Die Kiesgrube – und die Absetzungen für Substanzverringerung bei der Personengesellschaft

Ein zur Inanspruchnahme von Absetzungen für Substanzverringerung berechtigender Anschaffungsvorgang liegt auch dann vor, wenn eine Personengesellschaft einen Bodenschatz entgeltlich von ihrem Gesellschafter erwirbt und das Veräußerungsgeschäft einem Fremdvergleich standhält1. Ein entsprechender Anschaffungsvorgang ist steuerrechtlich nicht anzuerkennen, wenn die getroffenen Vereinbarungen zur Fälligkeit der Kaufpreiszahlung und zum Zeitpunkt des Übergangs von Besitz, Nutzen und Lasten nicht beachtet werden.

Die Kiesgrube – und die Absetzungen für Substanzverringerung bei der Personengesellschaft

Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG unterliegt ein im Inland betriebener Gewerbebetrieb der Gewerbesteuer. Besteuerungsgrundlage für die Gewerbesteuer ist der Gewerbeertrag (§ 6 GewStG), also der nach den Vorschriften des EStG zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens für den dem Erhebungszeitraum (§ 14 GewStG) entsprechenden Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen ist, vermehrt und vermindert um die in §§ 8 und 9 GewStG bezeichneten Beträge -§ 7 Satz 1 GewStG-2.

Bei der Ermittlung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind Abschreibungen abzuziehen. Nach § 7 Abs. 6 EStG sind die Regelungen über die Abschreibung von Wirtschaftsgütern gemäß § 7 Abs. 1 EStG bei Bergbauunternehmen, Steinbrüchen und anderen Betrieben, die einen Verbrauch der Substanz mit sich bringen, entsprechend anzuwenden. Dabei sind Absetzungen nach Maßgabe des Substanzverzehrs (AfS) zulässig. Bei einem Kiesvorkommen handelt es sich um ein Wirtschaftsgut, das derartigen Absetzungen zugänglich ist3.

Grund und Boden einerseits und ein darin als Bodenschatz enthaltenes Kiesvorkommen andererseits stellen steuerrechtlich zwei selbständige und gleichwertig nebeneinander bestehende Wirtschaftsgüter dar, die auch verschiedenen Vermögenssphären angehören können4. Der Bodenschatz erlangt steuerrechtlich die Eigenschaft als selbständiges Wirtschaftsgut, wenn mit seiner Aufschließung (etwa durch Stellen eines Antrags auf Genehmigung) oder seiner Verwertung (etwa durch Veräußerung) begonnen wird5. Ein eigenständiger Nutzungs- und Funktionszusammenhang und damit die Eigenschaft als Wirtschaftsgut wird für den Bodenschatz etwa dann begründet, wenn das den Bodenschatz enthaltende Grundstück an einen Abbauunternehmer veräußert wird und dieser einen Kaufpreis nicht nur für den Grund und Boden, sondern zusätzlich für den Bodenschatz bezahlt. Denn es ist davon auszugehen, dass der Abbauunternehmer dafür bezahlt, um demnächst mit der Ausbeutung zu beginnen6.

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Die Möglichkeit der Vornahme von AfS ist an das Vorliegen von Anschaffungs- oder Herstellungskosten geknüpft. AfS scheiden daher aus, wenn weder der Steuerpflichtige noch ein Anderer Anschaffungskosten getragen hat. Dementsprechend ist ein im Privatvermögen entdecktes Kiesvorkommen bei Einlage in ein Betriebsvermögen gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Halbsatz 1 EStG zwar mit dem Teilwert anzusetzen; bei dem Abbau des Kiesvorkommens dürfen AfS jedoch nicht vorgenommen werden7. Dies ist z.B. der Fall, wenn ein Kiesvorkommen aus dem Privatvermögen eines Gesellschafters in das Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft, an der er beteiligt ist, eingelegt wird8. An Anschaffungskosten fehlt es auch bei Bodenschätzen, die der Steuerpflichtige auf einem ihm gehörenden Grundstück des Privatvermögens entdeckt hat; AfS scheiden daher auch in diesem Fall aus (§ 11d Abs. 2 EStDV)9.

Demgegenüber liegt ein die Berechtigung zu AfS begründender Anschaffungsvorgang vor, wenn eine Personengesellschaft einen Bodenschatz entgeltlich von ihrem Gesellschafter erwirbt. Die Übertragung des Kiesvorkommens, das dem Gesellschafter der Personengesellschaft gehört, in das Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft ist allerdings nur dann als Veräußerung durch den Gesellschafter und als Anschaffung durch die Gesellschaft -und nicht als Einlage- zu werten, wenn sich der Vorgang seinem wirtschaftlichen Gehalt nach wie eine im Geschäftsverkehr zwischen fremden Dritten übliche Veräußerung von einem Rechtssubjekt an ein anderes Rechtssubjekt darstellt10.

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Aus § 11d Abs. 2 EStDV folgt nichts anderes. Entgegen der Auffassung des Finanzamtes kann der hier verwendete Begriff des „Steuerpflichtigen“ in den Fällen der entgeltlichen Anschaffung eines Bodenschatzes durch eine Personengesellschaft von ihrem Gesellschafter nicht dahin verstanden werden, dass „Steuerpflichtiger“ im Sinne dieser Regelung der Gesellschafter ist und somit AfS nicht zulässig sind11. Denn ein solches Verständnis ließe sich allein auf die längst überholte Bilanzbündeltheorie stützen12. Dementsprechend werden Austauschverträge zwischen einer Personengesellschaft und ihren Gesellschaftern grundsätzlich bei der Gewinnermittlung anerkannt13.

