Auflösung von Unterschiedsbeträgen bei Ausscheiden eines Gesellschafters

Der Begriff des Ausscheidens in § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG umfasst jedes Ausscheiden eines Gesellschafters, d.h. jeden Verlust der (unmittelbaren) Mitunternehmerstellung, unabhängig davon, ob der Gesellschafter unentgeltlich oder entgeltlich, im Wege der Einzel- oder der Gesamtrechtsnachfolge ausscheidet.

Auflösung von Unterschiedsbeträgen bei Ausscheiden eines Gesellschafters

Nach § 5a Abs. 4 EStG ist zum Schluss des Wirtschaftsjahrs, das der erstmaligen Anwendung des § 5a Abs. 1 EStG vorangeht (Übergangsjahr), für jedes Wirtschaftsgut, das unmittelbar dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr dient, der Unterschiedsbetrag zwischen Buchwert und Teilwert in ein besonderes Verzeichnis aufzunehmen (Satz 1). Der Unterschiedsbetrag ist gesondert und bei Gesellschaften i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG einheitlich festzustellen (Satz 2). Satz 3 der Vorschrift bestimmt, wann und in welchem Umfang der Unterschiedsbetrag dem Gewinn hinzuzurechnen ist.

Danach ergeht zunächst zum Schluss des Übergangsjahrs ein Feststellungsbescheid nach § 5a Abs. 4 Satz 2 EStG, in dem für jedes einzelne Wirtschaftsgut nach Maßgabe des § 5a Abs. 4 Satz 1 EStG ein Unterschiedsbetrag festgestellt wird1. Die entsprechende Feststellung dieser Unterschiedsbeträge erfolgt nach § 5a Abs. 4 Satz 2 EStG gesondert und bei Gesellschaften i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG einheitlich. Dabei wird der Unterschiedsbetrag für das jeweilige Wirtschaftsgut nicht nur festgestellt, sondern auch anteilig den zu diesem Zeitpunkt an der Gesellschaft als Mitunternehmer beteiligten Gesellschaftern zugerechnet. Der Feststellungsbescheid nach § 5a Abs. 4 Satz 2 EStG beinhaltet nicht nur die Feststellung, dass für ein bestimmtes Wirtschaftsgut ein Unterschiedsbetrag festzustellen ist, sondern auch die Feststellung von dessen Höhe sowie die Feststellung, welchem Mitunternehmer welcher Anteil an dem jeweiligen Unterschiedsbetrag zuzurechnen ist. Es erfolgt also eine mitunternehmerbezogene Feststellung der jeweiligen Unterschiedsbeträge. Insoweit entfaltet dieser Bescheid als Grundlagenbescheid Bindungswirkung für spätere Gewinnfeststellungsbescheide, in denen (ggf. anteilig) aufgelöste Unterschiedsbeträge dem Gewinn hinzugerechnet werden2. Lediglich der Zeitpunkt und der Umfang, in dem die Auflösung und Hinzurechnung erfolgt, sind noch offen.

Diese Feststellungen zum Zeitpunkt und zum Umfang der Auflösung der im Feststellungsbescheid nach § 5a Abs. 4 Satz 2 EStG festgestellten Unterschiedsbeträge werden im Bescheid über die gesonderte und ggf. einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen getroffen, im Fall einer Personengesellschaft wie der KG also in dem sie betreffenden Gewinnfeststellungsbescheid. Insoweit wird mit diesem Bescheid entschieden, ob und ggf. in welchem Umfang welcher Unterschiedsbetrag aufzulösen und wem der aufgelöste Unterschiedsbetrag (ggf. anteilig) zuzurechnen ist, wobei insoweit die Bindungswirkung des Feststellungsbescheids nach § 5a Abs. 4 Satz 2 EStG zu berücksichtigen ist.

