Bei der Ermittlung der Überentnahmen i.S. des § 4 Abs. 4a EStG sind auch Entnahmen von Wirtschaftsgütern zu berücksichtigen, die bereits vor der Einführung der Vorschrift in den Betrieb eingelegt worden sind.

Die Ausnahmeregelung in § 52 Abs. 11 Satz 3 EStG (nunmehr § 52 Abs. 6 Sätze 5 bis 7 EStG) ist mit dem Gleichheitssatz vereinbar.
Gemäß § 4 Abs. 4a Satz 1 EStG sind Schuldzinsen nicht abziehbar, wenn Überentnahmen getätigt worden sind. Eine Überentnahme ist der Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahrs übersteigen (§ 4 Abs. 4a Satz 2 EStG). Die nicht abziehbaren Schuldzinsen werden typisiert mit 6 % der Überentnahme des Wirtschaftsjahrs zuzüglich der Überentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre und abzüglich der Beträge, um die in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren der Gewinn und die Einlagen die Entnahmen überstiegen haben (Unterentnahmen), ermittelt (§ 4 Abs. 4a Satz 3 EStG). Der sich dabei ergebende Betrag, höchstens jedoch der um 2.050 EUR verminderte Betrag der im Wirtschaftsjahr angefallenen Schuldzinsen, ist dem Gewinn hinzuzurechnen (§ 4 Abs. 4a Satz 4 EStG).
Entnahmen i.S. des § 4 Abs. 4a EStG sind mangels einer besonderen Definition in dieser Vorschrift grundsätzlich in Anknüpfung an die Legaldefinition in § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG zu bestimmen1. Danach stellt grundsätzlich jede Überführung oder Übertragung eines Wirtschaftsguts aus dem betrieblichen Bereich des Steuerpflichtigen in dessen privaten Bereich eine Entnahme i.S. des § 4 Abs. 4a EStG dar. Etwas anderes folgt, anders als das Finanzgericht wohl meint, auch nicht aus dem BFH, Urteil in BFHE 235, 278, BStBl II 2012, 10. Der Bundesfinanzhof ist mit dieser Entscheidung nicht von der Legaldefinition in § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG abgewichen. Die Entscheidung betraf lediglich den Sonderfall, dass ein Wirtschaftsgut aufgrund einer Bilanzierungskonkurrenz, die infolge der Begründung einer mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung entstanden war, einem anderen Betriebsvermögen ohne die Aufdeckung stiller Reserven zuzuordnen war. Das Wirtschaftsgut stellte jedoch weiterhin Betriebsvermögen bei dem abgebenden Unternehmen dar; diese Eigenschaft wurde lediglich für die Zeit des Bestehens der Betriebsaufspaltung überlagert. Die Überführung eines Wirtschaftsguts in das Privatvermögen ist mit diesem Sachverhalt nicht ansatzweise zu vergleichen.
Eine Einschränkung des Entnahmebegriffs folgt auch nicht aus § 4 Abs. 4a Satz 5 EStG. Zwar werden nach dieser Regelung Schuldzinsen für Darlehen zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens von der Abzugsbeschränkung ausgenommen. Daraus kann aber nicht rückgeschlossen werden, dass die spätere Entnahme dieser Wirtschaftsgüter bei der Ermittlung der Überentnahmen ebenfalls unbeachtlich sein soll. Eine derartige systematische Verknüpfung, wie von der Klägerin vorgetragen, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Ebenso wenig ist eine derart einschränkende Auslegung einer Entnahme i.S. des § 4 Abs. 4a EStG beschränkt auf sog. Altbetriebe zu rechtfertigen.
Eine Einschränkung des Entnahmebegriffs dahingehend, dass damit nur die Entnahme der Liquidität gemeint sei, lässt sich dem Gesetz ebenso wenig entnehmen. Dass § 4 Abs. 4a EStG an die Entnahme eines Wirtschaftsguts und nicht nur an die Entnahme der Liquidität anknüpft, folgt schon aus der Anwendungsregelung in § 52 Abs. 11 Satz 3 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung. Diese knüpft ausdrücklich an die Entnahme von Wirtschaftsgütern an.
