Handelt es sich bei der Veräußerung einer von mehreren Windkraftanlagen um die Veräußerung eines sog. Teilbetriebes? Mit dieser Frage hatte sich jetzt das Hessische Finanzgericht in einem Fall zu beschäftigen, bei dem der Kläger einer von mehreren nebeneinander stehenden Windkraftanlage veräußert hatte. Das Hessische Finanzgericht sah in der Veräußerung der Windkraftanlage aufgrund der vorgefundenen Fallgestaltung die Veräußerung eines Teilbetriebs mit der Folge, dass der dabei erzielte Gewinn nicht gewerbesteuerpflichtig ist.

Der Begriff des Teilbetriebes ist gesetzlich nicht definiert. Nach der finanzgerichtlichen Rechtsprechung ist unter einem Teilbetrieb ein organisch geschlossener, mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestatteter Teil eines Gesamtbetriebs zu verstehen, der – für sich betrachtet – alle Merkmale eines Betriebs im Sinne des Einkommensteuerrechts aufweist und als solcher lebensfähig ist1. Ob ein Betriebsteil die für die Annahme eines Teilbetriebs erforderliche Selbständigkeit besitzt, ist nach dem Gesamtbild der Verhältnisse – beim Veräußerer – zu entscheiden2. Den Abgrenzungsmerkmalen – z.B. räumliche Trennung vom Hauptbetrieb, gesonderte Buchführung, eigenes Personal, eigene Verwaltung, selbständige Organisation, eigenes Anlagevermögen, ungleichartige betriebliche Tätigkeit, eigener Kundenstamm – kommt je nachdem, ob es sich um einen Fertigungs-, Handels- oder Dienstleistungsbetrieb handelt, unterschiedliches Gewicht zu3. Eine völlig selbständige Organisation mit eigener Buchführung ist für die Annahme eines Teilbetriebs nicht erforderlich. Diese Merkmale kennzeichnen bereits den eigenständigen Gesamtbetrieb im Gegensatz zum bloßen Teilbetrieb4. Unter Berücksichtigung dieser Rechtsgrundsätze, denen sich das Hessische FG anschließt, liegen, so das FG, nach dem Gesamtbild der Verhältnisse für die veräußerte Windkraftanlage die Voraussetzungen eines Teilbetriebs vor.
Der zur Windkraftanlage gehörende Stahlrohrturm (Windrad) ist auf einem gesondert erworbenen Grundstück des Klägers erbaut worden. Es hat eine eigene Transformatoren-/Übergabestation. Der Kläger hat die Windenergieanlage von einem anderen Hersteller als dem der beiden später erworbenen Anlagen gekauft; die Finanzierung erfolgte über ein anderes Bankinstitut. Es wurden getrennte Wartungsverträge geschlossen. Zwischen den einzelnen Windkraftanlagen bestand keine technische Verbindung. Aufgrund eines gesondert abgeschlossenen Vertrages lieferte die veräußerte Windkraftanlage die erzeugte elektrische Energie an das örtlich zuständige Energieversorgungsunternehmen. Die Energielieferung erfolgte über die der Windkraftanlage zugehörige Übergabestation und wurde getrennt von den übrigen Windkraftanlagen abgerechnet.
Diese tatsächlichen Umstände sind es, die das Vorliegen eines Teilbetriebes begründen. Es handelt sich nicht nur um einen Betriebsteil wie eine zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen gehörende Maschine, sondern insgesamt um einen selbständigen Energieerzeugungsbetrieb, der ohne jeden Bezug zu einem der anderen Windkraftanlagen selbständig lebensfähig ist. Das Merkmal der selbständigen Lebensfähigkeit ist zwar nach den Verhältnissen des Veräußerers, hier des Klägers, im Zeitpunkt des wirtschaftlichen Übergangs des veräußerten Unternehmensteils zu prüfen5. Die Tätigkeit des Klägers ist auch nach dem Verkauf der Windkraftanlage wie vorher auf die Erzeugung von (Wind-) Energie gerichtet. Die Ungleichartigkeit der Geschäftstätigkeit ist aber bei Handelsunternehmen, die im Wesentlichen vom Kapitaleinsatz bestimmt werden, ein Abgrenzungsmerkmal von untergeordneter Bedeutung6; sein Gewicht liegt bei der Abgrenzung verschiedener Betriebsteile bei freiberuflicher Tätigkeit7. Auch wenn im Streitfall kein Handelsunternehmen vorliegt, gelten hier dieselben Rechtsgrundsätze, da die Tätigkeit vom Kapitaleinsatz bestimmt ist und eine freiberufliche Tätigkeit nicht vorliegt. Der Kläger hat nicht nur einen selbständig lebensfähigen Teilbetrieb übertragen; er hat auch die mit diesem Teilbetrieb verbundene Tätigkeit aufgegeben8 und nur noch den Betrieb der anderen beiden Windkraftanlagen fortgeführt.
