Das Finanzgericht darf seiner Entscheidung nicht ein Klagebegehren zugrunde legen, welches über das Begehren des Klägers hinausgeht.

Nach § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO darf das Gericht über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden. Das Gericht darf dem Kläger nicht etwas zusprechen, was dieser nicht beantragt hat, und auch nicht über etwas anderes entscheiden, als was der Kläger zur Entscheidung gestellt hat1.
Dabei wird der Gegenstand des Klagebegehrens nicht durch den Klageantrag, sondern durch den begehrten richterlichen Ausspruch bestimmt2.
Kommt das Klagebegehren im Klageantrag nicht zutreffend zum Ausdruck, hat das Gericht den wahren Willen der Klagepartei anhand der erkennbaren Umstände zu ermitteln. Der Vorsitzende hat sodann darauf hinzuwirken, dass sachdienliche Anträge gestellt werden (§ 76 Abs. 2 Satz 1 FGO).
Im Revisionsverfahren kann der Bundesfinanzhof das Klagebegehren ohne Bindung an die Feststellungen des Finanzgericht selbst ermitteln3.
Der Grundsatz der Bindung an das Klagebegehren (§ 96 Abs. 1 Satz 2 FGO) gehört zur Grundordnung des Verfahrens4. Ein Verstoß führt deshalb auch ohne Rüge zur Aufhebung des angefochtenen Urteils.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 11. April 2017 – IX R 50/15
- vgl. nur BFH, Urteil vom 14.05.2014 – VIII R 31/11, BFHE 245, 531, BStBl II 2014, 995[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 31.01.2013 – III R 15/10, BFH/NV 2013, 1071, m.w.N.[↩]
- BFH, Urteil vom 20.08.2015 – IV R 12/12, BFH/NV 2016, 412[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 19.02.2009 – II R 49/07, BFHE 225, 1, BStBl II 2009, 932[↩]