Bewertung von Landwirtschaftsbetrieben bei gemeinsamer Tierhaltung

Der land- und forstwirtschaftliche Betrieb bei gemeinschaftlicher Tierhaltung (§ 51a BewG) ist nach einem aktuellen Urteil des Bundesfinanzhofs auch dann im vergleichenden Verfahren (§ 37 Abs. 1 Satz 1 BewG) zu bewerten, wenn die Eigenfläche ausschließlich als Hof- und Gebäudefläche genutzt wird. Ungeachtet eines dabei für die Eigenfläche anzusetzenden Vergleichswerts von 0 DM sind Viehzuschläge wegen überhöhter Tierbestände vorzunehmen.

Bewertung von Landwirtschaftsbetrieben bei gemeinsamer Tierhaltung

Der Einheitswert eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft mit landwirtschaftlicher Nutzung wird nach § 36 Abs. 1 BewG auf der Grundlage des Ertragswerts ermittelt. Dabei ist gemäß § 36 Abs. 2 BewG von der Ertragsfähigkeit auszugehen, d.h. von dem bei ordnungsmäßiger und schuldenfreier Bewirtschaftung mit entlohnten fremden Arbeitskräften gemeinhin nachhaltig erzielbaren Reinertrag. Ertragswert ist das 18-fache dieses Reinertrags.

Der Ertragswert wird gemäß § 37 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BewG durch ein vergleichendes Verfahren ermittelt, wenn ein solches Verfahren durchgeführt werden kann. Andernfalls ist der Ertragswert nach der Ertragsfähigkeit der Nutzung unmittelbar zu ermitteln (Einzelertragswertverfahren). Die Unterschiede der Ertragsfähigkeit der gleichen Nutzung werden durch Vergleich der Ertragsbedingungen beurteilt (§ 38 Abs. 1 BewG). Für jede Nutzung wird ein individueller Vergleichswert ermittelt. Hierbei wird den unterschiedlichen Ertragsbedingungen und der sich daraus ergebenden unterschiedlichen Ertragsfähigkeit der einzelnen Nutzung durch Zu- und Abrechnungen an den bundeseinheitlichen Vergleichszahlen (§ 40 BewG), deren Höhe sich in der Regel nach den in den Bewertungsstützpunkten (§ 39 BewG) festgelegten Werten richtet, Rechnung getragen.

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Das vergleichende Verfahren gemäß § 37 Abs. 1 Satz 1 BewG ist auch dann anwendbar, wenn der dem Inhaber des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs zuzurechnende Grund und Boden lediglich eine Hof- und Gebäudefläche ist und daher keine natürliche Ertragsfähigkeit aufweist. Trifft dies zu, ist es das Ergebnis unterschiedlicher Ertragsbedingungen und somit des vom Gesetzgeber angeordneten vergleichenden Verfahrens (§§ 37 ff. BewG). Der Vergleichswert der Eigenfläche beträgt dann 0 DM. Dieser Wert entspricht dem vom Gesetz geforderten Maßstab der konkreten Ertragsfähigkeit solcher Flächen, die –soweit bewirtschaftete Eigenflächen des Betriebsinhabers vorliegen– in die Nutzungen, denen sie dienen, einzubeziehen sind und in den entsprechenden Vergleichswerten für diese Nutzungen aufgehen (§ 40 Abs. 3 BewG). An diesem Vergleichswert von 0 DM kann gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 1 BewG ein Zuschlag wegen eines Überbestands an Vieh gemacht werden. Der Einheitswert besteht dann nur aus dem Zuschlag1.

Der Ansatz eines Vergleichswerts von 0 DM für die Eigenfläche des Inhabers des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs und von daran anknüpfenden Zuschlägen wegen eines Überbestands an Vieh setzt nicht voraus, dass der Betriebsinhaber –wie in dem einem frühren BFH-Urteil2 zu Grunde liegenden Fall– Pachtflächen bewirtschaftet. Pachtflächen bilden nämlich nach § 34 Abs. 7 BewG Stückländereien, die bei der Einheitsbewertung des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs des Pächters diesem nicht zuzurechnen sind3 und daher für die genannte Frage keine Bedeutung haben.

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Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn es sich um eine Tierhaltungsgemeinschaft i.S. des § 51a BewG handelt, die den ihr zuzurechnenden Grund und Boden ausschließlich als Hof- und Gebäudefläche nutzt. Der für den Grund und Boden anzusetzende Vergleichswert beträgt in diesem Fall 0 DM. Dennoch ist nach § 41 Abs. 1 und 2 BewG ein Zuschlag wegen verstärkter Tierhaltung zu machen. Wie bereits ausgeführt, bildet die gemeinschaftliche Tierhaltung (§ 51a BewG) einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft. Dieser Betrieb unterliegt den allgemeinen Bewertungsregeln, da der Gesetzgeber keine besonderen Bewertungsvorschriften erlassen hat, und somit auch dem vergleichenden Verfahren nach § 37 Abs. 1 Satz 1 BewG. Es handelt sich nicht um eine sonstige landwirtschaftliche Nutzung i.S. des § 62 BewG. Die gemeinschaftliche Tierhaltung ist weder in dieser Vorschrift genannt noch ist sie einer der darin vorgesehenen Fallgruppen ähnlich. Unerheblich ist, dass die gemeinschaftliche Tierhaltung ohne die Sondervorschrift des § 51a BewG eine gewerbliche Tierzucht darstellen würde.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 16. Dezember 2009 – II R 45/07

  1. BFH, Urteil vom 14. Mai 2004 II R 50/01, BFHE 206, 365, BStBl II 2004, 818[]
  2. BFHE 206, 365, BStBl II 2004, 818[]
  3. BFH, Urteil vom 15.07.1992 – II R 24/88, BFHE 168, 422, BStBl II 1992, 874[]