Schadenersatzrechtliche Rückabwicklung des Erwerbs einer Kommanditbeteiligung

Erstattet eine Personengesellschaft ihrem Gesellschafter im Zuge der schadenersatzrechtlichen Rückabwicklung des Beteiligungserwerbs seine Einlage, handelt es sich beim Gesellschafter ertragsteuerrechtlich um einen Vorgang auf der Vermögensebene, der bei ihm nicht zu steuerbaren Einnahmen führt. Unerheblich ist, wie die Gesellschaft die ursprüngliche Einlageleistung verwendet hat1.

Schadenersatzrechtliche Rückabwicklung des Erwerbs einer Kommanditbeteiligung

Eine Personengesellschaft ist für die Einkommensteuer insoweit Steuerrechtssubjekt, als sie in der gesamthänderischen Verbundenheit ihrer Gesellschafter Merkmale eines Besteuerungstatbestands verwirklicht, welche den Gesellschaftern für deren Besteuerung zuzurechnen sind2. Solche Merkmale sind insbesondere die Verwirklichung des Tatbestands einer bestimmten Einkunftsart und das Erzielen von Gewinn oder Überschuss im Rahmen dieser Einkunftsart. Nicht die einzelnen Geschäftsvorfälle, sondern nur der auf Ebene der Gesellschaft erzielte und ermittelte Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben (bzw. Gewinn) wird den Gesellschaftern anteilig zugerechnet.

Wandelt sich das ursprüngliche Anschaffungsgeschäft in ein Rückgewährschuldverhältnis und wird deshalb eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung an einer Personengesellschaft (z.B. im Wege des Schadenersatzes) rückabgewickelt, wird der Anteil steuerrechtlich nicht veräußert. Die Rückübertragung der zuvor erworbenen Rechtsstellung stellt dann keinen marktoffenbaren Vorgang, sondern nur einen notwendigen Teilakt im Rahmen der zivilrechtlichen Rückabwicklung dar3.

Ob die Rückzahlung oder Erstattung der Einlage in diesem Zusammenhang beim Gesellschafter zu steuerbaren Einnahmen führen kann, hat der Bundesfinanzhof, soweit ersichtlich, noch nicht entschieden. Denkbar wäre dies, wenn ein hinreichender wirtschaftlicher Zusammenhang der ursprünglichen Einlageleistung mit Aufwendungen bestünde, die auf Ebene der Gesellschaft zu Werbungskosten oder Anschaffungskosten geführt haben. In einem Nichtzulassungsbeschluss hat der Bundesfinanzhof dazu ohne Bindungswirkung ausgeführt, es handele sich jedenfalls dann um einen Vorgang auf der Vermögensebene, wenn der Kommanditist einer vermögensverwaltenden Kommanditgesellschaft nach Einlagenrückgewähr gemäß § 171 Abs. 1  1. Halbsatz, § 172 Abs. 4 des Handelsgesetzbuchs für Darlehensverbindlichkeiten der Gesellschaft in Haftung genommen werde (Einlageleistung) und wenn die von der Gesellschaft nicht erbrachte Zahlung bei dieser nicht zum Werbungskostenabzug geführt hätte4.

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Erstattet eine Personengesellschaft ihrem Gesellschafter im Zuge der schadenersatzrechtlichen Rückabwicklung des Beteiligungserwerbs seine Einlage, handelt es sich beim Gesellschafter ertragsteuerrechtlich um einen Vorgang auf der Vermögensebene, der bei ihm nicht zu steuerbaren Einnahmen führt. Unerheblich ist, wie die Gesellschaft die ursprüngliche Einlageleistung verwendet hat. Das ergibt sich mangels einer gesetzlichen Regelung aus allgemeinen Grundsätzen.

