GmbH-Anteile als notwendiges Betriebsvermögen eines Einzelunternehmers

Unterhält eine Kapitalgesellschaft neben ihren geschäftlichen Beziehungen zum Einzelunternehmen einen erheblichen eigenen Geschäftsbetrieb, kann regelmäßig nicht angenommen werden, dass der Einzelunternehmer die Einflussmöglichkeit auf die Geschäftsführung der Kapitalgesellschaft im wirtschaftlichen Interesse des Einzelunternehmens ausübt; seine Beteiligung an der Kapitalgesellschaft gehört dann in der Regel nicht zum notwendigen Betriebsvermögen.

GmbH-Anteile als notwendiges Betriebsvermögen eines Einzelunternehmers

Zum notwendigen Betriebsvermögen gehören Wirtschaftsgüter, die nahezu ausschließlich und unmittelbar für eigenbetriebliche Zwecke des Steuerpflichtigen genutzt werden. Das gilt auch für GmbH-Beteiligungen1. Die Beteiligung an einer GmbH kann danach dann notwendiges Betriebsvermögen eines Einzelunternehmens sein, wenn sie für dieses wirtschaftlich vorteilhaft ist. Das ist z. B. der Fall, wenn sie dazu bestimmt ist, die gewerbliche Betätigung des Steuerpflichtigen entscheidend zu fördern oder wenn sie dazu dienen soll, den Absatz von Produkten des Steuerpflichtigen zu gewährleisten2.

Dies bedeutet indes nicht, dass, wenn ein Einzelunternehmen seine Umsätze überwiegend oder sogar nahezu ausschließlich aus Geschäftsbeziehungen mit einer verbundenen Kapitalgesellschaft erzielt, die Anteile an dieser Kapitalgesellschaft immer notwendiges Betriebsvermögen des Einzelunternehmens sind. Denn die bestehende wirtschaftliche Verflechtung muss auch den Schluss zulassen, dass der Einzelunternehmer seine bei der Kapitalgesellschaft bestehende Machtstellung in den Dienst seines Einzelunternehmens stellt. Dies und nicht schon die Beteiligung eines Einzelunternehmers an einer Kapitalgesellschaft allein rechtfertigt die Qualifikation der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft als notwendiges Betriebsvermögen bei dem Einzelunternehmen. Denn notwendiges Betriebsvermögen liegt nur dann vor, wenn die Beteiligung in erster Linie im geschäftlichen Interesse des Einzelunternehmens gehalten wird, also der Gesichtspunkt der privaten Vermögensanlage daneben keine bedeutsame Rolle spielt. Unterhält die Kapitalgesellschaft neben ihren geschäftlichen Beziehungen zum Einzelunternehmen einen erheblichen eigenen Geschäftsbetrieb, kann regelmäßig nicht angenommen werden, dass der Einzelunternehmer die Einflussmöglichkeit auf die Geschäftsführung der Kapitalgesellschaft im wirtschaftlichen Interesse des Einzelunternehmens ausübt; seine Beteiligung an der Kapitalgesellschaft gehört dann in der Regel nicht zum notwendigen Betriebsvermögen. In einem solchen Fall ist vielmehr grundsätzlich davon auszugehen, dass beide Unternehmen mit ihren Tätigkeitsbereichen gleichrangig nebeneinander stehen oder dass sogar die Geschäftsbeziehungen auf eine Förderung des Unternehmens der Kapitalgesellschaft durch den Einzelunternehmer hinauslaufen3.

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Welche Beziehungen zwischen Kapitalgesellschaft und Einzelunternehmen bestehen und inwieweit der Einzelunternehmer seine Einflussmöglichkeit auf die Geschäftsführung der Kapitalgesellschaft im wirtschaftlichen Interesse des Einzelunternehmens ausübt, ist Tatfrage3. Nicht entscheidend für die Frage, ob notwendiges Betriebsvermögen vorliegt, ist dabei, ob die Leistungen des Einzelunternehmens an eine Muttergesellschaft oder an eine ihrer Tochtergesellschaften erbracht werden.

Im hier vom Finanzgericht Nürnberg entschiedenen Streitfall war der Unternehmer ab 2000 alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der X GmbH. Das Einzelunternehmen des Unternehmers als Werbeagentur erzielte seine Umsätze zunächst überwiegend aus einer Werbetätigkeit für die X GmbH und in den Jahren 2005 bis 2010 nahezu ausschließlich aus Aufträgen mit deren Tochtergesellschaften, den Firmen T GmbH und U GmbH.

