Unbesichert im Konzern begebenen Darlehensforderungen – und die Teilwertabschreibung

Die fehlende Darlehensbesicherung gehört grundsätzlich zu den nicht fremdüblichen „Bedingungen“ i.S. des § 1 Abs. 1 AStG. Gleiches gilt für Art. 9 Abs. 1 OECD-MustAbk (hier: Art. 9 Abs. 1 DBA-USA 1989 und Art. 5 DBA-Frankreich 1959)1. Für eine am Bilanzgewinn orientierte Darlehensverzinsung gilt nichts anderes. Die Ausreichung unbesicherter Darlehen durch fremde Dritte an die Konzernobergesellschaft ist nicht geeignet, die Würdigung des einer (Tochter-)Gesellschaft eingeräumten Darlehens am Maßstab einer fremdüblichen Kreditgewährung zu ersetzen.

Unbesichert im Konzern begebenen Darlehensforderungen – und die Teilwertabschreibung

Art. 9 Abs. 1 OECD-MustAbk (hier: Art. 9 Abs. 1 DBA-USA 1989 und Art. 5 DBA-Frankreich 1959) beschränkt den Korrekturbereich des § 1 Abs. 1 AStG nicht auf sog. Preisberichtigungen, sondern ermöglicht auch die Neutralisierung der gewinnmindernden Ausbuchung einer Darlehensforderung oder einer Teilwertabschreibung hierauf2.

Einer Einkünftekorrektur nach § 1 Abs. 1 AStG steht bei Tochtergesellschaften aus Drittstaaten das Unionsrecht nicht entgegen3. Ob im Zusammenhang mit Tochtergesellschaften aus EU-Mitgliedstaaten einer Korrektur nach § 1 Abs. 1 AStG der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz des Unionsrechts entgegensteht, bestimmt sich nach einer Gesamtwürdigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls. Dabei sind das wirtschaftliche Eigeninteresse und die Finanzierungsverantwortung auf der einen Seite sowie die strukturelle Nähe zur Eigenkapitalausstattung und die Änderung des Vermögens- und Liquiditätsstatus des Darlehensgebers auf der anderen Seite zu berücksichtigen4. Das Vorliegen einer „gesellschaftsvertraglichen Vereinbarung“ i.S. des § 1 Abs. 4 AStG i.d.F. des StVergAbG ist unter Heranziehung des für die ausländische Tochtergesellschaft maßgebenden materiellen Gesellschaftsrechts zu beurteilen.

Hinsichtlich der gewinnmindernden Teilwertabschreibungen auf an ausländische Tochtergesellschaften vergebene Darlehen kommt eine außerbilanzielle Hinzurechnung gemäß § 1 Abs. 1 AStG in Betracht:

Werden Einkünfte eines Steuerpflichtigen aus Geschäftsbeziehungen mit einer ihm nahestehenden Person dadurch gemindert, dass er im Rahmen solcher Geschäftsbeziehungen zum Ausland Bedingungen vereinbart, die von denen abweichen, die voneinander unabhängige Dritte unter gleichen oder ähnlichen Verhältnissen vereinbart hätten, so sind seine Einkünfte unbeschadet anderer Vorschriften gemäß § 1 Abs. 1 AStG so anzusetzen, wie sie unter den zwischen unabhängigen Dritten vereinbarten Bedingungen angefallen wären. Geschäftsbeziehung in diesem Sinne ist gemäß § 1 Abs. 4 AStG jede den Einkünften zugrunde liegende schuldrechtliche Beziehung, die keine gesellschaftsvertragliche Vereinbarung ist und entweder beim Steuerpflichtigen oder bei der nahestehenden Person Teil einer Tätigkeit ist, auf die die §§ 13, 15, 18 oder 21 EStG anzuwenden sind oder im Fall eines ausländischen Nahestehenden anzuwenden wären, wenn die Tätigkeit im Inland vorgenommen würde.

Die im Streit stehenden Darlehensverhältnisse sind Geschäftsbeziehungen i.S. von § 1 Abs. 4 AStG, zu deren Bedingungen die Nichtbesicherung der Ansprüche gehört5.

