Beteiligungsfinanzierung in der späteren Organschaft – und das Teilabzugsverbot

Hängen Schuldzinsen mit dem Erwerb von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft zusammen, mit der in einem späteren Veranlagungszeitraum ein Organschaftsverhältnis begründet wird, unterliegen die Schuldzinsen insoweit anteilig dem Teilabzugsverbot des § 3c Abs. 2 EStG, als die Kapitalgesellschaft während des Bestehens der Organschaft Gewinne aus vororganschaftlicher Zeit ausschüttet. Der dem Teilabzugsverbot unterliegende Teil der Schuldzinsen ergibt sich aus dem Verhältnis der Gewinnausschüttung zu dem in demselben Jahr zugerechneten Organeinkommen.

Beteiligungsfinanzierung in der späteren Organschaft – und das Teilabzugsverbot

Nach § 3c Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 EStG dürfen Betriebsausgaben, die mit den dem § 3 Nr. 40 EStG zugrunde liegenden Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, unabhängig davon, in welchem Veranlagungszeitraum die Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen anfallen, bei der Ermittlung der Einkünfte nur zur Hälfte abgezogen werden.

Welcher Qualität der Zusammenhang der Ausgaben mit den nach § 3 Nr. 40 EStG zum Teil steuerbefreiten Einnahmen sein muss, hat der BFH dahin konkretisiert, dass ein rechtlicher Zusammenhang nicht erforderlich ist und ein mittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang ausreicht. Die Grenzen des mittelbaren Zusammenhangs sind unter Berücksichtigung des Normzwecks des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG zu bestimmen, der in der Vermeidung einer inkongruenten Begünstigung zu sehen ist. Die Norm bezweckt, dass bei steuerbefreiten Einnahmen kein doppelter steuerlicher Vorteil durch den zusätzlichen Abzug von mit diesen Einnahmen zusammenhängenden Aufwendungen erzielt wird. Dementsprechend greift das Teilabzugsverbot des § 3c Abs. 2 EStG nicht ein, soweit Aufwendungen vorrangig durch voll steuerpflichtige Einnahmen veranlasst und daher bei der Ermittlung entsprechend voll steuerpflichtiger Einkünfte als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben zu berücksichtigen sind. Denn in diesem Fall kommt es nicht zu einer Doppelbegünstigung durch (teilweise) steuerfreie Einnahmen und gleichwohl (voll) abzugsfähige Aufwendungen1.

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Zeitpunkt der gewerblichen Betätigung des Organträgers

Besteht ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit mehreren, zum Teil voll steuerpflichtigen und zum Teil nach § 3 Nr. 40 EStG teilweise steuerbefreiten Einnahmen, und wurde der angefallene Aufwand nicht vorrangig durch eine der beiden Einnahmearten ausgelöst, ist er anteilig und im Rahmen einer wertenden Betrachtung entsprechend dem rechtlichen und wirtschaftlichen Gehalt des Gesamtvorgangs aufzuteilen2. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich ein Veranlassungszusammenhang im Lauf der Zeit ändern kann3.

Im Streitfall können die Zinsen auf Darlehen, die zur Finanzierung des Erwerbs von im Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter gehaltenen Aktien der AG aufgenommen worden sind, mit nach § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d EStG zur Hälfte steuerbefreiten Erträgen zusammenhängen.

Der Bezug von Gewinnanteilen aus Aktien führt zu Einkünften i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, die für dem EStG unterliegende Anteilseigner nach § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d Satz 1 EStG zur Hälfte steuerbefreit sind. Diese Steuerbefreiung gilt auch, wenn die Aktien in einem Betriebsvermögen gehalten werden, mit der Folge, dass die Gewinnanteile als betriebliche Einkünfte zu behandeln sind (§ 20 Abs. 3 EStG). Ist die Aktiengesellschaft aufgrund eines Gewinnabführungsvertrags zur Abführung des gesamten Gewinns an ein einziges gewerbliches Personenunternehmen verpflichtet und liegen die Voraussetzungen einer Organschaft i.S. des § 14 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) vor, ist dem Organträger das Einkommen der Aktiengesellschaft nach § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG zuzurechnen. Ein solches Einkommen ist nicht nach § 3 Nr. 40 EStG teilweise steuerbefreit.

