Schätzung durch Finanzamt und Finanzgericht – und die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes

Zur Begründung einer Schätzungsbefugnis dem Grunde und der Höhe nach darf der Tatrichter sich nicht mit der bloßen Benennung formeller oder materieller Mängel begnügen, sondern muss diese auch nach dem Maß ihrer Bedeutung für den konkreten Einzelfall gewichten. Eine Vollschätzung unter vollständiger Verwerfung der Gewinnermittlung des Steuerpflichtigen ist nur zulässig, wenn die festgestellten Mängel gravierend sind.

Schätzung durch Finanzamt und Finanzgericht – und die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes

Die Verwendung eines objektiv manipulierbaren Kassensystems stellt grundsätzlich einen formellen Mangel von hohem Gewicht dar, da in einem solchen Fall systembedingt keine Gewähr für die Vollständigkeit der Einnahmenaufzeichnungen gegeben ist. Das Gewicht dieses Mangels kann sich in Anwendung des Verhältnismäßigkeits- und Vertrauensschutzgrundsatzes im Einzelfall auf ein geringeres Maß reduzieren. Das gilt insbesondere dann, wenn das Kassensystem zur Zeit seiner Nutzung verbreitet und allgemein akzeptiert war und eine tatsächliche Manipulation unwahrscheinlich ist. Der in der Verwendung einer solchen objektiv manipulierbaren elektronischen Registrierkasse einfacher Bauart liegende formelle Mangel begründet keine Schätzungsbefugnis, wenn der Steuerpflichtige in überobligatorischer Weise sonstige Aufzeichnungen führt, die eine hinreichende Gewähr für die Vollständigkeit der Einnahmenerfassung bieten.

Bei elektronischen Registrierkassen einfacher Bauart werden Funktionen und Stand der festen Programmierung (Firmware) durch die Bedienungsanleitung dokumentiert. Änderungen von Einstellungen der Kasse sind vom Steuerpflichtigen im Zeitpunkt der Vornahme der Änderungen durch Anfertigung entsprechender Protokolle über die vorgenommenen Einstellungen zu dokumentieren1.

In dem hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall, in dem dieser seine Rechtsprechung zur Anwendung der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes bei Schätzungen fortgeführt hat, verwendete ein Restaurantbetreiber, der einen großen Teil seiner Einnahmen in Form von Bargeld erzielte, in den Jahren 2011 bis 2014 eine elektronische Registrierkasse sehr einfacher Bauart, die bereits in den 1980er Jahren entwickelt worden war. Das Finanzamt sah die Aufzeichnungen des Gastronoms nicht als ordnungsgemäß an und nahm eine Vollschätzung der Erlöse vor. Dies führte zu einer Vervierfachung der erklärten Umsätze. Das Niedersächsische Finanzgericht beauftragte einen Sachverständigen mit der Begutachtung der Registrierkasse. Dieser kam zu dem Ergebnis, ein bestimmter interner Zähler der Kasse, der die Lückenlosigkeit der Tagesausdrucke sicherstellen solle (Z1-Zähler – Tagesendsummenbon), könne durch Eingabe entsprechender Codes verändert werden. Eine solche Änderung könne allerdings im Zuge von Reparaturen der Kasse erforderlich werden. Daraufhin sah das Finanzgericht die Kasse als objektiv manipulierbar -und damit ungeeignet für steuerliche Zwecke- an und bestätigte die Vollschätzung des Finanzamtes im Wesentlichen2. Eine tatsächliche Manipulation der Kasse hat das Niedersächsische Finanzgericht nicht feststellen können. Auf die Revision des Finanzamtes hat der Bundesfinanzhof dieses finanzgerichtliche Urteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Prüfung an das Niedersächsische Finanzgericht zurückverwiesen:

Zwar sei die vom Gastronom verwendete Registrierkasse objektiv manipulierbar gewesen. Dies stelle grundsätzlich einen formellen Mangel von hohem Gewicht dar, der dem Finanzamt eine Schätzungsbefugnis gebe. Allerdings sei das Wissen um die Manipulierbarkeit derart alter Kassenmodelle erst im Laufe der Zeit gewachsen. Daher sei den Steuerpflichtigen in Anwendung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit unter bestimmten -im Urteil näher ausgeführten- Voraussetzungen Vertrauensschutz zu gewähren. Das Gewicht des in der objektiven Manipulierbarkeit liegenden Mangels sei dann nicht so hoch wie im Regelfall und könne bei Führung zusätzlicher Nachweise sogar ganz entfallen.

Nur im Ergebnis zu Recht hat das Finanzgericht in Bezug auf die Restaurantumsätze eine Schätzungsbefugnis dem Grunde nach bejaht; ein Teil der von ihm angenommenen Mängel der Aufzeichnungen des Gastronoms liegt allerdings nicht vor oder ist vom Finanzgericht zu stark gewichtet worden. Auf einige wesentliche Einwendungen des Gastronoms, denen das Finanzgericht hätte nachgehen müssen, ist es nicht eingegangen. Dies alles bewirkt, dass die tatrichterlichen Feststellungen und Würdigungen derzeit insgesamt keine Grundlage für die vom Finanzgericht angenommene Befugnis zu einer Vollschätzung bieten.

Das Finanzgericht hat zwar im Ergebnis zu Recht erkannt, dass es nach den hierfür geltenden Rechtsgrundlagen dem Grunde nach zur Schätzung befugt war. Nicht alle der von ihm angenommenen formellen und materiellen Mängel der Aufzeichnungen des Gastronoms sind allerdings tatsächlich gegeben; soweit die Mängel tatsächlich vorliegen, ist ihnen vom Finanzgericht teilweise ein zu starkes Gewicht beigemessen worden.

Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen (§ 162 Abs. 1 Satz 1 AO); dies gilt gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO auch für das Gericht.

Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, wenn die Aufzeichnungen nach § 158 Abs. 2 AO -in den Streitjahren: § 158 AO- nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen bestehen (§ 162 Abs. 2 Satz 2 AO). Nach § 158 AO in der in den Streitjahren geltenden Fassung sind die Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen, die den Vorschriften der §§ 140 bis 148 AO entsprechen, der Besteuerung zugrunde zu legen, soweit nach den Umständen des Einzelfalls kein Anlass ist, ihre sachliche Richtigkeit zu beanstanden.

Formelle Mängel berechtigen nach ständiger Rechtsprechung nur insoweit zur Schätzung, als sie Anlass geben, die sachliche Richtigkeit des Ergebnisses der Gewinnermittlung anzuzweifeln3.

Da bei der Schätzung alle Umstände zu berücksichtigen sind, die für die Schätzung von Bedeutung sind (§ 162 Abs. 1 Satz 2 AO), darf der Tatrichter sich zur Begründung einer Schätzungsbefugnis dem Grunde und der Höhe nach nicht mit der bloßen Benennung formeller oder materieller Mängel begnügen, sondern muss sie auch nach dem Maß ihrer Bedeutung für den konkreten Einzelfall gewichten. Nur durch angemessene Gewichtung des Mangels kann beurteilt werden, inwieweit nach den Umständen des Einzelfalls Anlass ist, die sachliche Richtigkeit der Aufzeichnungen zu beanstanden. Die Schwere des Mangels ist deshalb von entscheidender Bedeutung für Art und Höhe der Schätzung.

Die Aufzeichnungen des Gastronoms entsprechen nicht in allen Punkten den Vorschriften der §§ 140 bis 148 AO und weisen daher formelle Mängel auf. Diese Mängel liegen allerdings weder in dem vom Finanzgericht angenommenen Umfang vor noch kommt ihnen das vom Finanzgericht angenommene Gewicht zu.

