Die Kapitalgesellschaft und ihr (Allein-)Gesellschafter – oder: die Zurechnung der Einkünfte

Wird eine Kapitalgesellschaft aus dem betrügerischen Handel mit wertlosen Aktien berechtigt und verpflichtet, so sind die daraus resultierenden gewerblichen Einkünfte grundsätzlich ihr selbst steuerrechtlich zuzurechnen. Ein Durchgriff durch die Kapitalgesellschaft ist grundsätzlich unzulässig und kommt nur unter den Voraussetzungen einer gesetzlichen Ausnahmevorschrift, insbesondere bei Vorliegen eines Scheingeschäfts (§ 41 AO) oder eines Gestaltungsmissbrauchs (§ 42 AO), bzw. der von der höchstrichterlichen Rechtsprechung diesbezüglich herausgearbeiteten Fallgruppen in Betracht. Eine hiervon abweichende Einkünftezurechnung an den strafrechtlich verantwortlichen (Allein-)Gesellschafter unter dem Gesichtspunkt der Dispositionsbefugnis im Innenverhältnis ist nicht möglich.

Die Kapitalgesellschaft und ihr (Allein-)Gesellschafter – oder: die Zurechnung der Einkünfte

In dem hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Rechtsstreit war der klagende Gesellschafter in den 1990er Jahren als Broker in den USA tätig. Im Jahr 2002 gründete er die G Inc. (G), eine US-amerikanische Kapitalgesellschaft, deren (geschäftsführender) Vorstandsvorsitzender er seit 2006 war und die in den Streitjahren 2009 bis 2011 über ein Büro in A-Stadt verfügte. Im Jahr 2007 fragte der US-amerikanische Rechtsanwalt D den ihm aufgrund der früheren Brokertätigkeit bekannten Gesellschafter, ob er ein US-amerikanisches Unternehmen bei dessen Börsengang begleiten wolle. Im Sommer 2008 machte D den Gesellschafter auf die N Inc. (N) aufmerksam und übersandte englischsprachiges Werbematerial über dieses Unternehmen. Am 21.10.2008 schlossen G und N einen Beratungsvertrag („Consulting Agreement“) ab. Danach sollte die G die Börsenzulassung der N im Freiverkehr an der Frankfurter Börse gegen ein Honorar von 50.000 € und die Erlaubnis, Aktien der N zu verkaufen, vorbereiten und unterstützen. Am 01.08.2009 vereinbarte die N als Darlehensgeberin mit dem Gesellschafter sowie der F als Darlehensnehmer einen Kreditvertrag („Revolving Credit and Security Agreement“) mit einer Kreditlinie von 1 Mio. €, die später in einer undatierten Zusatzvereinbarung auf 4 Mio. € erhöht wurde. In den Streitjahren 2010 und 2011 vertrieb der Gesellschafter über G außerbörslich Aktien der N. Hierzu führte er in dem Büro der G in A-Stadt mit potentiellen Anlegern Beratungsgespräche. Darin bezeichnete der Gesellschafter die N als werthaltiges Pharmaunternehmen, das bei der Entwicklung von Nanosystemen mit großen Konzernen kooperiere. Gemeinsam mit seiner Assistentin erstellte er deutschsprachige Werbebroschüren und schaltete Anlagevermittler in den Vertrieb der Aktien ein. Tatsächlich verfügte die N aber weder über einen Forschungsbereich noch über einen operativen Geschäftsbetrieb, sondern war eine „Briefkastenfirma“, deren Aktien von Anfang an keinen Wert besaßen.

Spätestens ab dem Frühjahr 2009 arbeitete der Gesellschafter mit K zusammen. Dieser stellte als faktischer Geschäftsführer der B GmbH (B) ein Treuhandkonto bei der Landesbank R zur Verfügung, auf welchem die Gelder der Kapitalanleger aus den Verkäufen von Aktien der N eingesammelt und verwaltet werden sollten. Über das Treuhandkonto waren K und seine Mutter verfügungsberechtigt. Während in den Anlegerzeichnungsverträgen aus dem Jahr 2008 als einzige Zahlungsmöglichkeit nur ein Konto der N in den USA angegeben war, konnten die potentiellen Anleger ab April 2009 das Geld auf das inländische Treuhandkonto bei der Landesbank R einzahlen. Insgesamt zeichneten Kapitalanleger außerbörslich Aktien der N für einen Kaufpreis in Höhe von 1.965.028 €. Von den auf dem Treuhandkonto der B eingegangenen Geldern ließ K dem Gesellschafter oder ihm wirtschaftlich zuzurechnenden Gesellschaften auf dessen Weisung hin Geldbeträge in Höhe von insgesamt 1.555.933, 73 € zukommen. Dies geschah teilweise entgegen der Treuhandabrede bereits vor Ausgabe der Aktien an die Anleger. Am 15.10.2010 erfolgte der Börsengang der N. Es wurden 10 Mio. Aktien mit einem Nominalwert von 1, 36 US-Dollar je Aktie ausgegeben. Im Dezember 2010 buchte K 10 Mio. Anteile an der N auf ein Depot der B bei der Landesbank R ein. Sodann nahm er die Übertragung der Aktien in die Wertpapierdepots derjenigen Anleger vor, die bereits vor dem Börsengang Zeichnungsverträge geschlossen hatten. Nach anfänglichem Anstieg fiel der Kurs der Aktie; im Februar 2012 wurde der Handel bei einem Kurs von 0, 16 € ausgesetzt.

