Der Ansatz eines Risikozuschlags bei der Bemessung des Zinssatzes für ein im Konzernverbund gewährtes unbesichertes Darlehen ist grundsätzlich als fremdüblich i.S.d. § 1 Abs. 1 AStG anzusehen. Von einer Fremdunüblichkeit ist nur auszugehen, wenn ein fremder Dritter angesichts der tatsächlichen Gegebenheiten des konkreten Einzelfalls einen Zinszuschlag nicht für erforderlich erachtet hätte.

§ 1 Abs. 1 Satz 1 AStG sind die Einkünfte eines Steuerpflichtigen – wenn sie aus Geschäftsbeziehungen mit einer dem Steuerpflichtigen nahestehenden Person dadurch gemindert werden, dass der Steuerpflichtige im Rahmen solcher Geschäftsbeziehungen zum Ausland Bedingungen vereinbart, die von denen abweichen, die voneinander unabhängige Dritte unter gleichen oder ähnlichen Verhältnissen vereinbart hätten – unbeschadet anderer Vorschriften so anzusetzen, wie sie unter zwischen unabhängigen Dritten vereinbarten Bedingungen angefallen wären. Gem. § 1 Abs. 2 Nr. 1 AStG ist eine Person dem Steuerpflichtigen u.a. dann nahe stehend, wenn die Person an dem Steuerpflichtigen mindestens zu einem Viertel unmittelbar oder mittelbar beteiligt (wesentlich beteiligt) ist. Eine Geschäftsbeziehung im genannten Sinne der Absätze 1 und 2 ist gem. § 1 Abs. 5 AStG jede den Einkünften zugrunde liegende schuldrechtliche Beziehung, die keine gesellschaftsvertragliche Vereinbarung ist und entweder beim Steuerpflichtigen oder bei der nahestehenden Person Teil einer Tätigkeit ist, auf die die §§ 13, 15, 18 oder § 21 des Einkommensteuergesetzes anzuwenden sind oder im Fall eines ausländischen Nahestehenden anzuwenden wären, wenn die Tätigkeit im Inland vorgenommen würde1.
Im vorliegend vom Schleswig-Holsteinischen Finanzgericht entschiedenen Fall streiten die Beteiligten allein darüber, ob die Bemessung der Höhe des Zinssatzes für das von der X Ltd. an die Muttergesellschaft ausgereichte Darlehen als fremdüblich anzusehen ist. Dabei geht der Finanzamt davon aus, dass lediglich derjenige Zinssatz angesetzt werden könne, der unter fremden Dritten für ein voll besichertes erstrangiges Darlehen vereinbart worden wäre, weil die Konzernbeziehung regelmäßig eine ausreichende Sicherheit darstelle. Diese Sichtweise lässt sich allerdings weder der BFH-Rechtsprechung noch dem BMF, Schreiben vom 29.03.20112 entnehmen. Vielmehr ist danach der Ansatz eines Risikozuschlags auch bei der Vergabe unbesicherter Darlehen im Konzernverbund grundsätzlich als fremdüblich anzusehen3. Das Finanzgericht folgt diesem Ansatz. Es sind keine Umstände dargetan oder sonst erkennbar, die vorliegend ausnahmsweise eine andere Sichtweise rechtfertigen könnten.
Von der BFH-Rechtsprechung ist die Auffassung des Finanzamts nicht gedeckt. Zwar hat der BFH in seinem Urteil vom 21.12 19944 erkannt, dass bei der Vergabe eines Darlehens vom beherrschenden Gesellschafter an „seine“ Kapitalgesellschaft eine Besicherung schon in den Einflussnahmemöglichkeiten zu sehen sei, die der Gesellschafter regelmäßig habe, so dass die (weitere) Besicherung von Darlehensforderungen zwischen Kapitalgesellschaften, die demselben Konzern angehörten, unüblich sei; in diesen Fällen könne als angemessener Zins nur derjenige angesetzt werden, der für besicherte Darlehen gelte. Die letztgenannte Aussage gehörte aber nicht zu den tragenden Urteilsgründen. Vielmehr ging es dem BFH ersichtlich darum, im Rahmen der erfolgten Zurückverweisung der Sache an das Finanzgericht vorsorglich (und ohne Bindungswirkung für den zweiten Rechtszug) darauf hinzuweisen, dass die steuerliche Anerkennung des in Rede stehenden Darlehens nicht schon daran scheitere, dass es formal nicht besichert worden war, sondern dass demgegenüber bei der Betrachtung der Fremdüblichkeit von Darlehensgewährungen in einem Konzern keine Sicherheiten gefordert werden können, wenn die Konzernbeziehungen