Zu der Frage, ob die fehlende Besicherung der Darlehensrückzahlungsforderung dem entspricht, was fremde, nicht mit den nachgeordneten Gesellschaften verbundene Darlehensgeber (ex ante) vereinbart hätten, hatte im hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall das in der Vorinstanz tätige Finanzgericht Köln6 keine Feststellungen getroffen. Es hat sich -aus seiner Sicht konsequent- mit der Fremdvergleichsproblematik nicht näher befasst, weil es der bisherigen BFH-Rechtsprechung7 gefolgt ist. Dieser Rechtsprechung zufolge sollte unter der Geltung der Art. 9 Abs. 1 des Musterabkommens der Organisation for Economic Cooperation and Development (OECD-Musterabkommen -OECD-MustAbk-) nachgebildeten Bestimmungen, zu denen auch die im Streitfall einschlägigen Art. 9 Abs. 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen; und vom Vermögen und einiger anderer Steuern vom 29.08.19898 -DBA-USA 1989- sowie Art. 5 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen und über gegenseitige Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen; und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern vom 21.07.19599 -DBA-Frankreich 1959- gehören, eine Einkünftekorrektur nach § 1 Abs. 1 AStG nur dann möglich sein, wenn der zwischen den verbundenen Unternehmen vereinbarte Preis seiner Höhe (seiner Angemessenheit) nach dem Fremdvergleichsmaßstab nicht standhalte. An dieser Rechtsprechung hält der Bundesfinanzhof indessen nicht fest. Vielmehr ermöglicht der Korrekturbereich des Art. 9 Abs. 1 OECD-MustAbk auch die Neutralisierung der gewinnmindernden Ausbuchung einer Darlehensforderung oder einer Teilwertabschreibung hierauf10. Für Art. 9 Abs. 1 DBA-USA 1989 sowie Art. 5 DBA-Frankreich 1959 ergibt sich insoweit nichts anderes.

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Die Prüfung anhand dessen, was fremde Dritte vereinbart hätten (§ 1 Abs. 1 AStG), ist auch nicht aus anderen Gründen entbehrlich.

Wäre ein fremder Dritter als Darlehensgeber in der Situation der Klägerin oder der Organgesellschaften nicht bereit gewesen, die Darlehen an die jeweiligen Gesellschaften auszureichen, würde der sog. Rückhalt im Konzern die Tatbestandsmäßigkeit nach § 1 Abs. 1 AStG nicht hindern. Der Topos des sog. Konzernrückhalts beschreibt lediglich den rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmen der Unternehmensverflechtung und bringt die Üblichkeit zum Ausdruck, innerhalb eines Konzerns Kreditansprüche nicht wie unter Fremden abzusichern. Eine fremdübliche (werthaltige) Besicherung des Rückzahlungsanspruchs im Sinne einer aktiven Einstandsverpflichtung kann allein in den Einflussnahmemöglichkeiten des beherrschenden Gesellschafters auf den Darlehensnehmer jedoch nicht gesehen werden11.

Ferner wäre die Einkünfteminderung i.S. von § 1 Abs. 1 AStG durch („dadurch“) die fehlende Besicherung eingetreten12.

Schließlich widerstreitet auch das Unionsrecht nicht einer Einkünftekorrektur nach § 1 Abs. 1 AStG.

Die grundsätzlich auch im Verkehr mit Drittstaaten geschützte Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 56 EG; jetzt Art. 63 AEUV) wird von der insoweit vorrangig anzuwendenden Niederlassungsfreiheit verdrängt13. Sie wäre im Übrigen auch wegen der sog. Stand-still-Klausel des Art. 57 Abs. 1 EG (jetzt Art. 64 Abs. 1 AEUV) nicht anwendbar14.

