Die vermögensverwaltende GbR – und die Abfärbung bei Verlusten

Negative Einkünfte aus einer gewerblichen Tätigkeit führen nicht zur Umqualifizierung der vermögensverwaltenden Einkünfte einer GbR.

Die vermögensverwaltende GbR – und die Abfärbung bei Verlusten

Nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Halbsatz 1 EStG gilt als Gewerbebetrieb in vollem Umfang die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit einer OHG, KG oder anderen Personengesellschaft, wenn die Gesellschaft auch eine Tätigkeit i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ausübt (sog. Abfärbewirkung). Bei besonders geringfügiger gewerblicher Betätigung soll es nach der Rechtsprechung des BFH aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nicht zu einer Abfärbung auf die übrigen Einkünfte kommen1. Fortentwickelt wurde diese Rechtsprechung durch Urteile des VIII. Bundesfinanzhofs des BFH, wonach freiberufliche Einkünfte einer GbR nicht insgesamt nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG zu solchen aus Gewerbebetrieb umqualifiziert werden, wenn die daneben erzielten Nettoumsatzerlöse aus der gewerblichen Tätigkeit 3 % der Gesamtnettoumsatzerlöse der Gesellschaft und den Betrag von 24.500 EUR im Veranlagungszeitraum nicht übersteigen2. Die restriktive Interpretation der Vorschrift durch den Bundesfinanzhof war im Übrigen auch ein Gesichtspunkt für die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, dass § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nicht den Gleichheitssatz verletze3.

Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung können allenfalls positive gewerbliche Einkünfte zu einer Abfärbung auf ansonsten vermögensverwaltende Einkünfte einer GbR führen.

Mit der Typisierung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG verfolgt der Gesetzgeber das Ziel, die Ermittlung der Einkünfte auch gewerblich tätiger Personengesellschaften durch Fiktion nur einer Einkunftsart zu vereinfachen und das Gewerbesteueraufkommen zu schützen4. Ist eine vermögensverwaltende GbR u.a. auch in einer Weise tätig, die nach den Grundsätzen des § 15 Abs. 2 EStG als gewerblich zu beurteilen ist, ohne daraus aber positive Einkünfte zu erzielen, kann das Gewerbesteueraufkommen dadurch nicht gefährdet sein. Da eine solche Personengesellschaft handelsrechtlich nicht zur Führung von Büchern und zur Aufstellung einer einheitlichen Bilanz verpflichtet ist, bedarf es einer einheitlichen Qualifikation der Einkünfte auch nicht zur Vereinfachung der Gewinnermittlung. Ein Rechtfertigungsgrund für die Ungleichbehandlung gegenüber Einzelpersonen, die in gleicher Weise tätig werden und für die das EStG eine Abfärbung gewerblicher Einkünfte nicht vorsieht, ist danach nicht ersichtlich. Bei verfassungskonformer Auslegung ist § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG auf derartige Fallgestaltungen deshalb nicht anzuwenden.

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In welcher Weise § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG bei geringfügigen positiven gewerblichen Einkünften neben rein vermögensverwaltenden Einkünften auszulegen ist, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung. Der Bundesfinanzhof kann deshalb offen lassen, ob die für die Abfärbung auf freiberufliche Einkünfte entwickelte relative Bagatellgrenze von 3 % der schädlichen Nettoerlöse auch auf vermögensverwaltende Einkünfte übertragen werden kann, ob dort das Überschreiten einer Bagatellgrenze erst nach einem längeren Beobachtungszeitraum zur Abfärbung führen dürfte und welcher Einkunftsart die schädlichen Einkünfte bei Unterschreiten einer Bagatellgrenze zuzuordnen wären.

Für die Frage, ob positive Einkünfte erzielt werden, ist auf die nach den Vorschriften über die Einkünfteermittlung des EStG im jeweiligen Veranlagungszeitraum erzielten Einkünfte abzustellen. Dem steht nicht entgegen, wenn der Bezug der Einkünfte der Gestaltung des Steuerpflichtigen zugänglich ist. Werden positive Einkünfte nicht erzielt, weil der Steuerpflichtige Ausgaben nicht tätigt, die sonst zu Einnahmen bei der vermögensverwaltenden Personengesellschaft führen würden, kann das Gewerbesteueraufkommen durch die fehlende Einnahme nicht gefährdet sein, weil zugleich auch keine den Gewerbeertrag mindernde Ausgabe berücksichtigt wird.

Dieser Würdigung steht nicht entgegen, dass die Fassung von Gewinnverteilungsbeschlüssen und das Ausschüttungsverhalten einer Betriebskapitalgesellschaft gesellschaftsrechtlich gesteuert und somit die Abfärbewirkung gestaltet werden können. Denn gerade das Vorhandensein einer Möglichkeit zur alternativen, aber legalen Gestaltung trägt wesentlich dazu bei, dass die Abfärberegelung nicht verfassungswidrig ist, weil sie wegen der Ausweichmöglichkeit keine übermäßige Belastung für die betroffene Personengesellschaft entfaltet5.

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Bundesfinanzhof, Urteil vom 12. April 2018 – IV R 5/15

  1. grundlegend BFH, Urteil vom 11.08.1999 – XI R 12/98, BFHE 189, 419, BStBl II 2000, 229, daran anschließend BFH, Urteile vom 29.11.2001 – IV R 91/99, BFHE 197, 400, BStBl II 2002, 221, unter 3.b cc; und vom 28.10.2008 – VIII R 73/06, BFHE 223, 218, BStBl II 2009, 647, unter II. 4.c bb (4) []
  2. BFH, Urteile vom 27.08.2014 – VIII R 6/12, BFHE 247, 513, BStBl II 2015, 1002, Rz 53 ff., und – VIII R 41/11, BFHE 247, 506, BStBl II 2015, 999, Rz 25 ff.[]
  3. BVerfG, Beschluss vom 15.01.2008 – 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1, BGBl I 2008, 1006, unter C.II. 3.[]
  4. BVerfG, Beschluss in BVerfGE 120, 1, BGBl I 2008, 1006, unter C.II. 3.[]
  5. vgl. BVerfG, Beschluss in BVerfGE 120, 1, BGBl I 2008, 1006, unter C.II. 3.d bb, zur Gründung einer zweiten personenidentischen Gesellschaft[]