Am 12.09.2011 wurde gegen den Gesellschafter ein Steuerstrafverfahren eingeleitet. Die Steuerfahndung war der Auffassung, die geschäftlichen Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Verkauf der Aktien der N hätten eine gewerbliche Tätigkeit des Gesellschafters i.S. von § 15  EStG i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG begründet. Ihm seien Einkünfte in Höhe von insgesamt 1.762.819 € (2009: 820.997,92 €; 2010: 506.000 €; 2011: 427.371,76 €) zuzurechnen. Dem folgend setzte das Finanzamt mit Bescheiden jeweils vom 03.12.2014 den Gewerbesteuermessbetrag auf 27.874 € (2009), 16.852 € (2010) und 14.098 € (2011) fest. Während des hiergegen gerichteten Einspruchsverfahrens wurde der Gesellschafter -ebenso wie K- vom Landgericht wegen Betrugs zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.

Nach Zurückweisung der Einsprüche erhob der Gesellschafter Klage, mit welcher er im Kern geltend machte, die betreffenden Einkünfte seien nicht ihm, sondern der G zuzurechnen. Er habe die Aktien nicht als Privatperson verkauft, sondern lediglich als Geschäftsführer der G gehandelt. Dies ergebe sich nicht nur aus dem Strafurteil, sondern folge auch aus dem zwischen der G und der N abgeschlossenen Beratungsvertrag. Soweit er selbst von der B Zahlungen erhalten habe, seien diese auf der Grundlage eines Darlehens zwischen der N und ihm erbracht worden. Im Übrigen sei der zu ermittelnde Gewinn noch um Rückstellungen zu mindern. Im Hinblick auf die im Dezember 2011 und damit noch vor dem letzten Bilanzstichtag erfolgten Durchsuchungsmaßnahmen habe er u.a. mit Schadensersatzansprüchen rechnen müssen. Das Finanzgericht Düsseldorf hob den Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag für 2009 auf, da ein Gewinn aus Gewerbebetrieb aus den hier maßgeblichen Geschäftsvorfällen erst in den Folgejahren (2010 und 2011) realisiert worden sei; die Klage betreffend die Streitjahre 2010 und 2011 wies es hingegen ab1. Auf die Revision des Gesellschafters hob der Bundesfinanzhof das finanzgerichtliche Urteil auf und verwies den Fall zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück an das Finanzgericht Düsseldorf: 

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Das angegriffene Urteil des Finanzgerichts ist rechtsfehlerhaft, da es für die Frage der Zurechnung von Einkünften bzw. eines der Gewerbesteuer unterliegenden Gewerbebetriebs im Verhältnis zwischen dem Gesellschafter und der G von unzutreffenden Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist. Dieser Rechtsfehler ist entscheidungserheblich und führt zur Aufhebung des FG, Urteils. Bei Anwendung der zutreffenden Rechtsgrundsätze in Bezug auf die Zurechnung von Einkünften zwischen einer Kapitalgesellschaft und deren (Allein-)Gesellschafter trägt die Begründung des Finanzgerichts nicht seine Entscheidung, der Gewerbebetrieb sei nicht der G, sondern dem Gesellschafter persönlich zuzurechnen. Da das Finanzgericht keine ausreichenden Feststellungen getroffen hat, die dem Bundesfinanzhof eine abschließende Beurteilung erlauben, ob dem Gesellschafter aus dem Verkauf der Aktien nicht ggf. doch ein eigenständiger Gewerbebetrieb zuzurechnen wäre, geht die Sache an das Finanzgericht zurück. Eine Zurückverweisung ist auch nicht deshalb entbehrlich, weil die Klage aus anderen Gründen Erfolg hätte. Auf die zwischen den Beteiligten streitig gebliebene Zulässigkeit der Bildung einer gewinnmindernden Rückstellung auf den 31.12.2011 wegen etwaiger Schadensersatzverpflichtungen des Gesellschafters kommt es nach alledem ebenso wenig an wie auf die gerügten Verfahrensfehler.

 Das Finanzgericht ist für die Frage der Zurechnung eines Einkünftetatbestands bzw. eines der Gewerbesteuer unterliegenden Gewerbebetriebs im Verhältnis zwischen einer Kapitalgesellschaft und deren (Allein-)Gesellschafter von unzutreffenden Rechtsgrundsätzen ausgegangen.

Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung richtet sich die persönliche Zurechnung von Einkünften danach, welche Person sie i.S. von § 2 Abs. 1 Satz 1 EStG „erzielt“ hat. Dies ist diejenige Person, die die Leistung bewirkt, durch die der Tatbestand der Einkünfteerzielung gemäß §§ 13 ff. EStG verwirklicht wird. Einkünfte sind steuerrechtlich nicht zwangsläufig derjenigen Person zuzurechnen, die im Außenverhältnis diejenigen Rechtsgeschäfte abschließt, an die die Besteuerung anknüpft. Entscheidend ist vielmehr, auf wessen Rechnung und Gefahr die Tatbestandsverwirklichung erfolgt.

Speziell bei betrieblichen Einkunftsarten sind die Einkünfte dem Unternehmer zuzurechnen, d.h. demjenigen, der Unternehmerinitiative entfaltet und das Unternehmerrisiko trägt. Das ist derjenige, nach dessen Willen und auf dessen Rechnung und Gefahr das Unternehmen in der Weise geführt wird, dass sich der Erfolg oder Misserfolg in seinem Vermögen unmittelbar niederschlägt. Dieselben Erwägungen gelten für die Gewerbesteuer, da Steuerschuldner derjenige Unternehmer ist, für dessen Rechnung das Gewerbe betrieben wird2.

Eine Kapitalgesellschaft ist nicht nur zivilrechtlich, sondern auch steuerrechtlich ein selbständiges Steuersubjekt (vgl. § 1 des Körperschaftsteuergesetzes), das die von ihr aus der Beteiligung erzielten Einkünfte unabhängig vom Gesellschafter zu versteuern hat (sog. Trennungsprinzip). Der Anteilseigner hat unmittelbar keinen Gewinn aus der Tätigkeit der Kapitalgesellschaft zu versteuern. Seine Beteiligung erlangt steuerrechtlich erst Bedeutung, wenn die Kapitalgesellschaft an ihn Ausschüttungen vornimmt, die der Gesellschafter dann im Regelfall als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu versteuern hat. Ein Durchgriff durch die Gesellschaft kommt daher grundsätzlich nicht in Betracht3.

