Betriebsaufgabe eines Einzelunternehmens – Schlussbilanz und Aufgabebilanz

Im Fall einer Betriebsaufgabe muss sowohl eine letzte Schlussbilanz nach § 16 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 EStG als auch eine Aufgabebilanz nach § 16 Abs. 3 EStG, die der Ermittlung des Aufgabegewinns bzw. -verlusts dient, aufgestellt werden1.

Betriebsaufgabe eines Einzelunternehmens – Schlussbilanz und Aufgabebilanz

Die letzte Schlussbilanz schließt die (laufende) gewerbliche Tätigkeit des Unternehmers ab. Das Betriebsvermögen ist nach Maßgabe des § 4 Abs. 1 oder des § 5 EStG zu ermitteln (§ 16 Abs. 2 Satz 2 EStG) und ergibt im Vergleich mit dem Betriebsvermögen auf den Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres (hier: 31.12 2002), bereinigt um den Wert der Entnahmen und Einlagen, den laufenden Gewinn des Rumpfwirtschaftsjahres (§ 8b Satz 2 Nr. 1 EStDV 2000). Dieser Gewinn ist gemäß § 7 Satz 1 GewStG auch der Ermittlung des Gewerbeertrags 2003 zugrunde zu legen.

In der Aufgabebilanz werden dagegen etwa veräußerte und in das Privatvermögen überführte Wirtschaftsgüter und die verbliebenen Schulden mit den Werten des § 16 Abs. 3 EStG angesetzt. Aus dem Vergleich des in ihr ausgewiesenen Betriebsvermögens mit dem Betriebsvermögen der letzten Schlussbilanz, vermindert um die Aufgabekosten, ergibt sich der Aufgabegewinn bzw. -verlust (§ 16 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 EStG). Entsteht ein Aufgabegewinn, ist er einkommensteuerrechtlich ggf. um den Freibetrag des § 16 Abs. 4 EStG zu kürzen und im Übrigen gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG tarifbegünstigt zu versteuern. Gewerbesteuerrechtlich bleibt ein Aufgabegewinn oder ein Aufgabeverlust bei der Ermittlung des Gewerbeertrags grundsätzlich außer Ansatz2.

amit ist zunächst der Zeitpunkt des Beginns der Betriebsaufgabe des Einzelunternehmens des Unternehmers zu ermitteln, weil zu diesem Zeitpunkt seine (laufende) gewerbliche Tätigkeit endete und auf diesen Zeitpunkt diese Schlussbilanz (hier nachträglich) zu erstellen ist.

Eine Betriebsaufgabe nach § 16 Abs. 3 EStG liegt vor, wenn der Steuerpflichtige den Entschluss gefasst hat, seine betriebliche Tätigkeit einzustellen und seinen Betrieb als selbständigen Organismus des Wirtschaftslebens aufzulösen, und in Ausführung dieses Entschlusses alle wesentlichen Betriebsgrundlagen des Betriebs in einem einheitlichen Vorgang innerhalb kurzer Zeit an verschiedene Abnehmer veräußert oder in das Privatvermögen überführt3. Sie beginnt mit der ersten vom Aufgabeentschluss getragenen Handlung, die objektiv auf die Auflösung des Betriebs gerichtet ist, wie z.B. die Einstellung der produktiven Tätigkeit oder die Veräußerung bestimmter, für die Fortführung des Betriebs unerlässlicher Wirtschaftsgüter4. Der Abgabe einer Aufgabeerklärung bedarf es -anders als im Fall der Betriebsverpachtung im Ganzen5- nicht6.

Der Beginn der Betriebsaufgabe ist nicht mit der Veräußerung oder Entnahme wesentlicher Betriebsgrundlagen in der Art und Weise verbunden, dass erst bei Vorliegen dieser Handlungen eine solche anzunehmen ist. Vielmehr markiert auch die Veräußerung beweglichen (sonstigen) Anlagevermögens den Beginn der Betriebsaufgabe, wenn der Steuerpflichtige dadurch für den Gesamtbetrieb den Willen bekundet, die gewerbliche Tätigkeit endgültig einzustellen7.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 5. Mai 2015 – X R 48/13

  1. so schon BFH, Urteil vom 03.07.1991 – X R 163-164/87, BFHE 164, 556, BStBl II 1991, 802[]
  2. vgl. zu dem Vorstehenden insgesamt BFH, Urteil in BFHE 164, 556, BStBl II 1991, 802[]
  3. z.B. BFH, Urteil vom 03.04.2014 – IV R 12/10, BFHE 245, 306, BStBl II 2014, 1000, m.w.N.[]
  4. z.B. BFH, Urteil vom 21.10.1993 – IV R 42/93, BFHE 173, 285, BStBl II 1994, 385[]
  5. vgl. BFH, Urteil vom 03.04.2014 – X R 16/10, BFH/NV 2014, 1038, m.w.N.[]
  6. vgl. hierzu und auch zum nachfolgenden auch BFH, Urteil vom 09.12 2014 – X R 12/12, BFH/NV 2015, 988, unter II. 3.b[]
  7. so wohl auch BFH, Urteil vom 21.05.1992 – X R 77-78/90, BFH/NV 1992, 659, unter 2.b[]