Für die Berechnung der Überentnahme nach § 4 Abs. 4a Satz 2 EStG ist zunächst vom einkommensteuerrechtlichen Gewinn auszugehen. Dieser Begriff umfasst auch Verluste. Verluste führen für sich genommen nicht zu Überentnahmen. Die Bemessungsgrundlage für die nicht abziehbaren Schuldzinsen ist im Wege teleologischer Reduktion zu begrenzen. Die Bemessungsgrundlage für die nicht abziehbaren Schuldzinsen ist begrenzt auf den Entnahmenüberschuss des Zeitraums von 1999 bis zum aktuellen Wirtschaftsjahr1.

Beim Abzugsverbot für betrieblich veranlasste Schuldzinsen ist die Bemessungsgrundlage -entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung- auf den periodenübergreifenden Entnahmenüberschuss zu begrenzen.
Nach § 4 Abs. 4a EStG sind –unter den dort im Einzelnen bezeichneten Voraussetzungen– betrieblich veranlasste Schuldzinsen nicht abziehbar, sondern dem Gewinn hinzuzurechnen, wenn die Entnahmen die Summe aus Gewinn und Einlagen übersteigen und damit sog. Überentnahmen vorliegen. Die Bemessungsgrundlage für das Abzugsverbot ergibt sich aus der Summe von Über- und Unterentnahmen während einer Totalperiode beginnend mit dem ersten Wirtschaftsjahr, das nach dem 31. Dezember 1998 geendet hat, bis zum aktuellen Wirtschaftsjahr. § 4 Abs. 4a EStG beruht auf der gesetzgeberischen Vorstellung, dass der Betriebsinhaber dem Betrieb bei negativem Eigenkapital nicht mehr Mittel entziehen darf als er erwirtschaftet und eingelegt hat. Damit kommt es zu einer Einschränkung des Schuldzinsenabzugs für den Fall, dass der Steuerpflichtige mehr entnimmt als ihm hierfür an Eigenkapital zur Verfügung steht.
Die Beschränkung des Schuldzinsenabzugs bei Überentnahmen stellte bei ihrer Einführung zum Veranlagungszeitraum 1999 eine Antwort des Gesetzgebers auf Steuergestaltung durch Zwei- und Mehrkontenmodelle (Verlagerung privat veranlasster Schuldzinsen in die betriebliche Sphäre) dar. Sie ist nach einhelliger Auffassung im Wortlaut zu weit geraten, weil bei ihrer mechanischen Anwendung bereits ein betrieblicher Verlust ohne jede Entnahme zur teilweisen Versagung des Schuldzinsenabzugs führen könnte.
In dem hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Streitfall führte der Kläger einen Kraftfahrzeughandel. Er erzielte in den Jahren von 1999 bis 2008 teils Gewinne, teils Verluste, und tätigte Entnahmen und Einlagen in ebenfalls stark schwankender Höhe. Zugleich waren im Betrieb Schuldzinsen angefallen. Das Finanzamt und mit ihm das Finanzgericht München2 versagte in den beiden Streitjahren 2007 und 2008 für einen Teil der Schuldzinsen den Betriebsausgabenabzug, weil Überentnahmen i.S. des § 4 Abs. 4a EStG vorgelegen hätten. Die Berechnung des Finanzamtes entsprach den Vorgaben des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen vom 17. November 20053. Daher kam es zu einer Verrechnung mit in den Vorjahren unberücksichtigt gebliebenen Verlusten im Wege einer formlosen Verlustfortschreibung.
Der Bundesfinanzhof ist dem nicht gefolgt und begrenzte die nach den Überentnahmen ermittelte Bemessungsgrundlage der nicht abziehbaren Schuldzinsen im Wege der teleologischen Reduktion auf den von 1999 bis zum Beurteilungsjahr erzielten Entnahmenüberschuss und damit auf den Überschuss aller Entnahmen über alle Einlagen. So wird sichergestellt, dass ein in der Totalperiode erwirtschafteter Verlust die Bemessungsgrundlage für § 4 Abs. 4a EStG nicht erhöht und damit der Gefahr vorgebeugt, dass ein betrieblicher Verlust ohne jede Entnahme zur teilweisen Versagung des Schuldzinsenabzugs führen kann. Zudem wird der Verlust des aktuellen Jahres nicht anders bewertet als der Verlust aus Vorjahren. Dies kann für den Steuerpflichtigen in bestimmten Jahren günstiger, in anderen Jahren aber auch nachteiliger sein als der Verrechnungsmodus des Bundesministeriums der Finanzen. Die Entscheidung ist insbesondere für Einzelunternehmer und Personengesellschaften im Bereich des Mittelstands von großer Bedeutung. Da es gleichgültig ist, in welchem Jahr innerhalb der Totalperiode Gewinne oder Verluste erzielt sowie Entnahmen oder Einlagen getätigt wurden, ist der Steuerpflichtige zu einer vorausschauenden Planung seiner Entnahmen auch in Gewinnjahren veranlasst, damit diese sich nicht durch spätere Verluste in steuerschädliche Überentnahmen verwandeln.
