Ein ordnungsgemäß gestellter Beweisantrag darf nur unberücksichtigt bleiben, wenn das Beweismittel für die zu treffende Entscheidung unerheblich, das Beweismittel unerreichbar bzw. unzulässig oder absolut untauglich ist oder wenn die in Frage stehende Tatsache zugunsten des Beweisführenden als wahr unterstellt werden kann1.

Obwohl § 295 ZPO i.V.m. § 155 FGO ihrem Wortlaut nach einen Verlust des Rügerechts lediglich eintreten lässt, wenn der Verfahrensfehler bei der „nächsten“ mündlichen Verhandlung nicht gerügt wird, wird sie nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs auch dann herangezogen, wenn sich der gerichtliche Verfahrensfehler und das Unterbleiben einer Rüge in „derselben“ mündlichen Verhandlung ereignen2.
Ein Rügeverlust tritt allerdings nicht ein, wenn das Finanzgericht im Urteil begründet hat, weshalb es eine beantragte Beweiserhebung nicht durchgeführt hat3. Hintergrund dieser Rechtsprechung ist, dass eine ausdrückliche Rüge durch den Beteiligten in derartigen Fällen eine überflüssige Förmelei darstellen würde, da bereits aus dem angefochtenen Urteil selbst hervorgeht, dass dem Finanzgericht die Existenz des übergangenen Beweismittels bewusst war4.
Nichts anderes kann aber gelten, wenn das Finanzgericht -wie hier- zwar nicht ausdrücklich begründet, weshalb es den beantragten Beweis nicht erhoben hat, wohl aber den vollen Wortlaut der unter Beweis gestellten Tatsachen unter ausdrücklicher Bezugnahme auf den Schriftsatz, in dem der Beweisantrag enthalten war, wiedergibt. Auch in einem solchen Fall kann bereits dem finanzgerichtlichen Urteil entnommen werden, dass dem Finanzgericht die Existenz des Beweisantrags im Zeitpunkt seiner Entscheidung bewusst war, ohne dass noch weitere Umstände zu würdigen wären.
Vorliegend war der Beweisantrag in dem -sehr kurzen- Schriftsatz der Kläger vom 25.02.2013 enthalten, den das Finanzgericht ausdrücklich erwähnt. Ebenso zitiert das Finanzgericht wörtlich die von den Klägern in diesem Schriftsatz unter Beweis gestellten Tatsachen. Auch nimmt es in diesem Zusammenhang Bezug auf das Schreiben der Kläger vom 04.03.2013, mit dem sie der Auffassung des Finanzamt ausdrücklich widersprochen haben, die Beweiserhebung könne durch Verwertung eines Vermerks ersetzt werden. Danach kann ausgeschlossen werden, dass das Finanzgericht den Beweisantrag übersehen hat. Eine Rüge durch die Kläger in der mündlichen Verhandlung wäre -zumal die schriftsätzliche Rüge vom 04.03.2013 der mündlichen Verhandlung unmittelbar vorangegangen ist- in gleicher Weise als überflüssige Förmelei anzusehen, als wenn das Finanzgericht, wozu es im Übrigen verpflichtet gewesen wäre, ausdrücklich begründet hätte, weshalb es von der Beweiserhebung abgesehen hat.
Bundesfinanzhof, Beschluss vom 8. Januar 2014 – X B 68/13
- ständige höchstrichterliche Rechtsprechung, vgl. BFH, Beschlüsse vom 17.11.2009 – VI B 11/09, BFH/NV 2010, 650, unter II. 1.a; und vom 28.09.2011 – X B 69/11, BFH/NV 2012, 32, unter II. 2., beide m.w.N.[↩]
- vgl. zu einem derartigen Sachverhalt BFH, Beschluss vom 03.11.2010 – I B 102/10, BFH/NV 2011, 808, unter 2. b[↩]
- BFH, Beschluss vom 26.11.2008 – IX B 122/08, BFH/NV 2009, 600[↩]
- BFH, Beschluss vom 29.06.2011 – X B 242/10, BFH/NV 2011, 1715, unter II. 1.b[↩]