Dies gilt zunächst für die Manipulierbarkeit der vom Gastronom verwendeten elektronischen Registrierkasse eines sehr einfachen Typs. Zwar hat das Finanzgericht in revisionsrechtlich bindender Weise festgestellt, dass diese Kasse objektiv manipulierbar war. Damit entsprach die Kasse nicht den Anforderungen des § 145 Abs. 2 AO. Darin ist grundsätzlich ein formeller Mangel von hohem Gewicht zu sehen. Das Gewicht dieses Mangels kann jedoch im Einzelfall reduziert sein, wozu im Streitfall das Finanzgericht allerdings weitere Feststellungen zu treffen hätte. Darüber hinaus ist es sogar denkbar, dass der in der Verwendung einer objektiv manipulierbaren Kasse liegende Mangel unter bestimmten Voraussetzungen gar nicht zur Begründung einer Schätzungsbefugnis herangezogen werden kann; diese Voraussetzungen sind im Streitfall allerdings nicht erfüllt.

Zu Recht ist das Finanzgericht zu der Einschätzung gelangt, dass die vom Gastronom verwendete Registrierkasse objektiv manipulierbar war. Das Finanzgericht hat dies in revisionsrechtlich bindender Weise aus den Angaben des Sachverständigen gefolgert. Danach konnte der Stand des Z1-Zählers beliebig verändert werden, ohne dass eine solche Änderung -in einer ihrerseits unveränderlichen Weise- protokolliert wurde.

Die Unzulässigkeit solcher undokumentierter Änderungsmöglichkeiten folgt zwar nicht schon aus der -vom Finanzgericht hierfür herangezogenen- Regelung des § 146 Abs. 4 Satz 1 AO, wonach eine Buchung oder Aufzeichnung nicht in einer Weise verändert werden darf, dass der ursprüngliche Inhalt nicht mehr feststellbar ist. Denn „Aufzeichnung“ in diesem Sinne ist nur der bereits ausgedruckte Z1-Bon; dieser wird aber durch eine spätere Änderung des Z1-Zählers der Kasse nicht verändert. Der in der elektronischen Kasse gespeicherte Z1-Zähler, dessen Inhalt sich bestimmungsgemäß laufend verändert, ist hingegen noch keine „Aufzeichnung“.

Allerdings lässt sich der in § 145 Abs. 2 AO getroffenen Regelung entnehmen, dass die im Streitfall gegebene undokumentierte Änderungsmöglichkeit des Standes des Z1-Zählers steuerrechtlich unzulässig ist. Nach dieser Vorschrift sind Aufzeichnungen so vorzunehmen, dass der Zweck, den sie für die Besteuerung erfüllen sollen, erreicht wird. Die lückenlose Abfolge öffnungstäglicher durchnummerierter Z1-Bons stellt eine wesentliche Anforderung an den Inhalt der für die Besteuerung zu fordernden Aufzeichnungen dar. Wenn zur Erstellung dieser Z1-Bons jedoch ein Gerät genutzt wird, das beliebige undokumentierte Änderungen des Z1-Zählers ermöglicht, können die mithilfe dieses Geräts erstellten Z1-Bons nicht ihren -wesentlichen- Zweck für die Besteuerung erfüllen, weil trotz äußerlich fortlaufender Durchnummerierung keine sichere Gewähr ihrer tatsächlichen Lückenlosigkeit mehr besteht.

Grundsätzlich stellt die Verwendung eines objektiv manipulierbaren Kassensystems einen -zunächst allerdings nur formellen- Mangel von hohem Gewicht dar, da in diesen Fällen schon systembedingt keine Gewähr für die Vollständigkeit der Einnahmenaufzeichnung gegeben ist.

Das im Regelfall hohe Gewicht dieses Mangels kann unter besonderen Umständen reduziert sein, wozu im Streitfall das Finanzgericht allerdings weitere Feststellungen zu treffen hätte.

Der Streitfall ist durch die Besonderheit gekennzeichnet, dass die Software der vom Gastronom verwendeten Kasse bereits in den Jahren 1987 und 1988 geschrieben und die Kasse nach 2002 nicht mehr in Deutschland vertrieben worden ist. Der Einsatz derart einfacher Kassenmodelle wie im Streitfall ist spätestens mit dem Inkrafttreten des § 146a AO am 01.01.2020 unzulässig geworden. Nach Auffassung der Finanzverwaltung durften derartige Systeme sogar nur längstens bis zum 31.12.2016 eingesetzt werden4, sodass sie in der Praxis spätestens seit diesem Datum nicht mehr in nennenswertem Umfang genutzt worden sein dürften. Die Schlussfolgerung, dass dieses in den Betrieben seit über 20 Jahren eingesetzte Kassenmodell objektiv manipulierbar ist, ist ersichtlich erst im Laufe der Zeit gewachsen. Wenn die Finanzverwaltung selbst die Nutzung derartiger Kassen bis zum Jahr 2016 und damit über den streitigen Zeitraum hinaus akzeptiert hat, mussten die Steuerpflichtigen nicht unbedingt davon ausgehen, dass sie mit der Nutzung gegen zwingende Vorschriften der Abgabenordnung verstoßen und allein damit einen Anlass zur Schätzung geben würden.

Auch bei der Vornahme von Schätzungen ist der -das gesamte öffentliche Recht durchziehende- Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten5. Auch die Gewichtung der festgestellten Mängel und die daran anknüpfende Frage nach dem zulässigen Schätzungsumfang, namentlich, ob die festgestellten Mängel insbesondere den gravierenden Eingriff einer Vollschätzung -unter vollständiger Verwerfung der Gewinnermittlung des Steuerpflichtigen- rechtfertigen, ist ein Ausfluss des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Hinzu kommen im Streitfall Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes.

Der Bundesfinanzhof hat bereits entschieden, dass auch in Fällen, in denen feststeht, dass es systembedingt keine Vollständigkeitsgewähr in Bezug auf die Einnahmenerfassung geben kann, nicht stets eine Befugnis zur Vollschätzung besteht6. Mit dem dortigen Fall ist der vorliegende zwar nicht direkt vergleichbar, da die hier eingesetzte Kasse vom Gastronom aufgrund ihrer Manipulierbarkeit objektiv nicht hätte genutzt werden dürfen. Das Finanzgericht wird indes bei der Gewichtung dieses Mangels den bereits aufgezeigten Gesichtspunkt zu berücksichtigen haben, dass die Finanzverwaltung die Verwendung einer solchen Kasse zunächst nicht beanstandet hatte und das Bewusstsein für die Schwachstellen solcher Kassen erst im Laufe der Zeit und über den Streitzeitraum hinweg entstanden sein dürfte.

Wenn eine Kasse zwar objektiv manipulierbar ist, diese Manipulationsmöglichkeit aber niemandem bekannt ist, wäre das Gewicht eines solchen formellen Mangels als geringfügig anzusehen. Gleiches würde gelten, wenn im konkreten Einzelfall nachgewiesen werden könnte -was in der Praxis aber kaum einmal möglich sein dürfte-, dass der Steuerpflichtige, der eine solche Kasse eingesetzt hat, keine Kenntnis von der Manipulationsmöglichkeit hatte.

Der Streitfall ist dadurch gekennzeichnet, dass die Kasse objektiv manipulierbar war und dies auch einem bestimmten Personenkreis -zumindest dem Kassenhersteller und den Kassenhändlern und -reparateuren- bekannt gewesen ist, aber weder festgestellt noch ausgeschlossen werden kann, dass auch der Gastronom von der Möglichkeit undokumentierter Änderungen des Standes des Z1-Zählers Kenntnis hatte.

In einem solchen Fall hält es der Bundesfinanzhof in Anwendung des Verhältnismäßigkeits- und Vertrauensschutzgrundsatzes für geboten, beim kumulativen Vorliegen der folgenden Voraussetzungen (Hilfstatsachen) das -in Bezug auf die Begründung einer Schätzungsbefugnis dem Grunde nach sowie die Vornahme der Schätzung der Höhe nach im Regelfall hohe- Gewicht des in einer objektiven Manipulierbarkeit der eingesetzten Kasse liegenden formellen Mangels angemessen zu reduzieren:

  • Der Kassenhersteller hat während des Vertriebszeitraums der Kasse ein Kassenmodell in Verkehr bringen wollen, das nach allgemeiner Vorstellung den damaligen steuerrechtlichen Anforderungen genügte;
  • die Finanzverwaltung hat die Nutzung dieses Kassenmodells bisher nicht beanstandet;
  • das Kassenmodell hat in der betrieblichen Praxis eine nennenswerte Verbreitung erfahren;
  • eine tatsächliche Nutzung der objektiv gegebenen Manipulationsmöglichkeit durch den Steuerpflichtigen im konkreten Einzelfall ist nicht nachgewiesen, und nach den Umständen spricht auch eine weit überwiegende Wahrscheinlichkeit gegen eine solche Manipulation.