Im vorliegenden Streitfall hat der Bundesfinanzhof der Klage des Steuerpflichtigen entgegen dem finanzgerichtlichen Urteil teilweise stattgegeben: Zwar lagen kumulierte Überentnahmen im Zeitraum zwischen 1999 und dem Streitjahr 2007 in Höhe von 696.931 € (zwischen 1999 und dem Streitjahr 2008 in Höhe von 630.908 €) vor. Der Kläger hatte in diesem Zeitraum aber nur insgesamt 391.467 € (zwischen 1999 und dem Streitjahr 2008: 419.913 €) mehr entnommen als eingelegt. Da dieser Entnahmenüberschuss die kumulierten Überentnahmen unterschreitet, bildet er die Bemessungsgrundlage für die nach § 4 Abs. 4a EStG nicht abziehbaren Schuldzinsen. Die beim Steuerpflichtigen entstandenen Verluste führen somit nicht zu Überentnahmen i.S. des § 4 Abs. 4a EStG. Die nicht abziehbaren Schuldzinsen beliefen sich damit im Streitjahr 2007 auf 23.488,02 € (6 % von 391.467 €) und im Streitjahr 2008 auf 25.194,78 € (6 % von 419.913 €).
Seit Einführung des § 4 Abs. 4a EStG ist der Schuldzinsenabzug zweistufig zu prüfen. Zunächst ist zu klären, ob der betreffende Kredit nach den von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen eine betriebliche oder private Schuld ist. Sodann ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob und in welchem Umfang die betrieblich veranlassten Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG abziehbar sind4.
Sie sind jedoch gemäß § 4 Abs. 4a Satz 1 EStG nach Maßgabe der Sätze 2 bis 4 nicht abziehbar, wenn Überentnahmen getätigt worden sind.
Eine Überentnahme ist der Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen (§ 4 Abs. 4a Satz 2 EStG). Die nicht abziehbaren Schuldzinsen werden typisiert mit 6 % der Überentnahme des Wirtschaftsjahres zuzüglich der Überentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre und abzüglich der Beträge, um die in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren der Gewinn und die Einlagen die Entnahmen überstiegen haben (Unterentnahmen), ermittelt (§ 4 Abs. 4a Satz 3 Halbsatz 1 EStG). Dies bedeutet, dass die Bemessungsgrundlage der nicht abziehbaren Schuldzinsen der Summe der jeweiligen Überentnahmen und Unterentnahmen aller in die Berechnung einzubeziehenden Wirtschaftsjahre (der Totalperiode) entspricht. Das sind sämtliche Wirtschaftsjahre beginnend mit dem ersten Wirtschaftsjahr, das nach dem 31.12 1998 geendet hat (§ 52 Abs. 6 Satz 5, 6 EStG), bis hin zum aktuellen Wirtschaftsjahr. Soweit im aktuellen Wirtschaftsjahr keine Über, sondern eine Unterentnahme vorliegt, ist diese in die Berechnung einzubeziehen; der Wortlaut des § 4 Abs. 4a Satz 3 Halbsatz 1 EStG ist angesichts der Gesamtkonzeption der Regelung insoweit erkennbar lückenhaft.
Der sich dabei ergebende Betrag, höchstens jedoch der um 2.050 € verminderte Betrag der im Wirtschaftsjahr angefallenen Schuldzinsen, ist dem Gewinn hinzuzurechnen (§ 4 Abs. 4a Satz 4 EStG). Der Abzug von Schuldzinsen für Darlehen zur Finanzierung von Anschaffungs- und Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens bleibt unberührt (§ 4 Abs. 4a Satz 5 EStG).