Hieraus wird gefolgert, dass ein Durchgriff durch die Kapitalgesellschaft nur zulässig sei, soweit das Steuerrecht ausdrückliche Ausnahmeregelungen zur Verfügung stelle, u.a. in den Fällen des Scheingeschäfts (§ 41 AO) und des Missbrauchs von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten (§ 42 AO). Diese Regelungen enthielten bindende gesetzliche Vorgaben für die Beurteilung, unter welchen Voraussetzungen zivil- und steuerrechtlich grundsätzlich wirksame Gestaltungen für die Besteuerung ausnahmsweise negiert werden dürften. Die Zurechnung von Einkünften auf die hinter einer Domizil- oder Basisgesellschaft stehenden Personen betreffe zum einen Sachverhalte, in denen ausländische, nicht nach deutschem Recht körperschaftsteuerpflichtige Kapitalgesellschaften vorlägen, zum anderen rechtsmissbräuchlich eingeschaltete, insbesondere funktionslose deutsche Kapitalgesellschaften4.

Für den Bereich des gewerblichen Grundstückshandels hat der Bundesfinanzhof ebenfalls entschieden, dass ein unmittelbarer Durchgriff durch die Kapitalgesellschaft steuerrechtlich grundsätzlich nicht zulässig ist4.

Die Rechtsprechung betrifft insoweit Fälle, in denen eine Einkunftsquelle auf einen anderen -dem Übertragenden regelmäßig nahe stehenden- Rechtsträger übertragen wurde. Trotz zivilrechtlicher Wirksamkeit der Übertragung können die Einkünfte unter bestimmten Voraussetzungen weiterhin dem übertragenden Steuerpflichtigen zuzurechnen sein, insbesondere dann, wenn sich die Übertragung als Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten i.S. von § 42 AO erweist. Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat bei einer Zwischenschaltung Dritter in Grundstücksaktivitäten eines Steuerpflichtigen Fallgruppen aufgezeigt, in denen ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten nahe liegt. Sämtliche Fallgruppen sind dadurch gekennzeichnet, dass durch eine -wirtschaftlich sinnlose- Zwischenschaltung steuerpflichtige Einkünfte aus einem gewerblichen Grundstückshandel vermieden werden, d.h. die Gewinne aus der Wertschöpfung des Grundbesitzes in der nicht steuerbaren Vermögenssphäre des Steuerpflichtigen vereinnahmt werden sollen5.

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Die Zwischenschaltung einer Kapitalgesellschaft, deren Geschäftsanteile der Veräußerer und/oder diesem nahe stehende Personen halten, kann daher einen Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten begründen. Wird eine nahe stehende natürliche Person in die Grundstücksaktivitäten des Steuerpflichtigen einbezogen, sollen -wenn für die Gestaltung keine außersteuerlichen Gründe erkennbar sind- die Veräußerungen durch diese nahe stehende Person dem Steuerpflichtigen über § 42 AO zugerechnet werden können, wenn aufgrund einer Würdigung des Gesamtbilds der Verhältnisse der Steuerpflichtige „das Geschehen beherrscht und steuert“ bzw. die Zwischenschaltung wirtschaftlich sinnlos ist. Anderes gilt, wenn die zwischengeschaltete Gesellschaft nicht funktionslos ist, sondern selbst eine wesentliche -wertschöpfende- Tätigkeit ausübt.

Im Ergebnis gleich, allerdings dogmatisch abweichend, hat der Bundesfinanzhof ebenfalls entschieden, dass bei der Zwischenschaltung einer nahe stehenden Person, die keinen eigenen unternehmerischen Erfolgsbeitrag beisteuert, sondern der lediglich eine bereits ausgehandelte („unterschriftsreife“) Geschäftschance übertragen wird, dem Übertragenden auch ohne Rückgriff auf § 42 AO die Einkünfte zugerechnet werden können. Begründet wurde dieser „Durchgriff“ damit, dass der Steuerpflichtige kraft „mittelbarer Tatherrschaft“ wesentliche Teile des steuerbaren Handlungstatbestands selbst verwirkliche und ihm deshalb auch der steuerliche Handlungserfolg zuzurechnen sei6.

Aus der vorstehenden Bundesfinanzhof-Rechtsprechung ergibt sich für die Frage der persönlichen Einkünftezurechnung im Verhältnis von Kapitalgesellschaft und (Allein-)Gesellschafter, dass ein Durchgriff durch die Kapitalgesellschaft grundsätzlich unzulässig ist und letztlich nur unter den Voraussetzungen einer gesetzlichen Ausnahmevorschrift, insbesondere bei Vorliegen eines Scheingeschäfts (§ 41 AO) oder eines Gestaltungsmissbrauchs (§ 42 AO), und in den aufgeführten Fallgruppen in Betracht kommt.

Hiervon abweichend ist das Finanzgericht in dem angefochtenen Urteil lediglich von den allgemeinen Grundsätzen für die Bestimmung der persönlichen Zurechnung von Einkünften angeführt. Es sei auf den Inhaber der Dispositionsmöglichkeit über die Leistungserstellung abzustellen, so dass auch die Einschaltung Dritter in die Leistungsbeziehung die Zurechnung dann nicht ausschließe, wenn der Steuerpflichtige die Dispositionsmöglichkeit behalte; entscheidend sei das Innenverhältnis. Damit hat es die von der Rechtsprechung herausgearbeiteten Rechtsgrundsätze zur Zurechnung der Einkünfte im Verhältnis zwischen einer Kapitalgesellschaft und deren (Allein-)Gesellschafter verkannt.

