Die von einer Betriebsgesellschaft verwirklichte Tatbestandvoraussetzung „verarbeitendes Gewerbe“ ist nicht auf die Besitzgesellschaft zu übertragen, wenn die von dieser durchgeführten Investitionen nicht die im Rahmen der Betriebsaufspaltung zur Nutzung überlassenen Wirtschaftsgüter betreffen, sondern Wirtschaftsgüter, die einer originär gewerblichen Tätigkeit dienen.

Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 InvZulG 2010 sind begünstigte Investitionen die Anschaffung und die Herstellung von neuen abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die zu einem Erstinvestitionsvorhaben gehören, mindestens fünf Jahre nach Beendigung dieses Vorhabens zum Anlagevermögen eines Betriebs oder einer Betriebsstätte eines nach § 3 Abs. 1 InvZulG 2010 begünstigten Betriebs des Anspruchsberechtigten im Fördergebiet gehören, in einer solchen Betriebsstätte verbleiben und in jedem Jahr zu nicht mehr als 10 % privat genutzt werden. Begünstigt sind u.a. Betriebe des verarbeitenden Gewerbes (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InvZulG 2010).
Bei isolierter Betrachtung, d.h. unter Außerachtlassung der Betriebsaufspaltung, ist der Betrieb der Klägerin kein begünstigter Betrieb des verarbeitenden Gewerbes. In ihm wird mit Hilfe der Photovoltaikanlage Strom produziert, darüber hinaus werden Einkünfte aus der Vermietung des Betriebsgrundstücks erzielt.
Die fehlende Zugehörigkeit des Betriebs der Klägerin zum verarbeitenden Gewerbe ist nicht deshalb unbeachtlich, weil die GmbH als Betriebsgesellschaft dem verarbeitenden Gewerbe zuzuordnen ist.
Zutreffend hat das Finanzgericht ein Betriebsaufspaltungsverhältnis wegen der Vermietung einer wesentlichen Betriebsgrundlage (Betriebsgrundstück mit Werkshalle) durch das Besitz- an das Betriebsunternehmen und wegen der zwischen beiden Gesellschaften bestehenden Beteiligungsidentität bejaht1.
Nach der Rechtsprechung des BFH kann es in Fällen der Betriebsaufspaltung für den Anspruch des Inhabers des Besitzunternehmens auf Investitionszulage unschädlich sein, wenn gesetzliche Tatbestandsvoraussetzungen nicht vom Besitz, sondern vom Betriebsunternehmen erfüllt werden (Merkmalsübertragung). Die rechtliche Selbständigkeit von Besitz- und Betriebsunternehmen ist investitionszulagenrechtlich zum Teil aufgehoben. Denn der Ausschluss des Besitzunternehmens von der Investitionszulage wegen der formalrechtlichen Selbständigkeit der beiden Gesellschaften widerspräche der Rechtsnatur der Betriebsaufspaltung als bloßer Aufteilung der Funktionen eines normalerweise einheitlichen Betriebs auf zwei Rechtsträger2. Diese Grundsätze sind auch bei der sog. kapitalistischen Betriebsaufspaltung anwendbar3. Sie galten ebenso für Sonderabschreibungen nach dem Fördergebietsgesetz und dem Zonenrandförderungsgesetz, die für Wirtschaftsgüter begehrt wurden, die im Rahmen einer Betriebsaufspaltung zur Nutzung überlassen wurden4. Voraussetzung für eine Merkmalsübertragung ist eine betriebsvermögenmäßige Verflechtung von Besitz- und Betriebsgesellschaft. Diese ist zu bejahen, wenn -wie im Streitfall- die Gesellschaftsbeteiligung an der Betriebskapitalgesellschaft zum Sonderbetriebsvermögen bei der Besitzgesellschaft gehört5.
