Freiwilliger Landtausch in der Flurbereinigung – und die stillen Reserven

Für den freiwilligen Landtausch gelten einkommensteuerrechtlich dieselben Folgen wie beim Regelflurbereinigungs- und beim Baulandumlegungsverfahren. Der Austausch von Grundstücken im Rahmen eines freiwilligen Landtauschs ist daher nicht nach den für den (freiwilligen) Tausch von Wirtschaftsgütern maßgeblichen Grundsätzen des § 6 Abs. 6 Satz 1 EStG zu beurteilen, sondern -soweit Wertgleichheit besteht- einkommensteuerrechtlich neutral.

Freiwilliger Landtausch in der Flurbereinigung – und die stillen Reserven

Der freiwillige Landtausch nach §§ 103a ff. FlurbG ist wegen des dort geltenden Surrogationsprinzips kein gewinnrealisierender Tausch i.S. des § 6 Abs. 6 Satz 1 EStG.

Der freiwillige Landtausch (§§ 103a ff. FlurbG) ist -ebenso wie die Regelflurbereinigung nach §§ 1 ff. FlurbG- ein behördlich geleitetes Verfahren (§ 103b Abs. 1 Satz 1 FlurbG), das u.a. der Verbesserung der Produktions- und Arbeitsbedingungen in der Land- und Forstwirtschaft1, d.h. einer im Ergebnis gesteigerten Wirtschaftlichkeit, dient2. Er wurde im Jahr 1976 eingeführt, weil sich der Tausch von Grundstücken auf der Grundlage privatrechtlicher Verträge im Hinblick auf die verfolgten strukturpolitischen Anliegen als zu schwerfällig erwies1. Nach § 103a Abs. 1 FlurbG kann ein freiwilliger Landtausch durchgeführt werden, um ländliche Grundstücke zur Verbesserung der Agrarstruktur in einem schnellen und einfachen Verfahren neu zu ordnen. Gemäß § 103a Abs. 2 FlurbG kann ein freiwilliger Landtausch zudem aus Gründen des Naturschutzes und der Landschaftspflege durchgeführt werden.

Im Verfahren des freiwilligen Landtauschs tritt der neue Rechtszustand entsprechend der Festlegungen des von der Flurbereinigungsbehörde zusammenzufassenden Tauschplans ein. Die Flurbereinigungsbehörde bestimmt den Zeitpunkt in der Anordnung über die Ausführung des Tauschplans (§ 61 Satz 2, §§ 103b, 103f Abs. 3 Satz 2 FlurbG). Dabei handelt es sich um einen zu beurkundenden zustimmungsbedürftigen Verwaltungsakt3. Die Rechtsänderungen vollziehen sich außerhalb des Grundbuchs. Das Ersuchen der Flurbereinigungsbehörde um Eintragung der Rechtsänderungen in das Grundbuch (§ 79 FlurbG) dient somit nur der Grundbuchberichtigung. Zusammen mit den sonstigen Unterlagen (s. § 80 FlurbG) ersetzt es den Eintragungsantrag (§ 13 Abs. 1 der Grundbuchordnung -GBO-), Eintragungsbewilligungen (§ 19 GBO), eventuell notwendige Zustimmungen Dritter und den Nachweis der Unrichtigkeit des Grundbuchs nach § 22 Abs. 1 GBO4. Das Grundbuchamt hat nur zu prüfen, ob die formellen Voraussetzungen des Eintragungsersuchens erfüllt sind, ob es alle für die beantragte Eintragung notwendigen Angaben enthält und ob die erforderlichen Unterlagen vorliegen; eine inhaltliche Prüfung des Berichtigungsersuchens hat es nicht vorzunehmen5.

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Folge der Rechtsänderung ist, dass an die Stelle des einen Tauschflurstücks das andere Tauschflurstück tritt und umgekehrt (§ 68 Abs. 1 Satz 1, § 103f Abs. 1 Satz 1 FlurbG). Das bedeutet, dass die Rechtsverhältnisse (insbesondere das Eigentum und die dinglichen Belastungen), die an dem jeweiligen Tauschgrundstück bestanden, sich ohne weiteres an dem anderen Tauschgrundstück fortsetzen (Grundsatz der dinglichen Surrogation)6.

Damit liegt dem freiwilligen Landtausch der Gedanke einer ungebrochenen Fortsetzung des Eigentums an einem „verwandelten“ Grundstück ebenso zugrunde wie dem Verfahren der Regelflurbereinigung oder der städtebaulichen Umlegung (§§ 45 ff. BauGB), so dass auch bei einem freiwilligen Landtausch eine Änderung des Eigentumsrechts nicht in der Person des Eigentümers, sondern im Gegenstand des Eigentums eintritt.