für sich gesehen eine Sicherheit bedeuten. Das hat der BFH in einem Urteil vom 29.10.19975 nochmals ausdrücklich betont. Weitere Klarstellungen sind mit den Urteilen vom 17.12 20146; und vom 24.06.20157 erfolgt. Dort führt der BFH wiederholend aus, dass es – ausnahmsweise – fremdvergleichsgerecht sein könne, wenn bei Darlehensgewährungen zwischen Kapitalgesellschaften in einem Konzern von Sicherheiten abgesehen werde, weil die Konzernbeziehungen für sich gesehen eine Sicherheit bedeuteten. Unabhängig davon müsse aber auch der Darlehenszinssatz einem Fremdvergleich standhalten. Im Falle einer (steuerlich zu akzeptierenden) fehlenden Besicherung sei er – der Zinssatz – unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls – insbesondere auch der Konzernbeziehungen – um einen angemessenen Risikozuschlag zu erhöhen. Folglich geht der BFH davon aus, dass auch bei Finanzierungen im Konzernverbund eine individuelle Risikobetrachtung vorzunehmen und der fremdübliche Zinssatz auf dieser Grundlage zu bestimmen ist. Eine solche Betrachtung mag in Ausnahmefällen theoretisch zwar unter Umständen dazu führen können, dass der anzusetzende Zinssatz für ein nachrangiges unbesichertes Darlehen unter Berücksichtigung individueller konzerninterner Gegebenheiten demjenigen für ein voll besichertes erstrangiges Darlehen entspricht. Keinesfalls lässt sich aus der angeführten BFH-Rechtsprechung jedoch ableiten, dass ein solcher Gleichlauf regelmäßig oder gar stets anzunehmen sei.
Auch dem BMF, Schreiben vom 29.03.20112 lässt sich nach dem Verständnis des Finanzgerichts nicht entnehmen, dass bei der Gewährung unbesicherter Darlehen im Konzernverbund stets der Zinssatz für voll besicherte Darlehen zugrunde zu legen sein soll. Die Tz. 10 und 11 des Schreibens, die der Finanzamt zur Untermauerung seiner Ansicht im Wesentlichen anführt, beziehen sich ausdrücklich auf die in Tz. 8c) des Schreibens dargestellte Fallgestaltung einer Darlehensvergabe durch einen beherrschenden Gesellschafter ohne Besicherung und ohne Erhebung eines Zinsaufschlags wegen der fehlenden Sicherheiten. Um eine solche Konstellation geht es hier aber nicht, denn es wurde gerade ein Risikozuschlag angesetzt. Die Fallgruppe einer unbesicherten Darlehensgewährung gegen einen Zins mit Risikozuschlag ist aber ausdrücklich in Tz. 8b) des Schreibens angesprochen und soll gem. Tz. 9 regelmäßig als fremdüblich anzusehen sein, wenn die Bemessung des Zinssatzes unter Beachtung der in Tz. 6 des Schreibens näher dargelegten Grundsätze erfolgt ist. Entsprechendes soll gem. Tz. 26 ff. bei Darlehensvergaben im Konzernverbund gelten, die nicht durch einen beherrschenden Gesellschafter an eine nachgeordnete Gesellschaft erfolgen. Auch dem BMF, Schreiben zufolge ist also die Erhebung eines Risikozuschlages bei unbesicherter Darlehensvergabe der fremdübliche Regelfall. Nur ausnahmsweise soll eine unbesicherte Darlehenshingabe unter der in den Tz. 10 und 11 des Schreibens weiter dargelegten Voraussetzung eines bestehenden „Konzernrückhalts“ auch ohne Erhebung eines Risikozuschlags als fremdüblich anerkannt werden können.
Angesichts des danach zugrunde zu legenden Regel-Ausnahme-Verhältnisses stellte sich der Ansatz eines Risikozuschlags hier nur dann als fremdunüblich dar, wenn aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten des vorliegenden konkreten Einzelfalls davon auszugehen wäre, dass auch ein fremder Dritter aufgrund der Eingebundenheit der Muttergesellschaft in den Gesamtkonzern einen Zinszuschlag nicht für erforderlich erachtet hätte. Es sind keine Umstände zutage getreten, die dafürsprächen.
Insofern ist zunächst zu sehen, dass die sich aus der Konzernzugehörigkeit ergebenden Beziehungen, deren rechtliche sowie tatsächliche Ausgestaltung und deren Auswirkungen unterschiedlichster Natur sein können8.