Die zivilrechtliche Rückabwicklung des Beteiligungserwerbs an einer Personengesellschaft wirkt steuerlich nicht zurück. Sie verändert insbesondere nicht die persönliche Zurechnung der gemeinschaftlich erzielten Einkünfte mit Wirkung für die Vergangenheit; diese werden dem Gesellschafter bis zu seinem Ausscheiden aus der Gesellschaft persönlich zugerechnet. Insofern kommt es auf den Zeitpunkt des Vollzugs der Rückabwicklung (Rückübertragung der Beteiligung Zug um Zug gegen Erstattung der jeweils empfangenen Geldleistungen) an. Der Gesellschafter wird nur schadenersatzrechtlich, also vermögensmäßig so gestellt, als hätte er sich niemals an der Gesellschaft beteiligt. Die Gesellschafterstellung entfällt aber nicht rückwirkend. Sie ist der fortbestehende Grund für die anteilige persönliche Zurechnung der gemeinschaftlich erzielten Einkünfte. Vor diesem Hintergrund besteht schon im Ausgangspunkt keine Veranlassung, dem Gesellschafter, der seine Beteiligung rückabwickelt/rückabwickeln möchte, die Ergebnisse seiner Beteiligung aus wirtschaftlichen Gründen (ganz oder teilweise) nicht zu belassen.

Die anteilige persönliche Zurechnung der gemeinschaftlich erzielten Einkünfte ist grundsätzlich nicht davon abhängig, dass der Gesellschafter seine Einlage erbracht hat. Zwar finanziert er im Regelfall mit seiner Einlage in wirtschaftlicher Hinsicht einen (unbestimmten) Teil der Aufwendungen der Gesellschaft und trägt sie insofern. Wird ihm seine Einlage erstattet, ist er insoweit wirtschaftlich nicht mehr belastet. Für die steuerliche Zurechnung von Einkünften kommt es darauf jedoch nicht an. Sie werden ihm auch dann persönlich zugerechnet, wenn er seine Einlage noch nicht geleistet hat oder wenn sie ihm von der Gesellschaft erstattet worden ist. Für die Erstattung der Einlage im Zuge der Rückabwicklung des ursprünglichen Anschaffungsvorgangs kann nichts anderes gelten. An der persönlichen Zurechnung des Ergebnisanteils für die Vergangenheit ändert sie nichts.

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Ebenso wenig kommt es darauf an, wie die Gesellschaft die Einlage verwendet hat. Aufwendungen, die bei der Gesellschaft zu sofort abzugsfähigen Werbungskosten führen, mindern den Ergebnisanteil des Gesellschafters nicht deshalb, weil er sie unmittelbar oder wirtschaftlich getragen hat. Entsprechendes gilt für Aufwendungen, die bei der Gesellschaft zu Anschaffungskosten geführt haben und den Ergebnisanteil des Gesellschafters in Form von AfA, erhöhter AfA oder Sonder-AfA mindern. Auch insofern kommt es auf die Verwendung der Einlage durch die Gesellschaft nicht an. Ein hinreichender wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen der Einlageleistung des Gesellschafters und bestimmten Aufwendungen der Gesellschaft besteht nicht. Er ließe sich auch praktisch nicht feststellen. Für die Rückabwicklung der Beteiligung und die Erstattung der Einlage in diesem Zusammenhang kann auch insofern nichts anderes gelten.

Die Einlageleistung ist beim Gesellschafter ein Vorgang auf der Vermögensebene. Der umgekehrte Vorgang (Erstattung der Einlage durch die Gesellschaft) berührt beim Gesellschafter ebenfalls nur die Vermögensebene und führt nicht zugleich zum Zufluss von laufenden Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung. Zwischen der Erstattung der Einlage und bestimmten Aufwendungen der Gesellschaft besteht kein hinreichender (wirtschaftlicher) Zusammenhang.

Negative Werbungskosten liegen schon wegen der partiellen Steuersubjektivität der Personengesellschaft nicht vor. Die Gesellschaft erzielt und ermittelt die Einkünfte; die einzelnen Geschäftsvorfälle sind ihr und nicht den Gesellschaftern zuzurechnen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der sog. Bruchteilsbetrachtung (§ 39 Abs. 2 Nr. 2 der Abgabenordnung). Sie ermöglicht es insbesondere nicht, dem Gesellschafter Werbungs- oder Anschaffungskosten der Gesellschaft unmittelbar zuzurechnen, denn Zahlungsvorgänge oder Geschäftsvorfälle sind keine Wirtschaftsgüter. Erstattet die Gesellschaft dem Gesellschafter seine Einlage, fließen mithin keine Aufwendungen zurück, die   bei ihm   zuvor als Werbungskosten abgezogen worden sind.