Allerdings hat der Bundesfinanzhof eine Entnahme i.S. des § 4 Abs. 4a EStG unter Ablehnung der finalen Entnahmetheorie betriebsbezogen definiert. Denn unter Berücksichtigung der systematischen Stellung und der gesetzgeberischen Konzeption des § 4 Abs. 4a EStG, die darauf abzielt, eine Gewinnhinzurechnung bei Vorliegen von Überentnahmen in dem Betrieb vorzunehmen, für den eine eigenständige Gewinnermittlung durchgeführt wird, ist die Begrenzung des Schuldzinsenabzugs ausschließlich betriebsbezogen auszulegen2. Hat der Steuerpflichtige daher mehrere Betriebe oder ist er an mehreren Personengesellschaften beteiligt, ist der Schuldzinsenabzug für jeden Betrieb bzw. Mitunternehmeranteil eigenständig zu ermitteln3. Ausgehend von diesem Gesetzesverständnis, wonach die Schuldzinsenkürzung maßgeblich an den Umstand des Eigenkapitalentzugs bei der jeweiligen betrieblichen Einheit anknüpft, stellt grundsätzlich jede Überführung oder Übertragung eines Wirtschaftsguts aus dem betrieblichen Bereich des Steuerpflichtigen in einen anderen betrieblichen Bereich desselben oder eines anderen Steuerpflichtigen eine Entnahme beim abgebenden und eine Einlage beim aufnehmenden Betrieb i.S. des § 4 Abs. 4a Satz 2 EStG dar4.
Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das Finanzamt im vorliegenden Fall die unentgeltliche Grundstücksübertragung an die Kinder des Beigeladenen zutreffend als Entnahme i.S. § 4 Abs. 4a EStG behandelt. Denn die Grundstücke sind aus dem Betriebsvermögen des früheren Einzelunternehmens des Beigeladenen zunächst in dessen Privatvermögen und sodann in das Privat- oder Betriebsvermögen der Kinder überführt worden. Den Entnahmewert hat das Finanzamt ebenfalls zutreffend, was zwischen den Beteiligten insoweit auch nicht streitig ist, in Höhe des Teilwerts von 609.000 EUR angesetzt. Eine Beschränkung der Entnahme i.S. des § 4 Abs. 4a EStG auf den „Entnahmegewinn“ im Wege einer teleologischen Auslegung ist angesichts der von der Rechtsprechung bejahten Anknüpfung an die Legaldefinition in § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG5 und des insoweit eindeutigen Wortlauts ausgeschlossen.
Der Bundesfinanzhof teilt auch nicht die Auffassung, die Anwendungsvorschrift des § 52 Abs. 11 Sätze 1 bis 3 EStG (nunmehr § 52 Abs. 6 Sätze 5 bis 7 EStG) könne dahin ausgelegt werden, dass die Überführung von Wirtschaftsgütern, die vor dem 1.01.1999 in den bereits vor diesem Zeitpunkt bestehenden Betrieb eingelegt worden sind, in das Privatvermögen nur in Höhe eines entstandenen Entnahmegewinns in die Berechnung der Überentnahmen einzubeziehen sei. Einer erweiternden Auslegung dieser Anwendungsvorschrift im Wege einer Analogie steht entgegen, dass es an einer planwidrigen Lücke im Gesetz fehlt.
Gemäß § 52 Abs. 11 Satz 1 EStG i.d.F. des StÄndG 2001 ist § 4 Abs. 4a EStG erstmals für das Wirtschaftsjahr anzuwenden, das nach dem 31.12 1998 endet. Gemäß Satz 2 dieser Vorschrift bleiben Über- und Unterentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre unberücksichtigt. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 09.05.2012 (BFH, Urteil vom 09.05.2012 – X R 30/06, BFHE 237, 484, BStBl II 2012, 667)), gegen das erfolglos Verfassungsbeschwerde erhoben worden ist6, sind ausgehend von dem Wortlaut und Sinn und Zweck des § 52 Abs. 11 Sätze 1 und 2 EStG für die Ermittlung der nichtabzugsfähigen Schuldzinsen i.S. des § 4 Abs. 4a Sätze 1 und 2 EStG ab dem Veranlagungszeitraum 2001 nur die Über- und Unterentnahmen in den nach dem 31.12 1998 endenden Wirtschaftsjahren zu berücksichtigen. In früheren Zeiträumen getätigte Über- und Unterentnahmen bleiben unberücksichtigt. § 52 Abs. 11 Satz 2 EStG i.d.F. des StÄndG 2001 verstoße, so der Bundesfinanzhof, auch nicht gegen das Rückwirkungsverbot. Soweit von einer unechten Rückwirkung auszugehen sei, weil bei der Ermittlung des Betrags der nicht abziehbaren