Handelt es sich bei dem Wirtschaftsgut, für das der festgestellte Unterschiedsbetrag nach § 5a Abs. 4 Satz 3 EStG (ggf. anteilig) aufgelöst wurde -wie im Regelfall, und so auch im Streitfall- um ein Wirtschaftsgut der Gesamthand, so handelt es sich bei dem nach § 5a Abs. 4 Satz 3 EStG „dem Gewinn“ hinzuzurechnenden Betrag dem Grunde nach um laufenden Gesamthandsgewinn, und zwar um solchen, der (noch) der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich zuzurechnen ist. Es handelt sich selbst im Fall der Hinzurechnung nach § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG infolge Veräußerung des Kommanditanteils nicht um einen Veräußerungsgewinn. Denn durch die Feststellung des Unterschiedsbetrags werden die stillen Reserven aufgedeckt, die sich während der Zeit der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich bis zum Zeitpunkt des Wechsels in die Gewinnermittlung nach der Tonnage in den Wirtschaftsgütern der Gesamthand gebildet haben; die Gewinnrealisierung wird lediglich auf die in § 5a Abs. 4 Satz 3 Nrn. 1 bis 3 EStG geregelten Zeitpunkte verschoben3. Liegt in der Folgezeit ein Auflösungsgrund vor, werden also im Umfang der Auflösung die bereits zum Schluss des Übergangsjahrs aufgedeckten stillen Reserven der Besteuerung zugeführt.

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Zu Recht hat das Finanzgericht Hamburg in der Vorinstanz entschieden4, dass die Mitunternehmer noch vor der Veräußerung des Schiffs und der vollständigen Rückführung der FWV i.S. des § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG aus der KG ausgeschieden sind mit der Folge, dass die für sie im Feststellungsbescheid nach § 5a Abs. 4 Satz 2 EStG anteilig festgestellten und in der Vergangenheit noch nicht hinzugerechneten Unterschiedsbeträge zu diesem Zeitpunkt ihrem Gewinn hinzuzurechnen waren.

Die Mitunternehmer sind durch die Einbringung ihrer Anteile an der KG in die Beigeladene mit Ablauf des …02.2013, und damit vor der Veräußerung des Schiffs und der vollständigen Rückführung der FWV, mit steuerlicher Wirkung als Kommanditisten aus der KG ausgeschieden. Da dies auch zwischen den Beteiligten unstreitig ist, sieht der Bundesfinanzhof insoweit von weiteren Ausführungen ab.

Zu Recht hat das Finanzgericht entschieden, dass die Mitunternehmer damit auch i.S. des § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG aus der KG ausgeschieden sind, ohne dass es darauf ankommt, ob die Einbringungen in die Beigeladene nach § 24 UmwStG zum Buchwert erfolgten. Denn der Begriff des Ausscheidens in § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG umfasst jedes Ausscheiden eines Gesellschafters, d.h. jeden Verlust der (unmittelbaren) Mitunternehmerstellung, unabhängig davon, ob der Gesellschafter unentgeltlich oder entgeltlich, im Wege der Einzel- oder der Gesamtrechtsnachfolge ausscheidet5.

Für diese Auslegung des Begriffs spricht zunächst der Wortlaut der Norm. Er stellt allein auf das Ausscheiden eines Gesellschafters ab, ohne dass an das Ausscheiden weitere Anforderungen gestellt werden. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber, wie die Mitunternehmer geltend machen, den Wechsel eines unmittelbar beteiligten Gesellschafters in die Rolle eines mittelbar beteiligten Gesellschafters jedenfalls dann nicht erfassen wollte, wenn es sich bei diesem Gesellschafter, wie im Fall der Mitunternehmer, um eine natürliche Person handelt, lassen sich dem Wortlaut nicht entnehmen.

Auch aus der Gesetzgebungsgeschichte ergibt sich kein Anhaltspunkt für eine einschränkende Auslegung des Wortlauts. Vielmehr spricht der Zusammenhang mit anderen Regelungen des § 5a EStG für die hier vertretene Auslegung des Begriffs „Ausscheiden“.

Der Gesetzgeber hat den Tatbestand des Ausscheidens eines Gesellschafters im Rahmen der Neufassung des § 5a Abs. 4 Satz 3 EStG durch Art. 1 Nr. 5 des Steuerbereinigungsgesetzes 1999 (StBereinG 1999) vom 22.12.19996 mit Wirkung zum 01.01.2000 eingefügt. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs stellt die neue Nr. 3 klar, dass der Unterschiedsbetrag bei Ausscheiden eines Gesellschafters in Höhe des auf ihn entfallenden Anteils aufzulösen ist7. Anhaltspunkte dafür, dass in bestimmten Fallkonstellationen des Ausscheidens eines Gesellschafters die Auflösung der auf ihn entfallenden Anteile an festgestellten Unterschiedsbeträgen unterbleiben und diese auf einen Rechtsnachfolger übergehen sollten, lassen sich dieser Begründung des Gesetzentwurfs nicht entnehmen.

