Die von einem Leasinggeber dem Leasingnehmer eingeräumte Möglichkeit, den Leasing-PKW bei Vertragsablauf zu einem weit unter dem Verkehrswert liegenden Preis entweder selbst anzukaufen oder einen Dritten als Käufer zu benennen, stellt ein entnahmefähiges betriebliches Wirtschaftsgut dar, wenn die Leasingraten zuvor als Betriebsausgaben abgezogen worden sind. Der Begriff des Wirtschaftsguts setzt nicht voraus, dass es dem Betrieb einen Nutzen für mehrere Jahre bringt.

Die Kaufoptionen stellen Wirtschaftsgüter dar.
Der steuerrechtliche Begriff des Wirtschaftsguts ist weit zu fassen1 und auf der Grundlage einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise auszulegen2. Er umfasst zum einen alle Gegenstände i.S. des § 90 BGB (Sachen und Rechte), darüber hinaus aber auch sonstige Vorteile. Darunter sind tatsächliche Zustände sowie konkrete Möglichkeiten und Vorteile für den Betrieb zu verstehen, deren Erlangung der Kaufmann sich etwas kosten lässt und die nach der Verkehrsauffassung einer besonderen Bewertung zugänglich sind3.
Das Merkmal der selbständigen Bewertbarkeit wird üblicherweise weiter dahingehend konkretisiert, dass ein Erwerber des gesamten Betriebs in dem Vorteil einen greifbaren Wert sehen würde, für den er im Rahmen des Gesamtpreises ein ins Gewicht fallendes besonderes Entgelt ansetzen würde4. Zum jeweiligen Stichtag muss ein wirtschaftlich ausnutzbarer Vermögensvorteil vorliegen, der als realisierbarer Vermögenswert angesehen werden kann5.
Die der Unternehmerin eingeräumten Verkaufsoptionen erfüllen alle vorgenannten Voraussetzungen. Es handelt sich um konkrete Möglichkeiten und Vorteile für den Betrieb, da es nach Einräumung der Optionen nur noch vom Verhalten der Betriebsinhaberin abhängig war, ob sie die Fahrzeuge zu einem fest vereinbarten Preis von etwa 1/3 des aktuellen Verkehrswerts erwerben -bzw. die Möglichkeit des vorteilhaften Erwerbs auf einen beliebigen, von ihr zu benennenden Dritten übertragen- wolle.
Die Unternehmerin hat sich die Erlangung der Vorteile auch etwas kosten lassen, indem sie in der begründeten Erwartung des Andienungsrechts hohe Leasingraten gezahlt hat.
Die genannten Vorteile sind nach der Verkehrsauffassung zudem einer besonderen Bewertung zugänglich. Für derart vorteilhafte Optionen auf den Erwerb hochwertiger Fahrzeuge zu etwa 1/3 ihres aktuellen Verkehrswerts würde ein Betriebserwerber ein besonderes Entgelt ansetzen. Die jeweiligen Ankaufpreise, die die Unternehmerin -oder der von ihr zu benennende Dritte- für den Erwerb zu entrichten hatten, standen fest; die -deutlich höheren- Verkehrswerte waren angesichts des funktionierenden deutschen Gebrauchtfahrzeugmarktes zumindest im Schätzungswege bestimmbar. Die Optionen stellen danach ersichtlich greifbare, wirtschaftlich ausnutzbare und realisierbare Vermögenswerte dar.
Der Annahme eines Wirtschaftsguts steht nicht entgegen, dass die Ausübungsfrist der eingeräumten Optionsrechte auf die Restdauer der Leasingverträge -also einen Zeitraum von jeweils etwa einem Monat- begrenzt gewesen sein könnte und die Optionen tatsächlich bereits wenige Tage nach ihrer Einräumung ausgeübt worden sind.
Im Ausgangspunkt zu Recht weist die Unternehmerin allerdings darauf hin, dass insbesondere die ältere Rechtsprechung Definitionen des Wirtschaftsgutsbegriffs mit dem Zusatz versehen hat, die Aufwendungen müssten dem Kaufmann „einen sich über mehrere Wirtschaftsjahre erstreckenden“6 bzw. „über die Dauer des einzelnen Steuerabschnitts hinausreichenden“7 Nutzen bringen. Das Vorhandensein eines Wirtschaftsguts sei davon abhängig, ob ein „längerfristiger Nutzen“ gegeben sei8 bzw. es „längerfristig nutzbar“ sei9. Diese Zusätze waren allerdings in keiner der genannten Entscheidungen tragend. Der BFH hat -soweit ersichtlich- die Annahme eines Wirtschaftsguts noch nie daran scheitern lassen, dass ein konkreter betrieblicher Vorteil, dessen Erlangung sich der Kaufmann etwas hat kosten lassen und der einer besonderen Bewertung zugänglich war -also die vorstehend unter a)) genannten Merkmale des Begriffs des Wirtschaftsguts erfüllte-, nicht über mehrere Wirtschaftsjahre hinweg nutzbar war.