Schuldzinsen zulasten des Steuerpflichtigen der Ansatz von Unterentnahmen, die in der Zeit bis einschließlich des Wirtschaftsjahrs 1998 entstanden seien, untersagt werde, sei diese im Ergebnis verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Regelung verstoße auch weder gegen den Gleichheitssatz noch gegen den Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit. Insbesondere habe der Gesetzgeber durch die Schaffung von § 52 Abs. 11 Satz 2 EStG nicht gegen die von ihm in § 4 Abs. 4a EStG getroffene Grundentscheidung verstoßen, die beschränkte Abziehbarkeit von Schuldzinsen davon abhängig zu machen, dass der Unternehmer wegen Überentnahmen die Finanzierung betrieblicher Aufwendungen mittels verzinslicher Kredite verursacht habe. Vielmehr knüpfe die Regelung des § 52 Abs. 11 Satz 2 EStG an diese Konzeption an. Sie beschränke lediglich dieses sog. Eigenkapitalmodell auf Vorgänge, die erst ab dem Beginn des Geltungsbereichs der gesetzlichen Neuregelung des § 4 Abs. 4a EStG verwirklicht worden seien und klammere damit zugunsten und zulasten der betroffenen Steuerpflichtigen Eigenkapitalveränderungen früherer Zeiträume aus. Damit ergänze der Gesetzgeber sein Eigenkapitalmodell aus Gründen der Praktikabilität dahingehend, dass in der Vergangenheit liegende Umstände unberücksichtigt bleiben sollen. Dies sei jedenfalls dann nicht sachwidrig, wenn sich die Anwendungsregelung wie hier auf eine völlig neue Konzeption der Beschränkung des betrieblichen Schuldzinsenabzugs beziehe. Dieser völlig neue gesetzgeberische Ansatz rechtfertige es, in der Vergangenheit liegende Umstände außen vor zu lassen und die Neuregelung nur auf Sachverhalte zu erstrecken, die vom Steuerpflichtigen im zeitlichen Geltungsbereich des § 4 Abs. 4a EStG verwirklicht worden seien. Dies gelte umso mehr dann, wenn die Gleichbehandlung von bilanzierenden Steuerpflichtigen auf der einen Seite und Überschussrechnern auf der anderen Seite nur durch einen Neuanfang erreicht werden könne.
Für die Betriebe, die vor dem 1.01.1999 eröffnet worden sind (sog. Altbetriebe), enthält § 52 Abs. 11 Satz 3 EStG eine Sonderregelung. Im Fall der Betriebsaufgabe sind bei der Überführung von Wirtschaftsgütern aus dem Betriebsvermögen in das Privatvermögen die Buchwerte nicht als Entnahme anzusetzen, im Fall der Betriebsveräußerung ist nur der Veräußerungsgewinn als Entnahme anzusetzen.
Ausweislich der Begründung zum Gesetzesentwurf des StÄndG 20017 soll mit der Ergänzung der Anwendungsregelung durch den neuen Satz 3 eine Benachteiligung von Alt- gegenüber Neubetrieben beseitigt werden. Bei Neubetrieben seien die Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens bei Betriebseröffnung als Einlage und bei Betriebsaufgabe als Entnahme zu behandeln (bei Betriebsveräußerung seien sie Teil des Veräußerungserlöses). Da die vor dem 1.01.1999 eröffneten Betriebe mit einem Stand der Unterentnahmen von 0 DM begännen, sei es sachgerecht, bei diesen Betrieben im Falle der Betriebsaufgabe oder -veräußerung die Buchwerte der Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens nicht als Entnahme anzusetzen.
Mit der Regelung in Satz 3 wird daher die in § 52 Abs. 11 Satz 2 EStG angeordnete Nichtberücksichtigung der Kapitalkontenentwicklung für die Zeiträume bis zum 1.01.1999 für Altbetriebe teilweise kompensiert. Denn durch die Begrenzung der Entnahme auf die Differenz des Entnahmewerts (gemeiner Wert) zum Buchwert bzw. auf die Differenz des Veräußerungserlöses zum Buchwert bleibt die Entnahme der Wirtschaftsgüter bzw. des Veräußerungserlöses bei den Altbetrieben für die Berechnung der nichtabzugsfähigen Schuldzinsen ergebnisneutral8. Mit der Regelung hat der Gesetzgeber die nahezu wortgleiche Billigkeitsregelung in dem BMF, Schreiben vom 22.05.2000 – IV C 2 -S 2144- 60/009 zu § 4 Abs. 4a EStG i.d.F. des Steuerbereinigungsgesetzes 1999 vom 22.12 199910 kodifiziert.