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Entsprechendes gilt für Aufwendungen, die auf Ebene der Gesellschaft zu Anschaffungskosten geführt haben und bei ihr mit der AfA, erhöhter AfA oder Sonder-AfA berücksichtigt worden sind. Auch sie werden mit der Einlage nicht in dem Sinne erstattet, dass beim Gesellschafter Einnahmen in Höhe der anteilig zugewiesenen AfA entstehen. Dieses Ergebnis wird auch dadurch bestätigt, dass eine § 23 Abs. 3 Satz 4 EStG entsprechende Vorschrift für die Besteuerung von Rückabwicklungsvorgängen fehlt. Nach dieser Vorschrift mindern AfA, erhöhte AfA und Sonder-AfA bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns die Anschaffungs- oder Herstellungskosten und erhöhen somit den Veräußerungsgewinn (bzw. mindern den Veräußerungsverlust). Eine direkte Anwendung der Vorschrift kommt nicht in Betracht, da die Rückabwicklung keine Veräußerung ist. Es entsteht auch kein „Rückabwicklungsgewinn“, bei dessen Ermittlung die AfA berücksichtigt werden könnte. Allenfalls stellt sich die Frage, ob die Erstattung der Einlage oder andere Geldzuflüsse ganz oder teilweise als Einnahme zu behandeln ist. Dafür müsste der Vorschrift ein allgemeiner Rechtsgedanke zugrunde liegen. Dafür bestehen indes keine Anhaltspunkte.

Schließlich würde eine Korrektur von dem Gesellschafter mit seinem Ergebnisanteil zugewiesenen Werbungskosten der Gesellschaft bei Einlagenerstattung auch im Gesamtergebnis nicht überzeugen. Die entsprechenden Aufwendungen könnten nämlich auch keinem anderen Steuersubjekt zugewiesen werden und würden sich somit im Ergebnis nicht mehr auswirken.

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Dem steht nicht entgegen, dass der Bundesgerichtshof nach neuerer Rechtsprechung im Hinblick auf steuerliche Verlustzuweisungen einen Vorteilsausgleich abgelehnt hat, wenn die Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds schadenersatzrechtlich rückabgewickelt wird5. Zwar geht der Bundesgerichtshof steuerrechtlich davon aus, dass der Erwerber die Schadenersatzleistung als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung versteuern muss, soweit damit zuvor als Werbungskosten geltend gemachte Aufwendungen zurückgezahlt werden. Der steuerliche Vorteil werde damit rückgängig gemacht und verbleibe dem Geschädigten nicht, so dass er ihn sich auch nicht anrechnen lassen müsse6. Der Bundesgerichtshof bezeichnet die steuerliche Rechtslage jedoch ausdrücklich als unklar und weist dieses Risiko bewusst dem Schädiger zu. Außerdem müssten die Zivilgerichte zeitnah abschließend entscheiden können. Der Bundesfinanzhof versteht diese Ausführungen so, dass der Bundesgerichtshof keine abschließende Entscheidung darüber getroffen hat, ob die Schadenersatzleistung bei Rückabwicklung der Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds steuerbar ist. Danach besteht für eine Anrufung des gemeinsamen Bundesfinanzhofs der obersten Gerichtshöfe des Bundes keine Veranlassung, weil der Bundesfinanzhof nicht von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abweicht (§ 2 Abs. 1 des Gesetzes zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes).

Bundesfinanzhof, Urteil vom 19. Juli 2022 – IX R 18/20

  1. Abgrenzung von BGH, Urteil vom 11.02.2014 – II ZR 276/12, BGHZ 200, 51, DStR 2014, 602[]
  2. vgl. BFH, Beschluss vom 25.06.1984 – GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, unter C.III. 3.a[]
  3. z.B. BFH, Urteil vom 16.06.2015 – IX R 21/14, BFH/NV 2015, 1567[]
  4. BFH, Beschluss in BFH/NV 2015, 1088[]
  5. BGH, Urteil vom 11.02.2014 – II ZR 276/12, BGHZ 200, 51, DStR 2014, 602[]
  6. zustimmend Meyer, Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht -BKR- 2016, 309; ablehnend Yildirim, BKR 2014, 188[]
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