Eine zulagenrechtliche Merkmalsübertragung von der Betriebs- auf die Besitzgesellschaft -hier: Eigenschaft als Betrieb des verarbeitenden Gewerbes- findet jedoch nicht statt, wenn eine Personengesellschaft als Besitzunternehmen außerhalb der Betriebsaufspaltung eine originär gewerbliche Tätigkeit entfaltet und die Investitionen, für die Investitionszulage begehrt wird, ausschließlich in diesem Bereich vorgenommen werden6. In solchen Fällen ist es nicht erforderlich, die gewerbliche Tätigkeit der Betriebsgesellschaft dem Besitzunternehmen zuzurechnen, damit überhaupt die Möglichkeit besteht, eine Investitionszulage zu erhalten7. Eine Merkmalsübertragung, die von Bedeutung ist für die Wirtschaftsgüter, die im Rahmen der Betriebsaufspaltung zur Nutzung überlassen werden, wirkt sich somit nicht auf die Wirtschaftsgüter aus, die einer originär gewerblichen Tätigkeit der Besitzgesellschaft dienen.
Im hier entschiedenen Streitfall sind die Grundsätze der zulagenrechtlichen Merkmalsübertragung somit nicht anzuwenden. Bereits aus diesem Grund kann kein Mischbetrieb vorliegen, bei dem darauf abzustellen ist, auf welche der Tätigkeiten der größte Wertschöpfungsanteil entfällt8.
Die Photovoltaikanlage und die Betriebsverpachtung haben einen einheitlichen Betrieb gebildet, der ertragsteuerrechtliche Grundsatz, dem zufolge eine gewerbliche Personengesellschaft nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nur einen (einzigen) Betrieb unterhalten kann9, gilt auch im Investitionszulagenrecht10. Auf das Ergebnis hat dies allerdings keinen Einfluss. Denn wäre die Photovoltaikanlage als eigener Betrieb i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a und b, § 3 Abs. 1 InvZulG 2010 anzusehen, hätte sich die Frage einer Merkmalsübertragung im Rahmen einer Betriebsaufspaltung von vornherein nicht gestellt.
Bundesfinanzhof, Beschluss vom 13. September 2017 – III R 16/15
- s. z.B. BFH, Urteil vom 14.07.2016 – IV R 34/13, BFHE 255, 12, BStBl II 2017, 175, m.w.N.; vgl. nunmehr auch § 50i Abs. 1 Satz 4 EStG[↩]
- BFH, Urteile vom 20.05.1988 – III R 86/83, BFHE 153, 481, BStBl II 1988, 739; vom 16.09.1994 – III R 45/92, BFHE 176, 98, BStBl II 1995, 75; vom 22.02.1996 – III R 91/93, BFHE 180, 293, BStBl II 1996, 428; vom 10.12 1998 – III R 50/95, BFHE 188, 176, BStBl II 1999, 607; vom 20.03.2003 – III R 50/96, BFHE 202, 181, BStBl II 2003, 613; und vom 19.08.2009 – III R 68/06, BFH/NV 2010, 241[↩]
- BFH, Urteile in BFHE 176, 98, BStBl II 1995, 75; und vom 20.05.2010 – III R 28/08, BFHE 229, 566, BStBl II 2014, 194[↩]
- BFH, Urteile vom 30.10.2002 – IV R 33/01, BFHE 201, 36, BStBl II 2003, 272, bzw. vom 14.05.2009 – IV R 27/06, BFHE 225, 187, BStBl II 2009, 881[↩]
- BFH, Beschluss vom 26.03.1993 – III S 42/92, BFHE 171, 164, BStBl II 1993, 723, und BFH, Urteil in BFHE 176, 98, BStBl II 1995, 75[↩]
- BFH, Urteile in BFHE 202, 181, BStBl II 2003, 613, und in BFHE 229, 566, BStBl II 2014, 194, Rz 18; ebenso BMF, Schreiben vom 08.05.2008, BStBl I 2008, 590, Rz 62, zum InvZulG 2007[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 202, 181, BStBl II 2003, 613[↩]
- s. BFH, Urteil vom 22.09.2011 – III R 64/08, BFHE 236, 168, BStBl II 2012, 358, m.w.N.[↩]
- s. BFH, Urteil vom 13.07.2016 – VIII R 56/13, BFHE 254, 398, BStBl II 2016, 936, m.w.N.[↩]
- BFH, Urteil vom 26.01.2006 – III R 5/04, BFHE 212, 381, BStBl II 2006, 771; siehe auch BMF, Schreiben vom 08.07.2010, BStBl I 2010, 600, i.V.m. dem BMF, Schreiben in BStBl I 2008, 590, Rz 58[↩]