Es ist zwar davon auszugehen, dass die Regelung in Satz 3 im Ergebnis zu kurz greift, weil sie sich nur auf die Entnahmen bei der Beendigung der betrieblichen Tätigkeit beschränkt und Entnahmen der vor dem 1.01.1999 eingelegten Wirtschaftsgüter bei einem laufenden Betrieb nicht in die Ausnahmeregelung einbezieht11. Es hätte durchaus nahegelegen, die Regelung auch auf die Entnahmen von Wirtschaftsgütern zu erstrecken, die bereits vor dem 1.01.1999 in den Betrieb eingelegt worden sind.
Allerdings ist die Regelung in § 52 Abs. 11 Satz 3 EStG aber über ihren eindeutigen Wortlaut hinaus nicht im Wege der rechtsfortbildenden Analogie auch auf den letztgenannten Fall anzuwenden. Es ist zwar Aufgabe der Gerichte, ungewollte Unvollständigkeiten des Gesetzes durch Schließung der Lücken zu beheben12. Voraussetzung für eine solche Lückenfüllung ist aber das Vorliegen einer „planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes“13. Eine solche liegt nur dann vor, wenn festgestellt werden kann, dass die Erstreckung der Ausnahmeregelung in § 52 Abs. 11 Satz 3 EStG auf Entnahmen der vor dem 1.01.1999 eingelegten Wirtschaftsgüter bei einem sog. Altbetrieb versehentlich unterblieben ist.
Dafür gibt es allerdings keine Anhaltspunkte. Aus der Gesetzesbegründung folgt unmissverständlich, dass der Gesetzgeber mit der Regelung in Satz 3 die Benachteiligung sog. Altbetriebe gegenüber den Neubetrieben nur in den Fällen der Betriebsaufgabe und Betriebsveräußerung beseitigen wollte. Damit hat er, wie ebenfalls bereits dargelegt, die bisherige diesbezügliche Billigkeitsregelung der Verwaltung kodifiziert. Es besteht kein Anhaltspunkt für die Annahme, der Gesetzgeber habe nicht erkannt, dass die Altbetriebe gegenüber den Neubetrieben in den Fällen der Entnahme von Wirtschaftsgütern, die bereits vor dem 1.01.1999 in den Altbetrieb eingelegt worden sind, jedenfalls auch in den Fällen benachteiligt sind, in denen zum 1.01.1999 ein positives Kapitalkonto bestanden hat. Wie dargelegt hat der Gesetzgeber mit der Regelung in § 52 Abs. 11 Satz 2 EStG bewusst das sog. Eigenkapitalmodell auf Vorgänge beschränkt, die erst ab dem Beginn des Geltungsbereichs der gesetzlichen Neuregelung des § 4 Abs. 4a EStG, mithin ab dem 1.01.1999 verwirklicht worden sind. Damit hat er zugunsten und zulasten der betroffenen Steuerpflichtigen Eigenkapitalveränderungen früherer Zeiträume ausgeklammert. Dem Gesetzgeber war mithin durchaus bewusst, dass damit frühere Einlagen, die sich nicht bis zum 1.01.1999 „verbraucht“ haben, bei der Ermittlung der Überentnahmen unberücksichtigt bleiben. Die Annahme, der Gesetzgeber habe die Ausnahmevorschrift versehentlich zu eng gefasst, ist damit nicht zu vereinbaren.
Der Bundesfinanzhof ist schließlich auch nicht der Auffassung, dass § 52 Abs. 11 Satz 3 EStG, soweit er im Streitfall zur Anwendung gelangt, gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes verstößt.
Ein Verstoß ist nicht deshalb zu bejahen, weil nach § 52 Abs. 11 Satz 3 EStG laufende Betriebe gegenüber beendeten Betrieben benachteiligt werden, da Entnahmen der vor dem 1.01.1999 eingelegten Wirtschaftsgüter bei einem laufenden Betrieb nicht in die Ausnahmeregelung einbezogen werden. Dabei kann der Bundesfinanzhof dahinstehen lassen, ob die beiden Fallgestaltungen tatsächlich vergleichbar sind, denn jedenfalls wäre eine Ungleichbehandlung sachlich gerechtfertigt.
Im Bereich des Steuerrechts hat der Gesetzgeber bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des Steuersatzes einen weitreichenden Entscheidungsspielraum. Die grundsätzliche Freiheit des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte zu bestimmen, an die das Gesetz dieselben Rechtsfolgen knüpft und die es so als rechtlich gleich qualifiziert, wird hier, insbesondere im Bereich des Einkommensteuerrechts, vor allem durch zwei eng miteinander verbundene Leitlinien begrenzt: durch das Gebot der Ausrichtung der Steuerlast an der finanziellen Leistungsfähigkeit und durch das Gebot der Folgerichtigkeit. Danach muss im Interesse verfassungsrechtlich gebotener steuerlicher Lastengleichheit darauf abgezielt werden, Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit auch gleich hoch zu besteuern (horizontale Steuergerechtigkeit), während (in vertikaler Richtung) die Besteuerung höherer Einkommen im Vergleich mit der Steuerbelastung niedrigerer Einkommen angemessen sein muss. Bei der Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestands muss die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umgesetzt werden. Ausnahmen von einer solchen folgerichtigen Umsetzung bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes14.