Die Kasseler Finanzrichter sahen auch auch keine Parallele zu den Fallgestaltungen, in denen der BFH den Verkauf z.B. einzelner Busse eines Omnibusunternehmens9, einzelner Schiffe bzw. eines Taxis mit Konzession10 nicht als Teilbetriebsveräußerung angesehen hat. In allen diesen Fällen ist eine Eingliederung in den Hauptbetrieb festgestellt worden, weil diese Betriebsteile sich nicht von der Organisation des Hauptbetriebes, hinsichtlich des Personaleinsatzes und des Kundenstamms absetzten. Im Streitfall ist der Betrieb der veräußerten Windkraftanlage aber nicht auf irgendwelche Rahmenbedingungen angewiesen, die aus einer gemeinsamen Organisation des Klägers für alle Windkraftanlagen herrühren würden.
Dem Umstand, dass die Windkraftanlage technisch selbständige, nahezu automatisch ablaufende Betriebe bzw. Betriebsvorrichtungen sind, misst das Gericht entgegen der Auffassung des Finanzgerichts Düsseldorf11 nicht die Bedeutung zu, dass der Kläger sein Einzelunternehmen vom Sitz der Verwaltung aus geführt und seine Tätigkeit mit dem Verkauf der einen WKA nur eingeschränkt hat. Dies könnte nur dann der Fall sein, wenn der Kläger im Rahmen seiner Verwaltungstätigkeit die WKA finanziell, organisatorisch und wirtschaftlich verflochten hätte. Nach dem zugrunde liegenden Sachverhalt ist das gerade nicht der Fall.
Den von der Rechtsprechung im Übrigen genannten Abgrenzungsmerkmalen wie eigenes Personal, selbständige Organisation, eigener Kundenstamm und eigene Preisgestaltung kommt wegen der branchenspezifischen Besonderheiten keine Bedeutung zu. Zu Recht weist der Kläger darauf hin, dass es aufgrund der gesetzlichen Vorgaben keinen eigenen Kundenstamm und keine eigene Preisgestaltung geben kann. Eine völlig selbständige Organisation mit eigener Buchführung ist für die Annahme eines Teilbetriebs nicht erforderlich12.
Hessisches Finanzgericht, Urteil vom 10. März 2009 – 8 K 2247/07
- ständige Rechtsprechung, vgl. BFH, Urteil vom 13. Februar 1996 VIII – R 39/92, BStBl II 1996, 409, m.w.N[↩]
- vgl. z.B. BFH, Urteil vom 15. März 1984 – IV R 189/81, BStBl II 1984, 486[↩]
- vgl. z.B. BFH, Urteil vom 24. August 1989 – IV R 120/88, BStBl II 1990, 55[↩]
- BFH, Urteile vom 04.07.2007 – X R 44/03 BFH/NV 2007, 2093; vom 24. April 1969 – IV R 202/68, BStBl II 1969, 397[↩]
- BFH, Urteile vom 19. Februar 1976 – IV R 179/72, BStBl II 1976, 415; vom 3. Oktober 1984 – I R 119/81, BStBl II 1985, 245; in BStBl II 1996, 409). Aber auch in dessen Unternehmen war die veräußerte Windkraftanlage selbständig; eine Abhängigkeit von den anderen Betriebsteilen bestand nicht. Nach der BFH-Rechtsprechung ist weitere Voraussetzung einer Teilbetriebsveräußerung, dass der Gewerbetreibende eine bestimmte gewerbliche Tätigkeit aufgibt ((BFH, Urteil in BStBl II 1985, 245[↩]
- BFH, Urteil vom 29. Oktober 1992 – IV R 16/91, BStBl II 1993, 182[↩]
- BFH, Urteil vom 10. März 1998 – VIII R 31/95, BFH/NV 1998, 1209[↩]
- BFH, Urteil vom 12. Juni 1996 – XI R 56, 57/95, BStBl II 1996, 527[↩]
- BFH, Urteil vom 27. Juni 1978 – VIII R 26/76, BStBl II 1978, 672[↩]
- BFH, Urteil vom 21. Februar1973 – IV R 168/69, BStBl II 1973, 361, 363 unter III.[↩]
- FG Düsseldorf, Urteil vom 15.03.2005 – 3 K 5507/01 n.v.[↩]
- BFH, Urteile in BFH/NV 2007, 2093; in BStBl II 1969, 397[↩]