Aussetzung der Vollziehung im Insolvenzfall

Das Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung eines Steuerbescheides entfällt nicht bereits durch die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO) bei gleichzeitiger Untersagung der Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen (§ 21 Abs. 2 Nr. 3 InsO).

Aussetzung der Vollziehung im Insolvenzfall

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhof entfällt das Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) erst mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens1. Maßgeblich ist hierfür, dass Verwaltungsakte zwar gemäß § 251 Abs. 1 AO vollstreckt werden können, die Vorschriften der InsO jedoch nach § 251 Abs. 2 Satz 1 AO unberührt bleiben. Hieraus folgt, dass das FA ab der Eröffnung des Insolvenzverfahrens Steueransprüche, die als Insolvenzforderungen i.S. von § 38 InsO anzusehen sind, als Insolvenzgläubiger gemäß § 87 InsO nur noch nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren verfolgen kann. Eine Zwangsvollstreckung ist nach § 89 Abs. 1 InsO unzulässig.

Die Bestellung eines vorläufigen Verwalters mit Zustimmungsvorbehalt lässt das Rechtsschutzbedürfnis nicht entfallen, da die Vollstreckungsmöglichkeiten hierdurch nicht eingeschränkt werden.

Auch die Untersagung der Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen führt nicht zu einem Fortfall des Rechtsschutzbedürfnisses. Denn die Anordnung nach § 21 Abs. 2 Nr. 3 InsO lässt das Recht auf Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen unberührt, wie sich auch ausdrücklich aus § 30d Abs. 4 des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung ergibt. Ist vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein vorläufiger Verwalter bestellt, ist danach auf dessen Antrag die Zwangsversteigerung einstweilen einzustellen, wenn glaubhaft gemacht wird, dass die einstweilige Einstellung zur Verhütung nachteiliger Veränderungen in der Vermögenslage des Schuldners erforderlich ist.

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Für eine derartige Einstellung bestanden im hier entschiedenen Streitfall ebenso wenig Anhaltspunkte wie für die Annahme, dass die Schuldnerin über keinerlei unbewegliches Vermögen verfügte. Im Hinblick auf die somit für das Finanzamt weiterhin gegebene Möglichkeit zur Vollstreckung in das unbewegliche Vermögen bestand daher das Rechtsschutzbedürfnis fort und ist erst mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens während des vorliegenden Beschwerdeverfahrens entfallen.

Bundesfinanzhof, Beschluss vom 1. August 2012 – V B 59/11

  1. vgl. z.B. BFH, Urteile vom 27.11.1974 – I R 185/73, BFHE 114, 164, BStBl II 1975, 208, unter 2.; und vom 21.06.1979 – IV R 131/74, BFHE 128, 322, BStBl II 1979, 780, unter 1.c; BFH, Beschlüsse vom 11.08.2000 – I S 5/00, BFH/NV 2001, 314, unter II.1.; und vom 15.02.2002 – XI S 32/01, BFH/NV 2002, 940, unter II.1., alle zur Eröffnung des Konkursverfahrens[]