Der Finanzamt bezieht sich in diesem Zusammenhang zunächst auf die konzernbedingten Einflussmöglichkeiten, die die X Ltd. gehabt habe, um die Darlehensrückzahlung sicherzustellen – allerdings ohne diese Einflussmöglichkeiten konkreter zu benennen. Dem hält die Muttergesellschaft entgegen, diese Einflussmöglichkeiten seien rechtlich, zumindest aber faktisch, durch die Abtretung der Anteile minimiert gewesen. Das Finanzgericht sieht davon ab, der Frage nachzugehen, welche Einflussmöglichkeiten konkret bestanden haben mögen und inwiefern diese durch die Sicherungsabtretung beeinträchtigt gewesen sein könnten. Denn etwaige Einflussnahmemöglichkeiten der X Ltd. auf die Muttergesellschaft fielen bei der Bemessung des Zinssatzes ohnehin nicht ins Gewicht. Bei der Durchführung des Fremdvergleichs ist zwar davon auszugehen, dass der Darlehensnehmer weiterhin in einen Konzern eingebunden ist. Allerdings ist das Nähe Verhältnis zum Darlehensgeber zu eliminieren und demzufolge zu prüfen, zu welchen Konditionen ein fremder – außerhalb des Konzerns stehender – Dritter der zu dem Konzern gehörigen Gesellschaft ein Darlehen gegeben hätte. Einem solchen Darlehensgeber fehlt aber gerade die Möglichkeit der Einflussnahme auf den Darlehensnehmer, so dass eine solche Möglichkeit auch keine positive Auswirkung auf den fremdüblichen Zinssatz haben kann9.
Außerdem hebt der Finanzamt auf den „Konzernrückhalt“ ab, den er dahin versteht, dass die Konzernmutter im Außenverhältnis für Verbindlichkeiten der Muttergesellschaft einstehen werde.
Dabei geht es ihm nicht um ein Einstehen im Sinne eines „aktiven“ Konzernrückhalts, das auf einer bestimmten rechtlichen Grundlage wie einer Bürgschaft, einem Schuldbeitritt, einer Konzernverrechnungsklausel, einer Garantieerklärung oder einer Patronatserklärung beruht, und auf das sich ein dritter Darlehensgeber berufen könnte. Der Finanzamt hat weder behauptet, dass entsprechende Rechtsbeziehungen zwischen der Muttergesellschaft und der X Ltd. bestanden haben, noch ist dies sonst ersichtlich.
Vielmehr stellt der Finanzamt auf einfache „passive“ Konzernwirkungen ab, die sich allein aus Zugehörigkeit der Muttergesellschaft zum Unternehmensverbund ergeben. Das Finanzgericht muss hier nicht entscheiden, ob der so verstandene Konzernrückhalt ohne weiteres dazu führen kann, dass ein fremder Dritter die Kreditwürdigkeit des einzelnen Unternehmens (nur) aufgrund seiner Zugehörigkeit zum Konzern günstiger beurteilt, als er dies täte, wenn diese nicht vorläge10. Insofern ließe sich durchaus vertreten, dass Konzerneffekte im Rahmen des Fremdvergleichs nur insoweit positiv bei der Ermittlung des Zinssatzes berücksichtigt werden dürfen, als auch ein für den Dritten rechtlich durchsetzbarer Konzernrückhalt in dem genannten Sinne gegeben ist11.
Selbst wenn man aber davon ausgeht, dass schon die bloße Konzernzugehörigkeit sich positiv auf die Darlehensgewährung durch Dritte auswirken kann, ließe sich dies nur damit begründen, dass der Darlehensgeber glaubt, für den Fall einer Krise der Darlehensnehmerin deren finanzielle Unterstützung durch den Konzern antizipieren (und einpreisen) zu dürfen12. Für die Bemessung der Höhe des sich daraus ergebenden Zinsvorteils käme es dann entscheidend auf den Grad der operativen Einbindung der Darlehensnehmerin in den Konzern sowie ihre strategische und praktische Bedeutung für den Gesamtkonzern an13. Denn vor allem aus diesen Parametern ergäbe sich, ob und inwieweit im Konzern Bereitschaft bestünde, die Darlehensnehmerin im Falle einer Krise – auch ohne rechtliche Verpflichtung – zu unterstützen.
Ausgehend von dieser – zu antizipierenden – Bereitschaft würde der fremde Dritte die Beurteilung des Risikos bei der Bemessung des Zinssatzes vornehmen. Einen vollständigen Verzicht auf einen Risikozuschlag bei der Zinsbemessung für ein unbesichertes und nachrangiges Darlehen würde ein fremder Dritter nur akzeptieren, wenn er davon ausginge, dass der Gesamtkonzern im Falle einer Krise der Darlehensnehmerin in vollem Umfang für die Verbindlichkeiten der Muttergesellschaft einstehen könnte und dies auch tun würde.
Der Finanzamt hat keine Umstände dargelegt, die darauf schließen ließen, dass dies vorliegend der Fall gewesen sein könnte, auch sonst sind solche Umstände nicht ersichtlich.
