Keine Zinsschranke für die Vergütung der Konsortialführerin

Ein Entgelt, mit dem nicht die Möglichkeit zur Nutzung von Fremdkapital, sondern eine andere Leistung des Kreditgebers vergütet wird, ist keine Zinsaufwendung im Sinne des § 4h Abs. 3 Satz 2 EStG. Eine sogenannte „arrangement fee“, mit der gesonderte, über die Kapitalüberlassung hinausgehende Leistungen einer Konsortialführerin vergütet werden und die sich nach der vertraglich vereinbarten (und nicht nach der tatsächlich in Anspruch genommenen) Darlehenssumme bemisst, unterfällt nicht der Abzugsbeschränkung des § 4h EStG.

Keine Zinsschranke für die Vergütung der Konsortialführerin

Eine solche „arrangement fee“ ist keine Zinsaufwendung im Sinne des § 4h Abs. 3 Satz 2 EStG.

Zinsaufwendungen, die der Abzugsbeschränkung der sogenannten Zinsschranke gemäß § 4h EStG in Verbindung mit §§ 8a, 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KStG unterliegen, werden in § 4h Abs. 3 Satz 2 EStG definiert als Vergütungen für Fremdkapital, die den maßgeblichen Gewinn gemindert haben.

Da Zinsen „genau genommen“ nicht „für Fremdkapital“, sondern für die Überlassung von Fremdkapital und für die Einräumung einer zeitlich begrenzten Möglichkeit der Nutzung dieses Kapitals geleistet werden, kommt es darauf an, dass sich die Vergütung als Entgelt für die zeitlich begrenzte Zurverfügungstellung von Fremdkapital darstellt1. Für das Vorliegen von Zinsaufwendungen spricht regelmäßig, dass sich das Entgelt an der Höhe des zur Nutzung überlassenen Fremdkapitals und an der Dauer der eingeräumten Kapitalnutzungsmöglichkeit (Laufzeit) orientiert2.

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Die Regelung in § 4h Abs. 3 Satz 2 EStG betrifft ihrem Wortlaut nach „Vergütungen für Fremdkapital“, der Hinzurechnungstatbestand des § 8 Nr. 1 Buchst. a des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) erfasst die „Entgelte für Schulden“. Jene Bestimmung versteht die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung dahin, dass Gegenleistungen für die Zurverfügungstellung (Überlassung und Nutzung) von Fremdkapital erfasst werden3. Der sehr ähnliche Wortlaut der beiden Vorschriften legt ein übereinstimmendes Verständnis nahe4, jedenfalls für die von Kreditinstituten üblicherweise verlangten Entgelte5. Gründe, die für eine unterschiedliche, also normspezifische Interpretation sprechen könnten, vermag der Bundesfinanzhof insoweit nicht zu erkennen. Deshalb spricht auch nichts dagegen, die zu § 8 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 GewStG ergangene Rechtsprechung zu einzelnen vom Steuerpflichtigen getätigten Aufwendungen für die Auslegung des § 4h Abs. 3 Satz 2 EStG heranzuziehen.

Danach kommt es für die Einstufung als Zinsaufwendung darauf an, dass sich das Entgelt bei wirtschaftlicher Betrachtung als Gegenleistung für die Fremdkapitalnutzungsmöglichkeit darstellt; die Bezeichnung des Entgelts, zum Beispiel als Zins oder Gebühr, ist nicht maßgeblich6. Entgelte, die für eine andere Leistung oder aus einem anderen Rechtsgrund erbracht werden, stellen keine Zinsaufwendungen dar7. Denn solche speziellen Entgelte werden nicht, wie vom Gesetz gefordert, „für“ die Zurverfügungstellung des Fremdkapitals, sondern aus anderem Rechtsgrund, etwa einer Bürgschaft, oder „für“ etwas anderes gezahlt8.

Soweit die Finanzverwaltung -im Unterschied zum Gewerbesteuerrecht9- auch Vergütungen, die „zwar nicht als Zins berechnet werden, aber Vergütungscharakter haben (z.B. … Provisionen und Gebühren, die an den Geber des Fremdkapitals gezahlt werden)“, zu den Zinsaufwendungen rechnet10 und sich dies möglicherweise auch auf Entgelte für eine andere Leistung oder aus anderem Rechtsgrund beziehen könnte, vermag der Bundesfinanzhof dem aus den genannten Gründen nicht zu folgen.