Vielmehr spricht der Vergleich der Regelung für das Ausscheiden eines Gesellschafters mit der Regelung für ein Wirtschaftsgut, das nicht mehr dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr dient -weil es aus dem Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen ausgeschieden ist oder jedenfalls dem Betrieb von Handelsschiffen nicht mehr unmittelbar dient-, für die hier vertretene Auslegung des Begriffs „Ausscheiden eines Gesellschafters“. So knüpfte für die Auflösung und Hinzurechnung des für ein Wirtschaftsgut festgestellten Unterschiedsbetrags bereits § 5a Abs. 4 Satz 3 Buchst. b 1. Halbsatz des Einkommensteuergesetzes in der bis Ende 1999 gültigen Fassung (EStG a.F.) -ebenso wie seither § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 EStG- an das Ausscheiden des Wirtschaftsguts aus dem Betriebsvermögen bzw. alternativ daran an, dass das Wirtschaftsgut nicht mehr unmittelbar dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr dient. Der Gesetzgeber stellt insoweit also allein darauf ab, ob das Wirtschaftsgut weiterhin dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr des Steuerpflichtigen dient. Ist das nicht der Fall, ist der für dieses Wirtschaftsgut festgestellte Unterschiedsbetrag aufzulösen und dem Gewinn hinzuzurechnen, ohne dass es darauf ankommt, aus welchem Grund die Nutzung des Wirtschaftsguts beendet wird. Wenn der Gesetzgeber im Rahmen der Neufassung des § 5a Abs. 4 Satz 3 EStG durch das StBereinG 1999 für den Fall des Ausscheidens eines Gesellschafters die Auflösung und Hinzurechnung der für ihn anteilig festgestellten Unterschiedsbeträge ebenfalls allein an das Ausscheiden knüpft, spricht diese identische Wortwahl („ausscheiden“) dafür, dass er -ebenso wie im Fall des Wirtschaftsguts- mit § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG jegliches Ausscheiden eines Gesellschafters erfassen will.

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Für diese Auslegung des Begriffs „Ausscheiden“ in § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG spricht zudem § 5a Abs. 4 Satz 3 Buchst. b 2. Halbsatz EStG a.F. Dieser sah vor, dass eine Auflösung und Hinzurechnung des für ein Schiff festgestellten Unterschiedsbetrags unterblieb, wenn ein ausgeschiedenes bzw. nicht mehr dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr dienendes Schiff unter bestimmten Voraussetzungen durch ein anderes Schiff ersetzt wurde. Der Gesetzgeber regelte also ausdrücklich den Fall, in dem die Übertragung eines festgestellten Unterschiedsbetrags zulässig sein sollte. Das spricht dafür, dass eine solche Übertragung von Unterschiedsbeträgen nicht zulässig ist, wenn sie gesetzlich nicht ausdrücklich vorgesehen ist.

Zudem wurde diese in § 5a Abs. 4 Satz 3 Buchst. b 2. Halbsatz EStG a.F. enthaltene Regelung im Zuge der Neuregelung des § 5a Abs. 4 Satz 3 EStG durch das StBereinG 1999 ersatzlos gestrichen. Zur Begründung heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfs insoweit u.a., dass dies sachlich geboten sei, da die Regelung zu einer erheblichen Komplizierung führe. Auch dies spricht dafür, dass der Gesetzgeber mit dem Begriff „Ausscheiden“ in § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG jedes Ausscheiden eines Gesellschafters erfassen will.