Sind Verluste erwirtschaftet worden, ist zu differenzieren.
Für die Berechnung der Überentnahme nach § 4 Abs. 4a Satz 2 EStG ist zunächst vom einkommensteuerrechtlichen Gewinn auszugehen. Der Gewinnbegriff des § 4 EStG umfasst grundsätzlich positive wie negative Ergebnisse einer betrieblichen Betätigung. Das folgt zwingend aus der Gewinnermittlungsvorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG. „Gewinn“ i.S. des § 4 Abs. 4a Satz 2 EStG ist daher auch ein Verlust5. Nichts anderes gilt bei der Berechnung der in § 4 Abs. 4a Satz 3 EStG legal definierten Unterentnahme. Es besteht kein Anhaltspunkt dafür, den Gewinnbegriff in den verschiedenen Tatbeständen des § 4 EStG unterschiedlich auszulegen.
Davon ist nach prinzipiell einhelliger Auffassung insoweit im Wege teleologischer Reduktion des § 4 Abs. 4a Satz 2 EStG eine Ausnahme geboten, als Verluste für sich genommen nicht zu einer Kürzung des Schuldzinsenabzugs führen dürfen. Die Ausgestaltung der Vorschrift beruht auf dem Eigenkapitalmodell und der Vorstellung, dass der Betriebsinhaber dem Betrieb bei negativem Eigenkapital nicht mehr Mittel entziehen darf als er erwirtschaftet und eingelegt hat6. § 4 Abs. 4a EStG will den Schuldzinsenabzug (nur) für den Fall einschränken, dass der Steuerpflichtige mehr entnimmt als ihm hierfür an Eigenkapital zur Verfügung steht. Dem widerspräche es, wenn Schuldzinsen allein deshalb unter dem Gesichtspunkt der „Überentnahme“ nicht abziehbar wären, weil der Steuerpflichtige einen Verlust erwirtschaftet hat, insbesondere dann, wenn er niemals eine Entnahme getätigt hat.
Es ist daher anerkannt, dass in einem Verlustjahr bei isolierter Betrachtung dieses Jahres die Überentnahme nicht höher sein darf als die Entnahme und auch nicht höher als die Differenz zwischen Entnahme und Einlage7. Die Überentnahme des aktuellen Wirtschaftsjahres ist auf den Entnahmenüberschuss begrenzt8. Übersteigen umgekehrt die Einlagen die Entnahmen, wird der Einlagenüberschuss mit dem Verlust verrechnet, so dass der Verlust die Unterentnahme dieses Jahres ggf. bis auf Null mindert9.
Diese Grundsätze gelten auch bei der periodenübergreifenden Berechnung der Überentnahme nach § 4 Abs. 4a Satz 3 EStG (Addition aller Überentnahmen und Unterentnahmen der Totalperiode).
In einem ersten Schritt sind etwaige Verluste bei der Ermittlung der nach § 4 Abs. 4a Satz 3 EStG zu addierenden Über- und Unterentnahmebeträge uneingeschränkt als Bestandteil in die Berechnung einzubeziehen. Rechnerisch gehen sie damit sowohl in die Überentnahme des einzelnen Wirtschaftsjahres als auch in die Bemessungsgrundlage der Totalperiode ein.
Da aber ein Verlust für sich genommen keine Überentnahme begründen darf, ist in einem zweiten Schritt im Wege der teleologischen Reduktion die Bemessungsgrundlage der nicht abziehbaren Schuldzinsen des aktuellen Jahres auf den kumulierten Entnahmenüberschuss der Totalperiode zu begrenzen. Der kumulierte Entnahmenüberschuss errechnet sich aus den Entnahmen der Totalperiode abzüglich der Einlagen der Totalperiode.