Für die in Frankreich ansässigen Darlehensnehmerinnen stellt eine Regelung wie diejenige des § 1 Abs. 1 AStG nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union eine zur Wahrung der ausgewogenen Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten gerechtfertigte Beschränkung der Niederlassungsfreiheit (Art. 43 EG, jetzt Art. 49 AEUV) dar15. Soweit der EuGH mit dieser Entscheidung für die unentgeltliche Übernahme von Garantie- und Patronatszusagen im Rahmen seiner Erwägungen zur Verhältnismäßigkeit erkannt hat, dass das wirtschaftliche Eigeninteresse der Konzernobergesellschaft an ihren Beteiligungsgesellschaften sowie die gewisse Verantwortung als Gesellschafterin bei der Finanzierung dieser Gesellschaften Geschäftsabschlüsse unter nicht fremdüblichen Bedingungen rechtfertigen („erklären“) und damit einer Berichtigung nach § 1 AStG entgegenstehen können, kommt diese Einschränkung vorliegend nicht zum Tragen. Der Bundesfinanzhof hat in seinem Urteil vom 27.02.201916 ausgeführt, dass dann, wenn die Ausreichung von Fremdkapital durch einen Gesellschafter eine unzureichende Ausstattung der Gesellschaft mit Eigenkapital ausgleicht und diese Finanzierung die Voraussetzung dafür ist, dass die darlehensempfangende Gesellschaft die ihr zugedachte wirtschaftliche Funktion (weiter) erfüllen kann, eine unterschiedliche Behandlung von Einlage und Darlehensverzicht mit Rücksicht auf den unionsrechtlich anerkannten Geltungsanspruch der Gewinnabgrenzung nach Maßgabe fremdüblicher Bedingungen ausgeschlossen ist. Nichts anderes kann für den Streitfall gelten, soweit es um die Darlehen geht, die an die in Frankreich ansässigen Gesellschaften ausgereicht wurden.

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Für die Gewinnminderung, die im hier entschiedenen Fall auf der Übertragung der Wirtschaftsgüter zu Buchwerten auf die maltesische Tochtergesellschaft beruht, kommt ebenfalls eine außerbilanzielle Hinzurechnung gemäß § 1 Abs. 1 AStG in Betracht:

Voraussetzung hierfür ist -wie bereits ausgeführt- eine Einkünfteminderung, die durch eine nicht fremdübliche Bedingung im Rahmen einer Geschäftsbeziehung zum Ausland veranlasst ist. Geschäftsbeziehung in diesem Sinne ist gemäß § 1 Abs. 4 AStG wiederum jede den Einkünften zugrunde liegende schuldrechtliche Beziehung, die keine gesellschaftsvertragliche Vereinbarung ist und entweder beim Steuerpflichtigen oder bei der nahestehenden Person Teil einer Tätigkeit ist, auf die die §§ 13, 15, 18 oder 21 EStG anzuwenden sind oder im Fall eines ausländischen Nahestehenden anzuwenden wären, wenn die Tätigkeit im Inland vorgenommen würde.

Das Finanzgericht hat keine ausreichenden Feststellungen dazu getroffen, ob die Übertragung der Wirtschaftsgüter auf die maltesische Tochtergesellschaft auf einer solchen Geschäftsbeziehung beruht. Der Annahme einer Geschäftsbeziehung i.S. des § 1 Abs. 4 AStG steht nicht entgegen, dass die Klägerin die Wirtschaftsgüter verdeckt in die maltesische Tochtergesellschaft eingelegt hat. Eine verdeckte Einlage ist gegeben, wenn der Gesellschafter oder eine ihm nahestehende Person aus Gründen, die im Gesellschaftsverhältnis wurzeln, eine Einlage erbringt, ohne eine wertadäquate Gegenleistung zu erhalten. Diese Voraussetzung liegt hier vor. Zwar sind die Anteile der Klägerin an der maltesischen Tochtergesellschaft durch die Einlage der Wirtschaftsgüter wertvoller geworden. Nach ständiger Bundesfinanzhofsrechtsprechung führt diese Wertsteigerung jedoch nicht zu einem greifbaren Vermögensvorteil und ist daher nicht als Gegenleistung, sondern lediglich als Wertreflex zu beurteilen17. Allerdings ist das Verhältnis zwischen einer verdeckten Einlage und einer Geschäftsbeziehung i.S. des § 1 Abs. 4 AStG umstritten.

Nach einer Auffassung schließen sich verdeckte -dem Gesellschaftsverhältnis zuzuordnende- Einlagen und Geschäftsbeziehungen i.S. des § 1 Abs. 4 AStG auch nach Änderung durch das Steuervergünstigungsabbaugesetz gegenseitig aus18.

Nach überwiegender Ansicht, die sich auf die Formulierung der „gesellschaftsvertraglichen Vereinbarung“ bezieht, sind nur diejenigen Geschäftsvorfälle auszuklammern, die einen formal-rechtlichen Niederschlag im Gesellschaftsvertrag gefunden und zusätzlich zu einer materiell-rechtlichen Änderung der Organisationsstruktur der Gesellschaft geführt haben19. Die spätere Änderung des § 1 Abs. 4 AStG durch das Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 22.12.2014 -Zollkodexanpassungsgesetz-20 sei insofern nur von klarstellender Bedeutung21.

