Der Spind als inländische Betriebsstätte

Nach ständiger Rechtsprechung setzt die Annahme einer Betriebsstätte gemäß § 12 Satz 1 der Abgabenordnung eine Geschäftseinrichtung oder Anlage mit einer festen Beziehung zur Erdoberfläche voraus, die von einer gewissen Dauer ist, der Tätigkeit des Unternehmens dient und über die der Steuerpflichtige eine nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht hat. Es geht darum, dass die eigene unternehmerische Tätigkeit mit fester örtlicher Bindung ausgeübt wird („Verwurzelung“ des Unternehmens mit dem Ort der Ausübung der unternehmerischen Tätigkeit)).

Der Spind als inländische Betriebsstätte

Diesen Anforderungen, die auch für den abkommensrechtlichen Begriff der Betriebsstätte/festen Einrichtung (hier: DBA-Großbritannien 1964/1970 und 2010) prägend sind, wird entsprochen, wenn dem Dienstleistenden (hier: Flugzeugmechaniker/-ingenieur) im Zusammenhang mit der Erbringung der Dienstleistung (hier: Wartungsarbeiten an Flugzeugen) personenbeschränkte Nutzungsstrukturen an ortsbezogenen Geschäftseinrichtungen (hier: Spind und Schließfach in Gemeinschaftsräumen auf dem Flughafengelände) zur Verfügung gestellt werden.

So begründete der Bundesfinanzhof im hier entschiedenen Fall, dass der klagende Flugzeugmechaniker in den Streitjahren in Deutschland nach Maßgabe des § 1 Abs. 1 EStG mit Blick auf den inländischen Wohnsitz (§ 8 AO) unbeschränkt steuerpflichtig ist:

Der Flugzeugmechaniker ist Zurechnungssubjekt der vermittels der vertraglichen Vereinbarung vom …2008 („Freelancer Contract“) erzielten Einkünfte, die als gewerbliche Einkünfte im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG (Flugzeugmechaniker) beziehungsweise als freiberufliche Einkünfte im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG (Flugzeugingenieur) zu qualifizieren sind; wegen der streitfallbezogen nicht zum Nachteil des Flugzeugmechanikers gereichenden Rechtsfolgen kommt es auf den Zeitpunkt der vom Sächsischen Finanzgericht in der Vorinstanz1 nicht festgestellten Weiterqualifizierung des Flugzeugmechanikers entsprechend dem Berufsbild des Ingenieurs nicht an.

Im angefochtenen Urteil wurden die Einkünfte dem Flugzeugmechaniker zugerechnet, da Anhaltspunkte dafür fehlen würden, dass der Flugzeugmechaniker in einem Dienstverhältnis zur X Ltd. deren Alleingesellschafter und Director der Flugzeugmechaniker ist, gestanden habe (kein entsprechender Arbeitsvertrag; nach den Steuererklärungen der X Ltd. für die Jahre 2009 bis 2011 keine Gehaltszahlungen an den Flugzeugmechaniker für seine Tätigkeit als Flugzeugingenieur). Außerdem sei der Flugzeugmechaniker Vertragspartner des im Jahr 2008 geschlossenen Vertrags (optische Gestaltung des Vertrags; Unterzeichnung durch den Flugzeugmechaniker ohne auf die X Ltd. hinweisenden Funktionszusatz; Vertragsinhalt mit auf eine natürliche Person als Vertragspartner abzielenden Regelungen zu unter anderem Entgeltzahlungen im Krankheitsfall, Arbeitsunfähigkeit, Jahresurlaub). Eine Rechnungstellung gegenüber der Y Ltd. durch die X Ltd. hindere nicht; es handele sich um eine Abrechnung durch eine dritte Person, die die Einkünftezurechnung nicht beeinflusse. Im Übrigen liege bei einer Zwischenschaltung einer Gesellschaft in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft ein Rechtsmissbrauch im Sinne des § 42 AO vor, da wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe für die Zwischenschaltung fehlen würden und die X Ltd. keine eigene wirtschaftliche Tätigkeit entfalte (sogenannte Briefkastenfirma ohne eigenen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb nach Feststellungen der Steuerfahndung).

