Der Inhaber des Handelsgewerbes, an dem sich ein anderer atypisch still beteiligt, verfügt auch während des Bestehens der atypisch stillen Gesellschaft ertragsteuerlich über ein eigenes Vermögen, das neben dem Betriebsvermögen besteht, das ertragsteuerlich der atypisch stillen Gesellschaft als mitunternehmerisches Vermögen zugerechnet wird.

Begründet der Inhaber eines Handelsgewerbes an seinem gesamten Betrieb eine stille Gesellschaft und ist die Gesellschaft ertragsteuerlich als Mitunternehmerschaft anzusehen, weil der stille Gesellschafter Mitunternehmerinitiative entfalten kann und Mitunternehmerrisiko trägt, entsteht eine atypisch stille Gesellschaft als eigenständige Mitunternehmerschaft. Deren Mitunternehmer sind der Inhaber des Handelsgewerbes und der oder -wenn sich mehrere am gesamten Handelsgewerbe des Inhabers atypisch still beteiligen- die (atypisch) still Beteiligten. Für die Dauer des Bestehens der atypisch stillen Gesellschaft wird das Unternehmen des Inhabers des Handelsgewerbes ertragsteuerlich dieser Mitunternehmerschaft zugeordnet. Das Betriebsvermögen des Inhabers des Handelsgewerbes wird dadurch mitunternehmerisches Vermögen, welches vom Inhaber des Handelsgewerbes im eigenen Namen, aber für Rechnung der Mitunternehmerschaft verwaltet wird. Demgemäß steht auch der erwirtschaftete Gewinn der Mitunternehmerschaft zu und wird auf die Mitunternehmer, also den Inhaber des Handelsgewerbes und den bzw. die stillen Gesellschafter, nach den Abreden im Gesellschaftsvertrag über die stille Gesellschaft verteilt1. Die Entstehung einer atypisch stillen Gesellschaft ist ertragsteuerlich also insoweit wie eine Einbringung des Betriebs des Inhabers des Handelsgewerbes in die stille Gesellschaft i.S. des § 24 UmwStG zu würdigen2. Im Ergebnis wird die atypisch stille Gesellschaft für steuerliche Zwecke wie eine im Innenverhältnis bestehende (fiktive) KG behandelt3.
Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Inhaber des Handelsgewerbes für die Dauer des Bestehens der atypisch stillen Gesellschaft ertragsteuerlich über kein eigenes Vermögen mehr verfügt. Der Umstand, dass die Begründung einer atypisch stillen Gesellschaft ertragsteuerlich wie eine Einbringung des Betriebs des Inhabers des Handelsgewerbes in die stille Gesellschaft i.S. des § 24 UmwStG zu würdigen ist, führt vielmehr dazu, dass der Inhaber des Handelsgewerbes nunmehr vergleichbar dem persönlich haftenden Gesellschafter einer KG als Mitunternehmer an der atypisch stillen Gesellschaft beteiligt ist. Ihm sind ertragsteuerlich die dem Betriebsvermögen der atypisch stillen Gesellschaft zuzurechnenden Wirtschaftsgüter entsprechend seinem Anteil zuzurechnen. Er erzielt aus der mitunternehmerischen Beteiligung an der atypisch stillen Gesellschaft Einkünfte nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG. Dies setzt ein eigenes, von dem der atypisch stillen Gesellschaft zu trennendes Vermögen voraus. Ist Inhaber des Handelsgewerbes, wie im Streitfall, eine Kapitalgesellschaft (hier: eine GmbH), so handelt es sich bei dem eigenen Vermögen um Betriebsvermögen. Denn eine Kapitalgesellschaft verfügt mangels außerbetrieblicher Sphäre nicht über Privatvermögen4. Auch wenn zivilrechtlich nur ein einziges Gesellschaftsvermögen des Inhabers des Handelsgewerbes besteht, in das der (atypisch) still Beteiligte nach § 230 HGB seine Einlage leisten muss, ist ertragsteuerlich für die Dauer des Bestehens der atypisch stillen Gesellschaft demnach von einem mitunternehmerischen Betriebsvermögen der atypisch stillen Gesellschaft und einem davon zu unterscheidenden eigenen Vermögen des Inhabers des Handelsgewerbes auszugehen.
Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören nach § 16 Abs. 1 Satz 2 EStG auch Gewinne, die bei Veräußerung eines Teils eines Mitunternehmeranteils erzielt werden. Der Gewinn aus der Veräußerung eines solchen Teil-Mitunternehmeranteils ist nach § 16 Abs. 2 EStG zu ermitteln5. Geht man davon aus, dass im Streitfall keine neue (zweite) atypisch stille Gesellschaft gegründet wurde, sondern die Geschäftsinhaberin lediglich einen Anteil ihres Mitunternehmeranteils im Nennbetrag von 12.000 EUR zu einem Preis von – X EUR an den neuen (atypisch) stillen Gesellschafter veräußert hat, ist ihr daraus nach § 16 Abs. 2 EStG ein (nicht tarifbegünstigter) Veräußerungsgewinn in Höhe von Y EUR entstanden. Zum gleichen Ergebnis kommt man, wenn man davon ausgeht, dass eine neue (zweite) atypisch stille Gesellschaft begründet wurde, in die die Geschäftsinhaberin und die bisher schon atypisch still Beteiligte ihre Mitunternehmeranteile an der alten atypisch stillen Gesellschaft eingebracht haben. Denn eine steuerneutrale Buchwerteinbringung in entsprechender Anwendung von § 24 UmwStG kommt nur insoweit in Betracht, als die Mitunternehmer ihre Mitunternehmeranteile für eigene Rechnung einbringen. Soweit die Einbringung für fremde Rechnung erfolgt, entsteht ein Veräußerungsgewinn i.S. des § 16 Abs. 1 EStG.
Die Einbringung eines Mitunternehmeranteils in eine Personengesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten ist grundsätzlich als Veräußerung des Mitunternehmeranteils durch den Einbringenden an die Personengesellschaft zu verstehen („tauschähnlicher Vorgang“). Der Einbringende erzielt daher grundsätzlich Einkünfte nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Soweit § 24 UmwStG für eine solche Einbringung allerdings Sonderregelungen enthält, gehen diese als spezielleres Gesetz den Regelungen des § 16 EStG vor.
Nach § 24 Abs. 2 Satz 1 UmwStG darf die Personengesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen in ihrer Bilanz mit dem Buchwert ansetzen. Dieser Wert gilt nach § 24 Abs. 3 Satz 1 UmwStG für den Einbringenden als Veräußerungspreis. Veräußerungsgewinn ist nach § 16 Abs. 2 Satz 1 EStG der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Anteils am Betriebsvermögen übersteigt. Demzufolge entsteht nach der im Streitjahr geltenden Rechtslage durch die Einbringung eines Mitunternehmeranteils unter Wahl der Buchwertfortführung kein Veräußerungsgewinn, wenn der Einbringende nur Gesellschaftsrechte oder aber neben den Gesellschaftsrechten andere Gegenleistungen von der Personengesellschaft erhält und die Summe der Gutschrift auf einem Kapitalkonto der Personengesellschaft und des gemeinen Werts der Gegenleistung den Buchwert des eingebrachten Mitunternehmeranteils nicht übersteigt6.
Ein Wahlrecht zur Buchwertfortführung, wie es in § 24 Abs. 2 Satz 1 UmwStG vorgesehen ist, besteht hingegen nicht, wenn ein Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil gegen Geld oder andere Wirtschaftsgüter veräußert wird. In diesem Fall entsteht vielmehr ein Veräußerungsgewinn i.S. des § 16 EStG, der ggf. nach § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG tarifbegünstigt ist. Der Besteuerung eines solchen Gewinns liegt die Erwägung zugrunde, dass damit das bisherige unternehmerische Engagement beendet und das vorhandene Betriebsvermögen veräußert wird. Der Gewinn ist im Zeitpunkt der Veräußerung zu versteuern.