Sofern sich das Finanzgericht auf die Kommentierung von Musil in Herrmann/Heuer/Raupach, § 2 EStG Rz 130 beruft, kann diese die Rechtsauffassung der Vorinstanz nicht stützen, da sich die Ausführungen nicht zu der Frage der Einkünftezurechnung im besonderen Verhältnis zwischen Kapitalgesellschaft und (Allein-)Gesellschafter verhalten.

Auch hat sich das Finanzgericht für seine Ansicht auf das BFH, Urteil in BFHE 164, 556, BStBl II 1991, 802 berufen. Die jenem Verfahren zugrundeliegenden Gegebenheiten sind jedoch mit dem vorliegenden Sachverhalt nicht vergleichbar.

Der Bundesfinanzhof hatte die Beteiligung des dortigen Gesellschafters, der als angestellter Leiter der Wertpapierabteilung einer Bank unter deren Namen Geschäfte auf eigene Rechnung vornahm, am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr bejaht. Zwar habe -so der Bundesfinanzhof- der Gesellschafter seine Tätigkeit im Geheimen entfaltet, er müsse sich jedoch das durch ihn veranlasste und gesteuerte Tätigwerden der Bank gegenüber den Partnern der Bankgeschäfte (andere Banken, Bankkunden) zurechnen lassen, da er insoweit als „Herr des Geschehens“ gehandelt habe. Die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr könne bei kriminellen Tätigkeiten, die auf Verschleierung angelegt seien, nicht zu eng gesehen werden. Wer die Erkennbarkeit der eigenen Marktteilnahme erfolgreich verschleiere, sei nicht besserzustellen als derjenige, der offen tätig werde.

Das Finanzgericht ist unzutreffend davon ausgegangen, dass diese Erwägungen, die allein das Merkmal der Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr betreffen, auf die Frage der Einkünftezurechnung im Falle der Verschleierung eigener krimineller Tätigkeit übertragbar sind und seine Rechtsauffassung in Bezug auf die Zurechnung eines Einkünftetatbestands im Verhältnis zwischen einer Kapitalgesellschaft und deren (Allein-)Gesellschafter stützen. Zunächst besteht ein entscheidender Unterschied zum vorliegenden Streitfall darin, dass der Steuerpflichtige in dem BFH, Urteil in BFHE 164, 556, BStBl II 1991, 802 nicht als Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft, sondern als Angestellter der Bank gehandelt hat. Des Weiteren hat der Angestellte Geschäfte unter fremden Namen für eigene Rechnung als „Herr des Geschehens“ getätigt, während der Gesellschafter des vorliegenden Verfahrens im fremden Namen als Geschäftsführer der G aufgetreten ist und dadurch grundsätzlich G wirksam als Vertragspartner verpflichten konnte. Damit kommt -gerade im Hinblick auf die Abschirmwirkung bei Kapitalgesellschaften- G als Zurechnungssubjekt der Einkünfte ohne Weiteres in Betracht. Schließlich finden sich in dem BFH, Urteil in BFHE 164, 556, BStBl II 1991, 802 keinerlei Aussagen zur Möglichkeit eines Durchgriffs bei Kapitalgesellschaften.

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Der Rechtsfehler ist auch entscheidungserheblich. Es ist nicht auszuschließen, dass das Finanzgericht bei Anwendung der zutreffenden Rechtsgrundsätze nicht dem Gesellschafter, sondern der G die Einkünfte zugerechnet hätte. Denn die vom Finanzgericht gegebene Begründung trägt nicht seine Entscheidung, von einem Gewerbebetrieb des Gesellschafters auszugehen.

Diese Wertung folgt allerdings nicht bereits daraus, dass das Finanzgericht in Bezug auf das Merkmal der Selbständigkeit -allerdings ohne ausreichende tatsächliche Grundlage- ein Unternehmerrisiko des Gesellschafters in Form eines Verlustrisikos bejaht hat.

Insoweit hat der Gesellschafter zwar zu Recht eingewandt, dass das Finanzgericht für seine Annahme, ein Verlustrisiko habe in Bezug auf das vom Gesellschafter eingesetzte Kapital bestanden, keine Feststellungen -beispielsweise der Kostenübernahme für die Erstellung von Werbebroschüren- getroffen hat. Das Unternehmerrisiko setzt aber nicht stets ein Verlust- oder zumindest Haftungsrisiko voraus7. Vielmehr hat die Rechtsprechung dem Vergütungsrisiko besonderes Gewicht beigemessen8.

Vorliegend könnte daher -wäre der finanzgerichtlichen Wertung einer eigenen gewerblichen Tätigkeit des Gesellschafters ansonsten zu folgen- aus anderen Feststellungen im angefochtenen Urteil im Rahmen einer Gesamtwürdigung auf ein Unternehmerrisiko geschlossen werden. Denn unabhängig von einem etwaigen Verlustrisiko trug der Gesellschafter -die Wertung des Finanzgerichts hier als zutreffend unterstellt- im Rahmen seines betrügerischen Verhaltens ein „Vergütungsrisiko“ dergestalt, dass die Erzielung seiner Einnahmen -und damit der Erfolg seines Handelns- davon abhing, Anteile der N an Anleger zu verkaufen, um nachfolgend über den K auf die auf das Treuhandkonto überwiesenen Gelder zugreifen zu können.

Die Begründung des Finanzgerichts rechtfertigt allerdings nicht seine Entscheidung, die Einkünfte aus dem Aktienverkauf seien nicht im Rahmen der Tätigkeit der G, sondern vom Gesellschafter persönlich erzielt worden. Das Finanzgericht hat seine Wertung, die Einkünfte aus den Aktienverkäufen dem Gesellschafter zuzurechnen, mit einer im Innenverhältnis gegenüber der G bestehenden Dispositionsbefugnis des Gesellschafters begründet, was unter Berücksichtigung der oben dargelegten Rechtsgrundsätze unzureichend ist.