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Die dagegen erhobenen Einwendungen des Flugzeugmechanikers haben keinen Erfolg. Das Finanzgericht hat den Vertragsinhalt rechtsfehlerfrei auf der Grundlage des auf eine natürliche Person bezogenen Wortlauts der Vereinbarung dahin gewürdigt, dass der Flugzeugmechaniker die im Vertrag vereinbarte Leistung (Wartungsarbeiten auf der Grundlage der nur dem Flugzeugmechaniker persönlich zustehenden Wartungslizenz) als vertragliche Hauptleistung schuldet und dass eine davon abweichende Rechnungstellung (als Rechnungstellung durch Dritte auf Veranlassung des Flugzeugmechanikers) eine Zurechnung nicht hindere. Diese einzelfallbezogene Würdigung des konkreten Vertragsinhalts -die von einer abweichenden Darstellung des Flugzeugmechanikers als Director der X Ltd. zu einem „wirklichen Willen“ der Vertragsparteien unabhängig wäre- ist schlüssig und bindet den Bundesfinanzhof (§ 118 Abs. 2 FGO).

Ob bei anderer Würdigung die Voraussetzungen eines Missbrauchs von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts (§ 42 AO) vorliegen würden, ist auf dieser Grundlage nicht entscheidungserheblich. Dass das Finanzamt in den Folgejahren (nach einer Verlagerung des Mittelpunkts der Lebensinteressen des Flugzeugmechanikers nach Deutschland) nach dem Vortrag des Flugzeugmechanikers die Einkünftezurechnung abweichend bewerte, berührt nach dem Prinzip der sogenannten Abschnittsbesteuerung -das heißt einer Pflicht zur jeweils eigenständigen Prüfung und Würdigung der Besteuerungsgrundlagen in jedem Besteuerungszeitraum- die Streitjahre nicht.

Die Besteuerung in Deutschland ist nicht durch Maßgaben des in den Streitjahren jeweils geltenden DBA -dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung vom 26.11.19642 i.d.F. des Revisionsprotokolls vom 23.03.19703, DBA-Großbritannien 1964/1970, beziehungsweise ab dem 01.01.2011 dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen; und vom Vermögen vom 30.03.20104, DBA-Großbritannien 2010- gehindert5. Denn nach Art. – XI Abs. 1 Satz 1 DBA-Großbritannien 1964/1970 werden Einkünfte, die eine in einem der Gebiete ansässige Person aus einem freien Beruf oder aus sonstiger selbständiger Tätigkeit ähnlicher Art bezieht, nur in diesem Gebiet besteuert, es sei denn, dass die Person für die Ausübung ihrer Tätigkeit in dem anderen Gebiet regelmäßig über eine feste Einrichtung verfügt – in diesem Fall kann der Teil der Einkünfte, der dieser Einrichtung zuzurechnen ist, in dem anderen Gebiet besteuert werden (Art. – XI Abs. 1 Satz 2 DBA-Großbritannien 1964/1970). An dieser Rechtslage hat sich durch das nachfolgende DBA nichts geändert (Art. 7 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 Buchst. f und g DBA-Großbritannien 2010). Entsprechendes gilt mit Blick auf das Vorliegen einer Betriebsstätte für den Zeitraum, in dem die Einkünfte als gewerblich zu qualifizieren sind.

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Der Flugzeugmechaniker fällt in den subjektiven Anwendungsbereich des jeweiligen DBA-Großbritannien, da er (neben seinem Wohnsitz in Deutschland) einen Wohnsitz in Großbritannien hatte, wobei alle Beteiligten davon ausgehen, dass er dort abkommensrechtlich ansässig war, weil er zur dortigen Wohnstätte die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen (den Mittelpunkt der Lebensinteressen) hatte6.

Die Besteuerung in Deutschland ist abkommensrechtlich nicht gehindert, da die vom Flugzeugmechaniker erzielten Tätigkeitseinkünfte durch Nutzung einer ihm in Deutschland regelmäßig zur Verfügung stehenden festen Einrichtung beziehungsweise einer Betriebsstätte erzielt wurden.

