Sind an einer KG Treugeber über einen Treuhandkommanditisten beteiligt, so ist die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte aus der Gesellschaft grundsätzlich in einem zweistufigen Verfahren durchzuführen. In der ersten Stufe des Verfahrens ist der Gewinn oder Verlust der Gesellschaft festzustellen und auf die Gesellschafter aufzuteilen. In einem zweiten Feststellungsbescheid muss der Einkünfteanteil des Treuhänders entsprechend auf die Treugeber aufgeteilt werden1.

Ist ein Treugeber in die Einkünftefeststellung auf der ersten Stufe als Gesellschafter einbezogen worden, kann er den Feststellungsbescheid auf der ersten Stufe mit dem Ziel angreifen, in ihm nicht mehr als Gesellschafter berücksichtigt zu werden2. Zu einem solchen Rechtsstreit ist die Gesellschaft beizuladen.
Nach § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO sind Dritte notwendig beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Dies gilt nicht für Mitberechtigte, die nach § 48 FGO nicht klagebefugt sind (§ 60 Abs. 3 Satz 2 FGO).
Sind an einer Personengesellschaft mehrere Treugeber über einen Treuhänder beteiligt, so ist die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte aus der Gesellschaft grundsätzlich in einem zweistufigen Verfahren durchzuführen. Auf der ersten Stufe des Verfahrens sind die Einkünfte der Gesellschaft festzustellen und auf die Gesellschafter aufzuteilen. Auf der zweiten Stufe wird der für den Treuhänder festgestellte Einkünfteanteil gemäß § 179 Abs. 2 Satz 3 AO auf die Treugeber aufgeteilt, für deren Rechnung der Treuhänder die Beteiligung am Vermögen der Gesellschaft eingegangen ist3.
Dieser Aufteilung im Feststellungsverfahren entsprechen die verfahrensrechtlichen Befugnisse der Beteiligten. Klagt der Treugeber, kann er nur im Feststellungsverfahren auf der zweiten Stufe geltend machen, durch die Verteilung der auf der ersten Stufe festgestellten Einkünfte in seinen Rechten verletzt zu sein. Zu einem solchen Rechtsstreit des Treugebers ist der Treuhänder beizuladen4. In das Feststellungsverfahren auf der ersten Stufe, in dem über die gemeinschaftlich erzielten Einkünfte dem Grunde und der Höhe nach zu entscheiden ist, kann der Treugeber nicht unmittelbar eingreifen. Vielmehr können in diesem Verfahren nur die Gesellschaft und der Treuhänder geltend machen, die Einkünfte seien ihrer Art oder Höhe nach unzutreffend festgestellt worden. In dem zweiten Verfahren sind die Treugeber an diese in dem ersten Verfahren getroffenen Feststellungen nach § 182 Abs. 1 AO gebunden5.
Die Feststellungen auf der ersten und der zweiten Stufe können im Fall eines offenen, d.h. allen Beteiligten bekannten Treuhandverhältnisses miteinander verbunden werden. Jedoch darf durch die Verbindung der beiden Verfahren der Treuhänder nicht von dem zusammengefassten Verfahren ausgeschlossen werden. Denn auch bei einer zulässigen Zusammenfassung ändern sich die Klagebefugnis und die Rechte der Beteiligten nicht6. Wird im Feststellungsbescheid auf der ersten Stufe anstelle des Treuhänders der Treugeber aufgeführt, dann ist der Feststellungsbescheid für die Personengesellschaft unvollständig und durch einen Ergänzungsbescheid des Finanzamt nach § 179 Abs. 3 AO zu vervollständigen7.
In dem hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Streitfall hat das Finanzamt die vorstehenden Grundsätze über die Zweistufigkeit des Feststellungsverfahrens nicht hinreichend beachtet. Es hat beide Feststellungen zwar in grundsätzlich zulässiger Weise miteinander verbunden, da es sich vorliegend um ein offenes Treuhandverhältnis handelt. In den angefochtenen Bescheiden hat es jedoch als Gesellschafter der KG nicht auch die Treuhandkommanditistin, sondern an deren Stelle die Treugeber aufgeführt. Der Kläger zu 1. ist deshalb befugt, den Feststellungsbescheid nach § 48 Abs. 1 Nr. 4 FGO mit dem Ziel anzugreifen, in ihm nicht mehr als Gesellschafter berücksichtigt zu werden8. Hieraus folgt, dass an dem Rechtsstreit in Bezug auf das von dem Kläger zu 1. zulässig verfolgte Rechtsschutzbegehren die in Liquidation befindliche B-KG im Wege der Beiladung zu beteiligen ist. Denn nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist auch bei einer Klage eines Gesellschafters zu Fragen, die nur ihn berühren (§ 48 Abs. 1 Nrn. 4 oder 5 FGO), die Gesellschaft beizuladen, auch wenn sie vom Ausgang des Verfahrens unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt betroffen sein kann9.
