Das Betriebsgrundstück als Sonderbetriebsvermögen – und seine Überführung in eine Schwesterpersonengesellschaft

Der Gewinn aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils unterliegt gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG nicht der Tarifbegünstigung gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 EStG, wenn nicht alle stillen Reserven, die in den wesentlichen Grundlagen dieser betrieblichen Sachgesamtheit angesammelt worden sind, in einem einheitlichen Vorgang aufgelöst werden1.

Das Betriebsgrundstück als Sonderbetriebsvermögen – und seine Überführung in eine Schwesterpersonengesellschaft

Ausgehend von dem Zweck der Tarifbegünstigung, die zusammengeballte Realisierung der während vieler Jahre entstandenen stillen Reserven nicht nach dem progressiven Einkommensteuertarif zu erfassen, ist eine zeitraumbezogene Betrachtung geboten, wenn aufgrund einheitlicher Planung und in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Veräußerung der betrieblichen Sachgesamtheit eine dieser Sachgesamtheit zugeordnete wesentliche Betriebsgrundlage ohne Aufdeckung sämtlicher stiller Reserven aus deren Betriebsvermögen ausgeschieden ist. Umfasst ein „Veräußerungsplan“ mehrere Teilakte, so gebietet es der Zweck der Tarifbegünstigung, sämtliche Teilakte tatbestandlich miteinander zu verklammern und als einen einheitlichen Vorgang im Hinblick auf die Zusammenballung der Einkünfte zu betrachten. Außerordentliche Einkünfte i.S. des § 34 EStG liegen daher nicht vor, wenn durch einzelne Teilakte des einheitlich zu betrachtenden Vorgangs nicht alle stillen Reserven aufgedeckt werden2.

Der Mitunternehmeranteil i.S. von § 16 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG umfasst nicht nur den Anteil des Mitunternehmers am Gesamthandsvermögen der Gesellschaft, sondern auch dessen etwaiges Sonderbetriebsvermögen. Die Tarifbegünstigung des Gewinns aus der Veräußerung des Mitunternehmeranteils setzt daher voraus, dass auch das Sonderbetriebsvermögen des veräußernden Mitunternehmers mitveräußert wird, soweit es wesentliche Betriebsgrundlagen enthält3.

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Zu den wesentlichen Grundlagen eines Betriebs gehören im Zusammenhang mit der Tarifbegünstigung eines Gewinns aus einer Betriebsveräußerung oder –aufgabe neben den funktional wesentlichen Wirtschaftsgütern auch solche Wirtschaftsgüter, die funktional gesehen für den Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil zwar nicht wesentlich sind, in denen aber erhebliche stille Reserven gebunden sind (sog. funktional-quantitative Betrachtungsweise)4.

Ein Betriebsgrundstück ist -funktional betrachtet- nur dann keine wesentliche Betriebsgrundlage, wenn es für den Betrieb keine oder nur geringe Bedeutung hat. Wesentlich ist ein Grundstück für den Betrieb danach schon dann, wenn der Betrieb ohne ein Grundstück dieser Art nicht fortgeführt werden könnte. Dabei ist unerheblich, ob das Grundstück auch von anderen Unternehmen genutzt, ob ein vergleichbares Grundstück gemietet oder gekauft oder ob die betriebliche Tätigkeit auch auf einem anderen Grundstück weitergeführt werden könnte5.

Die alleinige Feststellung, es handele sich bei diesen Grundstücken um Wiesen- und Waldflächen und nicht um Bauerwartungsland, lässt allerdings noch keinen Schluss auf die Eigenschaft dieser Grundstücke als Tauschgrundstücke für den Betrieb der KG zu.

Zum Betriebsvermögen einer Mitunternehmerschaft gehören nicht nur die im Gesamthandseigentum der Mitunternehmer stehenden Wirtschaftsgüter, sondern auch solche Wirtschaftsgüter, die Mitunternehmern gehören, wenn diese geeignet und bestimmt sind, dem Betrieb der Mitunternehmerschaft zu dienen (Sonderbetriebsvermögen I) oder die Beteiligung des Mitunternehmers an der Mitunternehmerschaft zu stärken (Sonderbetriebsvermögen II)6.