Hätte der Gesetzgeber im Fall des Ausscheidens eines Gesellschafters eine Übertragung der anteilig für diesen Gesellschafter festgestellten Unterschiedsbeträge für bestimmte Fallkonstellationen gewollt, so hätte er dies angesichts der dargestellten Gesetzgebungshistorie ausdrücklich zum Ausdruck gebracht. So hatte das BMF in seinem Schreiben vom 24.09.19998 noch ausgeführt, § 5a Abs. 4 Satz 3 Buchst. b 1. Halbsatz EStG (a.F.) gelte entsprechend für den Fall, dass ein Gesellschafter i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG seinen Anteil an der Personengesellschaft veräußere. Wenn der Gesetzgeber gleichwohl die Auflösung und Hinzurechnung der anteilig für einen Gesellschafter festgestellten Unterschiedsbeträge in der Folgezeit im StBereinG 1999 für den Fall des Ausscheidens eines Gesellschafters nicht auf die Fälle beschränkt, dass der Gesellschafter seinen Anteil veräußert, sondern -wie in § 5a Abs. 4 Satz 3 Buchst. b 1. Halbsatz EStG a.F. und § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 EStG für den Fall des Wirtschaftsguts- insoweit ausdrücklich an das Ausscheiden des Gesellschafters anknüpft und in der Begründung des Gesetzentwurfs diese Regelung als Klarstellung bezeichnet, so spricht nicht zuletzt auch dieser Umstand dafür, dass er die Auflösung und Hinzurechnung der anteiligen Unterschiedsbeträge im Fall des Ausscheidens eines Gesellschafters nicht, wie vom BMF vertreten, auf den Fall des Ausscheidens durch Veräußerung des Anteils beschränken wollte.

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Aus Sinn und Zweck der Regelung des § 5a Abs. 4 EStG ergeben sich ebenfalls keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber für bestimmte Fallkonstellationen eine interpersonelle Übertragung von festgestellten Unterschiedsbeträgen zulassen wollte.

Bei der Gewinnermittlung nach der Tonnage gemäß § 5a Abs. 1 EStG handelt es sich um eine eigenständige Gewinnermittlung, die in der Zeit ihrer Anwendung die Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich ersetzt. Der Wechsel des Besteuerungsregimes stellt eine Zäsur dar, die wie eine fiktive Entnahme der von dem Wechsel betroffenen Wirtschaftsgüter wirkt. Lediglich die dadurch grundsätzlich bedingte sofortige Gewinnrealisierung wird durch die in § 5a Abs. 4 Satz 3 Nrn. 1 bis 3 EStG normierte Gewinnhinzurechnung vergleichbar einer Stundung auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Die stillen Reserven, die sich während der Zeit der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich bis zum Zeitpunkt des Wechsels in die Gewinnermittlung nach der Tonnage gebildet haben, werden also bei Übergang zur pauschalen Gewinnermittlung bereits endgültig aufgedeckt und lediglich zeitversetzt besteuert9. Im Zeitpunkt des (Rück-)Wechsels zur allgemeinen Gewinnermittlung werden die vom (Rück-)Wechsel betroffenen Wirtschaftsgüter als eingelegt behandelt und dementsprechend, wie in § 5a Abs. 6 EStG ausdrücklich vorgesehen, mit dem Teilwert angesetzt. Auf diese Weise werden die bis zum Wechsel zur Gewinnermittlung nach der Tonnage angesammelten stillen Reserven in Gestalt der festgestellten Unterschiedsbeträge aufgedeckt und (später) besteuert, die im Zeitraum der Gewinnermittlung nach der Tonnage während der Schattengewinnermittlung gebildeten stillen Reserven bzw. stillen Lasten neutralisiert, und der in der Steuerbilanz beim (Rück-)Wechsel zur allgemeinen Gewinnermittlung anzusetzende Teilwert bildet nunmehr die Bemessungsgrundlage der Absetzung für Abnutzung.

Zweck der Feststellung der Unterschiedsbeträge nach § 5a Abs. 4 Sätze 1 und 2 EStG ist es danach, die stillen Reserven, die sich noch während der Zeit der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1, § 5 EStG gebildet haben und die nicht der nachfolgenden Abgeltungswirkung der Besteuerung nach der Tonnage nach § 5a Abs. 1 EStG unterfallen sollen, festzuhalten, um ihre spätere Besteuerung sicherzustellen. Für den Zeitpunkt dieser Gewinnrealisierung enthält § 5a Abs. 4 Satz 3 Nrn. 1 bis 3 EStG eine detaillierte Regelung. Diese spricht, wie oben bereits dargelegt, dafür, dass der Gesetzgeber im Fall des Ausscheidens eines Gesellschafters nicht weiter nach den Umständen des Ausscheidens differenzieren wollte, etwa danach, ob der Gesellschafter entgeltlich oder unentgeltlich, durch Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolge ausgeschieden ist. Auch der dargestellte Gesetzeszweck fordert eine solche weiter gehende Differenzierung nicht.

