Korrektur unangemessener Gewinnverteilung bei GmbH & atypisch Still

Beteiligt sich der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft an dieser zugleich als atypisch stiller Gesellschafter und verzichtet die Kapitalgesellschaft im Interesse des stillen Gesellschafters auf eine fremdübliche Gewinnbeteiligung, wird der Kapitalgesellschaft bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte der atypisch stillen Gesellschaft der angemessene Gewinnanteil zugerechnet.

Korrektur unangemessener Gewinnverteilung bei GmbH & atypisch Still

Begründet der Inhaber eines Handelsgewerbes an seinem gesamten Betrieb eine atypisch stille Gesellschaft, wird diese ertragsteuerlich als Mitunternehmerschaft i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG behandelt. Das Unternehmen des Inhabers des Handelsgewerbes wird ertragsteuerlich für die Dauer des Bestehens der atypisch stillen Gesellschaft der Mitunternehmerschaft zugeordnet1. Das Betriebsvermögen des Inhabers des Handelsgewerbes wird dadurch mitunternehmerisches Vermögen, welches vom Inhaber des Handelsgewerbes im eigenen Namen, aber für Rechnung der Mitunternehmerschaft verwaltet wird. Demgemäß steht auch der erwirtschaftete Gewinn der Mitunternehmerschaft zu und wird auf die Mitunternehmer, also den Inhaber des Handelsgewerbes und den stillen Gesellschafter, nach den Abreden im Gesellschaftsvertrag über die stille Gesellschaft verteilt.

Der gesellschaftsvertraglich festgelegten Gewinnverteilung ist grundsätzlich steuerrechtlich zu folgen2. Das gilt auch dann, wenn die Gesellschafter ihrer Gewinnverteilung fehlerhafte Tatsachen oder Rechtsansichten zugrunde gelegt haben, sofern sie die Gewinnverteilungsabrede tatsächlich durchführen. Weil für Zwecke der Besteuerung insoweit allein an den wirtschaftlich tatsächlich verwirklichten Sachverhalt angeknüpft wird (§ 41 Abs. 1 Satz 1 AO), ist in einem solchen Fall auch ohne Bedeutung, ob und ggf. inwieweit die durchgeführte Gewinnverteilungsabrede rechtlich angreifbar wäre.

Für die Gewinnverteilung zwischen dem Inhaber des Handelsgewerbes und dem atypisch stillen Gesellschafter gelten aber Besonderheiten, wenn Inhaber des Handelsgewerbes eine Kapitalgesellschaft und der stille Gesellschafter zugleich Gesellschafter der Kapitalgesellschaft ist oder einem solchen nahesteht.

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Der dargestellte Grundsatz erfährt Einschränkungen, wenn für die Gewinnverteilung nicht allein die Verhältnisse der Gesellschafter in der atypisch stillen Gesellschaft und insbesondere ihre Beiträge zum Gesellschaftszweck maßgebend sind, sondern die Verteilung von anderen Beziehungen zwischen den Gesellschaftern beeinflusst ist, die ihre Grundlage nicht im stillen Gesellschaftsverhältnis haben. Dies können verwandtschaftliche, aber auch wirtschaftliche Beziehungen außerhalb des stillen Gesellschaftsverhältnisses sein. Der Einfluss, den diese Beziehungen auf die Gewinnverteilung nehmen, muss korrigiert werden; insoweit handelt es sich nämlich um die Verwendung bereits erzielter Einkünfte, die die Zurechnung des erzielten Einkommens nicht beeinflussen kann. Da die Gewinnverteilung bei einer GmbH & atypisch Still strukturell mit derjenigen bei einer GmbH & Co. KG vergleichbar ist, gelten die vom Bundesfinanzhof3 für die Gewinnverteilung bei einer GmbH & Co. KG aufgestellten Rechtsgrundsätze bei einer atypisch stillen Gesellschaft in der Rechtsform einer GmbH & atypisch Still entsprechend. Insbesondere dann, wenn sich der alleinige Gesellschafter einer GmbH an dieser zugleich als atypisch stiller Gesellschafter beteiligt, kann die Gewinnverteilung der atypisch stillen Gesellschaft durch das Gesellschaftsverhältnis der GmbH beeinflusst sein, so dass die vertragliche Gewinnverteilung für Zwecke der Zurechnung der Einkünfte einer Korrektur bedarf.

Das ist etwa dann der Fall, wenn die GmbH im Interesse des stillen Gesellschafters auf eine Gewinnbeteiligung verzichtet, die ihr unter Fremden eingeräumt worden wäre. Dieser Verzicht darf auf den Gewinnanteil der GmbH nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG keinen Einfluss haben.

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Der GmbH wird bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte der Mitunternehmerschaft gemäß § 179 Abs. 2 Satz 2, § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO der angemessene Gewinnanteil zugerechnet, denn die Korrektur der Gewinnverteilung findet im Rahmen der Verteilung des Gewinns der Mitunternehmerschaft statt4.

