahlung (§ 233a Abs. 5 Satz 4 i. V. m. Abs. 3 Satz 3 AO).

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Sonderregelungen für den Fall, dass bei einer Steuerfestsetzung ein rückwirkendes Ereignis (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 AO) oder ein Verlustrücktrag i.S. des § 10d Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes zu berücksichtigen ist, enthalten schließlich § 233a Abs. 2a und Abs. 7 AO. Nach § 233a Abs. 2a AO beginnt der Zinslauf, soweit die Steuerfestsetzung auf der Berücksichtigung eines rückwirkenden Ereignisses oder auf einem Verlustrücktrag beruht, 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem das rückwirkende Ereignis eingetreten oder der Verlust entstanden ist. Ergänzend dazu bestimmt § 233a Abs. 7 AO, dass bei der Anwendung des § 233a Abs. 2a AO dessen Absätze 3 und 5 mit der Maßgabe anzuwenden sind, dass der Unterschiedsbetrag in Teil-Unterschiedsbeträge mit jeweils gleichem Zinslaufbeginn aufzuteilen ist; für jeden Teil-Unterschiedsbetrag sind Zinsen gesondert und in der zeitlichen Reihenfolge der Teil-Unterschiedsbeträge zu berechnen (§ 233a Abs. 7 S. 1 AO). Ergibt sich ein Teil-Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen, entfallen auf diesen Betrag festgesetzte Zinsen frühestens ab Beginn des für diesen Teil-Unterschiedsbetrag maßgebenden Zinslaufs; Zinsen für den Zeitraum bis zum Beginn jenes Zinslaufs bleiben endgültig bestehen (§ 233a Abs. 7 S. 2 AO).

Die Erstattungszinsen sind zutreffend gem. § 233a Abs. 2a, Abs. 7 i. V. m. Abs. 3 und Abs. 5 AO ermittelt worden.

§ 233a Abs. 2a, Abs. 7 gelten in allen Fällen, in denen Verluste nach dem 31.12.1995 entstanden sind oder ein rückwirkendes Ereignis nach dem 31.12.1995 eingetreten ist (Art. 97 § 15 Abs. 8 EGAO)1.

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Maßgebend für die Zinsberechnung ist der Unterschiedsbetrag zwischen der festgesetzten Steuer und der vorher festgesetzten Steuer, jeweils vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge und um die anzurechnende Körperschaftsteuer (§ 233a Abs. 7 i. V. m. Abs. 5 Satz 2 AO).

Führt wie im Streitfall die Berechnung eines Teil-Unterschiedsbetrags zu einer Steuererstattung, entstehen nach § 233a Abs. 7 Satz 2 AO Erstattungszinsen frühestens ab Beginn des für diesen Teil-Unterschiedsbetrag maßgebenden Zinslaufs, d.h. frühestens 15 Monate nach dem Kalenderjahr, in dem der Verlust entstanden ist. Im Streitfall ist dies der 1.4.1998. Mit dem Wort „frühestens“ zeigt der Gesetzgeber jedoch, dass der Zinslauf auch später beginnen kann. Das kann etwa der Fall sein, wenn der Steuerpflichtige den zu erstattenden Betrag erst nach dem in § 233a Abs. 7 Satz 2 AO genannten Zeitpunkt gezahlt hat. Für die Zinsberechnung verweist § 233a Abs. 7 Satz 1 auf die Abs. 3 und 5 AO. Führt die Steuerfestsetzung zu einem Erstattungsbetrag, beginnt die Verzinsung wegen dieses Verweises erst mit dem Tag der Zahlung des zu erstattenden Betrags2.

Dies entspricht auch dem Sinn und Zweck des § 233a Abs. 2a AO. Dieser besteht u.a. darin, Verlustrückträge erst dann nach § 233a AO zu berücksichtigen, wenn entsprechende Liquiditätsvor- oder –nachteile vorliegen3. Dem Kläger ist jedoch erst am 17.6.2002 durch die Zahlung der Einkommensteuernachzahlungsbetrags ein Liquiditätsnachteil entstanden. Nach Ablauf der Karenzfrist (1.4.1998) lag beim Kläger noch kein Liquiditätsnachteil vor, weil er über den Betrag noch selbstständig verfügen konnte.

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Nach § 233a Abs. 3 Satz 3, 2. HS. AO beginnt die Verzinsung eines Unterschiedsbetrages zugunsten des Steuerpflichtigen frühestens mit dem Tag der Zahlung. Der Grundsatz der Soll-Verzinsung wird insoweit für die Berechnung der Erstattungszinsen durch das Prinzip der Ist-Verzinsung eingeschränkt und ergänzt. Hierdurch soll verhindert werden, dass Erstattungszinsen selbst für solche Zeiträume gezahlt werden müssen, in denen bisher festgesetzte Voraus- oder Nachzahlungen nicht gezahlt worden sind4. Dieser Grundsatz der Ist-Verzinsung für Erstattungszinsen gilt sowohl im Rahmen der erstmaligen Steuerfestsetzung (§ 233a Abs. Satz 3, 2. HS. AO) als auch bei geänderten Steuerfestsetzungen (§ 233a Abs. 5 Satz 4 i. V. m. Abs. Satz 3, 2. HS. AO). Durch den Verweis von § 233a Abs. 7 Satz 1 auf § 233a Abs. Satz 3, 2. HS. AO ist ersichtlich, dass der Grundsatz der Ist-Verzinsung auch im Fall von Erstattungszinsen, die auf einer Änderung nach § 10d Abs. 1 EStG beruhen, gilt.

Ein früherer Beginn des Zinslaufs ergibt sich, so das FG, auch nicht aus einem Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg5. Vielmehr weist das Finanzgericht Berlin-Brandenburg in seiner Entscheidung, die vom BFH bestätigt wurde6, ausdrücklich auf den Sinn und Zweck des § 233a Abs. 2a AO hin, Verlustrückträge erst dann nach § 233a zu berücksichtigen, wenn entsprechende Liquiditätsvor- oder –nachteile vorliegen. Auch der BFH führt in seinem Urteil vom 26.11.20087 aus, dass die Verzinsung frühestens am Tag der Zahlung beginnt.

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  1. BFH, Urteil vom 27.01.1998, VIII R 47/96, BStBl. II 1998, 498[]
  2. Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, § 233a AO Rn. 66; Heuermann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, § 233a AO Rn. 41; Kögel in Beermann/Gosch, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, § 233a AO Rn. 115[]
  3. BT-Drucks. 13/5952, S. 56[]
  4. BT-Drucks. 11/2157, S. 195; BFH, Urteil vom 19.4.2005, VIII R 12/04, BStBl. II 2005; 683; Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, § 233a AO Rn. 46[]
  5. Finanzgerichts Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.06.2007 – 9 K 1793/03, EFG 2007, 1848[]
  6. BFH, Urteil vom 26.11.2008 – I R 50/07, BFH/NV 2009, 883[]
  7. a.a.O.[]