Im Außenverhältnis, vor allem gegenüber den Erwerbern der Aktien, ist -wie das Finanzgericht selbst ausführt- allein die G aufgetreten. Der Gesellschafter hat -nach den Feststellungen des Finanzgericht- als Geschäftsführer der G und nicht im eigenen Namen gehandelt. Aus den Anlegerverträgen wurde nur die G berechtigt und verpflichtet.

Diese -anfechtbaren- Verträge waren zivilrechtlich wirksam und nicht etwa nach § 134 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nichtig, weil die Anleger Opfer eines Betrugs (vgl. § 263 des Strafgesetzbuchs) geworden sind. Richtet sich das gesetzliche Verbot -wie hier- nur gegen eine Partei, kann regelmäßig angenommen werden, das verbotswidrige Handeln solle Wirkungen entfalten. Verletzt nur eine der Vertragsparteien durch den Abschluss eines Vertrages ein gesetzliches Verbot, ist der Vertrag in der Regel gültig9.

Nichts anderes ergibt sich aus den Ausführungen des Finanzgericht, bei dem Beratungsvertrag zwischen der G und der N handele es sich teilweise um ein „Scheingeschäft“. Die den Beratungsvertrag betreffenden finanzgerichtlichen Erwägungen sind nicht eindeutig, möglicherweise sogar widersprüchlich, und beinhalten vor allem keine abschließende Würdigung im Hinblick auf die Folge der Annahme eines „Scheingeschäfts“.

Nach Auffassung des Finanzgerichts Düsseldorf sollte die G durch den Beratungsvertrag rechtlich dazu legitimiert worden sein, Aktien der N bereits im Vorfeld des Börsengangs verkaufen zu dürfen. Danach scheint das Finanzgericht diesen Vertrag bezüglich des Vertriebs- bzw. Verkaufsrechts als wirksam anzusehen. Dafür spricht auch der Folgesatz im Urteil, wonach dessen Abschluss im Hinblick auf die interne Dispositionsherrschaft des Gesellschafters nichts an der vorgenommenen Einkünftezurechnung ändere. Trotzdem kommt das Finanzgericht nachfolgend zu der Einschätzung, dass der betreffende Vertrag „jedenfalls insoweit“ -diese Aussage bezieht sich vermutlich auf das im Beratungsvertrag enthaltene Vertriebs- bzw. Verkaufsrecht- nur zum Schein abgeschlossen worden sei. Im Übrigen lässt es offen, ob auch der Vertragsteil, nach welchem die Börsenzulassung vorbereitet und begleitet werden sollte, unwirksam sei.

Soweit das Finanzgericht von einem Scheingeschäft ausgeht, hätte es erläutern müssen, was Folge dieser Annahme ist. Wird nämlich durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, ist das verdeckte Rechtsgeschäft für die Besteuerung maßgebend (vgl. § 41 Abs. 2 Satz 2 AO). Das Finanzgericht hat sich aber nicht dazu geäußert, welche Abreden zwischen welchen Personen und mit welchem Inhalt tatsächlich bzw. mit größter Wahrscheinlichkeit bestanden haben und welche Wertungen sich daraus ergeben.

Das Finanzgericht hat seine Annahme eines Scheingeschäfts zwar damit begründet, ein Beratungsvertrag, in welchem dem beratenden Unternehmen gestattet werde, sich den wirtschaftlichen Wert des an die Börse zu bringenden Unternehmens unentgeltlich anzueignen, sei im Geschäftsleben völlig unüblich und nur vor dem Hintergrund zu erklären, dass die Vertragsparteien ohnehin gewusst hätten, dass es sich bei der N um eine nicht existierende oder operativ tätige Firma gehandelt habe. Eine ausreichende Begründung dafür, wie nunmehr nach den Gesamtumständen dem Gesellschafter die Einkünfte zugerechnet werden könnten, hat das Finanzgericht allerdings nicht gegeben.

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Insoweit wäre aber beim Gesellschafter -nicht anders als bei der G- gleichfalls die Frage der Unwirksamkeit einer mit dem Gesellschafter getroffenen -lediglich nicht verlautbarten- Abrede zu beantworten gewesen, da es im Geschäftsleben in gleicher Weise unüblich wäre, dass die N dem -nach Ansicht des Finanzgerichts die Dispositionen beherrschenden- Gesellschafter persönlich erlaubt haben sollte, auf den wirtschaftlichen Wert des an die Börse zu bringenden Unternehmens ohne Entgelt zuzugreifen. Das Finanzgericht hat -mit anderen Worten- zwar dem Beratervertrag bezüglich der Berechtigung der G zum Aktienhandel mit der Bewertung als Scheingeschäft die Wirksamkeit abgesprochen, aber selbst keine Wertung vorgenommen, welches Rechtsgeschäft verdeckt gelten sollte. Es hat in diesem Zusammenhang damit keine Erklärung dafür gegeben, auf welcher Grundlage der Gesellschafter selbst den Handel mit Aktien hätte betreiben und die Anlegergelder vereinnahmen dürfen.