In neueren Entscheidungen wird das Erfordernis der Mehrjährigkeit bzw. Längerfristigkeit des Vorteils entweder gar nicht mehr erwähnt10 oder mit der Einschränkung versehen, „in der Regel“ müsse der Vorteil eine Nutzung für mehrere Wirtschaftsjahre erbringen11.
Soweit sich die handels- und bilanzsteuerrechtliche Literatur mit der Frage, ob die Mehrjährigkeit des Vorteils Voraussetzung des Wirtschaftsgutsbegriffs ist, in einer Weise befasst, die über den bloßen Nachweis der Formulierungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung hinausgeht, wird darin einhellig die Auffassung vertreten, die Mehrjährigkeit sei nicht Voraussetzung für die Annahme eines Wirtschaftsguts12.
Auch nach Auffassung des Bundesfinanzhofs steht der Umstand, dass eine bestimmte vermögenswerte und gesondert bewertungsfähige Position in ihrer Nutzbarkeit auf einen als nicht langfristig bzw. mehrjährig anzusehenden Zeitraum begrenzt ist, der Annahme eines Wirtschaftsguts nicht entgegen. Dies folgt bereits aus der Formulierung des § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG, wonach „bei Wirtschaftsgütern, deren Verwendung oder Nutzung durch den Steuerpflichtigen zur Erzielung von Einkünften sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt“, die Anschaffungs- oder Herstellungskosten auf die Nutzungsdauer zu verteilen sind. Sie zeigt, dass es auch Wirtschaftsgüter geben muss, deren Verwendung oder Nutzung durch den Steuerpflichtigen auf einen kürzeren Zeitraum als ein Jahr beschränkt ist. Die Dauer der Nutzbarkeit hat nur Bedeutung für die Frage, ob die Anschaffungs- oder Herstellungskosten sofort als Betriebsausgabe abziehbar oder aber im Wege der Absetzung für Abnutzung auf mindestens zwei Wirtschaftsjahre zu verteilen sind; sie ist hingegen nicht Merkmal des Wirtschaftsgutsbegriffs.
Der Sache nach liegt diese Auffassung bereits der bisherigen Rechtsprechung zugrunde, die etwa Optionsrechte als Wirtschaftsgüter ansieht, die zur Erzielung von Einkünften nach § 23 EStG geeignet seien13, obwohl in der Praxis zahlreiche Optionsrechte nur kurzfristig bestehen und der Tatbestand der genannten Vorschrift seinerzeit bei beweglichen Wirtschaftsgütern nur erfüllt war, wenn das Wirtschaftsgut innerhalb von sechs Monaten nach seiner Anschaffung veräußert wurde. Auch ist für „kurzlebige Wirtschaftsgüter“ ausdrücklich entschieden worden, dass diese nicht vom Anspruch auf Gewährung von Investitionszulage ausgeschlossen sind14. Der Gesetzgeber behandelt auch Tiere, die innerhalb eines Zeitraums von weniger als einem Jahr genutzt werden, als Wirtschaftsgüter, wie die Anlage 1 zum Bewertungsgesetz zeigt, in die auch Tierarten mit einer Nutzungsdauer von weniger als einem Jahr aufgenommen worden sind (z.B. Mastlämmer, Mastschweine, Masthühner, Mastenten, Mastputen, Mastgänse, Mastkaninchen).
Auch in der bisherigen BFH-Rechtsprechung wurde die Annahme eines Wirtschaftsguts nicht in tragender Weise allein deshalb verneint, weil der betreffende Vorteil nicht langfristig bestand.
Soweit vertreten wird, Gegenstand der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung seien nur Optionen gewesen, die auf einem gegenseitigen Vertrag beruhten, während die vorliegenden Kaufoptionen durch einseitige Erklärung der L eingeräumt worden seien, hält der Bundesfinanzhof diesen Gesichtspunkt nicht für entscheidungserheblich. Auch die Unternehmerin legt keine Gründe dafür dar, weshalb zwar eine auf einem Vertrag beruhende, nicht aber eine durch einseitige Erklärung eingeräumte Option ein Wirtschaftsgut darstellen solle. Auch der mit einer einseitig zugesagten Option verbundene Vermögensvorteil ist realisierbar und stellt einen wirtschaftlichen Wert dar. In den für den Begriff des Wirtschaftsguts konstitutiven Eigenschaften unterscheidet sie sich nicht von einer vertraglichen Option.
