Inländische Gesellschafter einer ausländischen Kapitalgesellschaft haben unter bestimmten Voraussetzungen den bei der ausländischen Kapitalgesellschaft erzielten Gewinn in Deutschland der Einkommensbesteuerung zu unterwerfen. Jedenfalls im Veranlagungszeitraum 2001 findet nach einem aktuellen Urteil des Bundesfinanzhofs auf diesen Hinzurechnungsbetrag i.S. des § 10 AStG noch das sog. Halbeinkünfteverfahren Anwendung.

Der Hinzurechnungsbetrag gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 AStG gehört gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 AStG „zu den Einkünften aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 Abs. 1 Ziff. (Nr.) 1 des Einkommensteuergesetzes“. Er wird nach der Regelungskonzeption des Außensteuergesetzes insoweit als Quasi-Ausschüttung angesehen und fiktiv entsprechenden Rechtsfolgen unterworfen. „Einkünfte“ i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG sind wiederum nach der dort gegebenen Regelungsdefinition „Bezüge“, die ihrerseits nach § 3 Nr. 40 Buchst. d EStG 1997 n.F. zur Hälfte steuerfrei sind. Das ergibt sich zweifelsfrei aus dem Regelungswortlaut und den Regelungszusammenhängen. Dass der Hinzurechnungsbetrag aus „rechtstechnischer“ Sicht nicht unmittelbar in die Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG eingeht, sondern die Einkünfte aus Kapitalvermögen außerhalb der Überschussrechnung i.S. des § 2 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 5 EStG als „Einkünfteerhöhungsbetrag eigener Art“1 erhöht, ändert daran nichts2. Gleiches gilt –unbeschadet der vom Finanzgericht Baden-Württemberg3 befürchteten „empfindlichen Störung der Binnensystematik der §§ 3 ff. EStG“ und der vom Gesetzgeber insoweit womöglich beabsichtigten Korrespondenz– für den Umstand, dass infolge dieser „Regelungstechnik“ zugleich die besonderen tatbestandlichen Voraussetzungen des § 3c Abs. 1 EStG 1997 n.F. und des sich hiernach ergebenden Abzugsausschlusses für Ausgaben, welche mit steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, nicht erfüllt sind4 bestätigt, wonach § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d EStG 1997 i.d.F. des UntStFG auf den Hinzurechnungsbetrag nicht anzuwenden ist. Dieses Regelungsausschlusses bedürfte es –im Umkehrschluss– nicht, wenn der Hinzurechnungsbetrag nicht (kraft gesetzlicher Fiktion) ohnehin zu den Bezügen i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehörte. Anders als § 3 Nr. 40 Buchst. d EStG 1997 n.F.5 war § 10 Abs. 2 AStG in der vorgenannten Gesetzesfassung im Streitjahr allerdings (noch) nicht anzuwenden. Das ist nach § 21 Abs. 7 Satz 2 AStG i.d.F. des UntStFG erstmals für den Veranlagungszeitraum der Fall, für den Zwischeneinkünfte hinzuzurechnen sind, die in einem Wirtschaftsjahr der Zwischengesellschaft oder der Betriebsstätte entstanden sind, das nach dem 31. Dezember 2000 beginnt. Dies trifft auf die im Streitfall hinzuzurechnenden Einkünfte der schweizerischen N-AG nicht zu; denn diese stammen aus dem am 31. Dezember 2000 endenden Wirtschaftsjahr der N-AG. Ein nach der Regelungskonzeption des sog. Halbeinkünfteverfahrens möglicherweise entgegenstehender Wille des Gesetzgebers, den Hinzurechnungsbetrag auch im Jahre 2001 zunächst einer Vollbesteuerung zu unterwerfen und erst die anschließende Ausschüttung der Gewinne nach § 8b Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes bzw. § 3 Nr. 41 Buchst. a EStG 1997 n.F. außer Ansatz zu lassen6, hätte im Gesetzestext keinen hinreichenden Niederschlag gefunden. Dieser Text ist eindeutig und belässt nach Ansicht des BFH keine Auslegungsmöglichkeiten zu Lasten des Steuerpflichtigen7.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 11. Februar 2009 – I R 40/08
- vgl. dazu BFH, Urteil vom 7. September 2005 I R 118/04, BFHE 211, 164, BStBl II 2006, 537[↩]
- ebenso z.B. Luckey in Strunk/Kaminski/Köhler, Außensteuergesetz/Doppelbesteuerungsabkommen, § 10 AStG Rz 41; Vogt in Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 10 AStG Rz 36 f.[↩]
- FG Baden-Württemberg, Außensenate Freiburg,
Urteil vom 26. März 2008 – 3 K 142/06 (EFG 2008, 1388) [↩] - vgl. BFH, Urteil in BFHE 211, 164, BStBl II 2006, 537).
Diese Auslegung wird nicht zuletzt durch § 10 Abs. 2 Satz 3 AStG in der Fassung des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz ((Gesetzes zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts (Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz –UntStFG–) vom 20. Dezember 2001, BGBl I 2001, 3858, BStBl I 2002, 35[↩]
- vgl. § 52 Abs. 4b EStG 1997 i.d.F. des UntStFG; dazu im Einzelnen Luckey in Strunk/Kaminski/ Köhler, a.a.O., § 10 AStG Rz 8[↩]
- zur prinzipiellen „Systemimmanenz“ der Nichtanwendung des Halbeinkünfteverfahrens s. z.B. Wassermeyer/Schönfeld in Flick/Wassermeyer/Baumhoff, Außensteuerrecht, § 10 AStG Rz 202[↩]
- ebenso z.B. Luckey in Strunk/Kaminski/Köhler, a.a.O., § 10 AStG Rz 8; Vogt in Blümich, a.a.O., § 10 AStG Rz 37[↩]