Die Beschränkung des Schuldzinsenabzugs ist periodenübergreifend angelegt. Schuldzinsen für Überentnahmen sind so lange nicht abziehbar, bis die Überentnahmen durch positive Gewinne und Einlagen wieder ausgeglichen sind. Dies folgt bereits aus dem Grundtatbestand in § 4 Abs. 4a Satz 1 EStG („Überentnahmen“), insbesondere aber aus der Berechnungsvorschrift in § 4 Abs. 4a Satz 3 EStG. So können Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG in einem Wirtschaftsjahr u.U. selbst dann nicht abziehbar sein, wenn in diesem Jahr keine Überentnahme zu verzeichnen ist. Da Bemessungsgrundlage der nicht abziehbaren Schuldzinsen (vorbehaltlich des Satzes 4 der Vorschrift) die Summe der alljährlich zu ermittelnden Überentnahmen und Unterentnahmen von 1999 bis zum Beurteilungsjahr ist, können die nicht abziehbaren Schuldzinsen auch ausschließlich auf Überentnahmen früherer Jahre beruhen. Die periodenübergreifende Verrechnung ist damit wesensprägendes Merkmal des § 4 Abs. 4a EStG10.
Grundsätzlich fließen auch Verluste in die jahresweise wie in die jahresübergreifende Berechnung des Schuldzinsenabzugs ein. Hieran ändert die teleologische Reduktion prinzipiell nichts. Das durch Gewinne (und Einlagen) aufgestockte Eigenkapital, das für Entnahmen zur Verfügung steht, wird auch durch Verluste verbraucht. Deshalb müssen Verluste grundsätzlich bei der Berechnung der nicht abziehbaren Schuldzinsen berücksichtigt werden. Solange sie durch Gewinne oder Einlagen nicht ausgeglichen werden, führen Entnahmen, soweit sie die Einlagen übersteigen, stets zu Überentnahmen11. Der Bundesfinanzhof hat darüber hinaus ausgeführt, Verluste gingen auch dann in die Berechnung der nicht abziehbaren Schuldzinsen ein, wenn Einlagen getätigt wurden, und für den in einem Verlustjahr entstehenden Differenzbetrag die Verrechnung entweder mit den fortgeführten Vorjahreswerten oder die Fortschreibung für das nächste Jahr vorgesehen12. Über die konkrete Durchführung der Verrechnung wurde bislang noch nicht höchstrichterlich tragend entschieden.
Es entspricht sowohl den Vorgaben des § 4 Abs. 4a Satz 2, 3 EStG als auch den Grundsätzen des Eigenkapitalmodells, die Bemessungsgrundlage der nicht abziehbaren Schuldzinsen des aktuellen Jahres in einem ersten Schritt aus der Addition der Über- und Unterentnahmen aller in die Berechnung eingehenden Jahre unter Einbeziehung aller Verluste zu berechnen. Dieses Zwischenergebnis folgt unmittelbar aus der Konstruktion des § 4 Abs. 4a EStG und entspricht den eindeutigen Vorgaben des Gesetzes. Es berücksichtigt die gebotene teleologische Reduktion noch nicht.
§ 4 Abs. 4a Satz 3 EStG enthält schon seinem Wortlaut nach eine klare Rechenanweisung für die Ermittlung der den nicht abziehbaren Schuldzinsen des jeweiligen Jahres zugrunde zu legenden Bemessungsgrundlage. Die Vorschrift bestimmt Art und Umfang der periodenübergreifenden Verrechnung und begrenzt diese auch. Sie ordnet ausdrücklich die Addition sämtlicher Über- und Unterentnahmen aller relevanten Jahre an.
Da die gesetzlichen Definitionen der Begriffe „Überentnahme“ und „Unterentnahme“ in § 4 Abs. 4a Satz 2 EStG und § 4 Abs. 4a Satz 3 EStG mit der Ausgangsgröße „Gewinn“ auch den Verlust einbeziehen, sind in diesem ersten Schritt bei der Berechnung der Über- und Unterentnahmen auch Verluste zu berücksichtigen. Da der Verlust das für Entnahmen zur Verfügung stehende Kapital so aufzehrt wie der Gewinn es mehrt, ist es auch im Hinblick auf das Eigenkapitalmodell systemgerecht, ihn bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die nicht abziehbaren Schuldzinsen einzubeziehen. Einer Verrechnung mit einem gesondert fortgeführten Verlust bedarf es nicht, da die Verluste in vollem Umfang in die Über- und Unterentnahmen der jeweiligen Jahre eingegangen sind. Eine solche Verrechnungsart ist auch im Gesetz nicht vorgesehen.
Dieses der wortlautgetreuen Anwendung des Gesetzes entsprechende Ergebnis kann je nach Lage des Falles in einem zweiten Berechnungsschritt im Wege der teleologischen Reduktion zu korrigieren sein, da ein Verlust eine Überentnahme nicht begründen oder erhöhen darf.