Ferner verweist die Unternehmerin auf Entscheidungen, in denen ein bestehender Anspruch auf einen Preisnachlass für vergangene Geschäfte, der in der Form gewährt wird, dass dem Steuerpflichtigen -nach Durchlaufen mehrerer Zwischenschritte- bei künftigen gleichartigen Vertragsabschlüssen ein reduzierter Preis eingeräumt wird, nicht als aktivierungsfähig angesehen wurde15.
Diese Entscheidungen sind auf den vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt indes nicht übertragbar. Dort hat der BFH das Tätigen einer künftigen Bestellung als aufschiebende Bedingung i.S. des § 4 BewG angesehen, die der Aktivierung grundsätzlich entgegensteht. Es ging weniger um den Begriff des Wirtschaftsguts, sondern vielmehr um den Zeitpunkt der Gewinnrealisierung. Das Nachbezugsrecht hatte nach Auffassung des BFH allenfalls Auswirkungen auf den -nicht entnehmbaren- Geschäftswert; es war ausschließlich betrieblich, nicht aber privat nutzbar. Vorliegend hatte die Unternehmerin hingegen bereits mit Einräumung der Optionsrechte eine gegenwärtige vermögenswerte Rechtsposition inne. Diese war sowohl betrieblich als auch privat nutzbar und daher entnahmefähig.
Wäre die Auffassung der Unternehmerin zutreffend, könnte ein Optionsrecht -entgegen der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung16- niemals als Wirtschaftsgut angesehen werden, da der wirtschaftliche Vorteil aus einem derartigen Rechtsverhältnis stets davon abhängig ist, dass das Optionsrecht -künftig- ausgeübt wird. Im Übrigen stellt auch ein Bierlieferungsrecht ein Wirtschaftsgut dar17, obwohl es sich ebenfalls nur um einen Anspruch auf Abschluss künftiger Kaufverträge handelt und noch unsicher ist, ob der Gastwirt überhaupt einen weiteren Bierbezugsbedarf hat.
Soweit die Unternehmerin behauptet, die Optionen seien ausschließlich ihr persönlich eingeräumt worden und daher nicht übertragbar, entspricht dies nicht dem festgestellten Sachverhalt.
Ob die Anschaffungskosten der Kaufoptionen sich exakt beziffern lassen, ist für die Entscheidung des Streitfalls unerheblich. Maßgebend ist vielmehr, dass die Optionsrechte im Zeitpunkt ihrer Entstehung bzw. Entnahme bewertbar sind, indem dem festgelegten Ausübungspreis der aktuelle Verkehrswert der Fahrzeuge gegenübergestellt wird.
Soweit die Unternehmerin aus der Vorschrift des § 5 Abs. 2 EStG die Auffassung ableiten will, immaterielle Wirtschaftsgüter, die nicht entgeltlich erworben worden seien, müssten auch für den Fall ihrer Entnahme mit 0 DM/EUR bewertet werden, übersieht sie, dass nach dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG und der gesetzlichen Systematik auch die Entnahme nicht aktivierungsfähiger immaterieller Wirtschaftsgüter mit dem Teilwert zu bewerten ist18.
