Nach § 73 Abs. 2 FGO wird, wenn die Klage von jemandem erhoben ist, der wegen dieses Klagegegenstandes nach § 60 Abs. 3 FGO zu einem anderen Verfahren beizuladen wäre, die notwendige Beiladung des Klägers dadurch ersetzt, dass die beiden Verfahren zu gemeinsamer Verhandlung und einheitlicher Entscheidung verbunden werden.

Liegen bei den Klagen verschiedener Kläger die Voraussetzungen einer gegenseitigen notwendigen Beiladung gemäß § 60 Abs. 3 FGO vor, ersetzt die Verbindung nach § 73 Abs. 2 FGO die jeweiligen Beiladungen1.
Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist, auch wenn die Beiladung eines Beteiligten im Gesetz keine Grundlage findet, der Beiladungsbeschluss im Revisionsverfahren nicht aufzuheben; ein vom Finanzgericht zu Unrecht Beigeladener bleibt am Revisionsverfahren beteiligt. Dies beruht darauf, dass der Beiladungsbeschluss nach § 128 Abs. 1 FGO mit der Beschwerde angefochten werden kann. Da diese Möglichkeit besteht, besteht kein Bedarf, einen von dem Beschwerdeberechtigten nicht innerhalb der Frist des § 129 Abs. 1 FGO angefochtenen Beiladungsbeschluss von Amts wegen im Revisionsverfahren aufzuheben2.
Demgegenüber ist der Beschluss über die Verbindung und Trennung eine prozessleitende Verfügung i.S. von § 128 Abs. 2 FGO und demgemäß -im Gegensatz zum Beiladungsbeschluss- nicht anfechtbar3 und kann daher keine dem Beiladungsbeschluss entsprechende Bindungswirkung entfalten.
Dass das Finanzgericht die Klage des Klägers mit derjenigen des – I verbunden hat, macht diesen nicht zum Beteiligten am Verfahren über die Revision des Klägers. Zwar ist gemäß § 122 Abs. 1 FGO Beteiligter am Verfahren über die Revision, wer am Verfahren über die Klage beteiligt war. Daraus folgt indes bei verbundenen Klageverfahren nicht zwingend, dass sämtliche Kläger auch Beteiligte eines nachfolgenden Revisionsverfahrens werden. Ungeachtet der verfahrensrechtlichen Verbindung (im erstinstanzlichen Verfahren) infolge des Verbindungsbeschlusses entsteht kein einheitlicher Streitgegenstand; die Klagen bleiben materiell-rechtlich selbständige Verfahren. Die Verbindung hat -abgesehen von der kostenmäßigen Auswirkung- nur verfahrenstechnische Wirkungen4. „Die Klage“ i.S. von § 122 Abs. 1 FGO ist die von jedem einzelnen Kläger erhobene Klage, die durch die Verbindung mit den anderen Klagen dann nicht ihre Eigenständigkeit verliert, wenn ihr Streitgegenstand sich -wie hier- mit dem der anderen Klagen nicht überschneidet. In diesen Fällen ersetzt die Verbindung nach § 73 Abs. 2 FGO nicht eine notwendige Beiladung i.S. von § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO. Die verschiedenen Kläger werden nicht notwendige Streitgenossen. Die Entscheidungen über die verschiedenen Klagen können voneinander unabhängig ergehen und in Rechtskraft erwachsen5.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 14. Dezember 2022 – X R 9/20
- vgl. Ossinger in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO, § 73 FGO Rz 32; Thürmer in Hübschmann/Hepp/Spitaler -HHSp-, § 73 FGO Rz 4[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 27.05.1981 – I R 112/79, BFHE 133, 526, BStBl II 1982, 192, unter I. 2.; BFH, Beschluss vom 17.04.2013 – VI R 15/12, BFH/NV 2013, 1242, Rz 20[↩]
- vgl. Brandis in Tipke/Kruse, § 73 FGO Rz 3; Ossinger in Schwarz/Pahlke/Keß, a.a.O., § 73 FGO Rz 32; Thürmer in HHSp, § 73 FGO Rz 36[↩]
- vgl. Ossinger in Schwarz/Pahlke/Keß, a.a.O., § 73 FGO Rz 35[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 22.11.1988 – VIII R 90/84, BFHE 155, 250, BStBl II 1989, 326, unter 4.[↩]