Die dargestellten Grundsätze für das einzelne Verlustjahr sind folgerichtig fortzuführen und auf die Totalperiode anzuwenden. Das bedeutet, dass die als Bemessungsgrundlage i.S. des § 4 Abs. 4a Satz 3 Halbsatz 1 EStG anzusetzende kumulierte Überentnahme nicht höher sein darf als die Entnahme der Totalperiode und auch nicht höher als die Differenz zwischen allen Entnahmen und Einlagen der Totalperiode.
Deshalb sind sowohl die Entnahmen als auch die Einlagen der Totalperiode zu addieren. Die Bemessungsgrundlage ist auf den Entnahmenüberschuss dieses gesamten Zeitraumes zu begrenzen. Ist der so ermittelte Wert geringer als die kumulierte Überentnahme der bisherigen Jahre, sind die nicht abziehbaren Schuldzinsen aufgrund dieses Werts zu ermitteln. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass ein in der Totalperiode erwirtschafteter Verlust die Bemessungsgrundlage für die nicht abziehbaren Schuldzinsen nicht erhöht. Gleichzeitig ist es dadurch ohne Bedeutung, zu welchem (zufälligen) Zeitpunkt zwischen dem Startjahr und dem jeweiligen zu beurteilenden Veranlagungszeitraum Gewinne oder Verluste, Entnahmen oder Einlagen zu verzeichnen waren, was der periodenübergreifend berechneten Bemessungsgrundlage in § 4 Abs. 4a Satz 3 Halbsatz 1 EStG entspricht.
Insbesondere (gestaltbare) Gewinnverschiebungen haben damit keinen Einfluss auf die Höhe der nicht abziehbaren Schuldzinsen. Zudem wird kein Anreiz gesetzt, einmal erwirtschaftete Gewinne zu Lasten der Kapitalausstattung des Unternehmens möglichst rasch (unschädlich) zu entnehmen. Auch die der Abzugsbeschränkung wie auch der teleologischen Reduktion im Verlustfalle zugrunde liegende Grundvorstellung, dass der Betriebsinhaber dem Betrieb bei negativem Eigenkapital nicht mehr Mittel entziehen darf als er erwirtschaftet und eingelegt hat, ist nicht an Jahresabschnitten orientiert.
Ein unzulässiger Eingriff in die im Gesetz angelegte Methodik liegt nicht vor. Denn die Bemessungsgrundlage der nichtabziehbaren Schuldzinsen setzt sich nach § 4 Abs. 4a Satz 3 Halbsatz 1 EStG im Wege der Addition aus einer Reihe von Über- und Unterentnahmen zusammen und ist insoweit periodenübergreifend. Jede einzelne Über- bzw. Unterentnahme ergibt sich nach § 4 Abs. 4a Satz 2 EStG (für die Überentnahme) bzw. § 4 Abs. 4a Satz 3 Halbsatz 1 EStG (für die Unterentnahme) wiederum im Wege der Addition aus Gewinn/Verlust, Entnahme und Einlage. Die Bemessungsgrundlage ist mithin eine Summe aus allen Betriebsergebnissen, Entnahmen und Einlagen des gesamten Beurteilungszeitraums.
Schon nach diesem Schema ist es inhaltlich und rechnerisch gleichgültig, in welchen der einzubeziehenden Zeiträume welche Gewinne oder Verluste erwirtschaftet wurden und zu welchen Zeitpunkten welche Entnahmen und Einlagen getätigt wurden. Das Ergebnis einer Addition hängt nicht von der Reihenfolge der Summanden ab. Wenn es einhelliger Auffassung entspricht, in einzelnen Jahren einen Überentnahmewert auf einen Entnahmenüberschuss zu beschränken, ist diese Deckelung angesichts der dargestellten periodenübergreifenden Schematik zwingend auch auf die Totalperiode anzuwenden.
Der Bundesfinanzhof folgt weiterhin nicht der Ansicht der Autohändler, eine Überentnahme sei auf die erwirtschafteten (positiven) Gewinne und Einlagen begrenzt. Auf diese Weise würden nur die Betriebsergebnisse von Gewinnjahren in die Bemessungsgrundlage einbezogen, die Betriebsergebnisse von Verlustjahren hingegen ausgesondert. Damit wäre der Gewinnbegriff des § 4 Abs. 4a EStG entgegen den dargestellten Grundsätzen auf den positiven Gewinn beschränkt. Auch ein Verlust kann jedoch „erwirtschaftet“ werden und mindert periodenübergreifend das zur Verfügung stehende Eigenkapital.
