Gemäß § 40 Abs. 2 FGO ist eine Klage zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt worden zu sein. Dies ist bei der Anfechtung eines sog. Nullbescheides regelmäßig nicht der Fall1.

Ausnahmsweise kann die Klage gegen einen solchen Bescheid aber zulässig sein, wenn sich dieser für den Kläger deshalb nachteilig auswirkt, weil in ihm angesetzte Besteuerungsgrundlagen im Rahmen anderer Verfahren verbindliche Entscheidungsvorgaben liefern2.
Danach ist z.B. eine Klage gegen einen Nullbescheid aufgrund des durch das Jahressteuergesetz (JStG) 2010 vom 08.12.20103 eingeführten § 10d Abs. 4 Satz 4 und 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zulässig, da hierdurch die für das Verhältnis von Grundlagenbescheiden zu Folgebescheiden geltenden Vorschriften des § 171 Abs. 10, § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und § 351 Abs. 2 der Abgabenordnung sowie § 42 FGO für entsprechend anwendbar erklärt wurden4. Diese Regeln gelten erstmals für Verluste, für die nach dem 13.12.2010 eine Erklärung zur Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags abgegeben wird (§ 52 Abs. 25 Satz 5 EStG i.d.F. des JStG 2010). Für frühere Zeiträume bestand eine solche Bindungswirkung nicht, weil die Steuerfestsetzung im Verhältnis zur Verlustfeststellung kein Grundlagenbescheid war5.
Auf dieser Grundlage liegt in dem hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen fall eine Beschwer der Klägerin durch den sog. Nullbescheid nicht vor:
Nach den Bundesfinanzhof bindenden Feststellungen des Finanzgericht wurde die Körperschaftsteuererklärung 2006 im Jahr 2007 abgegeben und somit vor der Neukonzeption des § 10d Abs. 4 Satz 4 und 5 EStG durch das JStG 2010. Eine Beschwer scheidet hiernach aus.
Im vorliegenden Fall ergibt sich eine Beschwer auch nicht aus der (Korrektur-)Vorschrift des § 32a Abs. 1 Satz 1 KStG. Die durch das JStG 20076 eingeführte Vorschrift dient dem Zweck, eine auf der Ebene der Körperschaft festgestellte vGA auch auf der Ebene der Gesellschafter verfahrensrechtlich berücksichtigen zu können. Durch die Regelung sollte dem Wechsel vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren Rechnung getragen werden7. Es wird aber zwischen dem Bescheid der Körperschaft und dem Bescheid des Gesellschafters keine Bindungswirkung vergleichbar einem Grundlagen- und Folgebescheid hergestellt8.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von der Klägerin und dem Finanzgericht aufgeworfenen Frage, ob eine Änderung auf der Ebene eines Gesellschafters auch aus Anlass einer Änderung des Verlustfeststellungsbescheides der Körperschaft erfolgen kann. Hierbei handelt es sich lediglich um eine den Umfang der Korrekturvorschrift betreffende Rechtsfrage. Diese hat aber keinen Einfluss auf die (fehlende) Bindungswirkung des Körperschaftsteuerbescheides auf der Ebene des Gesellschafters, die aber für eine Beschwer und damit Klagebefugnis erforderlich wäre.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 4. Mai 2022 – I R 25/19
- ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH, Urteile vom 08.11.1989 – I R 174/86, BFHE 158, 540, BStBl II 1990, 91; vom 19.12.2018 – I R 71/16, BFHE 264, 115, BStBl II 2019, 493[↩]
- BFH, Urteile vom 08.06.2011 – I R 79/10, BFHE 234, 101, BStBl II 2012, 421, Rz 10; vom 21.09.2011 – I R 7/11, BFHE 235, 273, BStBl II 2014, 616; vom 07.12.2016 – I R 76/14, BFHE 256, 314, BStBl II 2017, 704, Rz 12; in BFHE 264, 115, BStBl II 2019, 493, Rz 15, jeweils m.w.N.[↩]
- BGBl I 2010, 1768, BStBl I 2010, 1394[↩]
- vgl. BFH, Urteile in BFHE 256, 314, BStBl II 2017, 704, Rz 13 ff.; in BFHE 264, 115, BStBl II 2019, 493, Rz 16[↩]
- vgl. z.B. BFH, Urteil vom 10.02.2015 – IX R 6/14, BFH/NV 2015, 812, Rz 13[↩]
- vom 13.12.2006, BGBl I 2006, 2878, BStBl I 2007, 28[↩]
- vgl. hierzu BT-Drs. 16/2712, S. 71[↩]
- vgl. z.B. BFH, Urteile vom 18.09.2012 – VIII R 9/09, BFHE 238, 512, BStBl II 2013, 149, Rz 21 ff.; vom 21.10.2014 – VIII R 31/12, GmbH-Rundschau -GmbHR- 2015, 772, Rz 35 f.; BFH, Beschluss vom 05.06.2015 – VIII B 20/15, GmbHR 2015, 1053, Rz 22; BFH, Urteil vom 12.06.2018 – VIII R 38/14, BFH/NV 2018, 1141, Rz 14, m.w.N.; aus der Literatur vgl. nur Brandis/Heuermann/Rengers, § 32a KStG Rz 35 – auch mit Nachweisen zur Gegenmeinung[↩]