Das Finanzgericht – und die Erforschung unstrittiger Tatsachen

Das zur Ermittlung von Amts wegen verpflichtete Finanzgericht (FG) muss auch Fragen nachgehen, über welche die Beteiligten nicht streiten, wenn insoweit Zweifel bestehen.

Das Finanzgericht – und die Erforschung unstrittiger Tatsachen

Gemäß § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO erforscht das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen.

Umfang und Intensität der dabei anzustellenden Ermittlungen können zwar einerseits auch vom Vortrag und Verhalten der Beteiligten abhängen. Insbesondere ist das Finanzgericht nicht verpflichtet, einen zwischen den Beteiligten nicht streitigen Sachverhalt ohne bestimmten Anlass zu erforschen1.

Andererseits rechtfertigt jedoch allein der Umstand, dass das Finanzamt dem Vortrag eines Steuerpflichtigen nicht entgegengetreten ist, für sich genommen nicht, auf weitere Sachverhaltsaufklärung zu verzichten; § 138 Abs. 3 ZPO gilt im finanzgerichtlichen Verfahren nicht. Insbesondere dann, wenn sich in Bezug auf entscheidungserhebliche Tatsachen Zweifel ergeben, kann und muss das Finanzgericht diesen daher auch dann nachgehen, wenn die Beteiligten darüber nicht streiten2.

Im vorliegenden Streitfall ergeben sich in Bezug auf die streitigen Vorsorgeaufwendungen schon deshalb Zweifel, weil sich die von den Klägern geltend gemachten Beträge nicht den Beträgen, die sich aus den vorgelegten Bescheiden des niederländischen Belastingdienstes ergeben, zuordnen lassen.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 24. Mai 2023 – X R 28/21

  1. vgl. BFH, Urteil vom 25.02.2015 – XI R 15/14, BFHE 249, 343, BStBl II 2023, 514, Rz 85; BFH, Beschluss vom 22.08.2006 – I B 21/06, BFH/NV 2007, 10, unter 1.a[]
  2. vgl. BFH, Urteil vom 17.05.1995 – X R 185/93, BFH/NV 1995, 1076, unter 1. und BFH, Beschluss vom 28.09.2011 – X B 35/11, BFH/NV 2012, 177, Rz 10; ebenso BFH, Urteil vom 25.02.2015 – XI R 15/14, BFHE 249, 343, BStBl II 2023, 514, Rz 84; BFH, Beschluss vom 22.08.2006 – V B 59/04, BFH/NV 2007, 116[]
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