Die „überdachende Besteuerung“ und das Freizügigkeitsabkommen mit der Schweiz

Die überdachende Besteuerung von Arbeitnehmern, die es ermöglicht, dass der aus Deutschland in die Schweiz gezogene Arbeitnehmer auf Einkünfte aus deutschen Quellen im Jahr des Wegzugs und in den folgenden fünf Kalenderjahren Steuern zahlen muss, verstößt gegen die Bestimmungen über die Arbeitnehmer- und Personen- Freizügigkeit und stellt eine Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit dar.

Die „überdachende Besteuerung“ und das Freizügigkeitsabkommen mit der Schweiz

So hat das Finanzgericht Baden-Württemberg in dem hier vorliegenden Fall die Aussetzung eines Klageverfahrens begründet und bezüglich der Frage der Europarechtswidrigkeit ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union gerichtet.

Der Kläger des Streitfalls hatte seinen Wohnsitz in Deutschland Ende Juli 2008 aufgegeben und war in die Schweiz weggezogen. Anschließend war er jedoch weiterhin als Geschäftsführer für eine in Deutschland ansässige GmbH – die Tochtergesellschaft eines schweizerischen Konzerns – tätig. Für den seither bezogenen Arbeitslohn führte die GmbH lediglich eine Quellensteuer von 4,5% an den deutschen Fiskus ab. Der Kläger versteuerte den Arbeitslohn ansonsten an seinem Wohnsitz in der Schweiz. Zum Streit kam es, weil das deutsche Finanzamt den Kläger trotzdem – unter Anrechnung der schweizerischen Steuer – zur (erheblich höheren) deutschen Einkommensteuer heranziehen wollte.

Die überdachende Besteuerung ermöglicht dem deutschen Fiskus den Zugriff auf Einkünfte aus deutschen Quellen im Jahr des Wegzugs in die Schweiz und in den folgenden fünf Kalenderjahren. Dies betrifft insbesondere den Arbeitslohn, der nach dem Wegzug als Grenzgänger für eine Tätigkeit bei einem deutschen Arbeitgeber bezogen wird. Die deutsche Besteuerung greift allerdings nur dann, wenn der Wegzüger kein Schweizer Staatsbürger ist.

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Nach Auffassung des Finanzgerichts Baden-Württemberg stellt diese Regelung eine Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit dar und verstößt gegen das zwischen der Schweiz und der Europäischen Union und ihren Mitgliedsstaaten abgeschlossene Freizügigkeitsabkommen. Es hat daher das Klageverfahren ausgesetzt und die Frage der Europarechtswidrigkeit dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung vorgelegt1.

Finanzgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 19. Dezember 2013 – 3 K 2654/11

  1. unter C-241/14 beim EuGH anhängig[]