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Nach diesen Maßstäben ist das Finanzgericht Münster11 in für den Bundesfinanzhof nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass die „arrangement fee“ keine Zinsaufwendung im Sinne des § 4h Abs. 3 Satz 2 EStG darstellt. Das Finanzgericht hat  in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, dass es sich bei der im Streitfall gezahlten „arrangement fee“ um eine einmalige Gebühr für die bis zum Abschluss des Kreditvertrags erfolgten Vermittlungstätigkeiten des Konsortialführers handelte (unter anderem Erarbeitung eines Finanzierungskonzepts und eines Informationsmemorandums, Organisation und Dokumentation des Signings). Die Gebühr war dafür zu zahlen, dass die C-Bank als Konsortialführer den Konsortialkredit mit mehreren anderen Banken vermittelt und zustande gebracht hat. Die „arrangement fee“ wurde außerdem nicht nach dem tatsächlich abgerufenen Fremdkapital, sondern nach der vertraglich vereinbarten Darlehenssumme bemessen. Eine -anteilige- Rückerstattung bei vorzeitiger Beendigung des Darlehensverhältnisses war nicht vereinbart12.

In rechtlicher Hinsicht hat die Vorinstanz ihrem Urteil die zutreffende Auslegung des § 4h Abs. 3 Satz 2 EStG zugrunde gelegt, wonach Entgelte, mit denen andere Leistungen des Kreditgebers als die Einräumung der Fremdkapitalnutzungsmöglichkeit vergütet werden, keine Zinsaufwendungen im Sinne des Gesetzes darstellen. Sie ist der Sache nach auch davon ausgegangen, dass der Anwendung des § 4h Abs. 3 Satz 2 EStG kein rein kausales Verständnis zugrunde zu legen ist.

Auf dieser Grundlage hat das Finanzgericht Münster die streitgegenständliche „arrangement fee“ dahingehend gewürdigt, dass mit ihr gesonderte, über die Kapitalüberlassung hinausgehende Leistungen der C-Bank als Konsortialführerin vergütet wurden. In diese Würdigung hat das Finanzgericht die rechtlich maßgeblichen Gesichtspunkte einbezogen, wie zum Beispiel die fehlende Bemessung an der Höhe des zur Nutzung überlassenen Fremdkapitals, die fehlende Laufzeitabhängigkeit und die Art der von der C-Bank erbrachten Leistungen. An diese im Wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet liegende Würdigung des Finanzgerichts ist der Bundesfinanzhof gebunden.

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Bundesfinanzhof, Beschluss vom 22. März 2023 – XI R 45/19

  1. vgl. BT-Drs. 16/4841, S. 49 „Entgelt für die Überlassung des Fremdkapitals zur Nutzung“[]
  2. vgl. BFH, Urteil vom 09.08.2000 – I R 92/99, BFHE 193, 141, BStBl II 2001, 609; Förster in Gosch KStG, 4. Aufl., § 8a Rz 268[]
  3. vgl. BFH, Urteile vom 10.07.1996 – I R 12/96, BFHE 181, 86, BStBl II 1997, 253; in BFHE 193, 141, BStBl II 2001, 609[]
  4. gl.A. Seiler in Kirchhof/Seer, EStG, 21. Aufl., § 4h Rz 17[]
  5. vgl. Haase/Geils, DStR 2016, 273[]
  6. vgl. R 8.1 Abs. 1 Satz 2 der Gewerbesteuer-Richtlinien -GewStR- 2009; Seiler in Kirchhof/Seer, EStG, 21. Aufl., § 4h Rz 17; Förster in Gosch KStG, 4. Aufl., § 8a Rz 268; Haase/Geils, DStR 2016, 273[]
  7. vgl. BFH, Urteil vom 07.10.2021 – III R 15/18, BFHE 274, 567, BStBl II 2022, 625, Rz 27; in diesem Sinne auch Loschelder in Schmidt, EStG, 41. Aufl., § 4h Rz 24; Loewens in Brandis/Heuermann, § 4h EStG Rz 35; Haase/Geils, DStR 2016, 273; wohl auch Seiler in Kirchhof/Seer, EStG, 21. Aufl., § 4h Rz 17[]
  8. BFH, Urteile in BFHE 193, 141, BStBl II 2001, 609; vom 29.03.2007 – IV R 55/05, BFHE 217, 103, BStBl II 2007, 655, zur Avalgebühr[]
  9. vgl. R 8.1 Abs. 1 Satz 8 GewStR 2009[]
  10. BMF, Schreiben vom 04.07.2008, BStBl I 2008, 718, Rz 15[]
  11. FG Münster, Urteil vom 12.04.2019 – 10 K 2859/15 K[]
  12. vgl. zur „arrangement fee“ und anderen Gebühren auch Hahn, Die Unternehmensbesteuerung 2014, 106[]
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