Nach Überzeugung des Bundesfinanzhofs ist ein von § 52 Abs. 11 Satz 3 EStG ggf. ausgehender Verstoß gegen den Gleichheitssatz zumindest gerechtfertigt. Es ist nicht zu beanstanden, dass das Gesetz eine Entnahmebegünstigung nur für den aufgegebenen bzw. veräußerten Betrieb vorsieht. So unterliegen auch Gewinne, die im Zusammenhang mit einer Betriebsaufgabe bzw. einer Betriebsveräußerung entstanden sind, einem besonderen Besteuerungsregime (Tarifbegünstigung gemäß § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 EStG, Freibetrag gemäß § 16 Abs. 4 EStG). Mit der Tarifbegünstigung soll vermieden werden, dass die zusammengeballte Realisierung der während vieler Jahre entstandenen, gesammelten stillen Reserven dem progressiven Einkommensteuertarif unterworfen werden15. Die Freibetragsregelung verfolgt sozialpolitische Zwecke und dient in erster Linie der Sicherstellung der (Alters-)Versorgung des Steuerpflichtigen, der sein betriebliches Engagement beendet. Angesichts dessen ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber die Entnahmebegünstigung im Anwendungsbereich des § 4 Abs. 4a EStG nur auf die vor dem 1.01.1999 in das Betriebsvermögen eingelegten Wirtschaftsgüter erstreckt, die im Rahmen einer Betriebsaufgabe oder der Betriebsveräußerung entnommen worden sind.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 24. November 2016 – IV R 46/13
- BFH, Urteile vom 22.09.2011 – IV R 33/08, BFHE 235, 278, BStBl II 2012, 10; und vom 12.12 2013 – IV R 17/10, BFHE 244, 23, BStBl II 2014, 316, jeweils m.w.N.[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 235, 278, BStBl II 2012, 10[↩]
- BFH, Urteile vom 29.03.2007 – IV R 72/02, BFHE 217, 514, BStBl II 2008, 420, und in BFHE 235, 278, BStBl II 2012, 10[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 235, 278, BStBl II 2012, 10, mit umfangreichen Nachweisen[↩]
- BFH, Urteile in BFHE 235, 278, BStBl II 2012, 10, und in BFHE 244, 23, BStBl II 2014, 316, jeweils m.w.N.[↩]
- BVerfG, Beschluss vom 07.04.2015 – 2 BvR 1868/12[↩]
- BT-Drs. 14/6877, S. 28[↩]
- vgl. Seiler, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 4 Rz Ea95[↩]
- BStBl I 2000, 588, Rdnr. 37[↩]
- BGBl I 1999, 2601, BStBl I 2000, 13[↩]
- ebenso Seiler, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 4 Rz Ea96, und Wendt, Der Ertrag-Steuer-Berater 2002, 276, 278, auch mit Hinweis auf die in Einzelfällen bestehende Überkompensation[↩]
- BFH, Urteile vom 20.10.1983 – IV R 175/79, BFHE 139, 561, BStBl II 1984, 221; vom 21.05.1987 – IV R 339/84, BFHE 150, 32, BStBl II 1987, 625; und vom 02.12 2015 – V R 25/13, BFHE 251, 534, Rz 37[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 11.07.2013 – IV R 9/12, BFHE 242, 14, BStBl II 2014, 609, Rz 25; Beschluss des Großen Bundesfinanzhofs des BFH vom 14.04.2015 – GrS 2/12, BFHE 250, 338, BStBl II 2015, 1007, Rz 62[↩]
- ständige Rechtsprechung, vgl. BVerfG, Beschluss vom 06.07.2010 – 2 BvL 13/09, BVerfGE 126, 268, Rz 36, m.w.N.; BFH, Urteile vom 20.09.2012 – IV R 36/10, BFHE 238, 429, BStBl II 2013, 498, Rz 23; und vom 10.09.2015 – IV R 8/13, BFHE 251, 25, BStBl II 2015, 1046, Rz 14[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 28.05.2015 – IV R 26/12, BFHE 249, 536, BStBl II 2015, 797, m.w.N.[↩]