Gewerbliche Übersetzungstätigkeit – und der Zukauf von Fremdübersetzungen

Eine Personengesellschaft, die ihren Kunden im Rahmen einheitlicher Aufträge nicht nur Übersetzungen in Sprachen liefert, die ihre Gesellschafter beherrschen, sondern –durch Zukauf von Fremdübersetzungen– regelmäßig und in nicht unerheblichem Umfang auch in anderen Sprachen, ist gewerblich tätig.

Gewerbliche Übersetzungstätigkeit – und der Zukauf von Fremdübersetzungen

Der Zukauf von Fremdübersetzungen führt mithin zur Gewerblichkeit der Übersetzungstätigkeit.

In dem hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Streitfall fertigte eine auf technische Übersetzungen spezialisierte Gesellschaft bürgerlichen Rechts technische Handbücher, Bedienungsanleitungen und ähnliche Dokumentationen für ihre Kunden. Die auftragsgemäß geschuldeten Übersetzungen erfolgten regelmäßig und in nicht unerheblichem Umfang auch in solchen Sprachen, die die Gesellschafter der GbR nicht beherrschten. Hierfür schaltete die GbR Fremdübersetzer ein und nutzte – weil sie Textteile wiederverwenden konnte – ein sog. Translation Memory System, d.h. ein System zur rechnergestützten Übersetzung und Speicherung von Texten.

Während die GbR ihre Tätigkeit als freiberuflich i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG ansah, war das Finanzamt der Meinung, sie sei gewerblich tätig und erließ für die Streitjahre 2003 bis 2007 Gewerbesteuermeßbescheide. Das nachfolgende Klageverfahren blieb vor dem Finanzgericht Köln ohne Erfolg1. Der Bundesfinanzhof hat dieses Ergebnis jetzt bestätigt:

Dabei hat der Bundesfinanzhof betont, eine freiberufliche Übersetzertätigkeit einer Personengesellschaft sei nur anzunehmen, wenn deren Gesellschafter aufgrund eigener Sprachkenntnisse in der Lage seien, die beauftragte Übersetzungsleistung entweder selbst zu erbringen oder aber im Rahmen einer gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG zulässigen Mitarbeit fachlich vorgebildeter Personen leitend und eigenverantwortlich tätig zu werden. Beherrschten die Gesellschafter hingegen die beauftragten Sprachen nicht selbst, könne die Gesellschaft nicht freiberuflich tätig sein. Ein Defizit im Bereich eigener Sprachkompetenz könne grundsätzlich weder durch den Einsatz eines Translation Memory Systems noch durch die Unterstützung und sorgfältige Auswahl eingesetzter Fremdübersetzer ausgeglichen werden, da die Richtigkeit der Übersetzungen nicht überprüft werden könne.

Das Finanzgericht Köln hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die GbR in allen Streitjahren gewerbliche Einkünfte gemäß § 15 Abs. 2 EStG erzielt hat und das Recht des Finanzamt, Gewerbesteuermessbescheide zu erlassen, nicht verwirkt war. Auch verstößt der Erlass der Gewerbesteuermessbescheide nicht gegen Verfassungsrecht.

Die GbR hat in den Streitjahren eine gewerbliche Tätigkeit i.S. des § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) ausgeübt.

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Unter Gewerbebetrieb ist ein gewerbliches Unternehmen i.S. des EStG zu verstehen (§ 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG). Nach § 15 Abs. 2 EStG ist Gewerbebetrieb eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist. Gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören zu den freiberuflichen Tätigkeiten u.a. auch die selbständige Berufstätigkeit der Dolmetscher und Übersetzer.

Eine Personengesellschaft entfaltet nur dann eine Tätigkeit, die die Ausübung eines freien Berufs i.S. von § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG darstellt, wenn sämtliche Gesellschafter als Mitunternehmer die Merkmale eines freien Berufs (Katalogberuf oder „ähnlicher Beruf“) erfüllen, denn die tatbestandlichen Voraussetzungen der Freiberuflichkeit können nicht von der Personengesellschaft selbst, sondern nur von den Mitunternehmern erfüllt werden2.