Der Bundesfinanzhof kann allerdings auch nicht der Ansicht des Bundesministeriums der Finanzen folgen, soweit es den Verlust eines aktuellen Jahres anders bewertet als den Verlust aus Vorjahren und damit der Totalperiode. Es bestehen keine wesensmäßigen Unterschiede, die eine solche Differenzierung rechtfertigten. Gerade die Berechnungsvorschriften in § 4 Abs. 4a EStG geben keinen Anhaltspunkt dafür, danach zu unterscheiden, ob eine Über- oder Unterentnahme für ein aktuelles Jahr oder ein Vorjahr zu berechnen ist. Es besteht außerdem, was im Rahmen einer teleologischen Auslegung wesentlich ist, kein wertungsmäßiger Unterschied hinsichtlich der eigenkapitalmindernden Wirkung des Verlusts. Der Verlust des aktuellen Jahres verbraucht das für Entnahmen zur Verfügung stehende Eigenkapital ebenso wie die Verluste der Vorjahre. Schließlich wird das Eigenkapital durch den Gesamtgewinn oder -verlust geprägt, nicht durch die darin eingegangenen Einzelwerte. Umgekehrt bedeutet dies, dass die teleologisch motivierte Begrenzung der Bemessungsgrundlage, die ebenfalls in dem Eigenkapitalmodell wurzelt, in gleicher Weise jahresübergreifend angelegt sein muss.
Hinzu tritt, dass die Verrechnungsmethode des BMF in einem strukturellen Widerspruch zu dem gesetzlichen Berechnungskonzept steht und so stark in das Gefüge der Norm eingreift, dass sie von der Auslegungsmethode der teleologischen Reduktion oder Extension nicht mehr gedeckt ist. Wenn zwar die Überentnahme eines Verlustjahres im Wege teleologischer Korrektur zu reduzieren sein soll, jedoch in späteren Wirtschaftsjahren der zunächst nicht berücksichtigte Verlust wieder in die Berechnung einbezogen werden soll, wäre dies rechtstechnisch zwar auf zwei Arten möglich, die jedoch beide nicht mehr dem Gesetzesplan entsprechen.
Zum einen kann, wie das BMF es vorsieht, der Verlust gesondert festgehalten und in Folgejahren als zusätzliche Größe mit den Über- und Unterentnahmen aller maßgebenden Jahre verrechnet werden. Da aber § 4 Abs. 4a Satz 3 EStG ausdrücklich nur die Saldierung von Überentnahmen und Unterentnahmen vorsieht und keine Rechtsgrundlage für das gesonderte Fortführen sowie die Verrechnung mit einem bisher nicht verrechneten Verlust besteht, wäre dies ein gerade nicht vom Gesetz gedecktes Berechnungsschema. Das Gesetz sieht lediglich die Saldierung einer Reihe von Über- und Unterentnahmen vor, aber nicht die Saldierung mit weiteren Rechengrößen.
Zum anderen kann -mit demselben Ergebnis- so vorgegangen werden, dass der Überentnahmebegriff nur im aktuellen Verlustjahr teleologisch reduziert wird, dies jedoch dann nicht oder nur in geringerem Maße geschieht, wenn das Verlustjahr ein Vorjahr ist. Das aber führte dazu, dass es zwei verschiedene Überentnahmebegriffe in § 4 Abs. 4a EStG gäbe. Die Höhe der Überentnahme hinge nämlich davon ab, ob die „Überentnahme des Wirtschaftsjahres“ oder die „Überentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre“ (i.S. des § 4 Abs. 4a Satz 3 Halbsatz 1 EStG) zu bestimmen wäre. In ein- und demselben Jahr könnte die Überentnahme zwei verschiedene Werte annehmen. Eine derartige Gesetzeskorrektur ist zu vermeiden.