Auch wenn die Rechtsprechung einen in der Vergangenheit verwirklichten Sachverhalt notwendigerweise rückblickend beurteilt und daher auch tatsächliche und rechtliche Erkenntnisse heranziehen kann und muss, die sich erst nach der Verwirklichung des Sachverhalts ergeben haben, können doch der anzuwendenden Rechtsnorm Einschränkungen für die Ex-post-Betrachtung innewohnen. Zu den Umständen, die für die Schätzung von Bedeutung sind (§ 162 Abs. 1 Satz 2 AO), gehören auch die allgemeine Aufzeichnungspraxis sowie der Wissensstand des Steuerpflichtigen in dem Zeitpunkt, in dem es zu der formellen Mangelhaftigkeit der Buchführung gekommen ist. Insoweit gebieten es die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes, jedenfalls bei der Gewichtung eines -rückblickend objektiv feststehenden- formellen Mangels zu berücksichtigen, ob dieser im Zeitpunkt der Verwirklichung des Sachverhalts vom Steuerpflichtigen überhaupt erkannt worden war beziehungsweise hätte erkannt werden können. Es wäre unverhältnismäßig, wenn die Gewinnermittlung aller Steuerpflichtigen, die ein solches -seinerzeit möglicherweise weit verbreitetes- Kassenmodell eingesetzt haben, allein deshalb verworfen würde, weil sich mehrere Jahrzehnte nach dem Entwicklungs- und Vertriebszeitraum dieses Kassenmodells herausstellt, dass es objektiv manipulierbar gewesen ist.

Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, wird das Finanzgericht im zweiten Rechtsgang feststellen und die dafür bestehenden Indizien prüfen müssen. Aus der -vom Finanzgericht ausführlich protokollierten- Vernehmung des Programmierers der Kassensoftware als Sachverständigen haben sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass er beziehungsweise der Kassenhersteller eine Kasse hat in Verkehr bringen wollen, die den damaligen steuerrechtlichen Anforderungen nicht genügte. Vielmehr hat er die von ihm vorgesehene Möglichkeit zur Neueinstellung des Z1-Zählers nachvollziehbar damit erklärt, dass diese Funktion aus seiner Sicht für die unveränderte Wiederaufnahme des Kassenbetriebs nach der Durchführung von Reparaturarbeiten erforderlich gewesen sei. Die Schlussfolgerung, dass dies den Anforderungen des § 145 Abs. 2 AO objektiv nicht entspricht, wurde möglicherweise zur damaligen Zeit noch nicht gezogen. Soweit bisher ersichtlich, hat die Finanzverwaltung die Nutzung dieses Kassenmodells noch für den Streitzeitraum weder allgemein noch -trotz Durchführung früherer Außenprüfungen- konkret beim Gastronom beanstandet. Auch hat das Finanzgericht ausdrücklich festgestellt, dass kein Nachweis für eine tatsächliche Manipulation der Kasse durch den Gastronom vorliegt.

Darüber hinaus begründet selbst die Verwendung einer objektiv manipulierbaren Kasse unter engen Voraussetzungen gar keine Schätzungsbefugnis7. Dies wäre vor allem dann der Fall, wenn der Steuerpflichtige in überobligatorischer Weise sonstige Aufzeichnungen führt, die eine hinreichende Gewähr für die Vollständigkeit der Einnahmenerfassung bieten. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall allerdings nicht erfüllt.

Im Streitfall wäre beispielsweise der tägliche Ausdruck des Standes des GT1-Speichers auf den Z1-Bons geeignet gewesen, trotz der objektiven Manipulierbarkeit der Kasse auf andere Weise eine hinreichende Gewähr für die Vollständigkeit der Einnahmenerfassung zu bieten. Denn wenn in lückenlos vorliegenden Z1-Bons nicht nur der Z1-Zähler und die Summe der Tageseinnahmen ausgedruckt ist -dies allein bietet bei der hier eingesetzten Kasse keine absolute Gewähr für die Vollständigkeit der Einnahmenerfassung-, sondern zusätzlich auch der GT1-Speicher, der nach den Ausführungen des Sachverständigen nicht manipulierbar war, und die Differenz des GT1-Speichers zum Stand des jeweiligen Vortages exakt der Summe der im Z1-Bon angegebenen Tageseinnahmen entspricht, dann bestünde kein vernünftiger Zweifel mehr an der Vollständigkeit der Erklärung jedenfalls derjenigen Einnahmen, die mit der Kasse erfasst wurden.

Zwar ist der unterbliebene Ausdruck des GT1-Speichers in den Z1-Bons dem Gastronom nach Auffassung des Bundesfinanzhofs nicht als zusätzlicher formeller Mangel vorzuhalten, da dies nicht zu den Mindestanforderungen an die Ordnungsmäßigkeit eines Z1-Bons gehört8. Der Gastronom hätte allerdings durch den überobligatorischen Ausdruck des GT1-Speichers in seinen Z1-Bons die Möglichkeit gehabt, den in der objektiven Manipulierbarkeit des Z1-Zählers liegenden formellen Mangel seiner Aufzeichnungen gewissermaßen auszugleichen. Hiervon hat er indes keinen Gebrauch gemacht.

Soweit das Finanzgericht eine weitere Manipulationsmöglichkeit darin gesehen hat, dass einzelne Berichtsteile (der Sachverständige hat hier Warengruppenberichte, Bedienerumsätze und Kassensollberichte genannt) in Z-Stellung separat gelöscht werden können, ohne dass dies Auswirkungen auf den Z1-Zähler hat, ist dies für den Bundesfinanzhof jedenfalls ohne nähere Erläuterungen nicht nachvollziehbar.

Zwar ist das Revisionsgericht in Schätzungsfällen auf die Überprüfung von Rechtsfehlern beschränkt. Allerdings muss es die Schätzung nachvollziehen können, um zu überprüfen, ob das Finanzgericht bei der Tatsachenfeststellung und Beweiswürdigung von sachfremden Erwägungen ausgegangen ist. Das Tatsachengericht hat darzulegen, wie und dass es seine Überzeugung in rechtlich zulässiger und einwandfreier Weise gewonnen hat9. Hieran fehlt es derzeit in Bezug auf die in diesem Zusammenhang vom Finanzgericht angenommene Manipulationsmöglichkeit.

Maßgeblich für die lückenlose Zusammenstellung der Erlöse der einzelnen Betriebstage sind nicht Warengruppen- oder Bedienerberichte, sondern die Tagesendsummenbons. Gerade der Umstand, dass die separate Löschung von Berichtsteilen den Z1-Zähler nicht berührt, gewährleistet deshalb die korrekte Erfassung der Einnahmen. Hätte -wie es sich das Finanzgericht offenbar vorstellt- die Löschung eines Kellnerberichts zur Folge, dass der Z1-Zähler verändert würde, träte deshalb genau das Gegenteil des vom Finanzgericht Erstrebten ein: Ohne Löschung des Inhalts des Z1-Speichers würde der Z1-Zähler verändert. Dies wäre nicht zulässig und würde den -für die Überprüfbarkeit der Vollständigkeit der Einnahmenerfassung entscheidenden- Tagesendsummenbons ihre Ordnungsmäßigkeit nehmen. Ohne nähere Erläuterungen des Finanzgerichts ist daher der Umstand, dass die Löschung der genannten Berichte keine Auswirkung auf den Z1-Zähler hatte, nicht als objektive Manipulationsmöglichkeit anzusehen.