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Auch nach Auffassung des Bundesfinanzhofs schließt eine verdeckte Einlage den Tatbestand der Geschäftsbeziehung i.S. des § 1 AStG nicht aus.

Weder der Gesetzeswortlaut des § 1 Abs. 4 AStG, der eine „schuldrechtliche Beziehung, die keine gesellschaftsvertragliche Vereinbarung ist“ voraussetzt, noch die Gesetzesbegründung, wonach es „für das Bestehen einer Geschäftsbeziehung (…) keine Bedeutung [hat], ob sie betrieblich oder gesellschaftsrechtlich veranlasst ist“22, lassen eine solche Schlussfolgerung zu. Vielmehr sollen insbesondere auch „die unentgeltliche oder teilentgeltliche Gewährung anderer Leistungen einer inländischen Kapitalgesellschaft an ihre (…) ausländische Tochtergesellschaft“ zu den Geschäftsbeziehungen gehören „unabhängig davon, ob sie fehlendes Eigenkapital der Tochtergesellschaft ersetzen oder die wirtschaftliche Betätigung dieser Gesellschaft stärken sollen“22.

Entscheidend ist daher, ob der im Streit stehenden Übertragung der Wirtschaftsgüter von der Klägerin auf die maltesische Tochtergesellschaft eine gesellschaftsvertragliche Vereinbarung zugrunde liegt. Dies setzt wiederum voraus, dass die Übertragung nicht nur (formal) zu den gesellschaftsvertraglichen Abreden gehört, sondern auch zu einer Änderung der Gesellschafterstellung der Klägerin (z.B. Änderung der Beteiligungshöhe oder der Beteiligungsrechte) führt. Die bloße Aufnahme der Abrede in den Gesellschaftsvertrag kann bereits deshalb nicht genügen, weil sie das Merkmal der Geschäftsbeziehungen und damit den Tatbestand des § 1 Abs. 4 AStG in das Belieben der Beteiligten stellen würde23.

Nach den bindenden Feststellungen des Finanzgericht (§ 118 Abs. 2 FGO) wurde die Übertragung der Wirtschaftsgüter nicht im Gesellschaftsvertrag geregelt. Hierauf kommt es jedoch nach dem Vorstehenden nicht an. Entscheidend ist vielmehr, wie die Übertragung der Wirtschaftsgüter unter Heranziehung des für die auf Malta ansässige Tochtergesellschaft geltenden maltesischen Gesellschaftsrechts auf einer (ggf. ergänzenden) gesellschaftsvertraglichen Abrede beruht, die mit einer Änderung der materiellen Gesellschafterstellung verbunden war24. Dies hat das Finanzgericht jedoch nicht festgestellt.

Die Feststellungen zum maltesischen Gesellschaftsrecht im Rahmen des § 1 Abs. 1 und Abs. 4 AStG sind auch nicht aus anderen Gründen entbehrlich.

Zwar ist § 1 Abs. 1 AStG „unbeschadet anderer Vorschriften“ anzuwenden und es käme möglicherweise auch eine Korrektur über den Bilanzansatz der übertragenen Wirtschaftsgüter mit dem Teilwert nach § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG i.V.m. § 6 Abs. 6 Satz 2 EStG in Betracht25. Dies würde jedoch zu einer Sofortbesteuerung von in der Bundesrepublik Deutschland entstandenen und nicht realisierten Wertzuwächsen und damit zu einer Steuerbelastung führen, die nach der Rechtsprechung des EuGH zur Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes durch eine Stundungsmöglichkeit abzumildern wäre26. Eine solche Stundungsmöglichkeit sieht die Regelung des § 6 Abs. 6 Satz 2 EStG indes nicht vor.

Die unentgeltliche Übertragung der Wirtschaftsgüter entspräche nach den bindenden Feststellungen des Finanzgericht (§ 118 Abs. 2 FGO) auch nicht dem, was ein fremder, nicht durch das Gesellschaftsverhältnis mit der maltesischen Gesellschaft verbundener Dritter vereinbart hätte. Zudem wäre eine Einkünfteminderung -hier: keine Realisierung der stillen Reserven- i.S. von § 1 Abs. 1 AStG durch („dadurch“) die unentgeltliche Übertragung der Wirtschaftsgüter eingetreten.