Das in Art. – XI Abs. 1 Satz 1 DBA-Großbritannien 1964/1970 verwendete (aber nicht ausdrücklich definierte) Tatbestandsmerkmal der festen Einrichtung korrespondiert mit dem dort definierten Betriebsstättenbegriff (Art. II Abs. 1 Buchst. l DBA-Großbritannien 1964/1970; s. allgemein z.B. BFH, Urteil vom 28.06.2006 – I R 92/05, BFHE 214, 295, BStBl II 2007, 100) -für die späteren Streitjahre siehe Art. 5 DBA-Großbritannien 2010- und der auf eine „feste Geschäftseinrichtung“ bezogenen Begrifflichkeit des § 12 Satz 1 AO7.

Nach ständiger Rechtsprechung setzt die Annahme einer Betriebsstätte gemäß § 12 Satz 1 AO eine Geschäftseinrichtung oder Anlage mit einer festen Beziehung zur Erdoberfläche voraus, die von einer gewissen Dauer ist, der Tätigkeit des Unternehmens dient und über die der Steuerpflichtige eine nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht hat8. Für die nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht ist grundsätzlich erforderlich, dass der Unternehmer eine Rechtsposition innehat, die ihm nicht ohne Weiteres entzogen werden kann („selbständiger Nutzungsanspruch“). Es reichen weder eine tatsächliche Mitbenutzung noch die bloße Berechtigung der Nutzung im Interesse eines anderen sowie eine rein tatsächliche Nutzungsmöglichkeit aus9; allerdings muss die Verfügungsmacht keine alleinige sein10. Darüber hinaus muss die Einrichtung oder Anlage der Tätigkeit unmittelbar dienen11. Dazu muss dort eine eigene unternehmerische Tätigkeit mit fester örtlicher Bindung ausgeübt werden und sich in der Bindung eine gewisse „Verwurzelung“ (im Sinne einer örtlichen Verfestigung)12 des Unternehmens mit dem Ort der Ausübung der unternehmerischen Tätigkeit ausdrücken13.

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Im angefochtenen Urteil wurden diese Voraussetzungen mit Blick auf die von der Y Ltd. angemieteten Räume oder die zur Verfügung gestellten Flächen der A GmbH als nicht erfüllt angesehen. Der Flugzeugmechaniker habe vertragszweckbezogen zu vorgegebenen Zeiten die durch die Y Ltd. angemieteten Räume und die Flächen der A GmbH, auf denen die Flugzeuge geparkt waren (Hangar), aufgesucht und dort entsprechende Wartungsleistungen erbracht. Sein Werkzeug habe er jeweils mitgeführt. Gegenstände seines Unternehmens (Werkzeuge) seien weder in den von der Y Ltd. angemieteten Räumen noch auf den Flächen der A GmbH verblieben. Allein das „Sichaufhalten und Tätigwerden“ mit eigenem Werkzeug in fremden Räumlichkeiten, um Arbeiten zu verrichten, reiche nicht aus. Insbesondere fehle es an der geforderten „Verwurzelung“ des klägerischen Unternehmens mit dem Ort der Ausübung der Tätigkeit. So hätten sich in den angemieteten Räumlichkeiten der Y Ltd. beziehungsweise auf den Flächen der A GmbH keine Vorrichtungen befunden, über die der Flugzeugmechaniker Verfügungsmacht hatte und die für die Erfüllung der vertraglich geschuldeten Tätigkeit erforderlich waren. Soweit der Flugzeugmechaniker die Ergebnisse der Flugzeugwartung beziehungsweise die Freigabe von Flugzeugen in Computer, die in den angemieteten Räumlichkeiten der Y Ltd. aufgestellt waren, eingegeben habe, handele es sich nicht um einen dem Flugzeugmechaniker zugewiesenen Arbeitsplatz, über den er verfügen konnte, da dieser Platz während der Abwesenheit des Flugzeugmechanikers nicht für ihn vorgehalten worden sei. Die Verfügungsmacht über ein Schließfach und einen Kleiderspind reiche nicht aus, da diese Vorrichtungen allein der Aufbewahrung privater Gegenstände gedient hätten, ohne dass sich betrieblicher Bezug daraus herleiten lasse. Da letztlich entscheidend sei, dass eine bestimmte selbständige unternehmerische Tätigkeit durch eine Geschäftseinrichtung ausgeübt werde, genüge die Möglichkeit, private Gegenstände während der ausgeübten Tätigkeit diebstahlsicher aufzubewahren, diesem Erfordernis nicht, da die Einrichtung in diesem Fall nicht unmittelbar dem Unternehmen diene.

