Der Bundesfinanzhof hat vor einem Jahr entschieden1, dass auch nach Streichung des § 2a Abs. 3 EStG a.F. Verluste aus einer ausländischen Betriebsstätte, deren Einkünfte nach einem Doppelbesteuerungsabkommen im Inland steuerfrei gestellt sind, prinzipiell nicht im Inland abzugsfähig sind. Abweichend davon soll nach Meinung des Bundesfinanzhofs jedoch ein phasengleicher Verlustabzug (im Verlustentstehungsjahr) in Betracht kommen, sofern und soweit der Steuerpflichtige den Nachweis erbringt, dass diese Verluste im Betriebsstättenstaat unter keinen Umständen verwertbar sind.

Dieses Urteil mag die Finanzverwaltung nicht gelten lassen. Mit einem jetzt veröffentlichten Nichtanwendungserlass ordnete das Bundesfinanzministerium an, dass die Urteilsgrundsätze über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht anzuwenden sind.
Damit ordnet das Bundesfinanzministerium nicht nur – wie regelmäßig praktiziert – die Nichtanwendung eines Urteils des Bundesfinanzhofs an. Der Nichtanwendungserlass trifft diesmal auch eine Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, denn dem Urteil des Bundesfinanzhofs ging ein Vorabentscheidungsersuchen des BFH an den EuGH voraus, über das der EuGH im Mai 2008 entschied2 und dabei den Abzug von Betriebsstättenverlusten im Inland ausschloss, sofern nach einem Doppelbesteuerungsabkommen diese Betriebsstätteneinkünfte im Inland steuerfrei gestellt sind, wenn die Verluste im Betriebsstättenstaat in künftigen Steuerzeiträumen berücksichtigt werden können. Der EuGH stellt damit allein auf die rechtliche Möglichkeit der Verlustberücksichtigung im Betriebsstättenstaat ab. Ob tatsächlich ein Verlustabzug erfolgt bzw. der Steuerpflichtige diesen in Anspruch nimmt, ist dabei unerheblich.
Da erst im Rahmen des vorgenannten EuGH-Verfahrens bekannt wurde, dass in dem Streitfall „Lidl Belgium“ die im Inland zum Abzug beantragten Betriebsstättenverluste bereits in späteren Veranlagungszeiträumen im Betriebsstättenstaat berücksichtigt werden konnten, musste der BFH das Revisionsverfahren zur Aufklärung der erforderlichen Tatsachen an das zuständige Finanzgericht zurückverweisen. Aufgrund dessen können nach Ansicht des Bundesfinanzministeriums auch keine weiteren Rückschlüsse aus der Entscheidung des BFH – insbesondere auch nicht zu den Aussagen zum phasengleichen Verlustabzug (im Verlustentstehungsjahr) – in Bezug auf die Beurteilung in vergleichbaren Fällen gezogen werden.
Wieso eigentlich nicht? Die rechtliche Aussage sowohl des EuGH wie des BFH ist eigentlich eindeutig.
Bundesministerium der Finanzen, Schreiben vom 13. Juli 2009 – IV B 5 – S 2118-a/07/10004 [2009/0407190]