Darüber hinaus hat das Finanzgericht mit der Anlegung seines Maßstabs -dem Vergleich mit den Verhältnissen im üblichen Geschäftsleben- den Streitfall jedenfalls im Ergebnis so bewertet, als ob die N keine Briefkastenfirma gewesen wäre und die hinter der N stehenden Personen nicht in betrügerischer Absicht gehandelt hätten. Konsequenterweise hätte dann die N -wovon das Finanzgericht auch auszugehen scheint- einen Anspruch auf Auskehrung der Anlegergelder an sich gehabt. In diesem Fall würden die von der G bzw. dem Gesellschafter veranlassten Überweisungen der -der N zustehenden- Fremdgelder vom Treuhandkonto auf eigene Konten bzw. an eigene Gesellschaften möglicherweise nicht zu Betriebseinnahmen im Rahmen der Einkünfteerzielung führen, sondern wären eventuell außerhalb des Tatbestands der Einkünfteerzielung durch privat veranlasste Straftaten erlangt. Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs und des BGH führen Geldbeträge, derer der Steuerpflichtige sich im Rahmen einer Untreue bemächtigt, nicht zu steuerbaren Einkünften, da dieser Zufluss nicht mit der Einkünfteerzielung im Zusammenhang steht10.

Nach dem Vorstehenden müssten grundsätzlich der G die aus den Aktienverkäufen resultierenden Einkünfte zuzurechnen sein, sofern nicht ihre Zwischenschaltung als Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten i.S. von § 42 AO anzusehen wäre. Einen derartigen -oder anderen möglichen- Grund für einen Durchgriff durch die Kapitalgesellschaft hat das Finanzgericht nicht -auch nicht sinngemäß- aufgezeigt.

Insbesondere hat das Finanzgericht nicht angenommen, dass es sich bei der G um eine nicht nach deutschem Recht körperschaftsteuerpflichtige und ggf. aus diesem Grunde zwischengeschaltete Kapitalgesellschaft handeln würde. Vielmehr war die G in den Streitjahren -dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig- unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig. Ihre Geschäftsleistung befand sich in der Bundesrepublik Deutschland, da die G nach den Feststellungen des Finanzgerichts im maßgeblichen Zeitraum in A-Stadt über ein Büro verfügte, in dem die laufende Geschäftsführung durch den Gesellschafter stattfand11.

Ebenso wenig hat das Finanzgericht festgestellt, dass die G funktionslos gewesen wäre. Im angefochtenen Urteil wird zwar vorrangig die Bedeutung der G betont, durch ihre „Fassade“ die betrügerischen Aktienverkäufe zu ermöglichen. Ihre Aufgabe sei es gewesen, die „Investmentgeschichte“ glaubhaft erscheinen zu lassen. Das Finanzgericht nimmt in diesem Zusammenhang aber Bezug auf die Feststellungen des LG im Strafurteil, nach welchen es sich bei der G um eine Unternehmensberatungs- und Beteiligungsgesellschaft gehandelt habe, die andere Unternehmen bei einem Börsengang habe begleiten und unterstützen sollen. Die Formulierungen des Finanzgerichts sind an dieser Stelle aber ungenau. Durch die Bezugnahme ist nämlich auch festgestellt, dass die im Jahr 2002 gegründete G nicht nur eine formal existierende Gesellschaft mit dem genannten Unternehmensgegenstand war, sondern auch tatsächlich mehrere Börsengänge begleitet bzw. Unternehmensberatungsmandate übernommen hatte. Sie war daher nicht allein zum Zweck des hier in Rede stehenden Anlegerbetrugs gegründet worden. Vielmehr hatte sie mit Blick auf ihre bisherige Tätigkeit am Markt eine eigenständige Funktion und erzielte eigene Einkünfte.

Auch ansonsten ist weder vom Finanzgericht dargelegt noch anderweitig ersichtlich, dass eine missbräuchlich rechtliche Gestaltung i.S. von § 42 AO zur Steuerminderung gewählt worden wäre. Auch ist nicht erkennbar, dass die Voraussetzungen einer anderen anerkannten Fallgruppe des Durchgriffs durch eine Kapitalgesellschaft im Streitfall erfüllt wären.

Für eine auf einer Gesamtwürdigung aller Umstände beruhenden Annahme, dass -abweichend von der vorstehend dargelegten Berechtigung/Verpflichtung der G aus den Anlegerverträgen- der Gesellschafter auf eigene Rechnung gehandelt habe, hat das Finanzgericht im angegriffenen Urteil keine ausreichenden Feststellungen getroffen.

Soweit das Finanzgericht den widerrechtlichen Zugriff des Gesellschafters auf die auf dem Treuhandkonto eingesammelten Anlegergelder und die Unterwerfung des K unter dessen Weisungen betont, hat es nicht festgestellt, zwischen welchen Personen die Vereinbarung betreffend das Treuhandkonto bei der Landesbank R geschlossen worden ist und welchen näheren Inhalt dieser Vertrag hat.

Diesbezüglich enthält das Strafurteil, auf das das Finanzgericht im angefochtenen Urteil bezüglich der Treuhandabrede ohnehin nicht Bezug nimmt, ebenfalls keine ausdrücklichen Feststellungen, auch wenn die darin geschilderte Abwicklung der Aktienverkäufe über ein Treuhandkonto (Verwahrung der Gelder der Kapitalanleger bis zur Einbuchung der Aktien in die Wertpapierdepots der Anleger) für einen Treuhandvertrag zwischen der G und der B spricht. Diesen Sachverhalt als zutreffend unterstellt, wäre die G als Treugeberin und damit gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO als wirtschaftliche Eigentümerin des Treuguts anzusehen. Im Hinblick darauf und mangels gegenteiliger Erkenntnisse wäre es naheliegend, dass der Gesellschafter nicht als unberechtigte Privatperson, sondern im Rahmen der Treuhandabrede als Geschäftsführer der G gehandelt und in dieser Eigenschaft auch die Überweisungen an sich bzw. seine Gesellschaften veranlasst hat. Infolgedessen wäre ggf. zu erwägen, ob die Überweisungen eine Mittelverwendung darstellten und als verdeckte Gewinnausschüttungen der G an den Gesellschafter zu werten wären.

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Die Sache war für den Bundesfinanzhof jedoch noch nicht spruchreif.