Als weiteren formellen Mangel von erheblicher Bedeutung hat das Finanzgericht angeführt, dass der Gastronom keine Protokolle über Umprogrammierungen der Kasse vorgelegt habe, obwohl solche Umprogrammierungen nach der Überzeugung der Vorinstanz stattgefunden haben müssten. Diese Ausführungen sind nicht frei von Rechtsfehlern.

Zum einen hat das Finanzgericht die Auffassung vertreten, der im Zeitpunkt der Umsatzsteuer-Nachschau und der späteren Außenprüfung vorgefundene Zustand der Einstellungen der Kasse (kein Ausdruck des GT-Speichers und des Journals; Möglichkeit zur Ausgabe von Proforma-Rechnungen) habe auf einer Umprogrammierung beruht. Der Gastronom hat jedoch -ohne dass das Finanzgericht sich damit auseinandergesetzt hätte- vorgetragen, diese Einstellungen seien bereits vorhanden gewesen, als er die Kasse in Betrieb genommen habe. Sollte es sich so verhalten, würde es sich nicht um eine Umprogrammierung handeln, sondern allenfalls um eine Erstprogrammierung der Einstellungen durch den Kassenhändler beim Verkauf der Kasse an den Steuerpflichtigen. Zwar stellt auch eine solche Erstprogrammierung eine dokumentations- und aufbewahrungspflichtige Organisationsunterlage im Sinne des § 147 Abs. 1 Nr. 1 AO dar. Für den Fall, dass bisher keine Änderung der Programmierung vorgenommen worden ist, kann die -dann unverändert fortbestehende- Erstprogrammierung der Einstellungen aber auch durch einen nachträglichen Speicherauszug („Dump“) nachgewiesen werden. Ein solcher Speicherauszug ist während der Umsatzsteuer-Nachschau erstellt worden. Eine vorherige Umprogrammierung ist bei einer solchen Sachlage zwar nicht ausgeschlossen, aber auch nicht belegt. Da das Finanzgericht die Möglichkeit, dass es sich noch um die Erstprogrammierung gehandelt haben könnte, nicht gesehen und das entsprechende Vorbringen des Gastronoms übergangen hat, wird es sich im zweiten Rechtsgang nochmals damit auseinandersetzen, gegebenenfalls statt dessen den in der fehlenden Aufbewahrung des Protokolls über die Erstprogrammierung liegenden Mangel gewichten müssen.

Zum anderen hat das Finanzgericht seine Überzeugung von der nachträglichen Vornahme undokumentierter Umprogrammierungen damit begründet, dass als Firmware der Kasse die Version vom 20.09.2001 verwendet worden sei, die erst nach dem -1999 erfolgten- Erwerb der Kasse aufgespielt worden sein könne. Wie der Gastronom jedoch bereits im Klageverfahren zutreffend vorgetragen hat, ist hinsichtlich der Dokumentationsanforderungen zu unterscheiden zwischen der Firmware der Kasse einerseits und den Einstellungen der Kasse andererseits. Die Firmware kann bei einer Kasse des hier verwendeten Typs durch den Nutzer der Kasse nicht verändert werden. Sie wird durch die Bedienungsanleitung dokumentiert, die im Streitfall vorgelegen hat. Die Einstellungen der Kasse können hingegen durch den Nutzer im laufenden Betrieb verändert werden und sind in diesem Zeitpunkt durch Erstellung entsprechender Protokolle über die vorgenommenen Einstellungen (in der Praxis der Finanzverwaltung und der Gerichte bisher als „Programmierprotokolle“ bezeichnet) zu dokumentieren. Zwar stellt das Protokoll über das Aufspielen einer neuen Firmware einschließlich des Zeitpunkts für sich genommen auch eine dokumentations- und aufbewahrungspflichtige Organisationsunterlage im Sinne des § 147 Abs. 1 Nr. 1 AO dar. Einen Schluss auf eine damit einhergehende oder anschließend erfolgte Änderung der Einstellungen im oben genannten Sinne lässt das Aufspielen der neuen Firmware jedoch nur zu, wenn die Firmware diese Einstellungen zwingend auf einen bestimmten Ausgangszustand zurückversetzt und außerdem dieser Zustand nicht demjenigen entspricht, der dem Speicherauszug zu entnehmen ist. Hierzu hat das Finanzgericht keine Feststellungen getroffen. Das ist gegebenenfalls nachzuholen, der in der fehlenden Protokollierung des Firmware-Updates liegende Mangel ist für sich zu gewichten.

Das Finanzgericht hat außerdem einen Schätzungsgrund darin gesehen, dass die Zahlungswege (Bar- oder Kartenzahlung) nicht in den Z1-Bons selbst angegeben waren, sondern der Gastronom diese Angaben handschriftlich auf den täglichen Kassenabrechnungen notiert hat. Selbst wenn man darin einen formellen Mangel sehen wollte, wäre dieser im Rahmen der Gesamtwürdigung, die sowohl für die Begründung der Schätzungsbefugnis dem Grunde nach als auch für die Eingriffsintensität der Schätzung der Höhe nach vorzunehmen ist, im Streitfall nicht von wesentlichem Gewicht. Denn die Kartenzahlungen sind aufgrund der vorhandenen Kartenabrechnungen und Kontoauszüge jederzeit auch nachträglich überprüfbar und hier vom Finanzamt tatsächlich überprüft worden, ohne dass sich Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Aufteilung der Zahlungswege ergeben hätten.

Darüber hinaus hat das Finanzgericht sich -entgegen dem im Verlauf des finanzgerichtlichen Verfahrens präzisierten Vorbringen des Gastronoms- davon überzeugt gezeigt, dass der Gastronom den Kassenspeicher täglich auf null gesetzt hatte. Diese Feststellung ist möglich und daher revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Um hieraus allerdings eine (wesentliche) Schätzungsbefugnis abzuleiten, hätte das Finanzgericht zusätzlich Feststellungen dazu treffen müssen, ob die vom Gastronom verwendete Kasse, die lediglich über 128 KB Arbeitsspeicher verfügte, technisch überhaupt in der Lage gewesen wäre, die Einzeldaten eines längeren Zeitraums zu speichern10. Nur wenn dies festgestellt werden könnte, wäre das „rechtmäßige Alternativverhalten“ des Gastronoms geeignet gewesen, dem Finanzamt die Auslesung der Kassendaten eines längeren, repräsentativen Zeitraums zu ermöglichen.

Etwas anderes würde allerdings gelten, wenn das Finanzgericht festgestellt hätte, dass der nach seiner Tatsachenwürdigung vom Gastronom verwendete Löschbefehl -ob das Finanzgericht die Überzeugung gewonnen hatte, der Gastronom habe den Befehl „89-X-2610“ oder aber den Befehl „89-X-9999-T5“ verwendet, wird aus den tatrichterlichen Feststellungen nicht deutlich, da auf Blatt 38 des Urteils beide Befehle erwähnt werden- auch zur Folge gehabt hätte, dass der Inhalt des Z1-Speichers auf null gesetzt wird, ohne zugleich den Z1-Zähler zu erhöhen. Eine solche Feststellung lässt sich den -letztlich unklar bleibenden- Formulierungen des Finanzgerichts auf Blatt 39 Mitte seines Urteils indes nicht mit hinreichender Eindeutigkeit entnehmen.

Auch in Bezug auf die Feststellung und Gewichtung von materiellen Mängeln weist die angefochtene Entscheidung Rechtsfehler auf.

Das Finanzgericht hat ausdrücklich festgestellt, dass kein Nachweis für eine tatsächliche Manipulation der Kasse durch den Gastronom vorliegt.

Als materiellen Mangel, der schon für sich genommen eine Schätzungsbefugnis begründen soll, hat das Finanzgericht allerdings den Umstand angesehen, dass der Gastronom in den Jahren 2012 und 2013 bei den Gutscheinen vom Typ 2 lediglich die ihm von den Gutscheinherausgebern tatsächlich auf sein Bankkonto überwiesenen Beträge -erhöht um die einbehaltenen und als Betriebsausgabe abgezogenen Provisionen- als Erlöse erfasst hat, nicht aber den Nennbetrag des Gutscheins unter gegenläufigen Abzugs eines Rabatts.