Die Instanzgerichte haben sich schon mehrfach mit derartigen Modellen befasst. Mitunter wurden die Leasingverträge als Vollamortisationsverträge angesehen, so dass bereits der Leasing-PKW als solcher unter dem Gesichtspunkt des wirtschaftlichen Eigentums von Anfang an dem Leasingnehmer zugerechnet wurde und die am Ende der Laufzeit des Leasingvertrages vorgenommene Übertragung des zivilrechtlichen Eigentums vom Leasinggeber an eine dem Leasingnehmer nahestehende Person zu einem weit unter dem Verkehrswert liegenden Preis als gewinnerhöhende Entnahme des PKW aus dem Betriebsvermögen zu beurteilen war19. In anderen Fällen haben die Tatsachengerichte den Sachverhalt -anders als die Vorinstanz zum vorliegenden Revisionsverfahren, die eine umfassende Beweisaufnahme durchgeführt hat- dahingehend gewürdigt, dass dem Leasingnehmer niemals ein Kaufangebot unterbreitet worden sei20. Jedenfalls für die im Streitfall von den Parteien des Leasingvertrages gewählte Gestaltung hält der Bundesfinanzhof die von der Vorinstanz vorgenommene Auslegung der rechtlichen Beziehungen für sachgerecht und der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise entsprechend.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 26. November 2014 – X R 20/12
- BFH, Entscheidungen vom 02.03.1970 – GrS 1/69, BFHE 98, 360, BStBl II 1970, 382, unter 2.; und vom 08.04.1992 – XI R 34/88, BFHE 168, 124, BStBl II 1992, 893, unter II. 2.a[↩]
- BFH, Urteil vom 14.03.2006 – I R 109/04, BFH/NV 2006, 1812, unter II. 1.b[↩]
- BFH, Entscheidungen in BFHE 98, 360, BStBl II 1970, 382, unter 2.; in BFHE 168, 124, BStBl II 1992, 893, unter II. 2.a; und vom 05.06.2008 – IV R 67/05, BFHE 222, 265, BStBl II 2008, 960, unter II. 1.c[↩]
- BFH, Urteil vom 10.08.1989 – X R 176-177/87, BFHE 158, 53, BStBl II 1990, 15, unter 1.b[↩]
- BFH, Urteil vom 09.07.1986 – I R 218/82, BFHE 147, 412, BStBl II 1987, 14, unter 1.[↩]
- BFH, Entscheidungen vom 29.04.1965 – IV 403/62 U, BFHE 82, 461, BStBl III 1965, 414, und in BFHE 98, 360, BStBl II 1970, 382, unter 2.[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 147, 412, BStBl II 1987, 14, und BFH, Beschluss vom 16.02.1990 – III B 90/88, BFHE 160, 364, BStBl II 1990, 794, unter II. 2.b[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 168, 124, BStBl II 1992, 893, unter II. 2.a[↩]
- BFH, Urteil vom 24.07.1996 – X R 139/93, BFH/NV 1997, 105, unter 2.a[↩]
- BFH, Entscheidungen vom 07.08.2000 – GrS 2/99, BFHE 192, 339, BStBl II 2000, 632, unter C.II. 3.; in BFHE 222, 265, BStBl II 2008, 960, unter II. 1.c; und vom 05.10.2011 – I R 94/10, BFHE 235, 367, BStBl II 2012, 244, unter II. 2.a[↩]
- BFH, Urteile vom 06.12 1990 – IV R 3/89, BFHE 163, 126, BStBl II 1991, 346, unter 1.b aa; vom 09.07.2002 – IX R 29/98, BFH/NV 2003, 21, unter II. 1.a; vom 20.03.2003 – IV R 27/01, BFHE 202, 256, BStBl II 2003, 878, unter 2.a, und in BFH/NV 2006, 1812, unter II. 1.b[↩]
- Tiedchen in Herrmann/Heuer/Raupach, § 5 EStG Rz 563; Blümich/Krumm, § 5 EStG Rz 309b; Hoffmann in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 5 Rz 600; Tonner in Bordewin/Brandt, § 5 EStG Rz 217, 219; wohl auch Kempermann, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 5 Rz B 175[↩]
- BFH, Urteil in BFH/NV 1997, 105[↩]
- BFH, Urteil vom 13.03.1979 – III R 20/78, BFHE 128, 129, BStBl II 1979, 578[↩]
- BFH, Urteile vom 11.05.1973 – III R 17/72, BFHE 109, 270, BStBl II 1973, 606; und vom 06.12 1978 – I R 35/78, BFHE 126, 549, BStBl II 1979, 262[↩]
- vgl. BFH, Urteil in BFH/NV 1997, 105, m.w.N.[↩]
- BFH, Urteil vom 26.02.1975 – I R 72/73, BFHE 115, 243, BStBl II 1976, 13[↩]
- BFH, Urteil vom 23.03.1995 – IV R 94/93, BFHE 177, 408, BStBl II 1995, 637[↩]
- Nds. FG, Urteil vom 19.06.2002 – 2 K 457/99, EFG 2003, 146, rechtskräftig; Hessisches FG, Urteil vom 30.01.2006 – 8 K 1510/04, rechtskräftig[↩]
- widersprüchlich dagegen FG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.01.2011 – 2 K 1262/07, EFG 2011, 1235, rechtskräftig, das einerseits ausführt, die dortige Unternehmerin habe zwar ein Angebot der Leasinggesellschaft auf Erwerb des PKW erhalten, wobei nicht feststellbar sei, ob sie dieses Angebot angenommen habe; an anderer Stelle aber formuliert, der dortigen Unternehmerin sei der PKW nicht angeboten worden[↩]