Bei einem Streit um die Aufteilung einer Steuererstattung auf zusammenveranlagte Ehegatten ist das Finanzgericht ist nicht verpflichtet, den Ehegatten gemäß § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO beizuladen.

Nach dieser Bestimmung sind Dritte, die an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, (notwendig) beizuladen. Ein Fall der notwendigen Beiladung liegt im Streitfall jedoch nicht vor. Wie der Bundesfinanzhof entschieden hat, reicht der Umstand, dass zusammen veranlagten Ehegatten nicht mehr als 100 % der in den Zusammenveranlagungsbescheiden durch Anrechnung der von den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit einbehaltenen Lohnsteuer festgestellten Erstattungsbeträge erstattet werden dürfen, nicht aus, um die Notwendigkeit einer einheitlichen Entscheidung gegenüber den Ehegatten zu begründen, denn über Steuerschulden und Guthaben von Steuerpflichtigen wird im Steuererhebungsverfahren grundsätzlich gegenüber jedem Steuerpflichtigen gesondert und einzeln entschieden, auch wenn mehrere Steuerpflichtige im Steuerfestsetzungsverfahren bei Zusammenveranlagung von Eheleuten als Einheit behandelt worden sind und daher die festgesetzte Steuer als Gesamtschuldner schuldeten1.
Auch nach der Änderung des § 218 AO durch das Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 22.12 20142, mit dem in § 218 Abs. 3 AO eine Regelung eingefügt worden ist, nach der nachträglich gegenüber dem Steuerpflichtigen oder einer anderen Person die entsprechenden steuerlichen Folgerungen gezogen werden können, wenn eine Anrechnungsverfügung oder ein Abrechnungsbescheid auf Grund eines Rechtsbehelfs oder auf Antrag des Steuerpflichtigen oder eines Dritten zurückgenommen und in dessen Folge ein für ihn günstigerer Verwaltungsakt erlassen wird, gilt die angeführte BFH-Rechtsprechung weiterhin. Denn ausweislich der Gesetzesbegründung3 soll die neue Regelung nur in den Fällen gelten, in denen der andere Ehegatte oder Lebenspartner an dem Verfahren, das zur Aufhebung geführt hat, beteiligt wurde. Hierzu verweist § 218 Abs. 3 Satz 2 AO auf die entsprechende Geltung des § 174 Abs. 4 und 5 AO. Hinsichtlich der Rechtswirkungen gegenüber Dritten stellt § 174 Abs. 5 Satz 1 AO auf die Beteiligung des Dritten an dem Verfahren, das zur Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids geführt hat, ab. In diesem Zusammenhang bestimmt § 174 Abs. 5 Satz 2 AO, dass die Hinzuziehung oder Beteiligung Dritter zu diesem Verfahren zulässig ist. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH hat die danach für zulässig zu erachtende Beiladung jedoch nur dann zu erfolgen, wenn die Finanzbehörde diese veranlasst oder beantragt hat4. Der Gesetzesbegründung kann nicht entnommen werden, dass § 218 Abs. 3 AO in jedem Fall -insbesondere bei der Beteiligung eines Ehegatten- von einer notwendigen Beiladung des Dritten nach § 60 Abs. 3 FGO ausgeht. Im Streitfall hat das Finanzamt den von der Rechtsprechung geforderten Antrag nicht gestellt, weshalb eine notwendige Beiladung nach § 218 Abs. 3 i.V.m. § 174 Abs. 5 AO nicht geboten war. Zudem ist im Streitfall der Abrechnungsbescheid weder auf Grund eines Rechtsbehelfs noch auf Grund eines Antrags des Ehemannes oder dessen Ehefrau zurückgenommen worden, so dass bereits aus diesem Grund der Anwendungsbereich des § 218 Abs. 3 AO nicht eröffnet ist.
Bundesfinanzhof, Beschluss vom 20. Februar 2017 – VII R 22/15
- BFH, Beschlüsse vom 10.03.2005 – VII B 214/04, BFH/NV 2005, 1222; und vom 11.01.1994 – VII B 100/93, BFHE 173, 207, BStBl II 1994, 405[↩]
- BGBl I 2014, 2417[↩]
- BT-Drs. 18/3017, S. 35[↩]
- BFH, Entscheidungen vom 13.06.2007 – X B 29/06, BFH/NV 2007, 1627; vom 31.01.2006 – III B 18/05, BFH/NV 2006, 1046; vom 22.12 1988 – VIII B 131/87, BFHE 155, 286, BStBl II 1989, 314; vom 27.01.1982 – VII B 141/81, BFHE 134, 537, BStBl II 1982, 239[↩]