Dieser Würdigung im angefochtenen Urteil, die offenkundig davon beeinflusst ist, dass der Bundesfinanzhof in seinem Beschluss vom 09.01.201914 ausgeführt hat, „ein Schließfach, das einem als Subunternehmer mit der Wartung von Flugzeugen befassten Ingenieur zur Aufbewahrung der von ihm zu stellenden Werkzeuge zur ausschließlichen Nutzung zur Verfügung steht, ist eine feste Einrichtung i.S. von Art. – XI Abs. 1 Satz 1 DBA-Großbritannien 1964/1970“, während im Streitfall eine solche Aufbewahrung der Wartungswerkzeuge im Schließfach/Spind nicht vorgelegen hat15, ist nicht zu folgen.

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Eine Verfügungsmacht des Flugzeugmechanikers im Sinne einer Nutzungsmöglichkeit über die im Zusammenhang mit der Leistungserbringung unerlässlichen Räumlichkeiten (Hangar, Computerraum, Verwaltungs-/Aufenthalts- und Umkleideraum) hat jedenfalls mittelbar (und abgeleitet aus der Vereinbarung zwischen der A GmbH und der Y Ltd. und darauf aufbauend aus der „Freelancer-Vereinbarung“ vom …2008) als unabdingbare Voraussetzung seiner Tätigkeit bestanden; dass die Verfügungsmacht keine alleinige war und dass sie hätte entzogen werden können (auch durch Umstände des Hauptauftragsverhältnisses veranlasst, auf die der Flugzeugmechaniker keinen Einfluss hatte), beeinträchtigt seine Position für die Dauer der noch nicht aufgekündigten Vereinbarung (auch wenn nur das Betreten zur Leistungserbringung gestattet sein sollte) ebenso wenig wie eine (fremde) Sicherheitskontrolle beim Betreten des Geländes. Darüber hinaus fehlt es im Streitfall auch nicht an der durch die Überlassung personenbeschränkter Nutzungsstrukturen bei Geschäftseinrichtungen (nach den Feststellungen des Finanzgericht im Streitfall: Spind und Schließfach) vermittelten ortsbezogenen „Verwurzelung“ des Unternehmens des Flugzeugmechanikers mit dieser Örtlichkeit16, die auch den entscheidungserheblichen Unterschied zur Sachverhaltskonstellation im BFH, Urteil vom 04.06.2008 – I R 30/07, BFHE 222, 14, BStBl II 2008, 922 (Gemeinschaftsräume für sämtliches Reinigungspersonal ohne unternehmensbezogene Zuordnung) und zur Anknüpfung an eine „bloße physische Präsenz“ im Sinne einer „(unechten) Dienstleistungsbetriebsstätte“17 begründet.