Zwar nimmt die GmbH mit dem Verzicht auf den erreichbaren Gewinnanteil den Verzicht auf eine Vermögensmehrung in Kauf und wendet gleichzeitig ihrem Gesellschafter im Hinblick auf das Gesellschaftsverhältnis außerhalb der Gewinnverteilung einen Vermögensvorteil zu. Eine dadurch eintretende Minderung des Einkommens der Kapitalgesellschaft würde ertragsteuerlich die Voraussetzungen einer vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) erfüllen. Infolge der Korrektur der Gewinnverteilung auf der Ebene der Mitunternehmerschaft kommt es jedoch nicht zu der von § 8 Abs. 3 KStG vorausgesetzten Minderung des Einkommens der Kapitalgesellschaft. Denn der für die GmbH festgestellte Gewinnanteil ist in festgestellter Höhe bei der Veranlagung der Kapitalgesellschaft anzusetzen (§ 182 Abs. 1 AO)5.

Die einem atypisch stillen Gesellschafter gegenüber vorgenommene vGA führt bei diesem zu einer Sonderbetriebseinnahme i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG im Rahmen der atypisch stillen Gesellschaft. Diese ist, wenn der stille Gesellschafter eine natürliche Person ist, nach dem Teileinkünfteverfahren gemäß § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d EStG zu 40 v.H. bzw. im Streitjahr nach dem Halbeinkünfteverfahren zu 50 v.H. steuerfrei.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs seit dem Urteil vom 15.10.19986 ist der Anteil des Gesellschafters einer GmbH, der an dieser zugleich als atypisch stiller Gesellschafter beteiligt ist, dem Sonderbetriebsvermögen – II dieses Gesellschafters bei der Mitunternehmerschaft zuzuordnen, sofern die GmbH nicht noch einer anderen als der im Interesse der atypisch stillen Gesellschaft liegenden Geschäftstätigkeit von nicht ganz untergeordneter Bedeutung nachgeht. Daran ist weiter festzuhalten, es sei denn, dass der (Doppel-)Gesellschafter im Hinblick auf die Geringfügigkeit seiner Beteiligung an der GmbH auf deren Geschäftsführung keinen Einfluss ausüben kann7.

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Im hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Streitfall hielt der Gesellschafter sämtliche Anteile an der GmbH, deren Tätigkeit auch ganz der Mitunternehmerschaft diente. Die GmbH-Anteile des Gesellschafters waren danach Bestandteil seines notwendigen Sonderbetriebsvermögens – II bei der atypisch stillen Gesellschaft. Folge daraus ist, dass offene und verdeckte Gewinnausschüttungen der GmbH an den Gesellschafter Sonderbetriebseinnahmen im Rahmen der Mitunternehmerschaft darstellen.

Indessen wurde im vorliegenden zu Unrecht die Gewinnverteilung zwischen der GmbH und dem Gesellschafter als unangemessen beanstandet und dem Gesellschafter unzutreffend eine vGA als Sonderbetriebseinnahme zugerechnet. Finanzamt und Finanzgericht sind rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass der Geschäftswert „faktisch“ auf die GmbH und damit auf die Mitunternehmerschaft übergegangen sei. Es hat deshalb zu Unrecht den Geschäftswert des Einzelunternehmens bei der Berechnung der Gewinnanteile als Beitrag der GmbH berücksichtigt.

Der Gesellschafter hat den Geschäftswert seines Einzelunternehmens nicht auf die GmbH übertragen. Zwar hat er Wirtschaftsgüter seines bisherigen Einzelunternehmens teils der GmbH verpachtet, teils der atypisch stillen Gesellschaft zur Nutzung überlassen. Da Verpachtung und Nutzungsüberlassung aber nicht zu einem Übergang des wirtschaftlichen Eigentums und damit nicht zu einem Rechtsträgerwechsel führen, können sie für sich genommen nicht als Übertragung der Güter gewürdigt werden.

Die Nutzungsüberlassung hat auch nicht mittelbar zum Übergang des Geschäftswerts des Einzelunternehmens des Gesellschafters auf die GmbH geführt.

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Der Geschäftswert ist Ausdruck der Gewinnchancen eines Unternehmens, soweit sie nicht in einzelnen Wirtschaftsgütern verkörpert sind, sondern durch den Betrieb eines lebenden Unternehmens gewährleistet erscheinen. Er wird durch die Gewinnaussichten bestimmt, die losgelöst von der Person des Unternehmers aufgrund besonderer, dem Unternehmen eigener Vorteile (z.B. Ruf, Kundenkreis, Organisation, usw.) höher oder gesicherter erscheinen als bei einem anderen Unternehmen mit sonst vergleichbaren Wirtschaftsgütern8.

Wird ein Einzelbetrieb im Wege echter Betriebsaufspaltung dahingehend umstrukturiert, dass sich der Unternehmer auf die Überlassung wesentlicher Betriebsgrundlagen an eine neu gegründete Betriebsgesellschaft beschränkt, erhält der bisherige Einzelbetrieb die Funktion eines Besitzunternehmens. Der Geschäftswert des Einzelbetriebs geht in diesem Zusammenhang weder unter noch geht er auf die Betriebsgesellschaft über; er verbleibt im Besitzunternehmen9. Im Betriebsunternehmen kann sich während der Dauer der Betriebsaufspaltung ein neuer, eigenständiger Geschäftswert bilden.