Für das Regelflurbereinigungs- und das Baulandumlegungsverfahren hat der Bundesfinanzhof bereits mehrfach entschieden, dass der Austausch von Grundstücken im Rahmen eines Umlegungsverfahrens nicht nach den für den (freiwilligen) Tausch von Wirtschaftsgütern maßgeblichen Grundsätzen -insbesondere § 6 Abs. 6 Satz 1 EStG- zu beurteilen ist. Vielmehr sind der in das Umlegungsverfahren eingebrachte Grundbesitz und der daraus im Zuteilungswege erlangte Grundbesitz, soweit insgesamt wertgleich, als wirtschaftlich identisch zu werten mit der einkommensteuerrechtlichen Folge, dass u.a. keine Gewinnrealisierung nach Tauschgrundsätzen eintritt7. Mitentscheidend hierfür war der Umstand, dass die Umlegung ihrem Wesen nach eine ungebrochene Fortsetzung des Eigentums an einem verwandelten Grundstück bedeutet. Dem Eigentümer wird sein Eigentum nicht genommen, sondern es bleibt in veränderter Gestalt erhalten8. Die zugeteilten Grundstücke sind „Surrogat“ der eingebrachten Grundstücke9.

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Neben der an den vorgenannten Tauschgrundsätzen orientierten Grundstücksverteilung eröffnen Umlegungsverfahren aber auch die Möglichkeit, Grundstücke gegen Geldleistung ohne gleichwertige Einbringung von Grundstücken zu erhalten, und lassen insoweit Raum für verschiedene Dispositionen der betroffenen Eigentümer10. Eine hierdurch ermöglichte einvernehmliche Geldabfindung erweitert das dem Umlegungsverfahren innewohnende Tauschelement um ein Element des Kaufs bzw. des Hinzuerwerbs11. Dies hat zugleich aber auch zur Konsequenz, dass die wirtschaftliche Identität von eingebrachtem und zugeteiltem Grundstück in dem Umfang nicht besteht, in dem die Umlegungsbeteiligten bei der Verteilung der Umlegungsmasse den Sollanspruch übersteigende Mehrzuteilungen erhalten und durch den Geldausgleich nicht lediglich Umlegungsvorteile ausgeglichen werden12.

Da der freiwillige Landtausch -wie ausgeführt- gleichfalls vom Surrogationsprinzip beherrscht wird und als behördlich geleitetes Verfahren auch ansonsten eher mit dem Regelflurbereinigungs- und dem Baulandumlegungsverfahren vergleichbar ist als mit dem privatrechtlichen Tausch, bei dem insbesondere der hereingetauschte Vermögensgegenstand nicht rechtlich an die Stelle des weggetauschten Vermögensgegenstands tritt, gelten einkommensteuerrechtlich dieselben Folgen wie beim Regelflurbereinigungs- und beim Baulandumlegungsverfahren13. Dem entspricht es im Übrigen, dass § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchst. a des Grunderwerbsteuergesetzes sowohl den Übergang des Eigentums durch die Abfindung in Land im Flurbereinigungsverfahren als auch durch den entsprechenden Rechtsvorgang im freiwilligen Landtauschverfahren von den der Grunderwerbsteuer unterliegenden Vorgängen ausnimmt.

Dem kann nicht entgegengehalten werden, die Wertgleichheit sei beim freiwilligen Landtausch nicht gesichert. Zwar gelten die Grundsätze über die wertgleiche Abfindung beim freiwilligen Landtausch anders als beim Regelflurbereinigungsverfahren nicht (§ 103b Abs. 2 FlurbG). Es liegt indes in der Natur der Sache, dass die Beteiligten des freiwilligen Landtauschs auf einen wertgleichen Tausch achten und andernfalls bestehende Wertunterschiede in Geld ausgleichen. Ein etwaiger Geldausgleich für eine Mehrausweisung führt auch beim freiwilligen Landtausch nur dazu, dass dieser um ein Element des Kaufs bzw. Hinzuerwerbs erweitert wird.

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Auch der Umstand, dass der freiwillige Landtausch -insoweit anders als das Regelflurbereinigungsverfahren, das auf Anordnung der Flurbereinigungsbehörde initiiert wird- von den Beteiligten eigeninitiativ beantragt wird, vermag an dem Ergebnis nichts zu ändern. Denn die Flurbereinigungsbehörde ist gleichwohl „Herrin des Verfahrens“. So stellt § 103a FlurbG die Einleitung des Verfahrens ausdrücklich in das Ermessen der Behörde. Der freiwillige Landtausch ist dabei nur unter den engen Voraussetzungen des § 103a FlurbG möglich, die von der Behörde zu prüfen sind. Die Flurbereinigungsbehörde fasst weiter die von den Tauschpartnern gefundenen Vereinbarungen über die zu tauschenden Grundstücke und über geldliche Leistungen, sonstige zwischen den Tauschpartnern getroffene Regelungen und alle Rechte, insbesondere die dinglichen Rechte, in dem Tauschplan nur zusammen, wenn sie keine Bedenken gegen die Durchführung des freiwilligen Landtauschs hat (§ 103f Abs. 1 Satz 3 FlurbG). Kommt eine Einigung über den Tauschplan in einem von der Flurbereinigungsbehörde geleiteten Anhörungstermin nicht zu Stande, stellt die Behörde das Verfahren ein (§ 103f Abs. 2 FlurbG). Andernfalls ordnet sie nach Unanfechtbarkeit des Tauschplans dessen Ausführung an (§ 103f Abs. 3 FlurbG), wodurch der im Tauschplan vorgesehene neue Rechtszustand kraft Gesetzes eintritt (§§ 103b Abs. 1, 61 FlurbG).