Demgegenüber hat die Muttergesellschaft unwidersprochen vorgetragen, dass sie im Falle einer wirtschaftlichen Krise nicht auf Hilfe seitens der übrigen Konzerngesellschaften hätte hoffen dürfen und dass dieser Umstand potentiellen fremden Kreditgebern auch bekannt gewesen sei. Das erscheint plausibel. Denn erkennbar handelte es sich bei der Muttergesellschaft um eine bloße Zweckgesellschaft innerhalb eines sogenannten „geschlossenen Immobilienfonds“, dessen gesellschaftsrechtliche Struktur von vornherein darauf angelegt war, etwa aus den Investitionsobjekten resultierende Risiken auf die jeweilige Objektgesellschaft zu begrenzen und dafür zu sorgen, dass solche Risiken nicht auch weitere Gesellschaften bzw. gar den Gesamtkonzern ergriffen. Als eine von diversen Objektgesellschaften war die Muttergesellschaft zudem für den Gesamtkonzern von nur untergeordneter Bedeutung, eine operative Einbindung in den Gesamtkonzern lag – anders etwa als hinsichtlich der Teil(fertigungs)gesellschaften in einem produzierenden Konzern – ohnehin nicht vor. Die Funktion der Muttergesellschaft beschränkte sich nach seinem Erwerb allein auf das Halten des Anlageobjekts. Angesichts dieser Umstände erscheint hätte ein fremder Dritter gerade nicht allein aufgrund der Konzernzugehörigkeit der Muttergesellschaft – ausnahmsweise – auf einen Risikozuschlag bei der Bemessung des Darlehenszinssatzes verzichtet.
Der Finanzamt hat auch weder Umstände dargelegt, noch sind sonst Umstände zutage getreten, die dafürsprächen, dass die Muttergesellschaft selbst (ohne Berücksichtigung von Konzernwirkungen) wirtschaftlich so aufgestellt war, dass das Ausfallrisiko so gering und/oder die Bonität der Muttergesellschaft so gut war, dass ein fremder Dritter ausnahmsweise auf einen Risikozuschlag bei der Bemessung der Zinshöhe verzichtet hätte. Vielmehr beschränkte sich das Aktivvermögen der Muttergesellschaft im Wesentlichen auf die von ihr erworbenen Grundstücke, die bis zur für erstrangige Immobiliendarlehen üblichen Beleihungsgrenze beliehen waren und auf denen die Grundschulden zugunsten des Kreditinstituts lasteten.
Demnach ist mit Blick auf das in Rede stehende Darlehen nicht lediglich der fremdübliche Zinssatz für ein erstrangiges voll besichertes Darlehen anzusetzen, sondern es ist ein Risikozuschlag vorzunehmen. Die Beteiligten haben sich in tatsächlicher Hinsicht darauf verständigt, dass in diesem Fall der von der Muttergesellschaft angesetzte Zinssatz in Höhe von 8 % als fremdüblich anzusehen sein soll. Das Finanzgericht sieht angesichts dessen keine Veranlassung, eigene Ermittlungen zur fremdüblichen Zinshöhe anzustellen, der genannte Zinssatz erscheint auch nicht offensichtlich unzutreffend.
Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht, Urteil vom 4. Juli 2017 – 1 K 31/16
- vgl. dazu bezogen auf Gesellschafterdarlehen das BFH, Urteil vom 23.06.2010 – I R 37/09, BFHE 230, 156, BStBl II 2010, 895, m. w. N.[↩]
- BStBl I 2011, 277[↩][↩]
- vgl. zum Regel-Ausnahme-Verhältnis auch Nientimp/Stein/Worm, IStR 2016, 781, 785 m. w. N.[↩]
- I R 65/94, BFHE 176, 571, NJW 1995, 2375[↩]
- I R 24/97, BFHE 184, 482, BStBl II 1998, 573[↩]
- I R 23/13, BFHE 248, 170, BStBl II 2016, 261[↩]
- I R 29/14, BFHE 250, 386, BStBl II 2016, 258[↩]
- vgl. dazu z.B. den Überblick bei Greil/Wargowske, IStR 2016, 272[↩]
- vgl. dazu Greil/Wargowske, IStR 2016, 273, 275[↩]
- vgl. dazu auch Nientimp/Stein/Worm, IStR 2016, 781, 782[↩]
- so wohl Heurung/Kollmann/Hofacker, IStR 2017, 20, 23[↩]
- vgl. Nientimp/Stein/Worm, IStR 2016, 781, 782; Krüger, DStZ 2017, 284, 296[↩]
- vgl. Krüger, DStZ 2017, 284, 296[↩]