Danach ist im Streitfall der Geschäftswert des Einzelbetriebs des Gesellschafters nicht auf die GmbH übergegangen. Er hat weder das Vermögen der GmbH erhöht noch kann er i.S. des § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG in das mitunternehmerische Vermögen der atypisch stillen Gesellschaft übertragen worden sein. Der nicht übergegangene Geschäftswert des Einzelunternehmens durfte daher bei der Berechnung des Gewinnanteils der GmbH nicht berücksichtigt werden. Folglich sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass die von den Gesellschaftern nach dem Verhältnis des Werts der Einlagen des stillen Gesellschafters und des Werts des Beitrags der GmbH ermittelten Quoten für die Gewinnbeteiligung an der GmbH & atypisch Still im Streitjahr in Höhe von 6, 9 v.H. für die GmbH und in Höhe von 93, 1 v.H. für den Gesellschafter unangemessen wären.

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Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 6 Abs. 5 Satz 5 EStG können schon deshalb nicht vorliegen, weil Wirtschaftsgüter nicht nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG auf die Mitunternehmerschaft übertragen worden sind.

Nach § 6 Abs. 5 Satz 5 EStG ist der Teilwert anzusetzen, soweit in den Fällen des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG der Anteil einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse an dem Wirtschaftsgut unmittelbar oder mittelbar begründet wird oder dieser sich erhöht. § 6 Abs. 5 Satz 5 EStG setzt danach die Übertragung von Wirtschaftsgütern auf die Mitunternehmerschaft voraus.

Es bedarf im Streitfall keiner Entscheidung, ob bei einer atypisch stillen Gesellschaft eine Übertragung i.S. des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG dadurch vorgenommen werden kann, dass ein Wirtschaftsgut vom stillen Gesellschafter auf den Inhaber des Handelsgewerbes zur Aufnahme in das der Mitunternehmerschaft gewidmete Vermögen übertragen wird. Denn der Gesellschafter hat keine Wirtschaftsgüter seines Einzelbetriebsvermögens auf die GmbH übertragen.

Durch die Überlassung von Wirtschaftsgütern zur Nutzung durch die atypisch stille Gesellschaft kann die Eigenschaft von Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters bei der Mitunternehmerschaft begründet worden sein. Ob dies i.S. des § 6 Abs. 5 Satz 2 EStG als Überführung solcher Güter aus dem Einzelbetriebsvermögen des Gesellschafters in dessen Sonderbetriebsvermögen bei der Mitunternehmerschaft zu würdigen sein kann, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung. Denn eine solche Überführung wäre zum Buchwert erfolgt und bliebe ohne Auswirkung auf den Gewinn der Mitunternehmerschaft. § 6 Abs. 5 Satz 5 EStG findet auf eine Überführung i.S. des § 6 Abs. 5 Satz 2 EStG nach seinem insoweit eindeutigen Wortlaut keine Anwendung.

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Bundesfinanzhof, Urteil vom 18. Juni 2015 – IV R 5/12

  1. BFH, Urteil vom 24.04.2014 – IV R 34/10, BFHE 245, 253, Rz 24[]
  2. BFH, Urteil vom 16.09.2014 – VIII R 21/11, BFH/NV 2015, 191, m.w.N.; Beschluss vom 10.11.1980 – GrS 1/79, BFHE 132, 244, BStBl II 1981, 164, unter C.I. 2.[]
  3. BFH, Urteile vom 15.11.1967 – IV R 139/67, BFHE 90, 399, BStBl II 1968, 152; vom 23.08.1990 – IV R 71/89, BFHE 162, 401, BStBl II 1991, 172, unter 1. und 2. der Gründe[]
  4. vgl. BFH, Urteile in BFHE 90, 399, BStBl II 1968, 152; vom 09.06.1994 – IV R 47/92, – IV R 48/92, BFH/NV 1995, 103; vom 24.03.1998 – I R 79/97, BFHE 186, 64, BStBl II 1998, 578[]
  5. vgl. zuletzt BFH, Urteil vom 12.02.2015 – IV R 48/11, BFH/NV 2015, 1075, m.w.N.[]
  6. BFH, Urteil vom 15.10.1998 – IV R 18/98, BFHE 187, 250, BStBl II 1999, 286[]
  7. BFH, Urteil vom 16.04.2015 – IV R 1/12, BFHE 249, 511, BStBl II 2015, 705[]
  8. vgl. BFH, Urteil vom 18.02.1993 – IV R 40/92, BFHE 171, 422, BStBl II 1994, 224, m.w.N.[]
  9. vgl. BFH, Urteil vom 14.01.1998 – X R 57/93, BFHE 185, 230, m.w.N.[]