Nach Maßgabe dieser Grundsätze wäre die Kommanditgesellschaft infolge der Anschaffung des Kiesvorkommens zur Vornahme von AfS berechtigt, wenn der zwischen ihr und H geschlossene Kaufvertrag steuerrechtlich anzuerkennen wäre. Dies ist jedoch -entgegen der Auffassung des Finanzgericht- nicht der Fall. Die Würdigung des Finanzgericht, der Kaufvertrag vom 30.04.2014 sei seinem Inhalt und seiner Durchführung nach als fremdüblich anzusehen, hält der revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand. Das Urteil des Finanzgericht war deshalb aufzuheben.

Verträge zwischen einem Gesellschafter und der Personengesellschaft, an der er beteiligt ist, müssen dem Fremdvergleich standhalten, um steuerrechtlich anerkannt zu werden14. Denn es fehlt in dieser Konstellation der natürliche Interessengegensatz, der zwischen fremden Vertragspartnern vorliegt und dort deshalb die Vermutung einer betrieblichen Veranlassung des Vertrags begründet15. Die Übertragung eines Wirtschaftsguts von einem Gesellschafter auf eine Personengesellschaft, an der er beteiligt ist, ist deshalb nur dann als Veräußerung -und nicht als Einlage- zu beurteilen, wenn -wie zur Übertragung eines Kiesvorkommens bereits ausgeführt- sich der Vorgang nach seinem wirtschaftlichen Gehalt wie eine im Geschäftsverkehr zwischen Fremden übliche Veräußerung von einem Rechtssubjekt an ein anderes Rechtssubjekt darstellt16. Die steuerliche Anerkennung als Veräußerungsgeschäft setzt danach voraus, dass die Vereinbarung klar und ernstlich gewollt ist, rechtswirksam geschlossen wurde und auch dementsprechend durchgeführt wird. Inhalt und Durchführung der Vereinbarung müssen dem entsprechen, was unter fremden Dritten üblich ist. Jedoch schließt nicht jede Abweichung von dem Üblichen hierbei notwendigerweise die steuerrechtliche Anerkennung der Vereinbarung aus. Für die Anerkennung der Vereinbarung ist eine Gesamtwürdigung aller Umstände vorzunehmen17.

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Bundesfinanzhof, Urteil vom 1. September 2022 – IV R 25/19

  1. Bestätigung von BFH, Urteil vom 04.02.2016 – IV R 46/12, BFHE 253, 95, BStBl II 2016, 607[]
  2. z.B. BFH, Urteil vom 03.12.2015 – IV R 4/13, BFHE 252, 441, BStBl II 2016, 544, Rz 13[]
  3. z.B. BFH (GrS), Beschluss vom 04.12.2006 – GrS 1/05, BFHE 216, 168, BStBl II 2007, 508[]
  4. BFH (GrS), Beschluss in BFHE 216, 168, BStBl II 2007, 508, unter C.II. 1.c [Rz 77][]
  5. BFH (GrS), Beschluss in BFHE 216, 168, BStBl II 2007, 508, unter C.II. 1.d [Rz 80][]
  6. BFH, Urteil vom 21.07.2009 – X R 10/07, BFH/NV 2010, 184, unter II. 1.a [Rz 19][]
  7. BFH, Urteile vom 04.02.2016 – IV R 46/12, BFHE 253, 95, BStBl II 2016, 607, Rz 31 ff.; vom 29.07.2015 – IV R 15/14, BFHE 251, 422, BStBl II 2016, 593, Rz 20; BFH (GrS), Beschluss in BFHE 216, 168, BStBl II 2007, 508[]
  8. BFH, Urteil in BFHE 253, 95, BStBl II 2016, 607, Rz 31[]
  9. vgl. auch BFH, Urteil in BFHE 253, 95, BStBl II 2016, 607, Rz 32[]
  10. so bereits BFH, Urteil in BFHE 253, 95, BStBl II 2016, 607, Rz 38 ff.; vgl. auch Brandis/Heuermann/Brandis, § 7 EStG Rz 606; BeckOK EStG/Graw, 13. Ed. [01.07.2022], EStG § 7 Rz 453; Schmidt/Kulosa, EStG, 41. Aufl., § 7 Rz 233; Kanzler, DStR 2007, 1101[]
  11. anderer Ansicht Bayerisches Landesamt für Steuern vom 20.01.2009 – S 2134.01.1-3/5 St32/St33[]
  12. vgl. Schmidt/Kulosa, a.a.O., § 7 Rz 233[]
  13. z.B. BFH (GrS), Beschluss vom 25.02.1991 – GrS 7/89, BFHE 163, 1, BStBl II 1991, 691, unter C.II. 3., C.III. 2. [Rz 79, 89], und BFH, Urteil vom 05.06.2014 – IV R 26/11, BFHE 246, 160, BStBl II 2014, 886, Rz 32[]
  14. z.B. BFH, Urteil in BFHE 246, 160, BStBl II 2014, 886, Rz 32[]
  15. vgl. BFH, Urteil vom 31.05.2001 – IV R 53/00, BFH/NV 2001, 1547, unter 2.b bb (1) [Rz 30][]
  16. vgl. auch BFH, Urteile vom 21.10.1976 – IV R 210/72, BFHE 120, 239, BStBl II 1977, 145, unter 3. [Rz 17], und in BFHE 253, 95, BStBl II 2016, 607, Rz 39[]
  17. vgl. BFH, Urteil in BFHE 253, 95, BStBl II 2016, 607, Rz 39 f.[]
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