Schließlich würde auch das Unionsrecht einer Einkünftekorrektur nach § 1 Abs. 1 AStG nicht widerstreiten.

Zwar hat der EuGH -wie bereits ausgeführt- im Urteil Hornbach-Baumarkt27 im Rahmen seiner Erwägungen zur Verhältnismäßigkeit erkannt, dass wirtschaftliche Gründe den Abschluss von Geschäften unter nicht fremdüblichen Bedingungen rechtfertigen können. Auch sei es Sache des nationalen Gerichts, zu überprüfen, ob dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit eingeräumt wurde, Beweise für die wirtschaftlichen Gründe des in Frage stehenden Geschäfts beizubringen28. Nach den bindenden Feststellungen des Finanzgericht (§ 118 Abs. 2 FGO) hat die Klägerin jedoch keinen sachbezogenen wirtschaftlichen Grund für die unentgeltliche Übertragung der Wirtschaftsgüter vorgetragen.

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Das angefochtene Urteil des Finanzgerichts Köln6 beruhte auf anderen rechtlichen Beurteilungen und war daher vom Bundesfinanzhof aufzuheben. Die Sache war an das Finanzgericht Köln zurückzuverweisen, um es diesem zu ermöglichen, die erforderlichen Feststellungen zum maltesischen Gesellschaftsrecht sowie zum Fremdvergleich der unbesicherten Darlehen nachzuholen.

Bei Letzterem wird das Finanzgericht zu berücksichtigen haben, dass im Fall der am Bilanzgewinn orientierten variablen Darlehensverzinsung keine abweichenden Maßstäbe zur Fremdüblichkeit gelten. Insbesondere wird zu prüfen sein, ob ein fremder Dritter angesichts der konkreten Ertragssituation der darlehensnehmenden Gesellschaft bereit gewesen wäre, eine entsprechende Vereinbarung einzugehen. Im Rahmen der Feststellungen zum Fremdvergleich wird das Finanzgericht zudem zu berücksichtigen haben, dass die Ausreichung unbesicherter Darlehen durch fremde Dritte an die Konzernobergesellschaft eine Würdigung des einer (Tochter-)Gesellschaft eingeräumten Darlehens am Maßstab der fremdüblichen Kreditgewährung nicht ersetzen kann. Der Bundesfinanzhof weist in diesem Zusammenhang erneut darauf hin, dass sich der Fremdvergleich an der konkreten darlehensnehmenden (Tochter-)Gesellschaft -und insbesondere deren Ertragssituation- zu orientieren hat und deshalb die Konzernüblichkeit der fehlenden Anspruchsbesicherung29 nicht deren Fremdüblichkeit begründen kann30.

Weiter wird das Finanzgericht zu berücksichtigen haben, dass die Klage auch gegen den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.2005 zulässig ist und die von der Klägerin sowie den Organgesellschaften erzielten Zinseinnahmen in Höhe von … EUR gemäß § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG außer Ansatz zu lassen und insoweit nur 5 % gemäß § 8b Abs. 5 Satz 1 KStG dem Einkommen wieder hinzuzurechnen sind.

Nach § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG bleiben Bezüge i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 9 und 10 Buchst. a EStG bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz. Von diesen Bezügen gelten jedoch gemäß § 8b Abs. 5 Satz 1 KStG 5 % als Ausgaben, die nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden dürfen. Bei den Zinseinnahmen der Klägerin sowie der Organgesellschaften handelt es sich um vGA nach § 8a Abs. 1 Satz 1 KStG 2002 n.F., die zu den sonstigen Bezügen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG zählen31.

Nach § 8a Abs. 1 Satz 1 KStG 2002 n.F. sind Vergütungen für Fremdkapital, das eine Kapitalgesellschaft nicht nur kurzfristig von einem Anteilseigner erhalten hat, der zu einem Zeitpunkt im Wirtschaftsjahr wesentlich am Grund- oder Stammkapital beteiligt war, auch verdeckte Gewinnausschüttungen, wenn die Vergütungen insgesamt mehr als 250.000 EUR betragen und wenn eine nicht in einem Bruchteil des Kapitals bemessene Vergütung vereinbart ist (Nr. 1) oder eine in einem Bruchteil des Kapitals bemessene Vergütung vereinbart ist und soweit das Fremdkapital zu einem Zeitpunkt des Wirtschaftsjahrs das Eineinhalbfache des anteiligen Eigenkapitals des Anteilseigners übersteigt, es sei denn die Kapitalgesellschaft hätte dieses Fremdkapital bei sonst gleichen Umständen auch von einem fremden Dritten erhalten können (Nr. 2).

