Die Mitunternehmerstellung einer GbR – als Kommanditistin einer KG

Dass eine GbR nach der bis 2001 geltenden Rechtsprechung zivilrechtlich nicht Kommanditistin einer KG sein und auch nicht als solche in das Handelsregister eingetragen werden konnte, steht der Annahme ihrer Mitunternehmerstellung nicht zwingend entgegen.

Die Mitunternehmerstellung einer GbR – als Kommanditistin einer KG

Mitunternehmer im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ist, wer zivilrechtlich Gesellschafter einer Personengesellschaft ist oder -in Ausnahmefällen- eine diesem wirtschaftlich vergleichbare Stellung innehat, Mitunternehmerrisiko trägt und Mitunternehmerinitiative entfaltet sowie die Absicht zur Gewinnerzielung hat1.

In dem hier  vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall hat das erstinstanzlich hiermit befasste Finanzgericht Köln2 hat zur Beantwortung der Frage, ob die GbR Mitunternehmerin der A-KG war, ohne Rechtsfehler maßgeblich auf den Gesellschaftsvertrag der A-KG vom xx.07.1995 abgestellt, der vorsieht, dass den Gesellschaftern der GbR „in Gesellschaft bürgerlichen Rechts unter der Bezeichnung [W-GbR]“ ein Kommanditanteil in Höhe von 120.000 DM (12 %) zusteht. Entstehungstatbestand und Grundlage der KG ist der Abschluss des Gesellschaftsvertrags. Durch ihn werden die Rechtsbeziehungen zwischen den Gesellschaftern im Innenverhältnis begründet3. Die Beschlussfassung der Gesellschafter entscheidet darüber, wer Kommanditist der Gesellschaft wird. Demgegenüber wirkt die Eintragung im Handelsregister für die Begründung der Gesellschafterstellung als Kommanditist nur deklaratorisch4. Daher musste das Finanzgericht aufgrund des Umstands, dass im Handelsregister nicht die GbR, sondern deren Gesellschafter als Kommanditisten der A-KG eingetragen wurden, nicht zu dem Ergebnis gelangen, die Gesellschafter der GbR seien Mitunternehmer der A-KG gewesen.

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Aus der Tatsache, dass die im Zusammenhang mit der Gründung der A-KG eingereichte Handelsregisteranmeldung vom April 1995 die Gesellschafter der GbR als Kommanditisten der A-KG benennt, musste das Finanzgericht ebenfalls nicht schließen, dass die Gesellschafter der GbR Mitunternehmer der A-KG geworden sind. Das Finanzgericht hat erwogen, ob die -vom Gesellschaftsvertrag abweichende- Anmeldung der Gesellschafter der GbR auf den konkludenten Abschluss eines entsprechenden Gesellschaftsvertrags hindeutet. Dies hat es jedoch in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise verneint, weil die Unterzeichnung des Gesellschaftsvertrags im Juli 1995 der Handelsregisteranmeldung zeitlich nachfolgte und nach dem Inhalt des Gesellschaftsvertrags die GbR selbst Kommanditistin war.

Dass es aufgrund der Intervention des Handelsregistergerichts beziehungsweise des Notars auch im Folgenden zur Änderung der jeweiligen Handelsregisteranmeldungen kam, hat das Finanzgericht ebenfalls gewürdigt. Dabei konnte es zu dem Schluss gelangen, dass gleichwohl die GbR als Mitunternehmerin der A-KG anzusehen ist. Denn hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Gesellschafter der GbR aufgrund jener Beanstandungen tatsächlich ihre Meinung geändert haben und selbst Mitunternehmer der A-KG werden wollten und geworden sind, fehlen. Solche können -entgegen der Auffassung der GbR- auch nicht aus der salvatorischen Schlussklausel des Gesellschaftsvertrags hergeleitet werden.

Dieses Ergebnis wird insbesondere durch das Besteuerungsverfahren, das das Finanzgericht ebenfalls in seine Würdigung einbezogen hat, bestätigt. In Anbetracht der Tatsache, dass die A-KG seit dem Jahr 1995 in ihren Feststellungserklärungen stets die GbR als Feststellungsbeteiligte genannt und dieser Einkünfte zugerechnet hat, erscheint die Würdigung des Finanzgerichts nachvollziehbar.

