Die Grundsätze der Realteilung gelten sowohl für die Auflösung der Mitunternehmerschaft und Verteilung des Betriebsvermögens („echte Realteilung“) als auch für das Ausscheiden (mindestens) eines Mitunternehmers unter Mitnahme von mitunternehmerischem Vermögen aus einer zwischen den übrigen Mitunternehmern fortbestehenden Mitunternehmerschaft („unechte Realteilung“).

Ob im Einzelfall eine echte oder eine unechte Realteilung vorliegt, richtet sich danach, ob die Mitunternehmerschaft aufgelöst wird oder ob sie fortbesteht und nur (mindestens) ein Mitunternehmer unter Mitnahme von mitunternehmerischem Vermögen ausscheidet.
Werden im Zuge der Realteilung einer Mitunternehmerschaft Teilbetriebe, Mitunternehmeranteile oder einzelne Wirtschaftsgüter in das jeweilige Betriebsvermögen der einzelnen Mitunternehmer übertragen, so sind bei der Ermittlung des Gewinns der Mitunternehmerschaft die Wirtschaftsgüter mit den Werten anzusetzen, die sich nach den Vorschriften über die Gewinnermittlung ergeben, sofern die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist; der übernehmende Mitunternehmer ist an diese Werte gebunden (§ 16 Abs. 3 Satz 2 EStG).
Der Begriff der „Realteilung“ wird vom Gesetz nur vorausgesetzt, aber nicht definiert. Er wurde ursprünglich in der Rechtsprechung entwickelt und erstmals in § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG i.d.F. des Art. 1 Nr. 26 Buchst. b des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 vom 24.03.1999 [1] mit Wirkung vom 01.01.1999 in das EStG aufgenommen. Die für den Streitzeitraum geltende Fassung erhielt § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG durch Art. 1 Nr. 5 Buchst. b des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes vom 20.12 2001 [2].
Der Bundesfinanzhof verstand den Begriff der Realteilung in Anlehnung an das Zivilrecht zunächst ausschließlich als eine Form der Auseinandersetzung einer aufgelösten Mitunternehmerschaft. In Abgrenzung zur zivilrechtlichen Naturalteilung setzte die steuerrechtliche Realteilung zusätzlich voraus, dass die von den Beteiligten übernommenen Wirtschaftsgüter weiterhin Betriebsvermögen bleiben. Der BFH definierte Realteilung ertragsteuerlich daher als die Aufgabe einer Mitunternehmerschaft durch Aufteilung ihres Vermögens unter den Mitunternehmern, bei der zumindest einer der bisherigen Mitunternehmer ihm bei der Aufteilung zugewiesene Wirtschaftsgüter in ein anderes Betriebsvermögen überführt [3].
Mit Urteil in BFHE 252, 17, BStBl II 2017, 37 hat der BFH demgegenüber entschieden, dass die Anwendung der Grundsätze der Realteilung nicht die vollständige Auflösung der Mitunternehmerschaft voraussetzt, sondern auch in Betracht kommt, wenn (mindestens) ein Mitunternehmer unter Mitnahme von Gesellschaftsvermögen aus einer ‑unter den übrigen Mitunternehmern fortgesetzten- Mitunternehmerschaft ausscheidet. Die Realteilung i.S. des § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG sei ein Sonderfall der Betriebsaufgabe i.S. des § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG; diese erfasse neben der Aufgabe des Gewerbebetriebs als gleichrangigen Aufgabetatbestand die (vollständige) Aufgabe eines Mitunternehmeranteils oder des Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer KGaA. Insoweit werde das Ausscheiden eines Mitunternehmers unter Mitnahme von Gesellschaftsvermögen nicht mehr als Veräußerung eines Anteils, sondern als dessen Aufgabe beurteilt.
Nach neuerer Rechtsprechung finden die Regelungen über die Realteilung (§ 16 Abs. 3 Sätze 2 bis 4 EStG) danach sowohl ‑wie bisher- bei Auflösung der Mitunternehmerschaft und Verteilung des Betriebsvermögens („echte Realteilung“) als auch dann Anwendung, wenn (mindestens) ein Mitunternehmer unter Mitnahme von mitunternehmerischem Vermögen aus einer zwischen den übrigen Mitunternehmern fortbestehenden Mitunternehmerschaft ausscheidet („unechte Realteilung“). Ob im Einzelfall eine echte oder eine unechte Realteilung vorliegt, richtet sich also danach, ob die Mitunternehmerschaft aufgelöst wird (echte Realteilung) oder ob sie fortbesteht und nur (mindestens) ein Mitunternehmer unter Mitnahme von mitunternehmerischem Vermögen ausscheidet (unechte Realteilung).