In Bezug auf diese Gutscheine hat das Finanzgericht weder die Vertragsinhalte festgestellt, die für die Streitjahre im Verhältnis zwischen dem Gastronom und den Gutscheinherausgebern galten, noch die Bedingungen, die im Verhältnis zwischen den Gutscheinherausgebern und den Restaurantgästen vereinbart waren. Dem Vorbringen des Gastronoms -das das Finanzgericht im zweiten Rechtsgang, sofern es auf diesen Punkt überhaupt noch ankommen sollte, durch entsprechende tatsächliche Feststellungen zu unterlegen hätte- lässt sich jedoch entnehmen, dass die Gutscheinherausgeber potenziellen Restaurantgästen anboten, einen beim Gastronom einzulösenden Restaurantgutschein über Leistungen im Wert von beispielsweise 50 € für lediglich 25 € zu erwerben. Der Gast legte dem Gastronom den Gutschein vor, erhielt Leistungen im (Speisekarten-)Wert von 50 € und übergab dem Gastronom anstelle einer Bar- oder Kartenzahlung den Gutschein. Der Gastronom reichte den Gutschein bei dessen Aussteller ein und erhielt einige Zeit später eine Überweisung auf sein Bankkonto in Höhe der Differenz zwischen den versprochenen 25 € und einer vom Gutscheinaussteller einbehaltenen -recht hohen- Provision. Der Gastronom erfasste die 25 € als Erlös und zog die einbehaltene Provision als Betriebsausgabe ab.

Ertragsteuerrechtlich hält der Bundesfinanzhof die Auffassung des Finanzgerichts, der Gastronom hätte den vollen Nominalbetrag des Gutscheins als Erlös, gegenläufig allerdings auch den Rabatt erfassen müssen, jedenfalls in den Fällen der Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung für unzutreffend. Hier kommt es hinsichtlich des Zeitpunkts der Einnahmenerfassung auf den Zufluss an (§ 11 Abs. 1 Satz 1 EStG). In diesen Fällen sind als Betriebseinahmen die wirtschaftlich endgültig vereinnahmten Geldzugänge anzusetzen; maßgeblich ist insoweit, ob der Steuerpflichtige die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die jeweiligen Geldbeträge endgültig erlangt hat11.

In Bezug auf die Leistungen an einen Restaurantgast, der einen solchen Gutschein vorgelegt hat, hat der Gastronom zu keinem Zeitpunkt die wirtschaftliche Verfügungsmacht an einem Geldbetrag erlangt, der den Betrag von 25 €, den der Gastronom vom Aussteller des Gutscheins erhalten konnte, übersteigt. Insoweit ist auch kein Zufluss im Sinne des § 11 Abs. 1 EStG ersichtlich. Eine gesetzliche Grundlage für seine abweichende Auffassung hat das Finanzgericht nicht angeführt. Da es sich bei solchen Gutscheinen weder um gesetzliche Zahlungsmittel noch um Wertpapiere handelt, sondern lediglich um Beweispapiere über Forderungen12, stellt allein die Übergabe des Gutscheins ohnehin noch keinen Zufluss (§ 11 Abs. 1 EStG) der entsprechenden Forderung dar, sondern erst die spätere tatsächliche Gutschrift auf dem Bankkonto des Gastronoms.

Soweit das Finanzamt in der Revisionserwiderung die Auffassung vertritt, die Handhabung des Gastronoms habe die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung verletzt, ist darauf hinzuweisen, dass der Gastronom seinen Gewinn in den Streitjahren -in zulässiger Weise- eben nicht nach § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 EStG in Verbindung mit den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ermittelt hat, sondern durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG i.V.m. § 11 EStG.

Umsatzsteuerrechtlich hat das Finanzgericht nicht genügend Feststellungen getroffen, um seine Auffassung revisionsrechtlich überprüfen zu können. Die für bestimmte Gutscheine geltenden Sonderregelungen in § 3 Abs. 13 bis 15 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) sind erstmals ab dem 01.01.2019 anzuwenden und daher in den Streitjahren noch nicht einschlägig. Ob das Finanzamt dem Gastronom gestattet hatte, seinen Umsatz nach vereinnahmten Entgelten zu besteuern -die Voraussetzungen des hierfür maßgeblichen § 20 Satz 1 Nr. 1 UStG hätten vorgelegen-, ist vom Finanzgericht nicht festgestellt worden. Sollte es sich so verhalten, würden die Ausführungen unter (2) entsprechend gelten.

Selbst wenn aber entsprechend der vom Finanzgericht vertretenen Auffassung eine fiktive Einnahme beziehungsweise ein fiktiver Umsatz in Höhe des Gutschein-Nennbetrags -unter gleichzeitigem Abfluss eines Rabatts in Höhe der Differenz zu dem Auszahlungsbetrag, den der Gastronom vom Gutscheinaussteller lediglich beanspruchen konnte- als zugeflossen beziehungsweise erzielt gelten müsste, würde dies keine Schätzungsbefugnis begründen. Vielmehr würde es sich lediglich um einen technischen Fehler der Aufzeichnungen ohne Auswirkungen auf das Ergebnis der Gewinn- oder Umsatzermittlung handeln. Ein solcher Fehler wäre zwar zu korrigieren (durch betragsmäßig identische und sich daher gegenseitig aufhebende Erhöhungen sowohl der Erlöse als auch der gewährten Rabatte); aus ihm ergäbe sich aber -gerade im Gegensatz zur entscheidungstragend gewordenen Auffassung des Finanzgerichts- kein Anlass, an der materiellen Richtigkeit der Aufzeichnungen im Übrigen zu zweifeln.

Als weiteren materiellen Mangel erwähnt das Finanzgericht die nicht aufgezeichneten Wareneinkäufe (Getränkeeinkäufe) bei C. Diese Würdigung findet sich zwar lediglich in demjenigen Abschnitt des angefochtenen Urteils, der sich mit der Schätzungsbefugnis in Bezug auf die Lieferdienstumsätze befasst. Es ist aber kein Grund ersichtlich, weshalb sich die hieraus abgeleitete Schätzungsbefugnis auf diesen Teilbereich der Betätigung des Gastronoms beschränken sollte, zumal nach Angabe des Gastronoms selbst im Restaurant der Anteil der Getränkeumsätze am Gesamtumsatz deutlich höher gewesen sein soll als im Lieferdienst.

Das Vorhandensein dieser vom Gastronom nicht erfassten Rechnungen -wobei das Finanzgericht im zweiten Rechtsgang noch Feststellungen dazu treffen sollte, wo (beim Gastronom oder bei C) das Finanzamt diese Rechnungen aufgefunden hat- stellt ein starkes; und vom Finanzgericht in zulässiger Weise gewürdigtes Indiz für das Vorhandensein nicht erfasster Wareneinkäufe dar. Aus diesem Indiz durfte das Finanzgericht dem Grunde nach in ebenfalls zulässiger Weise den Schluss auf eine „Doppelverkürzung“ (Nichterfassung von Wareneinkäufen, um Schwarzeinnahmen verschleiern zu können) ziehen. Bei dieser Sachlage hätte es dem Gastronom oblegen, seine -lediglich pauschal erhobene und nicht unter Beweis gestellte- Behauptung zu substantiieren, die für die Ermöglichung von Schwarzeinkäufen bekannte C habe den Namen des Gastronoms missbraucht, damit Dritte bei ihr Schwarzeinkäufe tätigen könnten. Der Gastronom hat allerdings im zweiten Rechtsgang Gelegenheit, dem Finanzgericht nähere Darlegungen hierzu zu unterbreiten.

Allerdings sind die nicht erfassten Einkäufe bei C im Verhältnis zu den gesamten Wareneinkäufen des Gastronoms geringfügig.