Dem entsprechend ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs3 ein Steuerpflichtiger, der ein Übersetzungsbüro unterhält, ohne dass er selbst über Kenntnisse in den Sprachen verfügt, auf die sich die Übersetzungstätigkeit erstreckt, gewerblich tätig und zwar auch dann, wenn er die für sein Büro wichtigste Sprache selbst beherrscht. Für die Annahme einer freiberuflichen Tätigkeit muss die individuelle, über die Leitungsfunktion hinausgehende Qualifikation des Betriebsinhabers nach der Rechtsprechung des BFH den gesamten Bereich der betrieblichen Tätigkeit umfassen, d.h. der Betriebsinhaber muss über alle erforderlichen Kenntnisse im Umfang der gesamten ausgeübten betrieblichen Tätigkeit verfügen4.

Dieser Rechtsprechung liegt der Gedanke zugrunde, dass eine freiberufliche Übersetzertätigkeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG nur dann anzunehmen ist, wenn der Übersetzer aufgrund eigener Sprachkenntnisse in der Lage ist, die beauftragte Übersetzungsleistung entweder selbst zu erbringen oder aber im Rahmen der gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG zulässigen Mitarbeit fachlich vorgebildeter Personen leitend und eigenverantwortlich tätig zu werden5.

Beherrscht der Übersetzer die beauftragten Sprachen -wie hier die Gesellschafter der GbR- nicht selbst, kann er -weil er die Übersetzungsleistung weder selbst erbringen noch insoweit leitend und eigenverantwortlich tätig sein kann- nicht freiberuflich i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG tätig sein. Es liegt eine gewerbliche Tätigkeit (§ 15 Abs. 2 EStG) vor, und zwar auch dann, wenn der Übersetzer eine bzw. einen Teil der beauftragten Sprachen beherrscht.

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Dass sich das Berufsbild des (Fach-)Übersetzers bzw. die Tätigkeiten „technischer Übersetzungsbüros“ bzw. „Ingenieurbüros für technische Kommunikation“ im Laufe der letzten Jahre bzw. Jahrzehnte u.a. durch den Einsatz technischer Hilfsmittel wie z.B. eines TMS verändert haben und neben der eigentlichen Übersetzungsarbeit regelmäßig weitere redaktionelle und (ingenieur-)technische Leistungen erbracht werden, ändert nichts daran, dass es (weiterhin) um die Qualifizierung einer Übersetzungstätigkeit geht, deren Einordnung als freiberuflich -wie in anderen Bereichen auch- maßgeblich von der entsprechenden Befähigung des Betriebsinhabers abhängt. Übernimmt ein Übersetzungsbüro im Rahmen einheitlicher Aufträge regelmäßig und in nicht unerheblichem Umfang auch Übersetzungen in Sprachen, die ihre Gesellschafter selbst nicht sprechen, liegt keine freiberufliche Tätigkeit vor. Das insoweit bestehende Defizit im Bereich eigener Sprachkompetenz kann grundsätzlich weder durch den Einsatz eines TMS noch durch die sorgfältige Auswahl und die Unterstützung der eingesetzten Fremdübersetzer ausgeglichen werden, da die Richtigkeit der jeweiligen Übersetzung nicht überprüft werden kann.

Ausgehend von diesen Grundsätzen erweist sich die Tätigkeit der GbR als gewerblich.

Kernelement der Tätigkeit der GbR war die Übersetzungsarbeit. Dass sie sich auftragsgemäß nicht allein um die Übersetzung der Texte kümmerte, sondern fertig übersetzte und layoutete technische Handbücher, Bedienungsanleitungen etc. herstellte und in diesem Zusammenhang auch weitere (redaktionelle und ingenieurtechnische) Leistungen erbrachte, ändert nichts daran, dass Hauptgegenstand der der GbR erteilten Aufträge die Übersetzung der von den Kunden bereitgestellten Texte in andere Sprachen war.