Die Anwendung der Realteilungsgrundsätze setzt nicht voraus, dass alle Mitunternehmer die ihnen jeweils zugeteilten Teilbetriebe, Mitunternehmeranteile oder einzelnen Wirtschaftsgüter ausnahmslos in ein eigenes Betriebsvermögen übertragen. Vielmehr ist insoweit eine personen- und objektbezogene Betrachtung erforderlich. Ausreichend ist danach, dass jedenfalls einer der Realteiler eine der ihm zugeteilten Betriebsgrundlagen in ein eigenes Betriebsvermögen übernimmt [4], wobei es sich insoweit auch um sein Sonderbetriebsvermögen bei einer anderen Mitunternehmerschaft handeln kann [5]. Dies ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der Realteilung, Umstrukturierungsmaßnahmen durch die steuerneutrale Übertragung von Betriebsvermögen zu erleichtern, sofern das unternehmerische Engagement in anderer Form fortgesetzt wird [6]. Die steuerneutrale Buchwertfortführung soll dem einzelnen Realteiler (personenbezogen) zugutekommen, der das im Rahmen der Realteilung erhaltene Betriebsvermögen in einem anderen eigenen Betriebsvermögen weiternutzt und so sein unternehmerisches Engagement in anderer Form fortsetzt; der Aufschub der Versteuerung anlässlich einer Betriebsaufgabe an sich aufzudeckender stiller Reserven soll andererseits (objektbezogen) nur insoweit erfolgen, als das erhaltene Betriebsvermögen tatsächlich in einem anderen eigenen Betriebsvermögen weitergenutzt wird. Soweit das nicht der Fall ist, werden die in den Wirtschaftsgütern ruhenden stillen Reserven durch Ansatz der gemeinen Werte nach § 16 Abs. 3 Satz 7 EStG aufgedeckt. Auf der Ebene der Gesellschaft entsteht insoweit ein Aufgabegewinn, der den einzelnen Realteilern entsprechend der allgemeinen Gewinnverteilungsquote zugerechnet wird.
Dahinstehen lassen konnte der Bundesfinanzhof im hier entschiedenen Fall, ob und ggf. in welchem Umfang dadurch, dass ein Gesellschafter die ihm zugeteilten Wirtschaftsgüter in sein Privatvermögen übernommen hat, stille Reserven aufgedeckt wurden. Denn festgestellt hat das Finanzamt einen Veräußerungsgewinn des V, d.h. einen Gewinn auf der Ebene der Gesellschafter. Ein etwaiger Gewinn aus der Aufdeckung stiller Reserven in Wirtschaftsgütern des Gesamthandsvermögens im Zuge einer echten Realteilung wäre hingegen als Aufgabegewinn auf der Ebene der Gesellschaft zu erfassen. Die Feststellung eines Veräußerungsgewinns auf der Ebene der Gesellschafter stellt aber gegenüber der Feststellung eines Aufgabegewinns auf der Ebene der Gesellschaft eine andere selbständige Besteuerungsgrundlage dar. Auch die Verteilung eines auf Ebene der Gesellschaft entstandenen Aufgabegewinns auf die einzelnen Gesellschafter ‑vergleichbar der Aufteilung des auf der Ebene der Gesellschaft erzielten laufenden Gewinns auf die einzelnen Gesellschafter- ist mit der Feststellung eines Veräußerungs- oder Aufgabegewinns auf der Ebene der Gesellschafter nicht identisch. Dementsprechend könnte im Streitfall ein im Zuge der gegebenen Realteilung auf der Ebene der KG entstandener und ggf. auf den Gesellschafter zu verteilender Aufgabegewinn nicht dazu führen, dass die im angegriffenen Bescheid insoweit allein getroffene Feststellung eines Veräußerungsgewinns des Gesellschafters betragsmäßig lediglich entsprechend anzupassen wäre.
Auch im Rahmen einer Realteilung erfolgt die buchwertneutrale Überführung eines Wirtschaftsguts von einem Sonderbetriebsvermögen in ein anderes Sonderbetriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen nicht nach § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG, sondern nach § 6 Abs. 5 Satz 2 EStG [7]. Dies folgt bereits aus dem Wortlaut des § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG, der lediglich die Übertragung, nicht aber die Überführung von Wirtschaftsgütern erfasst. Anders als § 16 Abs. 3 Satz 3 EStG sieht § 6 Abs. 5 Satz 2 EStG keine Sperrfrist vor, bei deren Verletzung rückwirkend der gemeine Wert anzusetzen wäre.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 16. März 2017 – IV R 31/14
- BGBl I 1999, 402, BStBl I 1999, 304[↩]
- BGBl I 2001, 3858, BStBl I 2002, 35[↩]
- zur Entwicklung des Begriffs mit Nachweisen aus der Rechtsprechung BFH, Urteil vom 17.09.2015 – III R 49/13, BFHE 252, 17, BStBl II 2017, 37[↩]
- ebenso z.B. Kulosa in Herrmann/Heuer/Raupach, § 16 EStG Rz 547; Schmidt/Wacker, EStG, 36. Aufl., § 16 Rz 551[↩]
- ebenso z.B. BMF, Schreiben vom 20.12 2016 – IV C 6‑S 2242/07/10002:004, BStBl I 2017, 36, unter IV.01.[↩]
- vgl. BT-Drs. 14/6882, S. 34[↩]
- anderer Ansicht wohl BMF, Schreiben in BStBl I 2017, 36, unter IX.[↩]
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