Bei Heranziehung dieser Grundsätze ist der freiwillige Landtausch -ebenso wie andere gesetzlich geregelte Grundstücksaustauschverfahren- nicht nach den für den (freiwilligen) Tausch von Wirtschaftsgütern maßgeblichen Grundsätzen zu beurteilen. Vielmehr tritt infolge der eintretenden Surrogation -soweit Wertgleichheit besteht- keine Gewinnrealisierung ein.

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Soweit der Forstwirt im hier entschiedenen Streitfall eine Ausgleichszahlung für das stehende Holz geleistet hat, handelt es sich um Anschaffungskosten des stehenden Holzes, so dass schon deshalb keine Gewinnrealisierung eingetreten ist.

Soweit der Forstwirt einen Ausgleich für Mehrausweisungen eines landwirtschaftlichen Grundstücks (hier: von 3.742 m²) geleistet hat, sind die Ausgleichszahlung nicht als Veräußerungskosten im Rahmen des Tauschgeschäfts zu berücksichtigen. Vielmehr handelt es sich um Anschaffungskosten der zusätzlichen Grundstücksflächen, da insoweit neben das dem freiwilligen Landtausch innewohnende Tauschelement -wie oben dargelegt- ein Erwerbsgeschäft getreten ist. Die Anschaffungskosten sind zu aktivieren und führen daher ebenfalls nicht zu einer Gewinnrealisation in dem Streitjahr. Angesichts dessen konnte es der Bundesfinanzhof dahinstehen lassen, ob die Ausgleichszahlung, wie das Finanzgericht Münster meint14, ihre Rechtsgrundlage in der analogen Anwendung des § 44 Abs. 3 Satz 2 FlurbG hat.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 23. Oktober 2019 – VI R 25/17

  1. BT-Drs. 7/3020, S. 32[][]
  2. Seehusen/Schwede, FlurbG, 10. Aufl., § 103a Rz 2[]
  3. Seehusen/Schwede, a.a.O., § 103f Rz 1[]
  4. BayObLG, Beschluss vom 07.11.1985 – BReg 2 Z 22/85, BayObLGZ 1985, 372, 374[]
  5. BGH, Beschluss vom 07.02.2013 – V ZB 160/12, Rz 9[]
  6. BGH, Beschluss vom 07.02.2013 – V ZB 160/12, Rz 10; Seehusen/Schwede, a.a.O., § 68 Rz 1 f.[]
  7. BFH, Urteile vom 13.03.1986 – IV R 1/84, BFHE 146, 538, BStBl II 1986, 711; vom 23.09.2009 – IV R 70/06, BFHE 226, 517, BStBl II 2010, 270; und vom 01.07.2010 – IV R 7/08[]
  8. BGH, Beschluss vom 13.02.1969 – III ZR 123/68, BGHZ 51, 341[]
  9. vgl. BFH, Urteile in BFHE 146, 538, BStBl II 1986, 711; in BFHE 226, 517, BStBl II 2010, 270; und vom 01.07.2010 – IV R 7/08[]
  10. s. BFH, Urteile in BFHE 226, 517, BStBl II 2010, 270, Rz 28, für das Baulandumlegungsverfahren, sowie vom 01.07.2010 – IV R 7/08, Rz 25, für das Flurbereinigungsverfahren[]
  11. s. BFH, Urteil vom 01.08.1990 – II R 6/88, BFHE 162, 146, BStBl II 1990, 1034[]
  12. BFH, Urteile vom 29.03.1995 – X R 3/92, BFHE 177, 418, und in BFHE 226, 517, BStBl II 2010, 270, Rz 28[]
  13. ebenso z.B. Schmidt/Kulosa, EStG, 38. Aufl., § 6 Rz 734; Felsmann, Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirte, A Rz 1326; Gossert in Korn, § 13 EStG Rz 118; Heß, Betriebs-Berater 2017, 1522[]
  14. FG Münster, Urteil vom 07.04.2017 – 4 K 2406/16 F[]
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Betriebsvermögensmäßige Verbindung von Besitz- und Betriebsgesellschaft