Nach den gemäß § 118 Abs. 2 FGO für den Bundesfinanzhof bindenden Feststellungen des Finanzgericht bestellten die Kunden der GbR auf Grundlage einheitlicher Aufträge Übersetzungen selbst erstellter Dokumentationen in mehrere Sprachen, wobei regelmäßig auch Übersetzungen in Sprachen, die die Gesellschafter der GbR nicht beherrschten, zu erbringen waren. So hat die GbR in den Streitjahren Übersetzungen in Türkisch, Arabisch, Schwedisch, Slowenisch, Polnisch, Italienisch, Dänisch, Niederländisch, Russisch, Portugiesisch, Bulgarisch und etliche weitere Sprachen gefertigt. Dies konnte sie nur unter Zuhilfenahme von Fremdübersetzern, wobei ihr die inhaltliche Kontrolle der übersetzten Texte wegen der insoweit fehlenden Sprachkenntnisse ihrer Gesellschafter nicht möglich war. Der Anteil der zugekauften Fremdleistungen an den Umsatzerlösen betrug nach den Feststellungen des Finanzgericht 26 % bis 56 %; die GbR beziffert den Anteil des Zukaufs von Übersetzungen in Sprachen, die die Gesellschafter nicht beherrschten, auf 15 % bis 26 % des Nettoumsatzes. Danach war der Zukauf von Übersetzungen in Sprachen, die die Gesellschafter nicht selbst beherrschten, zum einen dem Umfang nach nicht unerheblich und er war zum anderen auch zur Erledigung des weit überwiegenden Teiles ihrer Aufträge notwendig, d.h. er war zur Erfüllung der Aufträge der GbR strukturell erforderlich.

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Eine solche Übersetzungstätigkeit ist gewerblich, da sich die Kenntnisse der Gesellschafter der GbR nicht auf den gesamten Bereich der betrieblichen Tätigkeit erstrecken.

Dass wesentliche Teile der jeweiligen Aufträge von den Gesellschaftern selbst übersetzt werden bzw. unter Heranziehung von Fremdübersetzungen in Sprachen, die die Gesellschafter beherrschten, erledigt werden konnten, ändert hieran nichts. Auch der Umstand, dass die GbR für die zugekauften Fremdübersetzungen im Rahmen des von ihr gefertigten „Gesamtproduktes“ gegenüber ihren Kunden verantwortlich war, nimmt ihrer Tätigkeit nicht den gewerblichen Charakter.

Dies gilt auch in Bezug auf die Einflussnahme des Gesellschafters F auf die Arbeit der Fremdübersetzer und damit die Qualität der Fremdübersetzungen sowie unter Berücksichtigung des Umstandes, dass neben der eigentlichen Übersetzungsarbeit ingenieurtechnische und redaktionelle Arbeiten erbracht werden. Auch wenn die GbR die für (Fach-)Übersetzer geltenden Qualitätsstandards eingehalten (z.B. bei der Auswahl der Fremdübersetzer) und F die Arbeiten der Fremdübersetzer insbesondere in technischer Hinsicht weitgehend unterstützt hat, so waren die Gesellschafter der GbR gleichwohl mangels eigener Sprachkenntnisse nicht in der Lage, das Ergebnis der Fremdübersetzungen zu überprüfen. Dies haben die Gesellschafter der GbR in der mündlichen Verhandlung auch eingeräumt.

Die Nutzung des TMS führt zu keinem anderen Ergebnis. Zum einen machte dieses den Einsatz der Fremdübersetzer nicht entbehrlich. Nach den Feststellungen des Finanzgericht war es nur äußerst selten der Fall, dass zwischen dem Ausgangstext und den im TMS gespeicherten Segmenten eine 100 %-ige Übereinstimmung bestand und daher der Einsatz eines Fremdübersetzers entbehrlich war. Der weit überwiegende Teil wies „Matches“ unter 75 % aus, so dass die Einbindung von Fremdübersetzern erforderlich war.

Zum anderen führte die Integration von Fremdübersetzungen in das TMS in Bezug auf jene Sprachen, die die Gesellschafter der GbR nicht beherrschten, zwar dazu, dass diese Textteile für die GbR dauerhaft zur Nutzung verfügbar waren. Sie änderte indes nichts daran, dass es sich weiterhin um fremdübersetzte Textteile handelte, deren Richtigkeit die Gesellschafter der GbR mangels eigener Sprachkompetenz nicht überprüfen konnten. Aus diesem Grund führt auch der Umstand, dass die Gesellschafter der GbR durch die Nutzung des TMS Einfluss auf den gesamten „Produktionsprozess“ einschließlich der Übersetzung in Sprachen, die sie selbst nicht beherrschten, genommen haben, zu keinem anderen Ergebnis.

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Ist hiernach die Tätigkeit der GbR gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG mangels einer insgesamt freiberuflichen Tätigkeit der Gesellschafter gewerblich, kommt es auf die sog. Geprägerechtsprechung, die die steuerliche Einordnung von bereits ihrer Art nach unterschiedlichen Tätigkeiten, die im konkreten Einzelfall untrennbar verflochten sind, betrifft6, ebenso wenig an wie auf eine sog. Abfärbung einer gewerblichen Betätigung auf eine freiberufliche Betätigung (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG).