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Für die hier vertretene Auffassung spricht schließlich auch das verfahrensrechtliche Verhältnis zwischen Feststellungsbescheid nach § 5a Abs. 4 Satz 2 EStG und Gewinnfeststellungsbescheid.

Wie bereits oben ausgeführt, ist im Gewinnfeststellungsbescheid des Hinzurechnungsjahrs die Bindungswirkung des Feststellungsbescheids nach § 5a Abs. 4 Satz 2 EStG zu beachten. Dementsprechend können im Gewinnfeststellungsbescheid nur solchen Mitunternehmern aufgelöste Unterschiedsbeträge zugerechnet werden, für die im Feststellungsbescheid nach § 5a Abs. 4 Satz 2 EStG auch entsprechende Unterschiedsbeträge festgestellt wurden. Zudem können einem Mitunternehmer insgesamt nicht höhere Unterschiedsbeträge zugerechnet werden, als für ihn im Feststellungsbescheid nach § 5a Abs. 4 Satz 2 EStG festgestellt sind. Ist für einen Mitunternehmer in diesem Bescheid kein Unterschiedsbetrag festgestellt, kann ihm dementsprechend in einem späteren Gewinnfeststellungsbescheid auch kein Betrag aus der Auflösung eines Unterschiedsbetrags zugerechnet werden.

Da ein Gewinnfeststellungsbescheid andererseits Feststellungen nur für solche Gesellschafter treffen kann, die in dem Zeitraum, für den der Bescheid ergeht, an der Gesellschaft beteiligt waren, können umgekehrt aufgelöste Unterschiedsbeträge nur solchen Gesellschaftern zugerechnet werden, die im Jahr der Hinzurechnung an der Gesellschaft als Mitunternehmer auch beteiligt waren. Ist danach ein Mitunternehmer aus der Gesellschaft ausgeschieden, ohne dass im Jahr seines Ausscheidens der für ihn im Feststellungsbescheid nach § 5a Abs. 4 Satz 2 EStG festgestellte Anteil am Unterschiedsbetrag für ein Wirtschaftsgut aufgelöst und seinem Gewinn hinzugerechnet wurde, kann die unterbliebene Auflösung und Zurechnung nicht in einem späteren Jahr nachgeholt werden.

Abweichendes ergibt sich nicht aus dem in § 5a Abs. 4 Satz 1 EStG genannten „besonderen Verzeichnis“. Diesem kommt, auch im Zusammenhang mit dem Gewinnfeststellungsbescheid des Hinzurechnungsjahrs, keine Bindungswirkung zu; es dient lediglich Dokumentationszwecken. Aus dem Umstand, dass das Verzeichnis nach § 60 Abs. 3 Satz 2 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) der Steuererklärung beizufügen ist, ergibt sich zwar, dass es hinsichtlich der in ihm festgehaltenen Umstände vom Steuerpflichtigen fortzuführen ist. Der Steuerpflichtige hat darin festzuhalten, in welchem Umfang und aus welchem der in § 5a Abs. 4 Satz 3 EStG aufgeführten Gründe die in das Verzeichnis aufgenommenen Unterschiedsbeträge seiner Ansicht nach aufzulösen sind. Über diese Dokumentation hinausgehende Bedeutung kommt diesem Verzeichnis jedoch nicht zu.

Die gegen die hier vertretene Auffassung gerichteten Einwände greifen nicht durch.

Es gibt keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz etwa des Inhalts, dass eine Aufdeckung und Besteuerung stiller Reserven beim Rechtsvorgänger immer dann zu unterbleiben habe, wenn ihre Besteuerung beim Rechtsnachfolger sichergestellt ist. Zwar ermöglicht der Gesetzgeber im Fall der Einbringung eines Mitunternehmeranteils in eine Kapital- oder in eine Personengesellschaft nach § 20 Abs. 2 Satz 2 bzw. nach § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG die Bewertung des eingebrachten Betriebsvermögens zu Buchwerten, wenn die Besteuerung der stillen Reserven beim Rechtsnachfolger sichergestellt ist. Ebenso sieht das Gesetz in § 6 Abs. 3 EStG im Fall der unentgeltlichen Übertragung eines Mitunternehmeranteils im Wege der Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolge die Bewertung des übertragenen Betriebsvermögens mit den Buchwerten vor, sofern die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist. Auch aus derartigen Rechtsvorschriften ergibt sich allerdings kein allgemeiner Rechtsgrundsatz des Inhalts, dass eine Aufdeckung und Besteuerung stiller Reserven beim Rechtsvorgänger immer dann zu unterbleiben habe, wenn ihre Besteuerung beim Rechtsnachfolger sichergestellt ist. Vielmehr steht es dem Gesetzgeber grundsätzlich frei, die Voraussetzungen zu bestimmen, unter denen stille Reserven noch vom Rechtsvorgänger aufzudecken und zu versteuern sind, oder auf den Rechtsnachfolger übergehen und später von ihm aufzudecken und zu versteuern sind.