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Dass die GbR dieses Vorgehen der A-KG erstmals mit Schreiben vom 08.12.2011 beanstandet hat, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn hieraus ergibt sich kein Rückschluss darauf, dass die GbR ihren ursprünglichen Entschluss, selbst Mitunternehmerin der A-KG zu werden, infolge der seinerzeit noch bestehenden zivilrechtlichen Rechtslage aufgegeben hat. Die Erklärung vom 08.12.2011 steht nicht nur ersichtlich im Zusammenhang mit der streitigen Aufwärtsabfärbung der Beteiligungseinkünfte und deren nachteiligen Rechtsfolgen für die GbR. Sie widerspricht auch dem langjährigen Verhalten der GbR selbst, die die Beteiligung an der A-KG durchgehend in ihrem jeweiligen Vermögensstatus ausgewiesen und seit 1996 von der A-KG bezogene Beteiligungseinkünfte erklärt hat.

Dass die GbR dieses Vorgehen der A-KG erstmals mit Schreiben vom 08.12.2011 beanstandet hat, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn hieraus ergibt sich kein Rückschluss darauf, dass die GbR ihren ursprünglichen Entschluss, selbst Mitunternehmerin der A-KG zu werden, infolge der seinerzeit noch bestehenden zivilrechtlichen Rechtslage aufgegeben hat. Die Erklärung vom 08.12.2011 steht nicht nur ersichtlich im Zusammenhang mit der streitigen Aufwärtsabfärbung der Beteiligungseinkünfte und deren nachteiligen Rechtsfolgen für die GbR. Sie widerspricht auch dem langjährigen Verhalten der GbR selbst, die die Beteiligung an der A-KG durchgehend in ihrem jeweiligen Vermögensstatus ausgewiesen und seit 1996 von der A-KG bezogene Beteiligungseinkünfte erklärt hat.

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Die GbR war danach Mitunternehmerin im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Anhaltspunkte dafür, dass ihre Befugnisse hinter denen eines Kommanditisten nach dem Regelstatut des Handelsgesetzbuchs zurückgeblieben sind5 fehlen, zumal sowohl die GbR als auch die A-KG -wie dargelegt- ungeachtet der ihnen bekannten zivilrechtlichen Problematik einer Kommanditistenstellung zumindest bis Dezember 2011 übereinstimmend von einer Mitunternehmerstellung der GbR ausgegangen sind.

Dass die GbR als GbR nach der bis 2001 geltenden Rechtsprechung zivilrechtlich nicht Kommanditistin einer KG sein6 und auch nicht als solche in das Handelsregister eingetragen werden konnte, steht der Annahme einer Mitunternehmerstellung der GbR bei der A-KG nicht entgegen. Wie das Finanzgericht ebenfalls zutreffend erkannt hat, bleibt ein unwirksames Rechtsgeschäft gemäß § 41 Abs. 1 Satz 1 AO jedenfalls für die Besteuerung erheblich, soweit und solange die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis dieses Rechtsgeschäfts gleichwohl eintreten und bestehen lassen. Dies steht im Einklang mit dem Beschluss des Großen XBundesfinanzhofs des Bundesfinanzhofs vom 25.02.19917, der -in Kenntnis der zivilrechtlichen Rechtsprechung- festgestellt hat, eine GbR könne Obergesellschaft im Rahmen des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG sein.

Unwirksam ist ein Rechtsgeschäft, wenn es nach Maßgabe des Zivilrechts nichtig oder schwebend unwirksam ist8.

§ 41 Abs. 1 Satz 1 AO bringt zum Ausdruck, dass es für Zwecke der Besteuerung auf den tatsächlich verwirklichten Sachverhalt und nicht auf die zivilrechtliche Wirksamkeit der zugrunde liegenden Vereinbarung ankommt, soweit und solange die Beteiligten aus der anfänglichen oder späteren Unwirksamkeit keine Folgerungen ziehen und das wirtschaftliche Ergebnis eintreten und bestehen lassen, den Vollzug also nicht rückgängig machen9. Danach besteht steuerrechtlich keine umfassende Bindung an das Zivilrecht. Vielmehr ordnet § 41 Abs. 1 Satz 1 AO dem Grunde nach an, dass die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts für die Besteuerung materiell-rechtlich unerheblich ist10.

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Dabei erfasst die Regelung -anders als die GbR meint- alle Fälle der Unwirksamkeit von Rechtsgeschäften11 und damit auch solche, in denen sich die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts aus dem Mangel an Rechtsfähigkeit eines Beteiligten ergibt12.