Angesichts dieses Umstands hätte das Finanzgericht -das die Höhe dieser Beträge in seiner Entscheidung nicht einmal erwähnt hat- begründen müssen, weshalb es aus diesem geringen Anteil eine umfassende Befugnis zu einer hohen Vollschätzung ableiten will. An einer solchen Begründung fehlt es.

Auch begründet das Finanzgericht weder dem Grunde noch der Höhe nach, weshalb es zusätzlich zu den nicht erfassten Wareneinkäufen bei C pauschale Hinzuschätzungen weiterer Schwarzeinkäufe in vielfacher Höhe vorgenommen hat, mögen diese Hinzuschätzungen sich auch zugunsten des Gastronoms ausgewirkt haben. Dies wird im zweiten Rechtsgang nachzuholen sein.

Soweit das Finanzgericht in diesem Zusammenhang als zusätzliches Argument für eine Doppelverkürzung anführt, im Vergleich zur vorangegangenen Außenprüfung (2001 bis 2003) sei der Fassbiereinkauf im Streitjahr 2013 deutlich geringer ausgefallen, hätte sich das Finanzgericht auch damit auseinandersetzen müssen, dass sich der Gastronom für die Streitjahre auf einen sehr hohen Anteil an Außer-Haus-Umsätzen berufen hat, bei denen der Getränkeanteil geringer sei als bei Restaurantumsätzen.

Das Finanzgericht ist auf wesentliche Einwendungen des Gastronoms nicht eingegangen. Darin liegt sowohl die vom Gastronom insoweit gerügte Verletzung seines Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) als auch ein materiell-rechtlicher Mangel der Begründung des angefochtenen Urteils.

Nachdem der vom Finanzgericht beauftragte Sachverständige den GT1-Speicher ausgelesen hatte, hat der Gastronom eine Aufstellung der seit der Erstinbetriebnahme der Kasse erzielten Umsätze eingereicht und behauptet, die Summe dieser Umsätze -seiner eigenen zuzüglich der Erlöse des Voreigentümers der Kasse- entspreche genau dem Stand des GT1-Speichers (3.100.835,79 Währungseinheiten). Auch entspreche der am 06.10.2015 erreichte Stand des Z1-Zählers (5.725) der Summe der Öffnungstage seit der Erstinbetriebnahme der Kasse.

Neben der bisher ungeklärten Frage, ob und mit welchen Programmierbefehlen der GT1-Speicher löschbar ist und gelöscht worden sein könnte, hätte das Finanzgericht die vom Gastronom mitgeteilten Zahlen überprüfen müssen, wobei allerdings zu beachten ist, dass in der Aufstellung des Gastronoms die Netto-Erlöse angegeben sind, während die Kasse die Brutto-Erlöse in den GT1-Speicher schreibt. Hätte sich -entsprechend der Behauptung des Gastronoms- bei dieser Überprüfung herausgestellt, dass der Inhalt des GT1-Speichers der Summe der seit Inbetriebnahme der Kasse vom Gastronom und dem Voreigentümer der Kasse erklärten Umsätze entspricht, würde dies ein wesentliches Indiz dafür darstellen, dass der Gastronom alle Umsätze, die in die Kasse eingegeben worden sind, auch erklärt hat.

Ebenso hätte das Finanzgericht dem -während des gesamten Verfahrens mehrfach wiederholten- Vorbringen des Gastronoms nachgehen müssen, das Finanzamt habe die Hinzuschätzungsbeträge für das Restaurant auf einer fehlerhaften Zahlengrundlage ermittelt, zumal dieses Vorbringen ebenso auf die methodisch vergleichbare eigene Schätzung des Finanzgerichts zutrifft.

Das Finanzamt und das Finanzgericht haben die Hinzuschätzungsbeträge für das Restaurant dadurch ermittelt, dass sie den vom Gastronom erklärten Bruttoerlösen die im Wege der Vollschätzung anhand unterstellter fester Tagesumsätze ermittelten Bruttoerlöse gegenübergestellt haben. Die jeweiligen Differenzbeträge wurden als Hinzuschätzung den erklärten Erlösen hinzuaddiert.

Hierzu hat der Gastronom im Klageverfahren zum einen geltend gemacht, das Finanzamt habe vom Gastronom erklärte Erlöse aus bestimmten Gutscheinen aus dem Bereich „7 % Umsatzsteuer“ (Lieferdienste) in den Bereich „19 % Umsatzsteuer“ (Restaurant) umgegliedert, was in der Sache nicht zu beanstanden sei. Dadurch erhöhten sich aber nach der vom Finanzamt und Finanzgericht angewendeten Schätzungssystematik die vom Gastronom aus dem Restaurant erklärten Bruttoerlöse, so dass der Differenzbetrag zu der vorgenommenen Vollschätzung -und damit der Hinzuschätzungsbetrag- entsprechend geringer hätte ausfallen müssen.

Zum anderen hat der Gastronom im Klageverfahren vorgetragen, wenn das Finanzamt hinsichtlich der Gutscheine der Auffassung sei, dass der höhere Nennbetrag als Erlös -unter gegenläufigem Abzug eines Rabatts- anzusetzen sei, dann müsse in einem ersten Schritt zunächst dieser Erlös angesetzt werden. Erst dieser Betrag dürfe dann mit der vorgenommenen Vollschätzung verglichen werden, so dass sich der Differenzbetrag (Hinzuschätzungsbetrag) entsprechend mindere.

Der Umstand, dass die vom Finanzgericht festgestellten beziehungsweise angenommenen formellen und materiellen Mängel teilweise nicht vorliegen oder zu stark gewichtet worden sind und dass das Finanzgericht wesentliche Einwendungen des Gastronoms übergangen hat, bewirkt, dass die von der Vorinstanz getroffenen Feststellungen und vorgenommenen Würdigungen derzeit keine Grundlage für die vom Finanzgericht in Bezug auf das Restaurant gewählte, sehr eingriffsintensive Methode der Vollschätzung bieten.

Das Finanzgericht hat aufgrund der von ihm festgestellten beziehungsweise angenommenen Mängel die Beweiskraft der Gewinnermittlungen des Gastronoms als insgesamt erschüttert angesehen, sie daher vollständig verworfen und eine Befugnis zur Vollschätzung der Erlöse des Gastronoms auf der Grundlage griffweise unterstellter Werte für die durchschnittliche Gästezahl je Öffnungstag und den durchschnittlichen Umsatz je Gast angenommen. Eine solche Vollschätzung unter Verwerfung der gesamten Gewinnermittlungen des Steuerpflichtigen ist nur dann zulässig, wenn das Finanzgericht -regelmäßig auch materielle- Mängel der Gewinnermittlungen feststellen kann, die so gravierend sind, dass sie bei Vornahme der aus Verhältnismäßigkeitsgründen auch hier erforderlichen Abwägung und Gesamtwürdigung den erheblichen Eingriff einer Vollschätzung -die im Streitfall ungefähr zu einer Verdreifachung der vom Gastronom aus dem Restaurantbereich erklärten Erlöse und zu einer Vervielfachung der erklärten Gewinne geführt hat- rechtfertigen und tragen können.

Dies ist derzeit nicht der Fall. Allein das Gewicht der nach revisionsrechtlicher Prüfung bestehenbleibenden; vom Finanzgericht festgestellten Mängel ist, wenn man zusätzlich -allein für Zwecke dieses Revisionsverfahrens- unterstellt, dass die vorstehend aufgezeigten weiteren Sachaufklärungsmaßnahmen zugunsten des Gastronoms ausgehen könnten, nicht geeignet, den erheblichen Eingriff einer Vollschätzung zu rechtfertigen.