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Abgesehen davon geht es im Streitfall nicht um die Frage, ob anlässlich der Übertragung oder Einbringung eines Mitunternehmeranteils die zu diesem Zeitpunkt im übertragenen Betriebsvermögen enthaltenen stillen Reserven aufzudecken und noch vom Rechtsvorgänger zu versteuern sind, oder ihre Aufdeckung und Versteuerung unterbleibt und erst später beim Rechtsnachfolger erfolgt. Denn bei den festgestellten Unterschiedsbeträgen handelt es sich um die bereits aufgedeckten und lediglich noch nicht besteuerten stillen Reserven, die sich am Ende des Übergangsjahrs im Betriebsvermögen befunden haben.

Für den Fall der späteren Versteuerung festgestellter nachversteuerungspflichtiger Beträge nach § 34a EStG enthält dessen Absatz 7 eine ausdrückliche Regelung, der zufolge in den Fällen der unentgeltlichen Übertragung eines Betriebs oder Mitunternehmeranteils nach § 6 Abs. 3 EStG der Rechtsnachfolger den nachversteuerungspflichtigen Betrag fortzuführen hat, und in den Fällen der Einbringung eines Betriebs oder Mitunternehmeranteils zu Buchwerten nach § 24 UmwStG der für den eingebrachten Betrieb oder Mitunternehmeranteil festgestellte nachversteuerungspflichtige Betrag auf den neuen Mitunternehmeranteil übergeht. Statt einer solchen Regelung hat der Gesetzgeber in § 5a Abs. 4 Satz 3 EStG für später zu versteuernde festgestellte Unterschiedsbeträge jedoch eine andere Regelung getroffen, die für die Hinzurechnung der Unterschiedsbeträge in ihrer Nr. 3 ausdrücklich an das Ausscheiden eines Gesellschafters anknüpft, ohne insoweit eine besondere Regelung für Fälle des § 6 Abs. 3 EStG oder des § 24 UmwStG zu treffen.

Dahinstehen kann, ob die Einbringung der Anteile der Mitunternehmer an der KG in die Beigeladene die Voraussetzungen einer steuerneutralen Buchwertübertragung nach § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG erfüllt. Denn im Streitfall geht es nicht um die Frage, ob die Beigeladene das eingebrachte Betriebsvermögen nach § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG mit den Buchwerten ansetzen kann und diese Werte dementsprechend nach § 24 Abs. 3 Satz 1 UmwStG als Veräußerungspreis der Mitunternehmer anzusetzen sind, also eine steuerneutrale Übertragung zu Buchwerten, ohne Aufdeckung stiller Reserven, erfolgen konnte. Im Streit ist vielmehr, ob die Mitunternehmer bereits aufgedeckte stille Reserven aus der Zeit vor Übergang zur Gewinnermittlung nach der Tonnage nach § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG anlässlich der Einbringung ihrer KG-Anteile in die Beigeladene versteuern müssen, weil § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG die Versteuerung dieser stillen Reserven an das „Ausscheiden des Gesellschafters“ knüpft.

Ebenso wenig gibt es einen allgemeinen Rechtsgrundsatz, demzufolge der Rechtsnachfolger generell in die Rechtsstellung des Rechtsvorgängers eintritt. Vielmehr bedarf es auch insoweit jeweils einer gesetzlichen Regelung, die -wie etwa § 4 Abs. 2 und § 12 Abs. 3 UmwStG- eine solche Wirkung ausdrücklich anordnet10.