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Die Voraussetzungen des § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG 2002 n.F. sind nach den bindenden Feststellungen des Finanzgericht (§ 118 Abs. 2 FGO) erfüllt. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass das Kapital ausländischen Gesellschaften gewährt wurde. Die Rechtsfolgen des § 8a Abs. 1 KStG 2002 n.F. treten unabhängig davon ein, ob die gezahlten Vergütungen die jeweilige Bemessungsgrundlage der ausländischen kapitalempfangenden Kapitalgesellschaft nicht gemindert haben32. Eine derartige Einschränkung des § 8a Abs. 1 KStG 2002 n.F. kommt angesichts des eindeutigen Wortlauts nicht in Betracht33.

§ 8a Abs. 1 Satz 1 KStG 2002 n.F. setzt „Vergütungen für Fremdkapital, das eine Kapitalgesellschaft nicht nur kurzfristig von einem Anteilseigner erhalten hat“, voraus. Die Norm verlangt nach ihrem Wortlaut mithin keine -unbeschränkte oder beschränkte- Steuerpflicht der kapitalempfangenden Gesellschaft34.

Demgegenüber rechtfertigen weder die Gesetzeshistorie des § 8a Abs. 1 KStG 2002 n.F. noch die Regelung des § 8a Abs. 2 Satz 5 KStG 2002 n.F. eine gegenüber dem eindeutigen Gesetzeswortlaut einschränkende Auslegung. Ausweislich der Gesetzesbegründung sollte der Anwendungsbereich des § 8a Abs. 1 KStG 2002 n.F. „künftig auch auf beschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften erstreckt“35 sowie mit der Regelung des § 8a Abs. 2 Satz 5 KStG 2002 n.F. „z.B. beschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften“ erfasst werden36. Dieses gesetzgeberische Ziel der Ausdehnung des Anwendungsbereichs auch auf beschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften wurde jedoch durch den Wortlaut der Neuregelung erreicht und zwingt nicht zu einer einschränkenden Auslegung37.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 19. Juni 2019 – I R 32/17