Die eigenen geschäftlichen Tätigkeiten der GmbHs überwogen indes die geschäftlichen Beziehungen zum Einzelunternehmen des Unternehmers bei weitem. Die Umsätze der X GmbH betrugen in den Jahren 2005 bis 2010 zwischen ca. 22, 6 und 29, 2 Millionen, im Streitjahr 2010 ca. 23 Millionen; die der T GmbH betrugen zwischen ca.20 Millionen und 27 Millionen, im Streitjahr 2010 ca. 22 Millionen und die der U GmbH betrugen zwischen ca.200.000 und 2, 3 Millionen, im Streitjahr ca. 211.000 €. Dagegen erzielte das Einzelunternehmen in den Jahren 2005 bis 2009 Umsätze zwischen ca. 6, 2 Millionen und 9, 2 Millionen; im Streitjahr 2010 ca. 9, 5 Millionen. Das sind nur zwischen 9, 74% und 17, 34%, im Durchschnitt ca. 13, 7% des Gesamtumsatzes aller Firmen. Auch die Gewinnverhältnisse sprechen dafür, dass der Schwerpunkt der unternehmerischen Tätigkeit bei den Kapitalgesellschaften und nicht bei dem Einzelunternehmen lag. So betrug der Gewinn des Einzelunternehmens im Verhältnis zu den Kapitalgesellschaften zwischen 2, 3% und 6, 4%, im Durchschnitt 4, 47%. Schon das Geschäftsführergehalt des Unternehmers macht für das Finanzgericht deutlich, dass seine Tätigkeit vorrangig in der Förderung der Geschäfte der GmbH und nicht seines Einzelunternehmens bestanden hat. Denn allein das Geschäftsführergehalt war im Durchschnitt jährlich nahezu doppelt so hoch, wie der Gewinn aus dem Einzelunternehmen.

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Der Unternehmer hat nach alledem die Beteiligung an der Kapitalgesellschaft nicht deshalb erworben und behalten, um die gewerbliche Betätigung in seinem Einzelunternehmen zu erweitern oder dem Einzelunternehmen Aufträge zu gewährleisten.

Er hat im Gegenteil das Einzelunternehmen deshalb geführt, um die Unternehmen der Kapitalgesellschaften zu fördern.

So hat er in der mündlichen Verhandlung zur Überzeugung des Finanzgerichts dargetan, dass er sein Einzelunternehmen nur fortgeführt und um den Bereich Werbeagentur erweitert hat, um Agenturrabatte zu erlangen, die für eine Vermittlungstätigkeit und nicht bei einer direkten Auftragsvergabe erlangt werden. Die Geschäftsbeziehungen zwischen dem Einzelunternehmen „Vermittlung von Werbeauftritten“ und den Kapitalgesellschaften sind geprägt von dem Bestreben, durch Werbung den Umsatz der Kapitalgesellschaften zu erhöhen. Die Umsätze der Einzelfirma sind nach der glaubhaften Darstellung des Unternehmers in der mündlichen Verhandlung auch nicht durch Eigeninitiative der Einzelfirma gestiegen, sondern weil Produkte der GmbHs stärker beworben wurden.

Der Unternehmer hat die Beteiligung an den Kapitalgesellschaften nicht dazu benutzt, Gewinne in sein Einzelunternehmen zu verlagern. Er hat im Gegenteil die Agenturrabatte von 15% an die Kapitalgesellschaften weitergegeben und nicht diese, sondern eine Provision von 4, 5% für die Vermittlung der Werbeaufträge einbehalten. Durch die Einschaltung des Einzelunternehmens wurden die Gewinne der Kapitalgesellschaften nicht geschmälert, sondern diese erhielten einen Nachlass, den sie nicht erhalten hätten, wenn sie die Werbemedien unmittelbar selbst beauftragt hätten.

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Notwendiges Betriebsvermögen liegt auch nicht deshalb vor, weil die Kapitalgesellschaften und das Einzelunternehmen letztlich unter der einheitlichen Leitung durch den Unternehmer standen. Denn diese einheitliche Leitung durch den Unternehmer wurde nicht innerhalb seines Einzelunternehmens ausgeführt, sondern als angestellter Geschäftsführer bei der X GmbH. In der GmbH wird über die Geschäfte und den geschäftlichen Erfolg entschieden, nicht im Einzelunternehmen. Dass das Einzelunternehmen eher in die GmbH eingegliedert ist, wird auch aus dem Outsourcing-Vertrag deutlich. Dieser Outsourcing-Vertrag entspricht zum einen einer Übertragung von Verwaltungsaufgaben, die mit vergleichbaren Modalitäten auch zwischen fremden Unternehmen bestehen kann, zum anderen werden nicht Geschäfte der Kapitalgesellschaften in das Einzelunternehmen übertragen, sondern Geschäfte des Einzelunternehmens in die Kapitalgesellschaft. Das Einzelunternehmen ist danach eher als eine unselbstständige Betriebsabteilung oder ein „Anhängsel“ der Kapitalgesellschaft anzusehen als dass die Beteiligung im geschäftlichen Interesse des Einzelunternehmens gehalten wird. Die wirtschaftlichen Vorteile aus der Zusammenarbeit zwischen dem Einzelunternehmen und der Kapitalgesellschaft kommen in erster Linie der Kapitalgesellschaft zugute, die Erlangung von Werbeaufträgen durch das Einzelunternehmen ist nur Nebeneffekt.

Gewillkürtes Betriebsvermögen liegt nicht vor, die GmbH-Beteiligung wurde niemals in der Bilanz erfasst.

Finanzgericht Nürnberg, Urteil vom 3. Dezember 2015 – – 6 K 891/13

  1. vgl. z. B. BFH, Urteil vom 02.09.2008 – X R 32/05[]
  2. BFH, Beschluss vom 26.08.2005 – X B 98/05[]
  3. BFH, Urteil vom 23.02.2012 – IV R 13/08[][]
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