Die Tatbestände der Veräußerung i.S. des § 16 EStG und der Einbringung von Betriebsvermögen können miteinander verbunden sein. Ein solcher Fall liegt vor, wenn ein neuer Gesellschafter gegen (Zu-)Zahlung eines Entgelts an die Altgesellschafter in eine Personengesellschaft eintritt. Einbringende sind in diesem Fall die Altgesellschafter, welche die (ideellen) Anteile ihres Betriebsvermögens (ihre Mitunternehmeranteile) in die erweiterte Personengesellschaft einbringen. Hat der Neugesellschafter hierfür ein Entgelt an die Altgesellschafter zu entrichten, erfolgt die Einbringung insoweit auf fremde Rechnung, d.h. auf Rechnung des Neugesellschafters, und nur im Übrigen auf eigene Rechnung. Soweit die Einbringung auf fremde Rechnung erfolgt, ist § 24 UmwStG nicht anwendbar. Diese Vorschrift erfasst nur die für eigene Rechnung des Einbringenden vollzogene Einbringung des Betriebsvermögens, d.h. der Einbringende muss durch die Einbringung selbst die Rechtsstellung eines Gesellschafters und Mitunternehmers der (erweiterten) Personengesellschaft erlangen7.
Selbst bei Annahme einer neuen (zweiten) atypisch stillen Gesellschaft läge danach nur insoweit eine steuerneutrale Einbringung zu Buchwerten in entsprechender Anwendung des § 24 UmwStG vor, als die (alte) stille Gesellschafterin und die Geschäftsinhaberin ihre Mitunternehmeranteile in die atypisch stille Gesellschaft für eigene Rechnung gegen Erwerb mitunternehmerschaftlicher Rechte an der neuen Mitunternehmerschaft eingebracht hätten. Das träfe zwar in vollem Umfang für die bisher bereits still Beteiligte zu, für die Geschäftsinhaberin hingegen nur im Umfang der Einbringung eines Anteils im Nennbetrag von 15.000 EUR. Denn nur in diesem Umfang hätte sie Anteile gegen Gewährung von mitunternehmerschaftlichen Rechten an der neuen Mitunternehmerschaft in diese eingebracht. Im Umfang eines Nennbetrags von 12.000 EUR läge hingegen eine Einbringung für Rechnung des neuen stillen Gesellschafters vor. Insoweit hat sie als Gegenleistung keine mitunternehmerschaftlichen Rechte, sondern einen Betrag von – X EUR durch den neuen stillen Gesellschafter erhalten. Dieser Vorgang unterfiele nicht § 24 UmwStG, vielmehr läge auch insoweit eine Veräußerung eines Teil-Mitunternehmeranteils i.S. des § 16 Abs. 1 Satz 2 EStG vor, die zu einem steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn von Y EUR führte. Nur die Geschäftsinhaberin hat danach einen Teil ihres Mitunternehmeranteils an der atypisch stillen Gesellschaft veräußert und daraus einen Veräußerungsgewinn i.S. des § 16 EStG in Höhe von Y EUR erzielt. Die Feststellung eines Veräußerungsgewinns für die (alte) stille Gesellschafterin war danach rechtswidrig.
Durch die Erfassung des Veräußerungsgewinns der Geschäftsinhaberin kommt es auch nicht zu einer unzulässigen Doppelbesteuerung. Es werden zwar die nämlichen stillen Reserven bei zwei Personen erfasst, insgesamt aber nur einmal besteuert. Denn der nämliche Betrag wird nur zum Teil auf der Ebene der Gesellschaft, d.h. der GmbH als Geschäftsinhaberin, mit dem Körperschaftsteuersatz besteuert und zum anderen Teil auf der Ebene ihrer ehemaligen Gesellschafterin, der H, die ihn nach § 17 EStG i.V.m. § 3 Nr. 40 Buchst. c EStG nach dem Halbeinkünfteverfahren zu versteuern hat.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 1. März 2018 – IV R 38/15
- z.B. BFH, Urteil vom 18.06.2015 – IV R 5/12, BFHE 250, 121, BStBl II 2015, 935, Rz 31[↩]
- z.B. BFH, Urteil vom 08.12 2016 – IV R 8/14, BFHE 256, 175, BStBl II 2017, 538, Rz 16, m.w.N.[↩]
- BFH, Urteil vom 21.12 2017 – IV R 44/14, Rz 26[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 22.08.2007 – I R 32/06, BFHE 218, 523, BStBl II 2007, 961, m.w.N.[↩]
- BFH, Urteil vom 20.08.2015 – IV R 34/12, Rz 19[↩]
- z.B. BFH, Urteil in BFHE 257, 324, Rz 32[↩]
- z.B. BFH, Urteil vom 17.09.2014 – IV R 33/11, BFHE 248, 121, BStBl II 2015, 717, m.w.N.[↩]