  1. Bestätigung von BFH, Urteil vom 27.02.2019 – I R 73/16, BFHE 263, 525, BStBl II 2019, 394[]
  2. Bestätigung des BFH, Urteils vom 27.02.2019 – I R 73/16, BFHE 263, 525, BStBl II 2019, 394[]
  3. BFH, Urteil vom 27.02.2019 – I R 51/17, BFHE 264, 292[]
  4. BFH, Urteil vom 27.02.2019 – I R 73/16, BFHE 263, 525, BStBl II 2019, 394[]
  5. vgl. BFH, Urteil vom 27.02.2019 – I R 73/16, BFHE 263, 525, BStBl II 2019, 394, Rz 21[]
  6. FG Köln, Urteil vom 22.02.2017 – 13 K 493/12[][]
  7. BFH, Urteile vom 17.12.2014 – I R 23/13, BFHE 248, 170, BStBl II 2016, 261; und vom 24.06.2015 – I R 29/14, BFHE 250, 386, BStBl II 2016, 258[]
  8. BGBl II 1991, 355, BStBl I 1991, 95[]
  9. BGBl II 1961, 398, BStBl I 1961, 343[]
  10. vgl. BFH, Urteil in BFHE 263, 525, BStBl II 2019, 394, Rz 24 ff.[]
  11. vgl. BFH, Urteil in BFHE 263, 525, BStBl II 2019, 394, Rz 13, 18[]
  12. vgl. BFH, Urteil in BFHE 263, 525, BStBl II 2019, 394, Rz 23[]
  13. BFH, Urteile vom 06.03.2013 – I R 10/11, BFHE 241, 157, BStBl II 2013, 707; vom 19.07.2017 – I R 87/15, BFHE 259, 435[]
  14. vgl. BFH, Urteil vom 27.02.2019 – I R 51/17, BFHE 264, 292[]
  15. EuGH, Urteil Hornbach-Baumarkt vom 31.05.2018 – C-382/16, EU:C:2018:366, HFR 2018, 580[]
  16. BFH, Urteil in BFHE 263, 525, BStBl II 2019, 394, Rz 35[]
  17. z.B. BFH, Urteil vom 04.03.2009 – I R 32/08, BFHE 224, 410, BStBl II 2012, 341, m.w.N.[]
  18. Bernhardt/van der Ham/Kluge, Internationales Steuerrecht -IStR- 2007, 717, 719[]
  19. z.B. Blümich/Pohl, § 1 AStG Rz 188 f.; Kaminski in Strunk/Kaminski/Köhler, AStG/DBA, § 1 AStG Rz 1464; Kraft, Außensteuergesetz, § 1 Rz 631; T. Schmidt, Außensteuergesetz, § 1 Rz 10; a.A. Günkel/Lieber, IStR 2004, 229, 231: Aufnahme in den Gesellschaftsvertrag ausreichend[]
  20. BGBl I 2014, 2417, BStBl I 2015, 58[]
  21. Blümich/Pohl, § 1 AStG Rz 188 f.[]
  22. BT-Drs. 15/119, S. 53[][]
  23. vgl. auch BFH, Urteil vom 05.11.2003 – X R 55/99, BFHE 205, 30, BStBl II 2004, 706, zur Auslegung von Willenserklärungen; a.A. Günkel/Lieber, IStR 2004, 229, 231[]
  24. vgl. auch BFH, Urteil vom 27.04.2000 – I R 58/99, BFHE 192, 428, BStBl II 2001, 168 zur „Kapitalrücklage“ im ausländischen Handels- und Gesellschaftsrecht[]
  25. vgl. zum Meinungsstand: Blümich/Ehmcke, § 6 EStG Rz 1423; Eckstein in Herrmann/Heuer/Raupach, § 6 EStG Rz 1735; Füger/Rieger, Deutsches Steuerrecht -DStR- 2003, 628, 630; Gosch/Roser, KStG, 3. Aufl., § 8 Rz 117; Korn/Strahl in Korn, § 6 EStG Rz 539; Neumann in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, § 8 Rz 1308; BeckOK EStG/Oellerich, § 6 Rz 3052; Schmidt/Kulosa, EStG, 38. Aufl., § 6 Rz 752; KKB/Teschke/C. Kraft, 4. Aufl., § 6 EStG Rz 403; Werndl in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 6 Rz M 15[]
  26. vgl. EuGH, Urteile DMC vom 23.01.2014 – C-164/12, EU:C:2014:20, HFR 2014, 271; National Grid Indus vom 29.11.2011 – C-371/10, EU:C:2011:785, HFR 2012, 226[]
  27. EU:C:2018:366, Rz 56, HFR 2018, 580[]
  28. EuGH, Urteil Hornbach-Baumarkt, EU:C:2018:366, Rz 57, HFR 2018, 580[]
  29. dazu BFH, Urteil vom 21.12.1994 – I R 65/94, BFHE 176, 571[]
  30. vgl. BFH, Urteil in BFHE 263, 525, BStBl II 2019, 394[]
  31. vgl. BFH, Urteile vom 20.08.2008 – I R 29/07, BFHE 222, 500, BStBl II 2010, 142; vom 18.03.2009 – I R 13/08, BFH/NV 2009, 1613[]
  32. a.A. BMF, Schreiben vom 15.07.2004, BStBl I 2004, 593, Rz 27[]
  33. ebenso Benecke/Schnitger, IStR 2004, 44; Booten/Schnitger/Rometzki, DStR 2005, 907; Grotherr, Betriebs-Berater -BB- 2004, 411, 414; Mensching/Bauer, BB 2003, 2429, 2430; a.A. Gosch, KStG, 1. Aufl., § 8a Rz 18; Pung/Dötsch in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 8a KStG (vor URefG 2008), Rz 274[]
  34. Benecke/Schnitger, IStR 2004, 44; Grotherr, BB 2004, 411, 414; ebenso Gosch, a.a.O., § 8a Rz 18[]
  35. BT-Drs. 15/1518, S. 14; BR-Drs. 560/03, S. 16[]
  36. BT-Drs. 15/1518, S. 15; BR-Drs. 560/03, S. 17[]
  37. a.A. Gosch, a.a.O., § 8a Rz 18[]
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