Eine Betriebsaufgabe i.S. von § 16 Abs. 3 EStG liegt vor, wenn der Steuerpflichtige den Entschluss gefasst hat, seine betriebliche Tätigkeit einzustellen und seinen Betrieb als selbständigen Organismus des Wirtschaftslebens aufzulösen, und wenn er in Ausführung dieses Entschlusses alle wesentlichen Grundlagen des Betriebs in einem einheitlichen Vorgang innerhalb kurzer Zeit an verschiedene Abnehmer veräußert oder in das Privatvermögen überführt1.

Die Betriebsaufgabe beginnt mit der ersten vom Aufgabeentschluss getragenen Handlung, die objektiv auf die Auflösung des Betriebs gerichtet ist, wie z.B. die Einstellung der produktiven Tätigkeit oder die Veräußerung bestimmter, für die Fortführung des Betriebs unerlässlicher Wirtschaftsgüter2. Der Abgabe einer Aufgabeerklärung bedarf es in einem solchen Fall nicht3.
Dies beruht auf dem Umstand, dass die Betriebsaufgabe einen tatsächlichen Vorgang darstellt. Sie kann daher nicht durch eine bloße Aufgabeerklärung und die Behauptung eines Aufgabewillens herbeigeführt werden, wenn sich aus den tatsächlichen Umständen ergibt, dass es sich um eine lediglich vorübergehende Betriebseinstellung handelt. Ebenso ist umgekehrt der Wille des Steuerpflichtigen, eine Betriebsaufgabe zu vermeiden und Wirtschaftsgüter weiterhin als Betriebsvermögen zu behandeln, unbeachtlich, wenn sich aus den Umständen ergibt, dass diese Wirtschaftsgüter in absehbarer Zeit nicht mehr betrieblich genutzt oder verwertet werden. In einem solchen Fall werden die noch vorhandenen Wirtschaftsgüter zwingend Privatvermögen, sobald die anderen wesentlichen Betriebsgrundlagen veräußert worden sind und die betriebliche Tätigkeit endgültig eingestellt wird. Eine ausdrückliche Betriebsaufgabeerklärung ist auch dann nicht erforderlich4. Dementsprechend führt auch die Veräußerung aller wesentlichen Betriebsgrundlagen durch den Konkurs-/Insolvenzverwalter -unabhängig von einer Aufgabeerklärung- zur Betriebsaufgabe5.
Eine Betriebsveräußerung liegt vor, wenn die wesentlichen Betriebsgrundlagen der jeweiligen Organisationseinheit in einem einheitlichen Vorgang auf einen Erwerber entgeltlich übertragen werden und dadurch die gewerbliche Betätigung des Veräußerers mit den veräußerten Betriebsgrundlagen beendet worden ist6. Die Annahme einer Betriebsunterbrechung ist ausgeschlossen, wenn der Unternehmer seine werbende Tätigkeit einstellt und keine wesentlichen Betriebsgrundlagen mehr vorhanden sind, die einem später identitätswahrend fortgeführten Betrieb dienen könnten7.
Die GmbH & atypisch Still ist gemäß § 726 BGB aufgelöst, wenn der vereinbarte Gesellschaftszweck nicht mehr erreicht werden kann. Der Auflösungsgrund des § 726 BGB ist u.a. dann gegeben, wenn der Geschäftsinhaber den Betrieb nicht nur vorübergehend eingestellt hat8.
Mit der Auflösung der GmbH & atypisch Still ist zugleich deren Vollbeendigung eingetreten. Anders als bei den Außengesellschaften, die nach der Auflösung als Liquidationsgesellschaften fortbestehen können, findet bei der (atypischen) stillen Gesellschaft keine Abwicklung statt. Da zwischen dem Inhaber des Handelsgeschäfts und dem stillen Gesellschafter nur schuldrechtliche Beziehungen bestehen, geht die stille Gesellschaft mit ihrer Auflösung sofort unter9.
, Urteil vom 23. März 2023 – IV R 8/20 (IV R 7/17)
- z.B. BFH, Urteile vom 19.05.2005 – IV R 17/02, BFHE 209, 384, BStBl II 2005, 637, unter I. 1.a; vom 03.04.2014 – IV R 12/10, BFHE 245, 306, BStBl II 2014, 1000, Rz 50, m.w.N.[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 245, 306, BStBl II 2014, 1000, Rz 50, m.w.N.[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 05.05.2015 – X R 48/13, Rz 39[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 18.07.2018 – X R 36/17, Rz 23, m.w.N.[↩]
- vgl. BFH, Urteile in BFHE 202, 395, BStBl II 2003, 871, unter III. 2.g; vom 21.12.2017 – IV R 44/14, Rz 17, zur faktischen Einstellung des Geschäftsbetriebs des Prinzipals[↩]
- z.B. BFH, Urteil vom 09.08.1989 – X R 62/87, BFHE 158, 48, BStBl II 1989, 973, unter 1.[↩]
- vgl. z.B. BFH, Urteil vom 21.12.2021 – IV R 13/19, Rz 28[↩]
- z.B. BFH, Beschluss vom 24.11.1988 – VIII B 90/87, BFHE 155, 32, BStBl II 1989, 145, unter 2.b, m.w.N.[↩]
- z.B. BFH, Beschluss in BFHE 155, 32, BStBl II 1989, 145, unter 2.b, m.w.N.[↩]