Herstellungskostenminderung durch nachträglich gewährten Zuschuss

Werden Vorauszahlungsmittel i.S. des § 43 Abs. 3 StBauFG, die nach den öffentlich-rechtlichen Subventionsvorgaben zunächst ausdrücklich als Darlehen gewährt werden, in einem späteren Veranlagungszeitraum in einen verlorenen Zuschuss umgewandelt, so führt diese (endgültige) Subventionsentscheidung in diesem Veranlagungszeitraum, nicht aber rückwirkend auf den Zeitpunkt der Gewährung der Vorauszahlung zu einer Minderung der Herstellungskosten.

Herstellungskostenminderung durch nachträglich gewährten Zuschuss

Die zunächst als Darlehen vorausgezahlten Fördermittel der Stadt haben im jeweiligen Zeitpunkt ihrer Auszahlung weder zu Einnahmen im Sinne von § 8 Abs. 1 EStG i.V.m. § 21 EStG geführt noch die Bemessungsgrundlage der AfA in den bereits abgelaufenen Veranlagungszeiträumen 1988 bis 1997 gemindert.

Die Zuschüsse wären nur dann als Einnahme i.S. von § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zu behandeln, wenn sie als Gegenleistung für die Überlassung des Gebrauchs oder der Nutzung des Grundstücks zu beurteilen wären, wobei grundsätzlich unerheblich ist, ob der Mieter oder ein Dritter die Gegenleistung erbringt. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor; denn die Klägerin hat die Zuschüsse ausschließlich aus städtebaulichen Gründen erhalten (§ 43 Abs. 3 StBauFG1). Die streitbefangenen Zuschüsse wurden nicht gewährt, um im Sinne einer Gegenleistung die laufenden finanziellen Nachteile auszugleichen, die ihr aufgrund einer eingeschränkten Verwendungsmöglichkeit entstehen würden2; es handelt sich vielmehr um eine Objektförderung der vorgenommenen Baumaßnahmen3.

Während des Schwebezustandes bis zur Entscheidung der Stadt über die endgültige Verwendung der vorausgezahlten Fördermittel waren diese als Darlehen zins- und tilgungsfrei. Die Entscheidung der Stadt über eine etwaige Rückforderung hing von Umständen ab, die die Klägerin nicht beeinflussen konnte. Angesichts der Sicherung durch eine Grundschuld musste sie mit einer vollständigen oder teilweisen Rückforderung rechnen. Im Hinblick darauf konnten die vorausgezahlten Fördermittel während des Schwebezustands nicht als die AfA-Bemessungsgrundlage mindernder Zuschuss beurteilt werden4.

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Soweit die vorausgezahlten Fördermittel nach der endgültigen Entscheidung der Stadt nicht zurückgezahlt zu werden brauchten, wirkt diese Entscheidung auch nicht materiell mit der verfahrensrechtlichen Folge des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO- auf den Zeitpunkt der Gewährung der Vorauszahlungsmittel zurück5. Die endgültig belassenen Vorauszahlungsmittel als nachträglich gewährte Zuschüsse waren – gemäß der mit der Stadt getroffenen Vereinbarung – bis zum Zeitpunkt der Entscheidung der Stadt als Darlehen zu behandeln.

Mit der Entscheidung der Stadt im Streitjahr, dass die gewährten Fördermittel nicht zurückzuzahlen seien, erhielt die Klägerin einen Baukostenzuschuss, der die Herstellungskosten der Gebäude i.S. von § 255 Abs. 2 HGB mindert, da er in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Herstellung des Gebäudes steht6. Nach allgemeinen Grundsätzen führt dies zu einer Minderung der AfA-Bemessungsgrundlage.

Im Streitfall waren die belassenen Fördermittel mit der verbliebenen Bemessungsgrundlage der geltend gemachten AfA zu verrechnen.

Jenseits dessen konnte sich die Reduzierung der Herstellungskosten einkommensteuerlich nicht auswirken, weil es sich bei der Umwandlung der Vorauszahlung in einen verlorenen Zuschuss nicht um ein materiell rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO handelt. Die öffentlichrechtlichen Subventionsvorgaben treffen mit der Gewährung der Fördermittel als Darlehen (bis zur Entscheidung über deren Belassen als Zuschuss oder ihre Rückforderung) eine selbständige Regelung.

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Eine Korrektur dieses Ergebnisses über die Annahme von negativen Werbungskosten bzw. nicht steuerpflichtigen Einnahmen kommt nicht in Betracht.

Negative Werbungskosten liegen, unabhängig davon, ob diese Kategorie überhaupt anzuerkennen ist7, nicht vor. Denn im Streitfall sollte nicht etwa durch den Rückfluss von Werbungskosten eine ursprüngliche Vermögenslage wiederhergestellt werden. Vielmehr würde unter Verwendung des Begriffs der negativen Werbungskosten eine ursprünglich zu hohe AfA-Bemessungsgrundlage korrigiert. Verfahrensrechtlich ist diese Korrektur aber gerade nicht vorgesehen.