Aus § 82f EStDV ergibt sich ebenfalls keine einschränkende Auslegung des § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG. Zwar werden die in den Unterschiedsbeträgen festgestellten stillen Reserven häufig maßgeblich auf der Inanspruchnahme der Sonderabschreibungen nach § 82f Abs. 1 EStDV beruhen, so dass die Auflösung und Hinzurechnung von Unterschiedsbeträgen nach § 5a Abs. 4 Satz 3 EStG wirtschaftlich einer Rückabwicklung dieser Sonderabschreibungen gleichkommt, die § 82f Abs. 3 EStDV nur für den Fall vorsieht, dass das Schiff innerhalb von acht Jahren veräußert wird, nicht aber auch für Fälle der Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolge. Es gibt aber keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass Subventionsnormen -zu solchen gehört auch § 5a EStG11- so aufeinander abzustimmen sind, dass eine möglichst weitgehende Begünstigung des Steuerpflichtigen erreicht wird.

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Ohne Erfolg beruft sich einer der Mitunternehmer schließlich auf Tz. 28 des BMF, Schreibens in BStBl I 2002, 614 i.d.F. des Schreibens in BStBl I 2008, 956. Soweit es dort heißt, § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG finde „in den Fällen der Übertragung oder Einbringung zu Buchwerten (z.B. § 6 Abs. 3 EStG und § 24 UmwStG)“ keine Anwendung, handelt es sich um eine norminterpretierende -das Merkmal des „Ausscheidens“ konkretisierende- Verwaltungsvorschrift, welche die gleichmäßige Auslegung und Anwendung des Rechts sichern soll. Norminterpretierende Verwaltungsvorschriften haben nach ständiger BFH-Rechtsprechung jedoch keine Bindungswirkung im gerichtlichen Verfahren. Sie stehen unter dem Vorbehalt einer abweichenden Auslegung der Norm durch die Rechtsprechung, der allein es obliegt zu entscheiden, ob die Auslegung der Rechtsnorm durch die Finanzverwaltung im Einzelfall Bestand hat12. Billigkeitsmaßnahmen nach § 163 AO sind, worauf bereits das Finanzgericht zutreffend hingewiesen hat, nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 28. November 2019 – IV R 28/19

  1. vgl. BFH, Urteil vom 29.11.2012 – IV R 47/09, BFHE 239, 428, BStBl II 2013, 324, Rz 45[]
  2. ebenso BMF, Schreiben in BStBl I 2002, 614 i.d.F. des Schreibens in BStBl I 2008, 956, Tz. 23 Ziff. 3 Buchst. c[]
  3. BFH, Urteil vom 25.10.2018 – IV R 35/16, BFHE 263, 22, Rz 53[]
  4. FG Hamburg, Urteil vom 19.12.2017 – 2 K 277/16[]
  5. wie hier z.B. Barche in Herrmann/Heuer/Raupach, § 5a EStG Rz 73; Gosch/Schindler in Kirchhof, EStG, 18. Aufl., § 5a Rz 21b; anderer Ansicht BMF, Schreiben in BStBl I 2002, 614 i.d.F. des Schreibens in BStBl I 2008, 956, Tz. 28; Kahl-Hinsch in Lademann, EStG, § 5a EStG Rz 116; Weiland in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 5a Rz 148; Tonner in Bordewin/Brandt, § 5a EStG Rz 49; Blümich/Hofmeister, § 5a EStG Rz 88; Dißars, in Frotscher/Geurts, EStG, Freiburg 2018, § 5a Rz 75 f.; Schmidt/Seeger, EStG, 38. Aufl., § 5a Rz 27[]
  6. BGBl I 1999, 2601[]
  7. BT-Drs. 14/1514, S. 29[]
  8. BMF, Schreiben vom 24.09.1999 – IV C 2-S 1900-65/99, BStBl I 1999, 669, Tz. 24[]
  9. BFH, Urteil in BFHE 263, 22, Rz 31[]
  10. vgl. BFH, Beschluss vom 17.12.2007 – GrS 2/04, BFHE 220, 129, BStBl II 2008, 608, Rz 59, zur Frage der Übertragbarkeit eines Verlustvortrags im Fall der Gesamtrechtsnachfolge[]
  11. z.B. BFH, Urteil vom 13.04.2017 – IV R 14/14, BFHE 257, 413[]
  12. z.B. BFH, Urteile vom 23.08.2017 – I R 52/14, BFHE 259, 20, BStBl II 2018, 232, Rz 16; vom 26.06.2014 – IV R 10/11, BFHE 246, 76, BStBl II 2015, 300, Rz 24; vom 24.08.2016 – X R 11/15, Rz 26[]

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