Dabei ist zu beachten, dass die zwischen den Beteiligten einvernehmliche Feststellung, dass der Flugzeugmechaniker in dem ihm persönlich zugewiesenen Schließfach sein Werkzeug nicht aufbewahrt hat18, eine betriebsbezogene Nutzung des personenbezogenen Spinds (Aufbewahren der Arbeitskleidung und dem Arbeitsschutz dienender Gegenstände außerhalb der konkreten Einsatzzeiten des Flugzeugmechanikers) denkgesetzlich nicht ausschließt. Vielmehr ist der Spind auf der Grundlage betriebsbezogener Erfordernisse dazu geeignet und bestimmt, die private Kleidung während der Einsatzzeit und die Arbeitskleidung des Flugzeugmechanikers außerhalb der Einsatzzeit aufzubewahren (Entsprechendes gilt für private Gegenstände und das Schließfach). Dies entwertet die Schlussfolgerung des Finanzgericht („Vorrichtungen dienten allein der Aufbewahrung privater Gegenstände“) vollen Umfangs, so dass insoweit keine Bindungswirkung im Revisionsverfahren bestehen kann. Auch wenn die Werkzeuge nach dem jeweiligen Abschluss der Tätigkeit nicht „am Ort“ deponiert gewesen sein sollten, ist damit nur ein Teil der der Tätigkeit dienenden (und eine ordnungsgemäße Ausübung nach den gerichtsbekannt geltenden Arbeitsschutzvorschriften ermöglichenden) unerlässlichen Arbeitsmittel angesprochen. Für die Entscheidung des Streitfalls kommt es deshalb nicht darauf an, ob die „Verwurzelung“ -wie vom Finanzgericht offensichtlich angenommen (Hinweis auf eine Aufbewahrung „privater Gegenstände“ während der Arbeitszeit)- im Rahmen der anzustellenden Gesamtwürdigung nur durch Komponenten vermittelt wird, die einen unmittelbaren Leistungsbezug aufweisen19. Im Rahmen einer solchen Gesamtwürdigung war im Übrigen auch zu berücksichtigen, dass nach Auskunft des Flugzeugmechanikers in der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht zumindest die Möglichkeit bestanden hat, die persönliche Werkzeugkiste im Hangar zu deponieren.

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Entgegen der Ansicht des Flugzeugmechanikers stehen diesem Ergebnis die Anforderungen des DBA-Begriffs der Betriebsstätte nicht entgegen. Denn es liegen -wenn diese Kriterien uneingeschränkt auf die Situation der Ausübung freiberuflicher Tätigkeit und den Umstand einer „festen Einrichtung“ übertragbar sein sollten- keine als Rückausnahme anzusehenden Funktionen untergeordneter Art vor; insoweit bleibt der klägerische Hinweis20 auf „eine Nutzung ausschließlich zur Lagerung … von Gütern“ im Sinne des Art. – II Abs. 1 Buchst. l Unterabs. iii Doppelbuchst. aa DBA-Großbritannien 1964/1970 beziehungsweise Art. 5 Abs. 4 Buchst. a DBA-Großbritannien 2010 durch das Vorhandensein eines „Warenlagers“ bei der Aufbewahrung von Gegenständen, die zur Leistungserbringung verwendet werden, und auf eine „ausschließliche Unterhaltung für andere Tätigkeiten, die vorbereitender Art sind oder Hilfstätigkeiten darstellen“ im Sinne des Art. – II Abs. 1 Buchst. l Unterabs. iii Doppelbuchst. ee DBA-Großbritannien 1964/1970 beziehungsweise Art. 5 Abs. 4 Buchst. e DBA-Großbritannien 2010 ohne Erfolg. Denn die Gesamtsituation der (Mit-)Verfügungsmacht und der „Verwurzelung“ an diesem Ort der Leistungserbringung entspricht der unmittelbaren unternehmerischen Tätigkeitsausübung des Flugzeugmechanikers („Haupttätigkeit“).