Des Weiteren führte die Methodik des BMF zu einem Grundmodell für die Beschränkung des Schuldzinsenabzugs, das von dem des Gesetzes abweicht und deshalb über das zulässige Maß einer teleologischen Reduktion oder Extension hinausginge. Zwar scheint das BMF mit der Art und Weise der von ihm befürworteten Verrechnung den Umfang der abzugsfähigen Schuldzinsen im Wesentlichen an das entnahmefähige Eigenkapital des Bilanzstichtags des vorhergehenden Wirtschaftsjahres anknüpfen zu wollen. Vor diesem Hintergrund ist die differenzierte Behandlung der Verluste konsequent. Allerdings weicht dieses Konzept so grundlegend von dem des § 4 Abs. 4a EStG ab, dass sich der Bundesfinanzhof gehindert sieht, die Vorschrift im Auslegungswege in dieser Weise umzuformen. Wenn die Norm als Bemessungsgrundlage eine Summe von Jahreswerten ansetzt, wäre es ein Verstoß gegen ihre Grundstruktur, dies durch die -sei es auch durch komplizierte Verrechnungen nicht ohne Weiteres offensichtliche- Bezugnahme auf einen punktuellen Wert zu ersetzen.
Der Bundesfinanzhof verkennt nicht, dass die auf die Totalperiode bezogene teleologische Korrektur dazu führen kann, dass sich die im nämlichen Zeitpunkt noch durch einen Gewinn gedeckte und insofern guten Glaubens getätigte Entnahme durch spätere Verluste in eine Überentnahme verwandeln kann. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass die generelle Kürzung des Hinzurechnungsbetrags um 2.050 € gemäß § 4 Abs. 4a Satz 4 EStG zunächst sicherstellt, dass ein Mindestbetrag zur Deckung des grundlegenden Lebensbedarfs stets entnommen werden kann. Darüber hinaus ist es die freie Entscheidung des Unternehmers, ob er im Vertrauen darauf, dass der einmal erzielte Gewinn nicht zum Ausgleich mit künftigen Verlusten benötigt wird, diesen entnimmt oder aus Gründen der Vorsicht stehen lässt.
Unerheblich ist, dass die Art der dargelegten Berechnung von der bisherigen Verwaltungsauffassung abweicht und u.U. Bescheide, die auf dieser Verwaltungsauffassung beruhen, ggf. nicht mehr änderbar sind. Dies kann jedoch keinen Anlass geben, an einer Methode festzuhalten, die nach Überzeugung des Bundesfinanzhofs nicht mit § 4 Abs. 4a EStG zu vereinbaren ist. Auch ist dieser Umbruch insofern neutral, als er zu Gunsten oder zu Lasten des Steuerpflichtigen bzw. der Verwaltung wirken kann.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 14. März 2018 – X R 17/16
- entgegen BMF, Schreiben vom 17.11.2005 – IV B 2 -S 2144- 50/05, BStBl I 2005, 1019, Rz 11 f.[↩]
- FG München, Urteil vom 17.12.2015 – 15 K 1238/14[↩]
- entgegen BMF, Schreiben vom 17.11.2005 – IV B 2 -S 2144- 50/05, BStBl I 2005, 1019[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 22.02.2012 – X R 12/09, BFH/NV 2012, 1418, unter II. 1.[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 03.03.2011 – IV R 53/07, BFHE 233, 127, BStBl II 2011, 688, unter II. 2.b; BFH, Urteil in BFH/NV 2012, 1418, unter II. 2.b aa bis cc[↩]
- BFH, Urteil vom 17.08.2010 – VIII R 42/07, BFHE 230, 424, BStBl II 2010, 1041, unter II. 1.b dd[↩]
- vgl. BFH, Urteile in BFHE 233, 127, BStBl II 2011, 688, sowie in BFH/NV 2012, 1418, a.a.O.[↩]
- ebenso ausdrücklich BMF, Schreiben in BStBl I 2005, 1019, Rz 11, Satz 1[↩]
- vgl. BFH, Urteil in BFH/NV 2012, 1418, unter II. 2.b dd, a.E.[↩]
- vgl. dazu im Einzelnen BFH, Urteil in BFHE 230, 424, BStBl II 2010, 1041, unter II. 1.b cc[↩]
- vgl. BFH, Urteile in BFHE 233, 127, BStBl II 2011, 688, unter II. 2.b, sowie in BFH/NV 2012, 1418, unter II. 2.b dd[↩]
- BFH, Urteil vom 22.02.2012 – X R 27/10, BFH/NV 2012, 1420, unter II. 2.b dd; vgl. auch BFH, Urteil in BFH/NV 2012, 1418, unter II. 2.b dd[↩]