Mit Urteil vom 22. September 20111 hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass die geänderte betriebsvermögensmäßige Zuordnung eines Wirtschaftsguts während des Bestehens einer mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung weder eine Entnahme beim abgebenden Betrieb noch eine Einlage beim aufnehmenden Betrieb i. S. d. § 4 Abs. 4a EStG darstellt, wenn der Vorgang zum Buchwert stattgefunden hat.

Mit einem weiteren Urteil vom 23. Februar 20122 hat der Bundesfinanzhof darüber hinaus entschieden, dass § 4 Absatz 4a Satz 5 EStG auch dann anzuwenden sei, wenn die Anschaffung oder Herstellung der Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens durch die Belastung eines Kontokorrentkontos finanziert wird.
Aus diesen beiden Urteilen des Bundesfinanzhofs zieht nun die Finanzverwaltung die Konsequenzen und ändert die Regelungen im BMF-Schreiben vom 17. November 20053.
Neu ist zunächst die Regelung zur geänderten betriebsvermögensmäßige Zuordnung eines Wirtschaftsguts aufgrund des Bestehens einer Bilanzierungskonkurrenz:
Die geänderte betriebsvermögensmäßige Zuordnung eines Wirtschaftsguts aufgrund des Bestehens einer Bilanzierungskonkurrenz stellt weder eine Entnahme beim abgebenden Betrieb noch eine Einlage beim aufnehmenden Betrieb i. S. d. § 4 Abs. 4a EStG dar, wenn der Vorgang zum Buchwert stattgefunden hat4.
Eine geänderte betriebsvermögensmäßige Zuordnung eines Wirtschaftsguts aufgrund des Bestehens einer Bilanzierungskonkurrenz im vorstehenden Sinne liegt u. a. vor, wenn:
- ein Wirtschaftsgut nach Begründung einer mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung einem
anderen Betriebsvermögen zuzuordnen ist5 - ein Wirtschaftsgut nach Verschmelzung einem anderen Betriebsvermögen zuzuordnen ist.
Hierzu ist nicht erforderlich, dass zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens ein gesondertes Darlehen aufgenommen wird. Ob Schuldzinsen i. S d. § 4 Abs. 4a Satz 5 EStG für Darlehen zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens vorliegen, ist ausschließlich nach der tatsächlichen Verwendung der Darlehensmittel zu bestimmen.
Werden Darlehensmittel zunächst auf ein betriebliches Kontokorrentkonto überwiesen, von dem sodann die Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens bezahlt werden, oder wird zunächst das Kontokorrentkonto belastet und anschließend eine Umschuldung in ein Darlehen vorgenommen, kann ein Finanzierungszusammenhang mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens nur angenommen werden, wenn ein enger zeitlicher und betragsmäßiger Zusammenhang zwischen der Belastung auf dem Kontokorrentkonto und der Darlehensaufnahme besteht.
Dabei wird unwiderlegbar vermutet, dass die dem Kontokorrentkonto gutgeschriebenen Darlehensmittel zur Finanzierung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens verwendet werden, wenn diese innerhalb von 30 Tagen vor oder nach Auszahlung der Darlehensmittel tatsächlich über das entsprechende Kontokorrentkonto finanziert wurden. Beträgt der Zeitraum mehr als 30 Tage, muss der Steuerpflichtige den erforderlichen Finanzierungszusammenhang zwischen der Verwendung der Darlehensmittel und der Bezahlung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten für die Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens nachweisen. Eine Verwendung der Darlehensmittel zur Finanzie-rung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermö-gens scheidet aus, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten im Zeitpunkt der Ver-wendung der Darlehensmittel bereits abschließend finanziert waren und die erhaltenen Darle-hensmittel lediglich das eingesetzte Eigenkapital wieder auffüllen6.
Werden die Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens über ein Kontokorrentkonto finanziert und entsteht oder erhöht sich dadurch ein negati-ver Saldo des Kontokorrentkontos, sind die dadurch veranlassten Schuldzinsen gemäß § 4 Abs. 4a Satz 5 EStG unbeschränkt als Betriebsausgaben abziehbar. Der Anteil der unbe-schränkt abziehbaren Schuldzinsen ist dabei nach der Zinszahlenstaffelmethode oder durch Schätzung zu ermitteln. Entsprechend den Rdnrn. 11 bis 18 des BMF-Schreibens vom 10. November 19937 ist für die Ermittlung der als Betriebsausgaben abziehbaren Schuldzinsen der Sollsaldo des Kontokorrentkontos anhand der zugrunde liegenden Geschäftsvorfälle nach seiner Veranlassung aufzuteilen und sind die Sollsalden des betrieblichen Unterkontos zu ermitteln. Hierbei ist davon auszugehen, dass mit den eingehenden Betriebs-einnahmen zunächst private Schuldenteile, dann die durch sonstige betriebliche Aufwendungen entstandenen Schuldenteile und zuletzt die durch die Investitionen entstandenen Schuldenteile getilgt werden.
Diese neuen Regelungen sind in allen offenen Fällen anzuwenden.
Bundesministerium der Finanzen, Schreiben vom 18. Februar 2013 – IV C 6 – S 2144/07/10001 [DOK 2013/0017820]
- BFH, Urteil vom 22.09.2011 – IV R 33/08, BStBl 2012 II S. 10[↩]
- BFH, Urteil vom 23.02.2012 – IV R 19/08, BStBl 2013 II S. 1[↩]
- BMF, Scheiben vom 17.11.2005, BStBl I S. 1019; geändert durch BMF-Schreiben vom 07.05.2008, BStBl I S. 588; Vereinfachungsregelung in BMF-Schreiben vom 04.11.2008, BStBl I S. 957[↩]
- BFH, Urteil vom 22.09.2011, BStBl 2012 II S. 10[↩]
- BFH vom 22.09.2011, a. a. O.[↩]
- BFH, Urteil vom 09.02.2010, BStBl 2011 II S. 257[↩]
- BMF, Schreiben vom 10.11.1993, BStBl I S. 930[↩]