Danach hätte das hier erstinstanzlich tätige Finanzgericht Münster10 die Kommanditgesellschaft, an der die Kläger über einen Treuhandkommanditisten als Treugeber beteiligt sind, selbst und nicht die Liquidatorin der Kommanditgesellschaft zum vorliegenden Rechtsstreit beiladen müssen. Eine Liquidatorin ist nämlich lediglich eine gesetzliche Vertreterin11. Da die Liquidatorin auch nicht in ihrer Funktion als gesetzliche Vertreterin der Kommanditgesellschaft beigeladen wurde, kommt eine Auslegung, dass die Kommanditgesellschaft, vertreten durch die Liquidatorin, beigeladen werden sollte, nicht in Betracht.
Der Beiladung der Kommanditgesellschaft steht auch nicht entgegen, dass sie aufgelöst wurde und sich im Stadium der Liquidation befindet. Denn die Liquidation einer Personengesellschaft ändert an ihrer Klagebefugnis während der Liquidationsphase nichts12. Von der Beiladung der nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO klagebefugten Gesellschaft kann erst dann abgesehen werden, wenn die Gesellschaft nach den äußeren Umständen13 als faktisch beendet anzusehen ist oder wenn über den Fortbestand der Gesellschaft Ungewissheit besteht14. Dafür bestehen nach dem vorliegenden Akteninhalt aber keine Anhaltspunkte.
Da die rechtlichen Interessen der Liquidatorin durch den Rechtsstreit des Treugebers nicht berührt werden, kommt auch eine einfache Beiladung nach § 60 Abs. 1 FGO nicht in Betracht.
Bundesfinanzhof, Beschluss vom 12. Oktober 2020 – VIII B 32/20
- vgl. BFH, Beschluss vom 14.09.2010 – IV B 15/10, BFH/NV 2011, 5[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 13.03.1986 – IV R 204/84, BFHE 146, 340, BStBl II 1986, 584[↩]
- vgl. z.B. BFH, Beschluss vom 12.01.1995 – VIII B 43/94, BFH/NV 1995, 759[↩]
- BFH, Beschluss vom 15.04.2003 – IV B 188/01, BFH/NV 2003, 1283[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 02.02.1994 – I R 73/93, BFH/NV 1995, 81[↩]
- BFH, Urteil vom 13.07.1999 – VIII R 76/97, BFHE 189, 309, BStBl II 1999, 747[↩]
- BFH, Urteil vom 13.03.1986 – IV R 204/84, BFHE 146, 340, BStBl II 1986, 584, m.w.N.[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 146, 340, BStBl II 1986, 584, unter 2.a[↩]
- BFH, Beschlüsse vom 14.11.2008 – IV B 136/07, BFH/NV 2009, 597; und vom 31.01.1992 – VIII B 33/90, BFHE 167, 5, BStBl II 1992, 559; vgl. auch BFH, Urteile vom 21.05.1987 – IV R 283/84, BFHE 149, 523, BStBl II 1987, 601; und vom 05.12.1995 – VIII R 67/94, BFH/NV 1996, 485[↩]
- FG Münster, Urteil vom 21.02.2020 – 10 K 3338/17 F[↩]
- vgl. BFH, Beschluss vom 14.09.2010 – IV B 15/10, BFH/NV 2011, 5, Rz 10, zur fehlerhaften Beiladung eines Nachtragsliquidators[↩]
- z.B. BFH, Beschluss vom 12.04.2007 – IV B 69/05, BFH/NV 2007, 1923[↩]
- tatsächliche Einstellung des Betriebs, völlige Vermögenslosigkeit[↩]
- vgl. z.B. BFH, Urteil vom 03.09.2009 – IV R 17/07, BFHE 227, 293, BStBl II 2010, 631[↩]