Pachtverzicht bei Betriebsaufspaltung, laufende Aufwendungen und das Halbabzugsverbot

Das Halbabzugsverbot ist auf laufende Aufwendungen in Fällen des Pachtverzichts bei Betriebsaufspaltung anwendbar.

Pachtverzicht bei Betriebsaufspaltung, laufende Aufwendungen und das Halbabzugsverbot

Gemäß § 3c Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 EStG dürfen Betriebsvermögensminderungen, Betriebsausgaben, Veräußerungskosten oder Werbungskosten, die mit den dem § 3 Nr. 40 EStG zugrunde liegenden Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, unabhängig davon, in welchem Veranlagungszeitraum die Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen anfallen, bei der Ermittlung der Einkünfte nur zur Hälfte (ab dem Veranlagungszeitraum 2009: zu 60 %) abgezogen werden. Diese Vorschrift des § 3c Abs. 2 EStG ist auf die im Besitzunternehmen entstandenen Aufwendungen dem Grunde nach anwendbar ist, weil der Pachtverzicht einem Fremdvergleich nicht standhält.

Der IV. Senat des Bundesfinanzhofs hat –unter Heranziehung der in den Entscheidungen des X. Senats des Bundesfinanzhofs vom 18. April 20121 für die Beurteilung substanzbezogener Wertminderungen entwickelten Grundsätze– zur Behandlung laufender Aufwendungen auf Wirtschaftsgüter, die einer Kapitalgesellschaft von einem Gesellschafter zur Nutzung überlassen werden, die folgenden Leitlinien aufgestellt2:

Auch für die Abgrenzung von Aufwendungen, die durch voll steuerpflichtige Einnahmen veranlasst seien, zu solchen, die durch teilweise steuerfreie Einnahmen veranlasst seien, sei maßgebend, aus welchen Gründen („auslösendes Moment“) der Steuerpflichtige die Aufwendungen tätige. Daher seien auch innerhalb einer Einkunftsart Aufwendungen derjenigen –voll steuerpflichtigen oder teilweise steuerfreien– Einnahmenart zuzuordnen, die im Vordergrund stehe und die Beziehungen zu anderen Einnahmenarten verdränge.

Weiterlesen:
Die Betriebsanlagen des Gesellschafters - und die Nutzung durch den Insolvenzverwalter

Aufwendungen, die dem Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft durch die Nutzungsüberlassung eines Wirtschaftsguts an die Gesellschaft entstünden, seien voll abziehbar, wenn die Nutzungsüberlassung zu Konditionen erfolge, die einem Fremdvergleich standhielten. In einem solchen Fall seien die Aufwendungen vorrangig durch die Erzielung voll steuerpflichtiger Einnahmen aus der Nutzungsüberlassung veranlasst. Demgegenüber sei bei einer unentgeltlichen –und daher nicht fremdüblichen– Nutzungsüberlassung ein Zusammenhang mit künftigen Erträgen aus der Beteiligung gegeben. Dieser Zusammenhang ermögliche zwar trotz der Unentgeltlichkeit der Nutzungsüberlassung den Abzug der entsprechenden Aufwendungen, führe aber zur Anwendung des § 3c Abs. 2 EStG. Davon ausgenommen seien indes substanzbezogene Aufwendungen wie Absetzungen für Abnutzung (AfA) und Erhaltungsaufwendungen; diese seien in Fortentwicklung der BFH, Urteile in BFHE 237, 106 und BFHE 237, 119 unabhängig von den Gründen des Pachtverzichts stets in vollem Umfang abziehbar. Im Fall einer verbilligten (teilentgeltlichen) Überlassung seien die Aufwendungen nach Maßgabe des Verhältnisses zwischen dem tatsächlich gezahlten und dem fremdüblichen Pachtentgelt aufzuteilen.

Der Veranlassungszusammenhang könne sich im Laufe der Zeit ändern. Bei einem Verzicht auf vertraglich vereinbarte Pachteinnahmen komme es darauf an, ob der Verzicht durch das Pachtverhältnis oder aber das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sei. Die auf Seiten des Verpächters vorhandenen Gründe für den Verzicht seien durch die Tatsacheninstanz zu ermitteln und unter dem Gesichtspunkt des Fremdvergleichs zu würdigen. Ein Pachtverzicht aufgrund eines generellen Absinkens der marktüblichen Pachtentgelte oder im Rahmen einer fremdüblichen Sanierungsmaßnahme spreche für eine Veranlassung durch das Pachtverhältnis. Demgegenüber deute es auf eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis hin, wenn ein fremder Dritter den Verzicht in der konkreten Situation weder in zeitlicher Hinsicht noch der Höhe nach akzeptiert, sondern weiterhin auf der Zahlung des vereinbarten Entgelts bestanden oder aber das Pachtverhältnis beendet hätte. Im Rahmen dieser Würdigung liege die Feststellungslast beim Finanzamt, weil § 3c Abs. 2 EStG die Abzugsfähigkeit von grundsätzlich einkünftemindernd zu berücksichtigenden Aufwendungen einschränke.

