Die krankheitsbedingte Nichtteilnahme an der mündlichen Verhandlung

Die Nichtteilnahme eines Beteiligten an einer mündlichen Verhandlung aus ärztlich attestierten Gründen ist dann nicht unverschuldet, wenn der Beteiligte damit aufgrund seiner gesundheitlichen Disposition rechnen musste und sich nicht rechtzeitig um eine Vertretung bemüht hat.

Die krankheitsbedingte Nichtteilnahme an der mündlichen Verhandlung

Für eine unverschuldete Verhinderung des Klägers legt das Finanzgericht Hamburg dieselben Maßstäbe an, die bei einem Antrag auf Terminsaufhebung wegen Erkrankung gelten. Ein Verhandlungstermin kann gemäß § 155 FGO i. V. m. § 227 Abs. 1 S. 1 der Zivilprozessordnung bei Vorliegen erheblicher Gründe zu verlegen sein. Ein solcher Grund kann unter anderem darin liegen, dass ein Beteiligter oder sein Prozessbevollmächtigter unerwartet erkrankt ist. Jedoch ist nicht jegliche Erkrankung ein ausreichender Grund für eine Terminsverlegung; eine solche ist vielmehr nur dann geboten, wenn die Erkrankung so schwer ist, dass die Wahrnehmung des Termins nicht erwartet werden kann; bei Vorlage eines ärztlichen Attestes muss dieses entweder Verhandlungsunfähigkeit bescheinigen oder eine so genaue Schilderung der Krankheit enthalten, dass das Finanzgericht selbst beurteilen kann, ob sie ein Erscheinen zum Termin verhindert oder nicht1. Handelt es sich nicht um eine plötzliche, sondern um eine dauerhafte Erkrankung des Prozessbevollmächtigten oder des Beteiligten, so liegt es bei ihm, sich rechtzeitig um eine Vertretung zu bemühen2.

Vorliegend hat der Kläger, ein Steuerberater, mit der Vorlage des Notfallberichtes zwar zur Überzeugung des Finanzgerichtes nachgewiesen, dass er zu einer Teilnahme an der mündlichen Verhandlung wegen einer Erkrankung nicht in der Lage war. Dies folgt auch ohne die ausdrückliche Bescheinigung einer Verhandlungsunfähigkeit aus der im Notfallbericht enthaltenen Diagnose, die medikamentös behandelt wurde und nach Einlieferung des Klägers ins Krankenhaus durch den Notfallarzt dort zu der Einschätzung führte, dass ein stationärer Aufenthalt angeraten sei.

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Der Kläger hätte sich jedoch im vorliegenden Fall nach Ansicht des Finanzgerichts Hamburg rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung um eine Vertretung in dieser Verhandlung bemühen müssen; für ein solches Bemühen liegen keinerlei Anhaltspunkte vor. Denn der Kläger leidet nach der Anamnese im Notfallbericht seit mehreren Jahren unter dieser Erkrankung, bereits vor x Jahren schon einmal eine solche Krise erlebt und nimmt seither das Medikament Y. Angesichts des bereits etwa 2 Wochen vor der aktuellen Krise beim Kläger nach seiner eigenen Schilderung in der Notfallbehandlung aufgetretenen Symptomen aufgrund einer Stresssituation und der Erfahrung mit der Krise vor x Jahren hätte es sich dem Kläger aufdrängen müssen, dass seine persönliche Teilnahme an der mündlichen Verhandlung aus gesundheitlichen Gründen gefährdet war. Da andererseits ein persönliches Erscheinen weder aus Sicht des Gerichtes erforderlich war noch der Kläger selbst Gründe dafür vorgetragen hat, warum ein persönliches Erscheinen notwendig gewesen wäre, hätte sich der Kläger um eine Vertretung in der mündlichen Verhandlung bemühen müssen. Ein solches Bemühen ist nicht ersichtlich. Vielmehr hat es der Kläger darauf ankommen gelassen, an der mündlichen Verhandlung weder persönlich noch durch einen Vertreter teilnehmen zu können.

Finanzgericht Hamburg, Urteil vom 2. Oktober 2014 – 1 K 301/13

  1. vergleiche z. B. BFH Beschluss vom 05.09.2012, – II B 61/12, BFH/NV 2012, 1995[]
  2. vergleiche z. B. BFH Beschlüsse vom 04.03.2014, – VII B 189/13, BFH/NV 2014, 1057; vom 03.11.2003, – III B 55/03, BFH/NV 2004, 506; und vom 24.05.1988, – IV B 125/87, BFH/NV 1989, 175[]
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