In revisionsrechtlich im Wesentlichen bedenkenfreier Weise ist das Finanzgericht allerdings davon ausgegangen, dass andere Methoden als eine -notwendigerweise ungenaue- griffweise Schätzung im Streitfall nicht zur Verfügung stehen. Eine Geldverkehrsrechnung haben Finanzamt und Finanzgericht mit der nachvollziehbaren Erwägung ausgeschlossen, dass der Gastronom umfangreiche finanzielle Beziehungen zum Ausland unterhält, die regelmäßig nicht vollständig aufklärbar sind. Die Durchführung eines Zeitreihenvergleichs hatte schon das Finanzamt infolge des großen Umfangs der Gutscheinumsätze, bei denen die Zahlungen erst deutlich nach Erbringung der Leistungen des Gastronoms eingehen, als nicht sinnvoll angesehen. Eine Aufschlagkalkulation hat das Finanzgericht für nicht durchführbar gehalten und zur Begründung darauf verwiesen, dass die auf Thermopapier ausgedruckten Rechnungen nicht mehr lesbar seien und die Kleinbetragsrechnungen keine genaue Angabe der Liefergegenstände enthielten. Dabei hat es allerdings nicht festgestellt, welchen Anteil diese Rechnungen am gesamten Wareneinkauf des Gastronoms hatten. In Anlage 12 zum Betriebsprüfungs-Bericht ist lediglich ein einziger Einkaufsbeleg aus dem Jahr 2009 -also außerhalb des Streitzeitraums- als nicht lesbar bezeichnet. Allerdings mag eine Aufschlagkalkulation daran scheitern, dass der Gastronom die Waren einheitlich sowohl für das Restaurant als auch für die Lieferdienste eingekauft hat, im Bereich der Lieferdienste -auch nach seinen eigenen Angaben- aber ein wesentlich geringerer Anteil der Getränkeumsätze im Vergleich zum Restaurant zu erwarten ist.

Damit verbleibt notwendigerweise allein die griffweise Schätzung als unter den besonderen Verhältnissen des Streitfalls geeignete Methode. Das Finanzgericht wird im zweiten Rechtsgang allerdings -nach ergänzender Sachaufklärung und erneuter Würdigung des Gewichts der jeweiligen Mängel- zu erwägen haben, ob die Voraussetzungen einer griffweisen Vollschätzung oder lediglich diejenigen einer griffweisen Teilschätzung (Sicherheitszuschlag) vorliegen.

Da die Revision insgesamt zur Urteilsaufhebung und zur Zurückverweisung an das Finanzgericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung führt, ist über die vom Gastronom erhobenen Verfahrensrügen nicht mehr zu entscheiden.

Entgegen dem entsprechenden Antrag des Gastronoms ist die Sache nicht gemäß § 155 FGO Satz 1 i.V.m. § 563 Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung an einen anderen Bundesfinanzhof des Finanzgerichts zurückzuverweisen. Da die Zurückverweisung an einen anderen Bundesfinanzhof das Recht auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) berührt, setzt sie besondere sachliche Gründe voraus. Sie kommt zum Beispiel in Betracht, wenn ernstliche Zweifel an der Unvoreingenommenheit des beim Finanzgericht geschäftsplanmäßig zur Entscheidung berufenen Bundesfinanzhofs bestehen13. Dafür gibt es im Streitfall keine hinreichenden Anhaltspunkte.

Für den zweiten Rechtsgang weist der Bundesfinanzhof -ohne die Bindungswirkung nach § 126 Abs. 5 FGO- auf die folgenden Punkte hin:

Hinsichtlich der Erlöse aus dem Lieferdienst sieht der Bundesfinanzhof derzeit keinen Grund, den vom Finanzgericht angesetzten Sicherheitszuschlag im Umfang von 5 % der erklärten Erlöse zu beanstanden, wobei allerdings auch hier ergänzende Tatsachenfeststellungen erforderlich sind.

Insoweit hat das Finanzgericht die Schätzungsbefugnis dem Grunde nach -allerdings nur im Ergebnis- zu Recht bejaht.

Allerdings enthalten sowohl der Tatbestand als auch die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils in Bezug auf die Kassendaten zu den Lieferdienstumsätzen widersprüchliche Angaben. Im Tatbestand wird auf Blatt 4 des Urteils bei Wiedergabe der Feststellungen der Außenprüfung angegeben, die Außer-Haus-Verkäufe seien täglich lediglich zusammengefasst in einer Summe in der Registrierkasse erfasst worden. Dies impliziert, dass in der Kasse zu den Außer-Haus-Umsätzen zu keinem Zeitpunkt Einzeldaten vorhanden waren. Auf Blatt 5 des Urteils heißt es demgegenüber zu den Feststellungen der Fahndungsprüfung, die Einzeldaten zu den Lieferdienstbestellungen seien programmgesteuert täglich gelöscht worden; hierzu sei die Einstellung der Kasse „Automatische Reorganisation täglich“ verwendet worden. Gleichermaßen ist in den Entscheidungsgründen auf Blatt 39 unten des Finanzgerichts, Urteils erneut davon die Rede, die Bestellungen seien nach Angabe des Gastronoms „in einer Summe in die Kasse eingebucht“ worden. Unmittelbar im Anschluss heißt es indes, die Einzeldaten zu den Lieferdienstbestellungen seien programmgesteuert durch die genannte Einstellung der Kasse täglich gelöscht worden.

Diese Feststellungen sind miteinander unvereinbar. Entweder ist nur die zusammengefasste Tagessumme in die Kasse eingebucht worden; dann waren in der Kasse niemals Einzeldaten vorhanden, sodass sie auch nicht gelöscht werden konnten. Oder in die Kasse sind tatsächlich doch Einzeldaten eingegeben worden, die später allerdings gelöscht worden sind.

Die Schätzungsbefugnis ergibt sich aber daraus, dass nach den Feststellungen des Finanzgerichts für die mit dem Lieferdienst ausgeführten Umsätze tatsächlich Unterlagen in Papierform angefallen sind (zum Beispiel per Telefax eingegangene Bestellungen; ausgedruckte über das Internet eingegangene Bestellungen). Diese hat der Gastronom nicht aufbewahrt. Der Bundesfinanzhof hat bereits entschieden, dass ein Steuerpflichtiger, bei dem tatsächlich bestimmte Einzeldaten anfallen, sich nicht darauf berufen kann, dass die Einzelaufzeichnung in seinem Fall unzumutbar sei14. Gleiches muss gelten, wenn -wie hier- Einzelaufzeichnungen in Papierform tatsächlich vorhanden sind. Die Nichtaufbewahrung dieser Unterlagen schließt jegliche Möglichkeit aus, die erklärten Lieferdiensterlöse nachträglich auf Vollständigkeit zu überprüfen. Sollten die Auslieferungsfahrer Abrechnungen erstellt haben, wären auch diese aufbewahrungspflichtig gewesen.

Der Höhe nach wäre der vom Finanzgericht im Wege griffweiser Schätzung angesetzte Sicherheitszuschlag von 5 % der erklärten Erlöse auf der Grundlage der bisherigen tatrichterlichen Feststellungen nicht zu beanstanden. Das Finanzgericht hat seinen -hier im Vergleich zur Schätzung des Finanzamtes erheblich reduzierten- Ansatz durch Abwägung der einander gegenüberstehenden Gesichtspunkte ausführlich begründet und damit die Anforderungen erfüllt, die die höchstrichterliche Rechtsprechung an die Begründung griffweiser Schätzungen stellt15.

Für den Fall, dass das Finanzgericht im zweiten Rechtsgang eine Plausibilisierung seines Schätzungsergebnisses anhand der Richtsätze16 vornehmen sollte, ist darauf hinzuweisen, dass nach dem Tatbestand seiner Entscheidung die Außenprüfung einen unzutreffenden mittleren Richtsatz für die Streitjahre (275 %) angegeben hat. Tatsächlich lag der in der Richtsatzsammlung ausgewiesene Mittelsatz für Gast, Speise- und Schankwirtschaften in den Streitjahren bei 257 %, wobei allerdings höhere Sätze für Restaurants mit asiatischem Speiseangebot anzusetzen sein sollen17.

