Der Gewinnfeststellungsbescheid – als Bündelbescheid

Nach ständiger Rechtsprechung kann ein Gewinnfeststellungsbescheid nach § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO eine Vielzahl selbständiger und damit auch selbständig anfechtbarer Feststellungen enthalten, die eigenständig in Bestandskraft erwachsen können.

Der Gewinnfeststellungsbescheid – als Bündelbescheid

Solche selbständigen Feststellungen sind zum Beispiel

  • die Höhe des laufenden Gesamthandsgewinns sowie
  • dessen Verteilung auf die Mitunternehmer und
  • die Höhe eines Sonderbetriebsgewinns beziehungsweise einer Sondervergütung1.
  • Ebenso ist der Ergänzungsbilanzgewinn, der mitunternehmerbezogen den laufenden Gesamthandsgewinn korrigiert, eine gesondert festzustellende und selbständig anfechtbare Besteuerungsgrundlage2.

Keine selbständige Besteuerungsgrundlage sind hingegen die Beträge aus der Auflösung von Unterschiedsbeträgen nach § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 bis 3 EStG3. Diese Beträge sind -betreffen sie Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens- Teil des laufenden Gesamthandsgewinns4. Die gegebenenfalls rückwirkend anzuwendenden Neuregelungen in § 5a Abs. 4 Satz 5 und 6 EStG i.d.F. des AbzStEntModG haben hierauf keinen Einfluss. Denn diese Änderungen regeln -zum Teil abweichend von dem BFH-Urteil vom 28.11.20195- die Frage, ob festgestellte Unterschiedsbeträge im Falle des Ausscheidens des Mitunternehmers oder der Reduzierung der mitunternehmerischen Beteiligung aufzulösen sind. Dies ändert jedoch nichts daran, dass aufzulösende Unterschiedsbeträge Teil des laufenden Gesamthandsgewinns sind.

Im hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Streitfall ist -entgegen der Auffassung des Finanzgerichts Hamburg6- auch die Höhe der Ergänzungsbilanzgewinne Gegenstand des Klage- und Revisionsverfahrens geworden.

Aus der Zusammenschau des Klageschriftsatzes vom 06.11.2014, des vor dem Finanzgericht streitgegenständlich gewordenen Gewinnfeststellungsbescheids 2012 vom 30.05.2016 und des in der mündlichen Verhandlung vom 16.06.2016 zuletzt gestellten Klageantrags ergibt sich, dass die Klägerin jedenfalls die Höhe des laufenden Gesamthandsgewinns angegriffen und diesen damit zum Gegenstand des Klage- und Revisionsverfahrens gemacht hat.

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Hierdurch sind zugleich die Ergänzungsbilanzgewinne Gegenstand des finanzgerichtlichen Verfahrens geworden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass diese Einkünfte -wie vorstehend ausgeführt- eine gesondert festzustellende Besteuerungsgrundlage im Sinne des § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO sind.

Selbst wenn die Klägerin diese gesondert festgestellte Besteuerungsgrundlage nicht mit ihrer Klage angegriffen haben sollte, steht das ihrer Prüfung im Streitfall nicht entgegen. Denn eine nicht angefochtene Besteuerungsgrundlage ist gleichwohl in die Prüfung einzubeziehen, wenn die Änderung einer anderen -ausdrücklich angefochtenen- Besteuerungsgrundlage zwangsläufig, im Sinne einer untrennbaren Verknüpfung, Auswirkungen auch auf die nicht angefochtene Besteuerungsgrundlage hat7.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 27. Juli 2023 – IV R 15/23

  1. z.B. BFH, Urteil vom 17.04.2019 – IV R 12/16, BFHE 264, 306, BStBl II 2019, 745, Rz 19, m.w.N.[]
  2. BFH, Urteil vom 16.12.2021 – IV R 7/19, BFHE 275, 179, BStBl II 2023, 378, Rz 26[]
  3. BFH, Urteil vom 01.10.2020 – IV R 4/18, BFHE 271, 154, Rz 26[]
  4. BFH, Urteil vom 28.11.2019 – IV R 28/19, BFHE 266, 305, BStBl II 2023, 750, Rz 28[]
  5. BFH, Urteil vom 28.11.2019 – IV R 28/19, BFHE 266, 305, BStBl II 2023, 750[]
  6. FG Hamburg, Urteil vom 16.06.2016 – 6 K 235/14[]
  7. BFH, Urteil vom 17.12.2020 – IV R 14/20 (IV R 42/16), Rz 30[]
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