Dementsprechend ist für die Annahme einer Mitunternehmerschaft nicht erforderlich, dass der Gesellschaftsvertrag allen formellen Anforderungen des Zivilrechts genügt. Eine Mitunternehmerschaft kann auch vorliegen, obwohl der Erwerb der Beteiligung oder der Gesellschaftsvertrag unwirksam war13.

Danach ist es für die Annahme der Mitunternehmerstellung der GbR ohne Belang, dass diese sich, wenn keine Rückwirkung der Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Rechtsfähigkeit der GbR angenommen wird, aus der Sicht des Zivilrechts im Jahr 1995 nicht als Kommanditistin an der A-KG beteiligen konnte. Maßgebend ist vielmehr, dass die Beteiligten -wie dargelegt- nicht nur vereinbart haben, dass die GbR Kommanditistin der A-KG sein sollte, sondern sie den insoweit bestehenden, ihnen bekannten zivilrechtlichen Mangel unbeachtet gelassen und die GbR stets -wie die Feststellungserklärungen beider Gesellschaften belegen- als Mitunternehmerin der A-KG behandelt haben. Aus diesem Grund führt auch die Tatsache, dass die Gesellschafter der GbR als Kommanditisten im Handelsregister eingetragen waren und diese Eintragung auch Außenwirkung (zum Beispiel hinsichtlich einer etwaigen Haftung) hatte, zu keinem anderen Ergebnis.

Die Anwendbarkeit des § 41 AO scheitert auch nicht etwa deshalb, weil es für das wirtschaftliche Ergebnis weitgehend irrelevant sei, ob die GbR-Gesellschafter unmittelbar oder über die GbR an der A-KG beteiligt seien. Dies folgt bereits aus dem Grundsatz, dass mittelbare Beteiligungen unmittelbaren Beteiligungen nicht ohne gesetzliche Grundlage gleichzusetzen sind14.

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Bundesfinanzhof, Urteil vom 5. September 2023 – IV R 24/20

  1. vgl. z.B. BFH, Urteil vom 22.06.2017 – IV R 42/13, BFHE 259, 258, Rz 32, m.w.N.[]
  2. FG Köln, Urteil vom 26.06.2020 – 4 K 3437/11[]
  3. vgl. z.B. Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, HGB, 5. Aufl., § 161 Rz 29; Casper in Großkomm HGB, 5. Aufl., § 161 Rz 27[]
  4. z.B. Casper in Großkomm HGB, 5. Aufl., § 162 Rz 32; vgl. auch BFH, Urteil vom 12.02.2004 – IV R 70/02, BFHE 205, 199, BStBl II 2004, 423, unter 2.a, zum Beteiligtenwechsel[]
  5. vgl. hierzu Schmidt/Wacker, EStG, 42. Aufl., § 15 Rz 266, m.w.N.[]
  6. vgl. zur Rechtsprechungsänderung u.a.: Beschluss des Bundesgerichtshofs -BGH- vom 16.07.2001 – II ZB 23/00, BGHZ 148, 291, m.w.N.[]
  7. BFH, Beschluss vom 25.02.1991 – GrS 7/89, BFHE 163, 1, BStBl II 1991, 691[]
  8. z.B. Klein/Ratschow, AO, 16. Aufl., § 41 Rz 10; Schlücke in Gosch, AO § 41 Rz 33[]
  9. vgl. z.B. BFH, Urteil vom 29.03.2012 – IV R 18/08, Rz 28[]
  10. vgl. Klein/Ratschow, AO, 16. Aufl., § 41 Rz 17[]
  11. Drüen in Tipke/Kruse, § 41 AO Rz 14[]
  12. vgl. Fischer in Hübschmann/Hepp/Spitaler -HHSp-, § 41 AO Rz 66; Klein/Ratschow, AO, 16. Aufl., § 41 Rz 11; Schlücke in Gosch, AO § 41 Rz 34[]
  13. vgl. z.B. BFH, Urteile vom 01.07.2010 – IV R 100/06, Rz 31; vom 29.08.1973 – I R 242/71, BFHE 110, 514, BStBl II 1974, 100, unter 3.; Klein/Ratschow, AO, 16. Aufl., § 41 Rz 26; Drüen in Tipke/Kruse, § 41 AO Rz 26; Schlücke in Gosch, AO § 41 Rz 69, 71[]
  14. vgl. hierzu BFH, Beschluss vom 25.02.1991 – GrS 7/89, BFHE 163, 1, BStBl II 1991, 691, unter C.III. 3.b aa[]
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