Das Finanzgericht hat keine ausreichenden Feststellungen getroffen, die dem Bundesfinanzhof eine abschließende Beurteilung erlaubten, ob dem Gesellschafter trotz der vorstehenden Erwägungen nicht doch aus dem Verkauf der Aktien ein eigenständiger Gewerbebetrieb zuzurechnen ist. Zwar besteht auf der Basis der finanzgerichtlichen Feststellungen derzeit keine Veranlassung für eine vom Zivilrecht abweichende steuerrechtliche Zurechnung der in Rede stehenden Einkünfte aus den Aktienverkäufen an den Gesellschafter. Allerdings erscheinen dem Bundesfinanzhof die Umstände noch nicht vollständig vom Finanzgericht aufgeklärt, die eine abschließende Wertung auch darüber zuließen, dass keiner der -nach den oben unter 1. dargelegten Rechtsgrundsätzen- gesetzlichen Fälle eines ausnahmsweise möglichen Durchgriffs durch die Kapitalgesellschaft (§§ 41, 42 AO) vorliegt.

So ist -wie oben ausgeführt- nicht durch Feststellungen erhärtet, dass die Treuhandvereinbarung tatsächlich zwischen der G und der B geschlossen wurde. Wäre demgegenüber der Gesellschafter persönlich als Treugeber in Erscheinung getreten, ist jedenfalls nicht auszuschließen, dass dies -ggf. in Verbindung mit weiteren dem Strafurteil oder den sonstigen Akten entnehmbaren Umständen- als Beleg für eine Einkünftezurechnung beim Gesellschafter gewertet werden könnte. Entsprechendes gilt bezüglich der nicht vollständigen Würdigung des Beratungsvertrages, bei deren Nachholung ggf. auch weitere Umstände zu berücksichtigen sind.

Deshalb geht die Sache an das Finanzgericht zurück.

Eine Zurückverweisung ist auch nicht deshalb entbehrlich, weil die Klage aus anderen Gründen Erfolg hätte. Dies wäre der Fall gewesen, wenn die Aktienverkäufe im Rahmen einer zwischen dem Gesellschafter und K bestehenden gewerblichen Mitunternehmerschaft i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG erfolgt wären, da insoweit die Mitunternehmerschaft gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG gewerbesteuerpflichtig gewesen wäre. In diesem Zusammenhang hat das Finanzgericht jedoch zutreffend die Voraussetzungen einer zwischen dem Gesellschafter und dem K bestehenden Mitunternehmerschaft verneint.

Voraussetzung für eine Mitunternehmerschaft i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, dass mindestens zwei Beteiligte Mitunternehmerinitiative entfalten können und Mitunternehmerrisiko tragen. Mitunternehmerinitiative bedeutet dabei Teilhabe an unternehmerischen Entscheidungen zumindest in dem Umfang der Stimm, Kontroll- und Widerspruchsrechte eines Kommanditisten nach den Regelungen des Handelsgesetzbuchs. Mitunternehmerrisiko bedeutet gesellschaftsrechtliche oder eine dieser wirtschaftlich vergleichbare Teilnahme am Erfolg oder Misserfolg des Unternehmens12.

Nach Maßgabe dessen ist die finanzgerichtliche Würdigung, dass vorliegend jedenfalls keine Mitunternehmerschaft zwischen dem Gesellschafter und K bestanden habe, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Gegenstand der vom Finanzgericht angenommenen gewerblichen Tätigkeit des Gesellschafters war der Handel mit Aktien. Das operative Geschäft in Form der Durchführung von Verkaufsgesprächen wurde ausschließlich vom Gesellschafter geführt. K stellte lediglich ein Treuhandkonto zur Verfügung; er nahm die Einbuchung der Aktien auf die Depots der Anleger vor und folgte im Übrigen den Anweisungen des Gesellschafters im Hinblick auf die Verwendung der auf dem Treuhandkonto eingegangenen Gelder. Ausgehend von diesen Urteilsfeststellungen, die vom Gesellschafter nicht angegriffen wurden und daher gemäß § 118 Abs. 2 FGO für den Bundesfinanzhof bindend sind, hat das Finanzgericht rechtsfehlerfrei eine mitunternehmerische Beteiligung des K an dem Aktienhandel verneint. Denn K hat keine Mitunternehmerinitiative entfaltet. Es ist nicht ersichtlich, dass er auf das betriebliche Geschehen -hier auf die unternehmerische Tätigkeit des Aktienhandels über Stimm, Kontroll- oder Widerspruchsrechte- hätte Einfluss nehmen können. Vielmehr wurde der Geschehensablauf vollständig vom Gesellschafter kontrolliert. Gegen eine mitunternehmerische Beteiligung des K spricht auch die festgestellte Weisungsgebundenheit, die einer Mitunternehmerschaft fremd ist.

Entgegen der -zumindest hilfsweise vorgetragenen- Ansicht des Gesellschafters, ihre Einkünfte entstammten derselben Einkunftsquelle, nämlich dem Treuhandkonto, ist die Einkunftsquelle nicht nach dem Zahlungsfluss, sondern danach zu bestimmen, aus welcher Tätigkeit die Einkünfte erzielt werden. So kann K das bei ihm verbliebene Geld sowohl -wovon das Finanzgericht in revisionsrechtlich unbedenklicher Weise im Ergebnis ausgegangen ist- für die Leistung externer Dienste als auch als Anteil im Rahmen einer Mitunternehmerschaft erhalten haben.

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Auch wenn der Gesellschafter und K nach den Feststellungen des LG strafrechtlich als Mittäter gehandelt haben, sagt dies lediglich aus, dass die beiden im Hinblick auf eine Straftat arbeitsteilig gehandelt und einen gemeinsamen Tatplan verfolgt haben. Die Voraussetzungen der Mittäterschaft sind nicht deckungsgleich mit denen einer steuerrechtlichen Mitunternehmerschaft.