Das Recht des Finanzamt, für die Streitjahre Gewerbesteuermessbeträge festzusetzen, war auch unter Einbeziehung der Ausführungen der GbR in der mündlichen Verhandlung nicht nach den Grundsätzen von Treu und Glauben ausgeschlossen und insbesondere nicht verwirkt.

Verwirkung ist ein Anwendungsfall des Verbots widersprüchlichen Tuns, das Ausfluss des die gesamte Rechtsordnung beherrschenden Grundsatzes von Treu und Glauben ist. Der Tatbestand der Verwirkung setzt neben dem bloßen Zeitmoment (zeitweilige Untätigkeit des Anspruchsberechtigten) sowohl ein bestimmtes Verhalten des Anspruchsberechtigten voraus, demzufolge der Verpflichtete bei objektiver Beurteilung darauf vertrauen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Vertrauenstatbestand) als auch, dass der Anspruchsverpflichtete tatsächlich auf die Nichtgeltendmachung des Anspruchs vertraut und sich hierauf eingerichtet hat7.

Im Streitfall fehlt es an einem entsprechenden Vertrauenstatbestand. Die GbR konnte aufgrund der zunächst erfolgten erklärungsgemäßen Feststellung ihrer Einkünfte für die Streitjahre als solche aus selbständiger Arbeit durch das Finanzamt bei objektiver Beurteilung nicht darauf vertrauen, nicht (mehr) zur Gewerbesteuer herangezogen zu werden.

Nach den Grundsätzen der Abschnittsbesteuerung wird ein Vertrauenstatbestand nicht dadurch geschaffen, dass das Finanzamt die Tätigkeit der GbR in vorangegangenen Jahren als freiberuflich beurteilt hat.

Bei objektiver Beurteilung konnte die GbR auch nicht aufgrund der für die Streitjahre 2003 und 2004, 2006 und 2007 ergangenen Feststellungsbescheide darauf vertrauen, nicht mehr zur Gewerbesteuer herangezogen zu werden, denn diese Bescheide standen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung und konnten deshalb keinen Vertrauensschutz nach den Grundsätzen der Verwirkung begründen8.

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Der Erlass des Feststellungsbescheides für das Streitjahr 2005 vom 12.09.2007 führte ebenfalls nicht zur Verwirkung, selbst wenn er keinen Vorbehalt der Nachprüfung enthielt. Denn daraus konnte die GbR nicht herleiten, das Finanzamt habe nunmehr -mit dem Erlass des Feststellungsbescheides 2005- abschließend über die Frage der Freiberuflichkeit der Tätigkeit entschieden. Eine solche Annahme wäre u.U. begründet gewesen, wenn der Feststellungsbescheid 2005 im Rahmen eines zur Frage der Freiberuflichkeit geführten Rechtsbehelfsverfahrens oder aber nach einer -jedenfalls aus Sicht der GbR- abschließenden Prüfung der Einkünftequalifizierung durch das Finanzamt ergangen wäre. Dies war aber nicht der Fall. Das Finanzamt hat sich vielmehr gegenüber der GbR zu der Frage der Qualifikation der Einkünfte bis zur Betriebsprüfung nicht in vertrauensbegründender Weise geäußert. Es hat sich zwar -wie die im Jahr 2002 und im Streitjahr 2004 in Bezug auf die Veranlagungen für die Jahre 2000 und 2002 erfolgten Nachfragen des Finanzamt bestätigen- für die GbR erkennbar mit der Frage der Fremdleistungen und damit einer etwaigen Gewerblichkeit der Tätigkeit befasst. Jedoch hat das Finanzamt der GbR kein Ergebnis dieser Befassung mitgeteilt und auch nicht im Zusammenhang mit dem Erlass des Feststellungsbescheides für das Jahr 2005 zum Ausdruck gebracht, nach (abschließender) Prüfung der Fremdleistungen sei (weiterhin) eine Freiberuflichkeit der Tätigkeit anzunehmen. Die Frage der Einkünftequalifizierung war daher -bei objektiver Betrachtung- für die GbR ungeklärt geblieben.

