Die gewonnenen Schätzergebnisse müssen schlüssig, wirtschaftlich möglich und vernünftig sein. Deshalb sind alle möglichen Anhaltspunkte, u.a. auch das Vorbringen des Steuerpflichtigen oder eine an sich fehlerhafte Buchführung zu beachten und alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um im Rahmen des der Finanzbehörde Zumutbaren die Besteuerungsgrundlagen wenigstens teilweise zu ermitteln.

Auf der anderen Seite ist aber auch das Maß der Verletzung der dem Steuerpflichten obliegenden Mitwirkungspflichten zu berücksichtigen. Deshalb ist es gerechtfertigt, bei einer Pflichtverletzung des Steuerpflichtigen, insbesondere bei einer nicht ordnungsgemäßen Buchführung, einen Sicherheitszuschlag vorzunehmen 1.
Der Sicherheitszuschlag lässt sich dabei als eine griffweise Schätzung, die in einem vernünftigen Verhältnis zu den erklärten oder nicht erklärten Einnahmen steht, charakterisieren 2.
Im Streitfall hat das Finanzamt und ihm folgend das Finanzgericht diese anerkannten Schätzungsgrundsätze beachtet. Das Finanzamt war dem Grunde nach zur Schätzung berechtigt, da die Klägerin ihre Mitwirkungspflicht (§ 90 Abs. 1 AO) verletzt hat, da sie trotz mehrfacher Aufforderung keine Gewinnermittlung vorgelegt hat. Sie hätte eine Hinzuschätzung verhindern können, wenn sie an der Aufklärung des Sachverhalts mitgewirkt und Aufzeichnungen über ihre Betriebseinnahmen vorgelegt hätte. Sie hat sich jedoch darauf beschränkt, die Schätzung zu bestreiten und darauf hinzuweisen, dass die Vorlage einer Gewinnermittlung überflüssig sei, da die Einnahmen dem erklärten Gewinn entsprächen. Weder das Finanzamt, noch das Finanzgericht waren danach in der Lage, die Richtigkeit ihrer Angaben zu überprüfen. Die Höhe des Zuschlags von 7.000 EUR erscheint vor dem Hintergrund der fehlenden Gewinnermittlung als vertretbar und angemessen. Allein der Umstand, dass in den Vorjahren stets ein Gewinn in Höhe von 18.000 EUR erklärt wurde, beweist nicht, dass es sich im Streitjahr 2004 ebenso verhalten musste.
Revisionsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden ist, dass das Finanzgericht der Schätzung des Finanzamt für das Jahr 2006 gefolgt ist, bei der es Einkünfte der Klägerin aus selbständiger Arbeit in Höhe von 27.000 EUR der Besteuerung zugrunde gelegt hat. Zwar hat die Klägerin erstmals im finanzgerichtlichen Verfahren erklärt, dass sie im Jahr 2006 wegen einer Erkrankung keine Einkünfte mehr erzielt habe. Da sie aber weder eine Betriebsaufgabe erklärt, noch dargelegt und nachgewiesen hat, wann die Erkrankung konkret eingetreten ist, konnten weder das Finanzamt noch das Finanzgericht diese Behauptung verifizieren. Die griffweise Schätzung verließ auch nicht den durch die Umstände des Einzelfalles gezogenen Schätzungsrahmen. Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von 27.000 EUR sind denkbar. Es lagen keine Erkenntnisse dafür vor, dass und warum die Einkünfte der Klägerin diese Größenordnung schlechterdings nicht hätten erreichen können, so dass nicht von einem offensichtlich realitätsfremden Ergebnis auszugehen ist.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 15. April 2015 – VIII R 49/12
- Klein/Rüsken, AO, 12. Aufl., § 162 Rz 38, m.w.N. aus der Rechtsprechung[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 26.10.1994 – X R 114/92, BFH/NV 1995, 373[↩]