Die Herstellungskostenminderung im Streitjahr führte auch nicht zu Einnahmen i.S. von § 8 Abs. 1 EStG. Denn sie steht weder mit der Vermietung der hergestellten Gebäude in wirtschaftlichem Zusammenhang noch handelt es sich um sonstige Einkünfte i.S. von § 22 Nr. 3 EStG. Einkünfte aus (sonstigen) Leistungen i.S. von § 22 Nr. 3 EStG liegen nämlich nur vor, wenn die Gegenleistung durch ein Verhalten der Steuerpflichtigen ausgelöst wird und er einen Betrag als Entgelt dafür erhält und annimmt8. Eine entsprechende wirtschaftliche Veranlassung fehlt im Streitfall. Die Klägerin hat die streitbefangenen Zuschüsse nicht als Entgelt für ein Verhalten, sondern ausschließlich aus städtebaulichen Gründen erlangt.

Es gelten dieselben Grundsätze wie für die Ermäßigung von Anschaffungskosten i.S. von § 255 Abs. 1 Satz 3 HGB. Eine Ermäßigung von Anschaffungskosten liegt vor, wenn der maßgebende Anlass für den Minderungsvorgang in der Anschaffung liegt, ohne dass eine rechtliche oder synallagmatische Verknüpfung notwendig wäre9. Analog ist der Streitfall zu behandeln. Die nachträgliche Minderung der Herstellungskosten hat ihren Anlass in der ursprünglichen Herstellung.

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Das Gesetz kennt kein allgemeines Korrespondenzprinzip in der Weise, dass Rückflüsse von Aufwendungen steuerrechtlich nur deshalb als Einnahmen zu erfassen wären, weil die Aufwendungen selbst steuermindernd berücksichtigt wurden. Insoweit gelten dieselben Grundsätze wie für einen unzutreffenden sofortigen Werbungskostenabzug hinsichtlich von Aufwendungen, die richtigerweise auf die Zeit der Nutzungsdauer zu verteilen gewesen wären10, wie auch so im Streitfall- für Aufwendungen, die als AfA-Bemessungsgrundlage herangezogen wurden, obwohl sie nach Verbrauch der AfA-Bemessungsgrundlage erstattet wurden. Fehleinschätzungen sind über das Verfahrensrecht zu lösen. Nach der öffentlichrechtlichen Gestaltung der streitbefangenen Zuschüsse scheidet aber eine verfahrensrechtliche Korrektur nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO aus.

Dieses Ergebnis bedarf auch nicht der Korrektur im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (gleichmäßige Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit). Das – erstinstanzlich vom Finanzgericht als gleichheitswidrig erachtete – Besteuerungsergebnis ist vielmehr Konsequenz der Abschnittsbesteuerung. Erfasst wird damit eine veranlagungszeitraumbezogene Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen, nicht aber eine auf einen wirtschaftlich als Einheit erscheinenden Sachverhalt bezogene Leistungsfähigkeit, sofern dieser Sachverhalt sich in den einzelnen Steuertatbeständen nicht widerspiegelt. Wie es danach regelmäßig nicht sachlich unbillig ist, wenn der Steuerpflichtige empfangene Schmiergelder im Jahr des Zuflusses zu versteuern hat, ihre Abführung an seinen Arbeitgeber in einen späteren Veranlagungszeitpunkt aber mangels Verlustverrechnungsmöglichkeit nicht steuermindernd geltend machen kann11, so wirkt sich im Streitfall die Abschnittsbesteuerung zugunsten der Kläger aus, indem ein realer Wertverzehr in den Veranlagungszeiträumen 1988 bis 1997 steuermindernd berücksichtigt werden konnte, ohne dass eine Leistungsfähigkeitssteigerung der Klägerin aus öffentlichen Kassen im Hinblick auf das abgeschriebene Objekt in dem späteren Veranlagungszeitraum des Streitjahres hierauf Einfluss hat.

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Bundesfinanzhof, Urteil vom 7. Dezember 2010 – IX R 46/09

  1. dazu BFH, Urteile vom 26.03.1991 – IX R 104/86, BFHE 164, 263, BStBl II 1992, 999; vom 14.07.2009 – IX R 7/08, BFHE 226, 289, BStBl II 2010, 34, m.w.N.[]
  2. vgl. insoweit zu Mitteln nach dem 3. Förderungsweg als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung: BFH, Urteil vom 14.10.2003 – IX R 60/02, BFHE 203, 382, BStBl II 2004, 14[]
  3. vgl. zur Abgrenzung BFH, Urteil in BFHE 226, 289, BStBl II 2010, 34, unter II.1. a[]
  4. BFH, Urteil vom 14.02.1995 – IX R 5/92, BFHE 177, 93, BStBl II 1995, 380[]
  5. BFH, Urteil in BFHE 177, 93, BStBl II 1995, 380, unter II.1. b[]
  6. BFH, Urteile in BFHE 164, 263, BStBl II 1992, 999, sowie in BFHE 226, 289, BStBl II 2010, 34, unter II.2.[]
  7. vgl. dazu BFH, Urteil vom 14.12.1999 – IX R 69/98, BFHE 190, 442, BStBl II 2000, 197, m.w.N.[]
  8. BFH, Urteil vom 25.02.2009 – IX R 33/07, BFH/NV 2009, 1253[]
  9. BFH, Urteil vom 26.02.2002 – IX R 20/98, BFHE 198, 425, BStBl II 2002, 796[]
  10. dazu BFH, Urteil in BFHE 198, 425, BStBl II 2002, 796[]
  11. BFH, Beschluss vom 09.12.2009 – IX B 132/09, BFH/NV 2010, 646[]
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