Klagebefugnis der insolventen Personengesellschaft im Gewinnfeststellungsverfahren

Nach § 60 Abs. 3 FGO sind alle Beteiligten notwendig beizuladen, die i.S. des § 48 FGO klagebefugt sind. Aus § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO folgt, dass die KG gesetzliche Prozessstandschafterin der Gesellschafter und damit immer klagebefugt ist, weshalb sie grundsätzlich beizuladen ist1. Zwar verliert der Insolvenzschuldner durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen seine materiellen Befugnisse (§ 80 Abs. 1 InsO), womit grundsätzlich die Prozessführungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter übergeht. Dies gilt aber nicht, soweit sich der Prozess gegen einen Feststellungsbescheid richtet, der ausschließlich den Gesellschafter und nicht die Personengesellschaft selbst betrifft, denn insoweit kann das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen nicht berührt werden.

Klagebefugnis der insolventen Personengesellschaft im Gewinnfeststellungsverfahren

Die Rechtsposition des organschaftlichen Geschäftsführers bleibt insoweit trotz der Insolvenz der Gesellschaft formell unangetastet. Die Personengesellschaft wird für das Feststellungsverfahren als insolvenzfreie Angelegenheit weiterhin durch die zur Vertretung berufenen Geschäftsführer vertreten. Der Insolvenzverwalter ist insoweit nicht zum Verfahren beizuladen, eine –wie im Streitfall– dennoch erfolgte Beiladung bleibt allerdings wirksam, solange sie nicht aufgehoben wird2.

Wird –wie im Streitfall– bei einer zweigliedrigen Personengesellschaft ohne einen von den Vorgaben des § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HGB abweichenden Gesellschaftsvertrag das Insolvenzverfahren sowohl über das Vermögen der KG als auch das ihrer geschäftsführenden GmbH eröffnet, so scheidet die geschäftsführende und allein vollhaftende GmbH aus der Personengesellschaft aus (§ 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HGB3). Durch das Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters wird die Personengesellschaft ohne Liquidation vollbeendet4. Eine vollbeendete Personengesellschaft kann nicht Beteiligte eines finanzgerichtlichen Verfahrens zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte sein, denn sie ist dann nicht mehr i.S. des § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO als Prozessstandschafterin für die Gesellschafter prozessführungsbefugt. Deshalb kann sie auch nicht mehr notwendig beigeladen werden5.

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Die Vollbeendigung der KG im Streitfall hat zur Folge, dass grundsätzlich alle gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO klagebefugten ehemaligen Gesellschafter, die nicht selbst Klage erhoben haben, beizuladen sind, soweit sie vom Ausgang des Rechtsstreits i.S. des § 40 Abs. 2 FGO selbst betroffen sind6. Eine notwendige Beiladung der nicht klagenden ehemaligen Gesellschafter (Feststellungsbeteiligten) ist allerdings –wie im vorliegenden Verfahren in der Person der H-GmbH oder der insolvenzbedingt ausgeschiedenen W-GmbH– nicht geboten, wenn sie steuerrechtlich unter keinem denkbaren Gesichtspunkt betroffen sein können7.

  1. BFH, Urteil vom 21.05.1992 – IV R 47/90, BFHE 168, 217, BStBl II 1992, 865[]
  2. vgl. Gräber/Levedag, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 60 Rz 154[]
  3. vgl. etwa OLG Hamm, Urteil vom 30.03.2007 – 30 U 13/06, ZIP 2007, 1233[]
  4. vgl. z.B. BFH, Urteile vom 18.09.1980 – V R 175/74, BFHE 132, 348, BStBl II 1981, 293; vom 09.02.2011 – IV R 37/08, BFH/NV 2011, 1120; BFH, Beschluss vom 05.01.2010 – IV R 43/07, BFH/NV 2010, 1104[]
  5. vgl. z.B. BFH, Urteil vom 22.09.2011 – IV R 42/09, BFH/NV 2012, 236, m.w.N.[]
  6. vgl. z.B. BFH, Urteile vom 10.02.1988 – VIII R 352/82, BFHE 152, 414, BStBl II 1988, 544; vom 25.06.1992 – IV R 87/90, BFH/NV 1993, 457[]
  7. vgl. z.B. BFH, Urteile in BFHE 152, 414, BStBl II 1988, 544, und in BFH/NV 2011, 1120[]
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