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Laufzeit eines Gewinnabführungsvertrages

Die Zurechnung des Einkommens betrifft Wirtschaftsjahre der Organgesellschaft, für die die Verpflichtung zur Gewinnabführung besteht und die Voraussetzungen der Organschaft vorliegen. Die Ausschüttung aus Gewinnrücklagen, die in vororganschaftlichen Wirtschaftsjahren gebildet worden sind, führt demgegenüber noch zu Einkünften i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, selbst wenn sie in einem Wirtschaftsjahr stattfindet, für das die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 KStG erfüllt sind. Dementsprechend sind die Einnahmen aus derartigen Ausschüttungen nach § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d Satz 1 EStG anteilig steuerbefreit4.

Die im Wirtschaftsjahr 2002 von der AG vorgenommene Ausschüttung für das Wirtschaftsjahr 2001 führte danach für die Gesellschafter als Anteilseigner zu nach § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d Satz 1 EStG zur Hälfte steuerbefreiten Einnahmen, die als Sonderbetriebseinnahmen der Gesellschafter bei der KG zu erfassen waren, weil die Aktien in deren Sonderbetriebsvermögen gehalten wurden. Demgegenüber war der Gewinn der AG aus dem Wirtschaftsjahr 2002 der KG als Organträgerin zuzurechnen, weil für dieses Wirtschaftsjahr erstmals die Gewinnabführungsverpflichtung galt und -unstreitig- die übrigen Voraussetzungen einer Organschaft i.S. des § 14 KStG vorlagen. Die Zurechnung des Einkommens führte zur Erhöhung des allen Gesellschaftern zuzurechnenden Gesamthandsgewinns, auch wenn die Anteile an der Organgesellschaft von den Gesellschaftern gehalten wurden, was nach seinerzeitiger Rechtslage einer finanziellen Eingliederung nicht entgegenstand5.

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Schuldzinsenabzug und Unterentnahmen vor 1999

Treffen die Einkünfte aus vororganschaftlicher Ausschüttung und einer Zurechnung des Einkommens des laufenden Wirtschaftsjahrs in der Weise zusammen, dass sie dem Anteilseigner in demselben Veranlagungszeitraum zuzurechnen sind, besteht für die Finanzierungskosten der Beteiligung ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit beiden Einnahmen.

Keiner der Einnahmen ist unter diesem Aspekt ein Vorrang einzuräumen. Insbesondere kann nicht angenommen werden, dass der Zusammenhang mit vororganschaftlichen Ausschüttungen deshalb verdrängt wird, weil im Jahr der Ausschüttung bereits die Voraussetzungen einer Organschaft vorlagen und die Aktien deshalb nur noch eine Quelle für nicht teilweise steuerbefreite Einkünfte bildeten. In Bezug auf vororganschaftliche Gewinne blieben die Aktien vielmehr weiterhin Quelle von dem Halbeinkünfteverfahren unterliegenden Einkünften. Danach ist für die Anwendung des Abzugsverbots des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG eine Aufteilung der Finanzierungsaufwendungen vorzunehmen.

Naheliegend ist es, dass als Maßstab für die Aufteilung der Aufwendungen auf das Verhältnis der Einnahmen im Streitjahr abgestellt wurde. Ein zeitlicher Maßstab zur Aufteilung der Finanzierungsaufwendungen kommt nicht in Betracht, weil die Einkünfte in demselben Veranlagungszeitraum bezogen wurden. Einzig möglicher Aufteilungsmaßstab ist das Verhältnis der Einnahmen zueinander.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 25. Juli 2019 – IV R 61/16

  1. ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BFH, Urteile vom 18.04.2012 – X R 5/10, BFHE 237, 106, BStBl II 2013, 785; vom 28.02.2013 – IV R 49/11, BFHE 240, 333, BStBl II 2013, 802; vom 17.07.2013 – X R 17/11, BFHE 242, 126, BStBl II 2013, 817, jeweils m.w.N.[]
  2. BFH, Urteil vom 06.04.2016 – I R 61/14, BFHE 253, 348, BStBl II 2017, 48, Rz 17[]
  3. BFH, Urteil in BFHE 242, 126, BStBl II 2013, 817, Rz 20[]
  4. gleicher Ansicht Rödder/Liekenbrock in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, § 14 Rz 41[]
  5. vgl. z.B. BFH, Urteil vom 16.10.2008 – IV R 74/06, BFH/NV 2009, 725, unter II. 3.a[]
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Entnahmegewinne 1999