Auf die zwischen den Beteiligten streitig gebliebene Zulässigkeit der Bildung einer gewinnmindernden Rückstellung auf den 31.12.2011 wegen etwaiger Schadensersatzverpflichtungen des Gesellschafters kommt es nach alledem beim derzeitigen Stand des Verfahrens ebenso wenig an wie auf die gerügten Verfahrensfehler.

Zur Förderung des weiteren Verfahrens, in welchem eine Gesamtwürdigung aller bekannten Umstände vorzunehmen ist, weist der Bundesfinanzhof allerdings ohne Bindungswirkung gemäß § 126 Abs. 5 FGO auf Folgendes hin:

Nach den Feststellungen im Strafurteil erhielt die N von den Anlegern noch vor dem Börsengang insgesamt 66.000 €, von der B 87.544,42 € auf ihr Konto bei der US-Bank überwiesen. Umgekehrt stellte N der G durch mehrere Überweisungen auf deren Konto bei der Sparkasse C insgesamt 57.589,14 € zur Verfügung. Hinzu kamen Überweisungen von D bzw. von dessen Kanzlei auf das vorstehend genannte Konto der G in Höhe von insgesamt 50.273,72 €. Das LG kennzeichnete die Gesamtumstände dahingehend, dass „im gesamten Tatzeitraum damit der N lediglich 45.681,56 € verblieben“ seien.

Die vorstehenden und weitere Umstände könnten den Schluss rechtfertigen, dass die (außerbörslichen) Verkäufe von N-Aktien durch die G im Vorfeld des Börsengangs mit Wissen und Wollen der N erfolgten. So flossen auf ihr Konto bei der US-Bank erhebliche Geldbeträge, wobei die N im Saldo 45.681,56 € für ihre (wertlosen) Aktien selbst vereinnahmte. An der Erfüllung der von der G abgeschlossenen Zeichnungsverträge war die N beteiligt, da sie -nach der Handelbarmachung als kanadische Aktien- 10 Mio. Anteile ihrer Aktien der B zur Verfügung stellte. Dies tat sie, obwohl sie nur einen (vergleichsweise) geringen Teil der Gelder aus dem Verkauf ihrer Aktien erhalten hatte. Dies könnte dafür sprechen, dass von Beginn an eine entsprechende Abrede bestand.

Auf eine Vereinbarung über eine derartige Aufteilung der Gelder aus dem Verkauf der Aktien könnte auch hindeuten, dass 57.589,14 € von der N auf das Konto der G bei der Sparkasse C zurücküberwiesen wurden. Dieser Rückfluss kann nicht ohne Weiteres mit dem Honoraranspruch der G aus dem Beratervertrag (lediglich 50.000 €), dessen Wirksamkeit das Finanzgericht offengelassen hat, erklärt werden, erst recht nicht im Falle der Einbeziehung der Überweisungen des D bzw. von dessen Kanzlei. Schließlich ist weder festgestellt noch ersichtlich, dass N bei der G oder dem Gesellschafter eine Weiterleitung von Geldern aus den Aktienverkäufen mit der Begründung beansprucht hätte, diese stünden ihr zu.

Angesichts dessen und der Tatsache, dass die Aktien der N wertlos waren, griffe das vom Finanzgericht herangezogene -im Allgemeinen zutreffende- Argument hier nicht durch, dass es im Geschäftsleben völlig unüblich sei, dass dem beratenden Unternehmen auf diese Weise gestattet werde, sich den wirtschaftlichen Wert des an die Börse zu bringenden Unternehmens unentgeltlich zu eigen zu machen, und der Vertrag daher nur zum Schein abgeschlossen worden sei.

Im Übrigen könnten auch die Zahlungsströme als Hinweis darauf gewertet werden, dass die N bzw. der D allein die G als Vertragspartnerin behandelt haben.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 16. Februar 2022 – X R 3/19

  1. FG Düsseldorf, Urteil vom 09.10.2018 – 13 K 1792/17 G, EFG 2019, 437[]
  2. vgl. BFH, Urteil vom 10.07.2019 – X R 21-22/17, BFH/NV 2020, 177, Rz 25 f.[]
  3. vgl. BFH, Urteil vom 27.03.2007 – VIII R 64/05, BFHE 217, 497, BStBl II 2007, 639, unter III. 3.a[]
  4. vgl. BFH, Urteil in BFHE 205, 470, BStBl II 2004, 787, unter II. 3.[][]
  5. vgl. BFH, Urteil in BFH/NV 2020, 177, Rz 27, 32[]
  6. vgl. BFH, Urteile in BFH/NV 2020, 177, Rz 33 bis 36; und vom 15.03.2005 – X R 39/03, BFHE 209, 320, BStBl II 2005, 817, unter B.II. 2.d bis f[]
  7. vgl. BFH, Urteil vom 22.02.2012 – X R 14/10, BFHE 236, 464, BStBl II 2012, 511, Rz 55[]
  8. vgl. BFH, Urteil vom 02.12.1998 – X R 83/96, BFHE 188, 101, BStBl II 1999, 534, unter B.III. 3.a; vgl. Krumm in Kirchhof/Seer, EStG, 21. Aufl., § 15 Rz 18[]
  9. vgl. BGH, Urteil vom 22.07.2021 – IX ZR 26/20, DStR 2021, 2309, Rz 15[]
  10. vgl. BFH, Urteil vom 16.12.2014 – VIII R 19/12, BFHE 249, 74, BStBl II 2015, 643, Rz 28[]
  11. vgl. zu diesem Umstand: FG Münster, Urteil vom 17.06.2016 – 9 K 593/13 K, G, F Rz 100 ff.[]
  12. vgl. BFH, Urteil vom 28.11.2019 – IV R 54/16, BFHE 266, 250, Rz 42[]

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