Bundesfinanzhof, Urteil vom 7. Juni 2023 – I R 47/20

  1. Sächs. FG, Urteil vom 08.10.2020 – 3 K 49/17[]
  2. BGBl II 1966, 359, BStBl I 1966, 730[]
  3. BGBl II 1971, 46, BStBl I 1971, 140[]
  4. BGBl II 2010, 1334, BStBl I 2011, 470[]
  5. siehe zum jeweiligen zeitlichen Anwendungsbereich der DBA Art. 32 Abs. 2 Buchst. a Doppelbuchst. bb DBA-Großbritannien 2010; Beckmann in Wassermeyer Großbritannien Vor Art. 1 Rz 2[]
  6. siehe zur Entscheidungssituation bei Doppelansässigkeit Art. II Abs. 1 Buchst. h Unterabs. ii Doppelbuchst. aa Satz 2 DBA-Großbritannien 1964/1970 beziehungsweise Art. 4 Abs. 2 Buchst. a Halbsatz 2 DBA-Großbritannien 2010[]
  7. s. z.B. allgemein BFH, Urteil vom 03.02.1993 – I R 80-81/91, BFHE 170, 263, BStBl II 1993, 462; BFH, Urteil vom 30.10.1996 – II R 12/92, BFHE 181, 356, BStBl II 1997, 12[]
  8. z.B. BFH, Urteil vom 03.02.1993 – I R 80-81/91, BFHE 170, 263, BStBl II 1993, 462; BFH, Urteil vom 23.02.2022 – III R 35/20, BFHE 276, 170, BStBl II 2022, 844, jeweils m.w.N.; zur Deutung als „Ständigkeit der von einem bestimmten Ort aus ausgeübten unternehmerischen Tätigkeit“ s. Wassermeyer in Drenseck/Seer [Hrsg.], Festschrift für Heinrich Wilhelm Kruse, 2001, S. 589, 594 ff.[]
  9. BFH, Urteil vom 04.06.2008 – I R 30/07, BFHE 222, 14, BStBl II 2008, 922, unter II. 2.a aa; BFH, Urteil vom 23.02.2022 – III R 35/20, BFHE 276, 170, BStBl II 2022, 844[]
  10. z.B. BFH, Urteil vom 18.03.2009 – III R 2/06, BFH/NV 2009, 1457[]
  11. BFH, Urteil vom 23.02.2022 – III R 35/20, BFHE 276, 170, BStBl II 2022, 844[]
  12. s. Gosch in Kirchhof/Seer, EStG, 22. Aufl., § 49 Rz 13[]
  13. BFH, Urteil vom 04.06.2008 – I R 30/07, BFHE 222, 14, BStBl II 2008, 922, unter II. 2.a bb; BFH, Urteil vom 23.02.2022 – III R 35/20, BFHE 276, 170, BStBl II 2022, 844; s.a. z.B. Lühn, Betriebs-Berater -BB- 2009, 700; Beduhn/Staudler, Internationales Steuerrecht -IStR- 2019, 561; Töben/Schrepp, Deutsches Steuerrecht 2023, 305, 308 ff., jeweils m.w.N.[]
  14. BFH, Beschluss vom 09.01.2019 – I B 138/17, BFH/NV 2019, 681[]
  15. s.a. Büchter-Hole, EFG 2021, 1695, 1696[]
  16. in der Ausgangslage ähnlich FG Baden-Württemberg, Urteil vom 14.10.2021 – 3 K 589/19, EFG 2022, 88 [„Schreibtisch zur Mitbenutzung und ein Standcontainer zur alleinigen Nutzung“], anhängige Revision BFH – I R 47/21; wohl a.A. Kutac/Porebski, Finanz-Rundschau -FR- 2022, 202, 208 ff.; jedenfalls zweifelnd Kudert/Porebski, Praxis Internationale Steuerberatung -PIStB- 2019, 338[]
  17. s. z.B. Stuffer in Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Festgabe zum 75. Geburtstag von Franz Wassermeyer, 2015, Nr. 22 Rz 5[]
  18. wobei dieser Umstand vom Finanzgericht auch auf den Spind bezogen wurde, so dass ausdrücklich eine gegenteilige Feststellung zur Sachlage in dem Fall, der dem Urteil des Sächs. FG vom 30.11.2017 – 1 K 123/17, FR 2020, 1009 [mit darauffolgendem Bundesfinanzhof, Beschluss im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren vom 09.01.2019 – I B 138/17, BFH/NV 2019, 681] zu Grunde lag, vorliegt[]
  19. s. insoweit offen gelassen bei Beduhn/Staudler, IStR 2019, 561, 568; eher ablehnend Drüen in Tipke/Kruse, § 12 AO Rz 41; für eine solche Bedingung aber wohl Kutac/Porebski, FR 2022, 202, 210[]
  20. s.a. Lühn, BB 2009, 700, 703[]
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