Ferner wird das Finanzgericht darauf hingewiesen, dass es hinsichtlich der während der Durchsuchung am 03.12.2015 beim Gastronom ausgedruckten Kassenbelege eine schwankende und teilweise fehlerhafte Begrifflichkeit verwendet. Im Tatbestand seines Urteils bezeichnet es diese drei Dokumente als „Kellnerberichte“, was nach Aktenlage zutreffend ist und auch dem Vorbringen des Finanzamtes entspricht. In der rechtlichen Würdigung auf Blatt 29 des Urteils ist dann in widersprüchlicher Weise einmal von „Z-Bon“ und einmal von „Bericht“ die Rede. Da es sich tatsächlich um Kellnerberichte handelt und deren Ausdruck keine Erhöhung des Z1-Zählers bewirkt hat, ist der -dem Gastronom vom Finanzgericht vorgehaltene- Befund, dass der letzte vorliegende Z1-Bon und die nachfolgend ausgedruckten Kellnerberichte -ein Z-Abschlag war zwischenzeitlich wegen des am 06.10.2015 eingetretenen Defekts der Kasse nicht vorgenommen worden- alle dieselbe Z-Nummer aufweisen, ohne Weiteres nachvollziehbar und technisch geradezu zwingend. Dem Sachverständigen hatte das Finanzgericht im Beweisbeschluss mit der Vorgabe, sowohl bei dem Beleg vom 06.10.2015 als auch bei den Ausdrucken vom 03.12.2015 habe es sich jeweils um Z1-Bons gehandelt, eine falsche Anknüpfungstatsache mitgeteilt. Der Sachverständige, dem das Finanzgericht keine Kopien der in den Akten enthaltenen Belege vorgelegt hatte, hat mit dieser Vorgabe ersichtlich nichts anfangen können.

Sollte das Finanzgericht nochmals eine Schätzung durchschnittlicher Tageserlöse des Streitzeitraums 2011 bis 2014 anhand der im Herbst 2017 erzielten Betriebsergebnisse vornehmen wollen, wird darauf hingewiesen, dass dies einen sorgfältigen Vergleich der Verhältnisse der beiden Zeiträume erfordert18. Etwaigen Unterschieden in den betrieblichen Gegebenheiten ist durch Vornahme sachgerechter und im Einzelnen begründeter Zu- beziehungsweise Abschläge Rechnung zu tragen. An der Eignung der vom Finanzgericht im Streitfall gewählten Schätzungsmethode der Übertragung der Verhältnisse von Herbst 2017 auf die Streitjahre bestehen aber auch vor allem deshalb Zweifel, weil das Restaurant im Herbst 2017 -nach den eigenen Feststellungen des Finanzgerichts- nicht mehr vom Gastronom, sondern von einem Dritten betrieben wurde. Das Finanzgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob die jeweiligen Betriebskonzepte vergleichbar waren.

Im Rahmen seiner Gesamtwürdigung zur Schätzung dem Grunde und der Höhe nach kann das Finanzgericht auch Umstände einfließen lassen, die für den Gastronom sprechen. So ergibt sich aus Blatt 26 der für die Umsatzsteuer-Nachschau geführten Betriebsprüfungs-Akte, dass der Prüfer am 28.02.2015 -im Vorfeld der geplanten Umsatzsteuer-Nachschau- das vom Gastronom geführte Restaurant inkognito in Augenschein genommen und sich an einen Tisch gesetzt hatte, von dem aus er die Kasse beobachten konnte. Im Beobachtungszeitraum von 17:20 Uhr bis 19:00 Uhr wurden ausweislich des vom Prüfer angefertigten Vermerks alle Tischvorgänge über die Kasse abgerechnet.

In Bezug auf die Gewerbesteuermessbeträge macht der Gastronom geltend, das Finanzamt habe neben den Gewerbeerträgen aus dem Restaurant in denselben Messbescheiden auch Gewerbeerträge aus einem vom Gastronom betriebenen Bauunternehmen angesetzt. Daran ist richtig, dass das Finanzamt davon ausgegangen ist, der Gastronom habe auch Bauleistungen erbracht. Es hat die hieraus resultierenden Einkünfte aber nicht als gewerblich angesehen, sondern sie -ob zu Recht oder zu Unrecht, kann hier dahinstehen- einkommensteuerrechtlich den subsidiären Einkünften aus Leistungen nach § 22 Nr. 3 EStG zugeordnet. In den Gewerbeertrag sind sie daher nicht eingegangen, sodass insoweit keine Korrektur veranlasst ist.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 28. November 2023 – X R 3/22

  1. Präzisierung des BFH, Urteils vom 25.03.2015 – X R 20/13, BFHE 249, 390, BStBl II 2015, 743, Rz 26 ff.[]
  2. Nds. FG, Urteil vom 13.04.2021 – 12 K 93/18[]
  3. vgl. zuletzt BFH, Urteil vom 16.12.2021 – IV R 1/18, BFH/NV 2022, 305, Rz 43, m.w.N.[]
  4. vgl. BMF, Schreiben vom 26.11.2010, BStBl I 2010, 1342[]
  5. vgl. ausführlich BFH, Urteil vom 25.03.2015 – X R 20/13, BFHE 249, 390, BStBl II 2015, 743, Rz 60[]
  6. BFH, Beschluss vom 12.07.2017 – X B 16/17, BFHE 257, 523, Rz 86 ff., betreffend Kombination aus der zulässigen Verwendung einer offenen Ladenkasse und den geringeren gesetzlichen Anforderungen an die Aufzeichnungen bei der -dort ebenfalls zulässigen- Wahl der Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung[]
  7. vgl. zu dieser Möglichkeit bei Registrierkassen einfacher Bauart bereits BFH, Beschlüsse vom 11.01.2017 – X B 104/16, BFH/NV 2017, 561, Rz 37; und vom 23.02.2018 – X B 65/17, BFH/NV 2018, 517, Rz 35[]
  8. vgl. Brenner in Hruschka/Peters/von Freeden, Steuerliche Betriebsprüfung, 2022, Rz 5.104, wo dies nicht als Anforderung an einen Tagesendsummenbon erwähnt wird[]
  9. vgl. BFH, Urteil vom 16.12.2021 – IV R 1/18, BFH/NV 2022, 305, Rz 48, m.w.N.[]
  10. vgl. Brenner in Hruschka/Peters/von Freeden, Steuerliche Betriebsprüfung, 2022, Rz 5.68: bei derartigen, bis 2016 auch nach Auffassung der Finanzverwaltung in zulässiger Weise eingesetzten Altkassen Speicherung von Einzeldaten „in der Regel nur für wenige Tage“[]
  11. vgl. zuletzt BFH, Urteil vom 16.03.2022 – I R 10/18, BFH/NV 2023, 24, Rz 11, mit zahlreichen weiteren Nachweisen[]
  12. vgl. hierzu ausführlich Dienst/Scheibenpflug, JurPC Internet-Zeitschrift für Rechtsinformatik und Informationsrecht, 147/2012[]
  13. zum Ganzen BFH, Urteil vom 09.01.2018 – IX R 34/16, BFHE 260, 440, BStBl II 2018, 582, Rz 38, m.w.N.[]
  14. vgl. BFH, Urteil vom 16.12.2014 – X R 42/13, BFHE 248, 99, BStBl II 2015, 519, Rz 23[]
  15. vgl. hierzu BFH, Urteil vom 20.03.2017 – X R 11/16, BFHE 258, 272, BStBl II 2017, 992, Rz 50 ff.[]
  16. unter Beachtung der in BFH, Beschluss vom 14.12.2022 – X R 19/21, BFHE 278, 428 angestellten Erwägungen[]
  17. für 2011: BMF, Schreiben vom 21.06.2012, BStBl I 2012, 626;
    für 2012: BMF, Schreiben vom 18.07.2013, BStBl I 2013, 863;
    für 2013: BMF, Schreiben vom 29.07.2014, BStBl I 2014, 1075;
    für 2014: BMF, Schreiben vom 14.07.2015, BStBl I 2015, 521[]
  18. vgl. BFH, Urteil vom 16.12.2021 – IV R 1/18, BFH/NV 2022, 305, Rz 51 ff.[]

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