Das Finanzamt hat auch nicht in anderer Weise einen Vertrauenstatbestand begründet. So hat es z.B. nicht -im Anschluss an den hierzu mit der GbR geführten Schriftverkehr- die in den Feststellungsbescheiden für die Jahre 2000 und 2002 aufgenommenen Vorbehalte der Nachprüfung aufgehoben und auf diese Weise signalisiert, die Prüfung der Frage der Gewerblichkeit der Einkünfte sei (zugunsten der GbR) abgeschlossen.

Die Darlegungen der GbR zur bewussten Verschleppung der Betriebsprüfung sowie zu der nach ihrer Ansicht bereits im Jahr 2002 beabsichtigten Festsetzung eines Gewerbesteuermessbetrages durch das Finanzamt begründen ebenfalls keine Verwirkung. Eine vorsätzliche oder jedenfalls besonders grobe Amtspflichtverletzung zum Nachteil der GbR, die die GbR als nachgewiesen erachtet, hat das Finanzgericht nicht festgestellt.

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Selbst bei Annahme einer Verschleppung im Sinne einer pflichtwidrig nicht zeitnah durchgeführten Betriebsprüfung bzw. Sachaufklärung ergäbe sich keine Verwirkung. Denn ein solches pflichtwidriges Unterlassen des Finanzamt stellt sich für den Steuerpflichtigen nicht anders dar, als eine nicht pflichtwidrige Verschiebung einer Betriebsprüfung. Ein pflichtwidriges Verhalten des Finanzamt mag zwar -wird es aufgedeckt- u.U. im Rahmen eines Amtshaftungsanspruchs, der vor den Zivilgerichten zu verfolgen ist, relevant sein. Es kann jedoch regelmäßig keinen Vertrauenstatbestand begründen, der die Festsetzung eines Gewerbesteuermessbetrages für die Streitjahre ausschließt. Aus den Erwägungen des von der GbR herangezogenen Urteils vom 04.07.1979 – II R 74/779 lässt sich ebenfalls keine Verwirkung herleiten. Dies folgt bereits daraus, dass die Entscheidung einen mit dem Streitfall nicht vergleichbaren Sachverhalt betrifft.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 21. Februar 2017 – VIII R 45/13

  1. FG Köln, Urtiel vom 24.10.2012 – 15 K 4041/10[]
  2. vgl. z.B. BFH, Urteile vom 11.06.1985 – VIII R 254/80, BFHE 144, 62, BStBl II 1985, 584; vom 08.04.2008 – VIII R 73/05, BFHE 221, 238, BStBl II 2008, 681[]
  3. BFH, Urteil vom 30.10.1975 – IV R 142/72, BFHE 117, 456, BStBl II 1976, 192; BFH, Beschlüsse vom 12.06.1996 – IV B 121/95, BFH/NV 1997, 25, zu einer KG, die ein Büro für technische Übersetzungen betreibt; vom 10.08.1993 – IV B 1/92, BFH/NV 1994, 168, zu einem promovierten Chemiker und Metallkundler, der ein Ingenieurbüro für technische und naturwissenschaftliche Übersetzungen betreibt[]
  4. z.B. BFH, Beschlüsse in BFH/NV 1994, 168, und in BFH/NV 1997, 25[]
  5. vgl. zur leitenden und eigenverantwortlichen Tätigkeit z.B. BFH, Urteil vom 26.01.2011 – VIII R 3/10, BFHE 232, 453, BStBl II 2011, 498, m.w.N.[]
  6. vgl. z.B. BFH, Urteile vom 24.04.1997 – IV R 60/95, BFHE 183, 150, BStBl II 1997, 567, freiberufliche IT-Dienstleistung und Verkauf von Hardware; vom 10.06.2008 – VIII R 101/04, BFH/NV 2008, 1824, freiberufliche Unternehmensberatung und Personalüberlassung; vgl. auch Ausführungen zur sog. Geprägerechtsprechung im BFH, Urteil in BFHE 194, 206, BStBl II 2002, 478[]
  7. z.B. BFH, Urteil vom 07.06.1984 – IV R 180/81, BFHE 141, 451, BStBl II 1984, 780, m.w.N.[]
  8. z.B. BFH, Beschluss vom 09.07.2002 – IV B 7/01, BFH/NV 2002, 1612[]
  9. BFHE 129, 201, BStBl II 1980, 126[]