Beruft sich ein fachkundig vertretener Beteiligter darauf, er sei verhindert gewesen, an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen, zu der sein persönliches Erscheinen nicht angeordnet worden war, erfordert die Annahme eines Gehörsverstoßes wegen Ablehnung eines Verlegungsantrags, dass gegenüber der Vorinstanz substantiierte Gründe vorgetragen wurden, die eine persönliche Anwesenheit des Beteiligten neben dem Prozessbevollmächtigten erfordern.

So verneinte der Bundesfinanzhof im hier entschiedenen Fall, dass das Finanzgericht indem es den Antrag der Klägerin auf Verlegung des Termins der mündlichen Verhandlung abgelehnt hat, deren Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes i.V.m. § 96 Abs. 2, § 119 Nr. 3 FGO verletzt habe:
Nach § 155 FGO i.V.m. § 227 Abs. 1 ZPO kann das Finanzgericht aus erheblichen Gründen einen Termin aufheben oder verlegen. Diese erheblichen Gründe sind auf Verlangen glaubhaft zu machen (§ 227 Abs. 2 ZPO). Ist eine Glaubhaftmachung erfolgt, verdichtet sich das Ermessen des Finanzgerichtes zu einer Rechtspflicht, so dass der Termin zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs verlegt werden muss, selbst wenn das Gericht die Sache für entscheidungsreif hält und die Erledigung des Rechtsstreits verzögert wird. Bei der Prüfung der Gründe muss das Finanzgericht zugunsten des Beteiligten berücksichtigen, dass es einzige Tatsacheninstanz ist und der Beteiligte ein Recht hat, seine Sache in der mündlichen Verhandlung zu vertreten1.
Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist jedoch nicht verletzt, wenn der Beteiligte nicht jede zumutbare Gelegenheit wahrgenommen hat, sich Gehör zu verschaffen. Denn der Anspruch auf rechtliches Gehör wird begrenzt durch die prozessualen Mitwirkungspflichten des Beteiligten. Dieser hat alles in seinen Kräften Stehende und nach Lage der Dinge Erforderliche zu tun, um sein Recht auf Gehör zu verwirklichen. Hieran fehlt es jedenfalls, wenn der Beteiligte trotz rechtzeitiger und ordnungsgemäßer Ladung bei eigener Verhinderung nicht wenigstens durch den bereits bestellten Prozessbevollmächtigten vertreten wird. Dem Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör wird auch dadurch entsprochen, dass sich der von ihm bestellte Prozessbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung äußern kann2.
Nach diesen Grundsätzen ist der Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör durch die Nichtverlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung nicht verletzt.
Das Vorbringen im Schriftsatz vom 25.06.2024, wonach es sich um Sachverhalte handelte, „die zum Teil weit in die Vergangenheit zurückreichen“ und es allein die Klägerin sei, „die den Sachverhalt aus eigener Kenntnis umfassend kennt“, reicht für eine Verlegung des Termins nicht aus. Diese Gründe können in fast jedem Gerichtsverfahren mit umfangreicher Sachverhaltsaufklärung und dementsprechend längerer Verfahrensdauer vorliegen. Andere Gründe, die eine persönliche Anwesenheit der Klägerin neben ihrem Prozessbevollmächtigten erfordert hätten, waren im erstinstanzlichen Verfahren nicht vorgetragen.
Dass die Klägerin den Antrag auf Terminsverlegung mit einem bereits vor der Ladung gebuchten Urlaub begründet hatte, steht nicht entgegen. Denn beruft sich ein fachkundig vertretener Beteiligter darauf, er sei verhindert gewesen, an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen, zu der -wie hier- sein persönliches Erscheinen nicht angeordnet worden war, erfordert die Annahme eines Gehörsverstoßes wegen Ablehnung eines Verlegungsantrags, dass gegenüber der Vorinstanz substantiierte Gründe vorgetragen wurden, die eine persönliche Anwesenheit des Beteiligten neben dem Prozessbevollmächtigten erfordern. Diesen Substantiierungsanforderungen genügte das Vorbringen der Klägerin nicht. Dieses enthält keine besonderen Gründe -etwa im Hinblick auf eine gegebenenfalls erforderliche weitere Sachaufklärung durch die Klägerin persönlich, die für die Notwendigkeit ihrer Anwesenheit neben der ihres Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung gesprochen hätten. Dass die Anwesenheit der Klägerin notwendig ist, ist vor dem Hintergrund des bereits durchgeführten Erörterungstermins vom 01.02.2024 und der zahlreichen Aufklärungsanordnungen des Finanzgerichtes auch nicht ersichtlich.
Da das persönliche Erscheinen der Klägerin nicht angeordnet war, ist es unerheblich, dass die Klägerin krankheitsbedingt an der Verhandlung am 27.06.2024 nicht teilnehmen konnte.
Soweit sich die Klägerin auf die terminliche Verhinderung des sachbearbeitenden Steuerberaters […] beruft, ist ebenfalls nicht ersichtlich, warum dessen Bestellung zwei Tage vor dem geladenen Termin und in Kenntnis einer bereits vorliegenden urlaubsbedingten Verhinderung trotz Vorhandenseins eines weiteren in den Sachverhalt eingearbeiteten Prozessbevollmächtigten zu einer Vertagung des Termins führen soll. Anhaltspunkte, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin an der Teilnahme des Termins verhindert war, legt die Klägerin in ihrer Beschwerdebegründung nicht dar.
Bundesfinanzhof, Beschluss vom 28. Februar 2025 – IX B 108/24