Weiterlesen:
Hinzurechnung eines negativen Aktiengewinns zum Steuerbilanzgewinn

Der X. Senat des Bundesfinanzhofs schließt sich nunmehr diesen Grundsätzen an.

Auf dieser Grundlage hat der IV. Senat die von der dortigen Vorinstanz getroffene Würdigung bestätigt, an der Fremdüblichkeit fehle es –mit der Folge der grundsätzlichen Anwendbarkeit des § 3c Abs. 2 EStG–, wenn ein Besitzunternehmer die vereinbarte Pacht gegenüber einer in Zahlungsschwierigkeiten befindlichen Betriebs-Kapitalgesellschaft über mehrere Jahre hinweg nicht geltend mache, ohne von seinem Recht zur Kündigung des Pachtvertrags Gebrauch zu machen3.

In einem weiteren Verfahren hat der IV. Senat des Bundesfinanzhofs die Feststellung des dortigen Tatrichters, der Steuerpflichtige habe unwidersprochen und in nachvollziehbarer Weise vorgetragen, der vorübergehende Verzicht auf Pachtzins habe dem Bestand und der Erhaltung des Mietverhältnisses gedient, allein nicht ausreichen lassen, um die Fremdüblichkeit eines erheblichen Pachtverzichts (vollständiger Verzicht für ein Jahr, danach dauerhafte Herabsetzung von zuvor 4.800 DM auf 1.000 EUR monatlich) bejahen zu können4.

Nach diesen Grundsätzen ist in dem hier entschiedenen Fall die Würdigung des Finanzgericht, der im Streitfall vereinbarte Pachtverzicht halte einem Fremdvergleich nicht stand, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Nicht beipflichten kann der Bundesfinanzhof dem Finanzgericht allerdings darin, dass aus der Besserungsklausel –sofern man unterstellt, dass diese tatsächlich bereits vor ihrer erstmaligen Vorlage im Jahr 2006 vereinbart worden ist– schon in den Streitjahren eine Pflicht zur Aktivierung von Pachtforderungen folge und die unterbliebene Aktivierung nicht fremdüblich sei. Die Klägerin weist zu Recht darauf hin, dass dem Besserungsschein eine aufschiebende Bedingung zugrunde liegt und aufschiebend bedingte Forderungen nicht zu aktivieren sind5.

Weiterlesen:
Übertragung von GmbH-Anteilen unter Vorbehaltsnießbrauch - und die bestehende Betriebsaufspaltung

Indes wird die Würdigung des Finanzgericht bereits dadurch getragen, dass es das Fehlen einer Befristung für den Pachtverzicht als nicht fremdüblich angesehen hat. Gerade angesichts der relativ kurzfristigen Kündbarkeit des Pachtvertrags6 hätte sich ein fremder Dritter nicht auf einen in zeitlicher Hinsicht nicht begrenzten Verzicht eingelassen. Zwar wird der Verzicht in dem Nachtrag zum Pachtvertrag als „vorübergehend“ bezeichnet; tatsächlich ist aber auch nach den eigenen Angaben der Klägerin jedenfalls in den Jahren 2002 bis 2007 –also während eines Zeitraums von sechs Jahren– keinerlei Pacht gezahlt worden.

Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin vorträgt, E hätte der GmbH anstelle des Pachtverzichts ein Darlehen gewähren und auf die entsprechende Forderung sogleich wegen Uneinbringlichkeit eine Teilwertabschreibung vornehmen können, die nach den Grundsätzen des BFH, Urteils in BFHE 237, 106 nicht zur Anwendung des § 3c Abs. 2 EStG auf die im Besitzunternehmen entstandenen Aufwendungen geführt hätte.

Der X. Senat kann offenlassen, ob die von der Klägerin beschriebene Gestaltung –auch im Hinblick auf die Vorschrift des § 42 der Abgabenordnung– rechtlich so zu beurteilen wäre wie die Klägerin meint. Diese Gestaltung kann der Besteuerung im Streitfall jedenfalls deshalb nicht zugrunde gelegt werden, weil sie nicht verwirklicht worden ist.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 17. Juli 2013 – X R 6/12

  1. BFH, Urteil vom 18.04.2012 – X R 5/10, BFHE 237, 106; und X R 7/10, BFHE 237, 119[]
  2. BFH, Urteile vom 28.02.2013 – IV R 49/11, BFHE 240, 333; und IV R 4/11, BFH/NV 2013, 1081[]
  3. BFH, Urteil in BFHE 240, 333, unter B.II.4.[]
  4. BFH, Urteil in BFH/NV 2013, 1081[]
  5. vgl. BFH, Urteil vom 26.04.1995 – I R 92/94, BFHE 177, 444, BStBl II 1995, 594, unter II.2.b[]
  6. im Regelfall zwölf Monate; bei Nichtzahlung der Pacht lediglich drei Monate[]
Weiterlesen:
Fortführung des Betriebs bei Betriebsverpachtung