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Wären als Sonderbetriebsvermögen zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen der KG gehörende Grundstücke infolge der Umstrukturierung Sonderbetriebsvermögen der Schwester-KG geworden, wären die stillen Reserven in den betreffenden Grundstücken nicht aufgedeckt und die Buchwerte fortgeführt worden. Hätten die Grundstücke hingegen nicht die Voraussetzungen für Sonderbetriebsvermögen der Altgesellschafter bei der Schwester-KG erfüllt, wären sie ungeachtet einer -ebenfalls nicht festgestellten- tatsächlichen Bilanzierung als Sonderbetriebsvermögen bei der Schwester-KG aus dem Betriebsvermögen der KG in das Privatvermögen der Altgesellschafter entnommen worden. Da die Entnahme zur Aufdeckung sämtlicher stiller Reserven geführt hätte, stünde die Ausgliederung der Grundstücke aus dem Betriebsvermögen der Schwester-KG der Tarifbegünstigung der Veräußerungsgewinne nicht entgegen.

Waren die streitigen Grundstücke im Zeitpunkt der Veräußerung nicht mehr funktional wesentlich für den Betrieb der KG und sind in das Sonderbetriebsvermögen der Schwester-KG gelangt, so ist für die im Rahmen der Gewährung der Tarifbegünstigung maßgebliche Frage, ob in den ausgegliederten, funktional nicht wesentlichen Grundstücken stille Reserven ruhten, nicht auf das einzelne Grundstück, sondern auf das gesamte in diesem Zusammenhang übertragene Vermögen abzustellen.

Nur wenn bei einer Gesamtbetrachtung stille Reserven übergegangen sind, stünde dies der Tarifbegünstigung entgegen. Dies folgt aus dem Zweck der Tarifbegünstigung nach §§ 16, 34 EStG, den ermäßigten Steuertarif nur zu gewähren, wenn die während vieler Jahre entstandenen stillen Reserven zusammengeballt realisiert werden. Dieser Gesetzeszweck wird verfehlt, wenn dem Veräußerer nach der Veräußerung noch stille Reserven verbleiben oder im Zusammenhang mit der Veräußerung Wirtschaftsgüter ohne Aufdeckung der darin enthaltenen stillen Reserven aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden sind. Dem Zweck der Regelung widerspricht es aber nicht, wenn der Veräußerer nur Betriebsvermögen zurückbehalten oder anderweitig übertragen hat, in dem per Saldo keine stillen Reserven enthalten waren. Denn auch in diesem Fall ist sichergestellt, dass alle vorhandenen stillen Reserven zusammengeballt mit der Anteilsveräußerung aufgedeckt werden und damit von dem Steuerpflichtigen zu versteuern sind.

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Bundesfinanzhof, Urteil vom 10. März 2016 – IV R 22/13

  1. vgl. BFH, Beschluss vom 18.10.1999 – GrS 2/98, BFHE 189, 465, BStBl II 2000, 123; BFH, Urteile vom 30.08.2012 – IV R 44/10, BFH/NV 2013, 376, und in BFHE 248, 75, BStBl II 2015, 529[]
  2. vgl. BFH, Urteile in BFH/NV 2013, 376, und in BFHE 248, 75, BStBl II 2015, 529[]
  3. ständige Rechtsprechung, vgl. BFH, Urteile in BFH/NV 2013, 376, Rz 29; und vom 28.05.2015 – IV R 26/12, BFHE 249, 536, BStBl II 2015, 797[]
  4. vgl. BFH, Urteile vom 03.09.2009 – IV R 61/06, BFH/NV 2010, 404; in BFHE 248, 66, BStBl II 2015, 536; in BFHE 248, 75, BStBl II 2015, 529, sowie in BFHE 249, 536, BStBl II 2015, 797[]
  5. vgl. BFH, Urteile vom 14.07.1993 – X R 74-75/90, BFHE 172, 200, BStBl II 1994, 15; vom 10.11.2005 – IV R 7/05, BFHE 211, 312, BStBl II 2006, 176, und in BFH/NV 2013, 376[]
  6. ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH, Urteile vom 24.02.2005 – IV R 12/03, BFHE 209, 262, BStBl II 2006, 361; und vom 16.04.2015 – IV R 1/12, BFHE 249, 511, BStBl II 2015, 705, m.w.N.[]