Dient ein Darlehen, zu dessen Besicherung Ansprüche aus Kapitallebensversicherungen eingesetzt werden, dazu, ein bereits früher zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts aufgenommenes Darlehen umzuschulden, so ist das im Sinne des § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG 2002 schädlich, wenn die Valuta des Umschuldungsdarlehens höher ist als die Restschuld des umzuschuldenden Darlehens und der übersteigende Betrag zur Einzahlung auf einen Bausparvertrag verwendet wird, der eine Verzinsung des Bausparguthabens vorsieht.

Zinsen aus den Sparanteilen, die in den Beiträgen zu Versicherungen auf den Erlebens- oder Todesfall enthalten sind, sind nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EStG steuerpflichtig. Nach Satz 2 der Vorschrift gilt dies nicht für Zinsen aus Versicherungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG, die mit Beiträgen verrechnet oder im Versicherungsfall oder im Fall des Rückkaufs des Vertrages nach Ablauf von zwölf Jahren seit dem Vertragsabschluss ausgezahlt werden. Die Beiträge zu den Versicherungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG können mit den in Abs. 2 derselben Vorschrift aufgeführten Einschränkungen als Sonderausgaben abgezogen werden.
Nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 3 EStG [1] gilt die Steuerbefreiung nach Satz 2 in den Fällen des § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG nur, wenn die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a oder b EStG erfüllt sind oder soweit bei Versicherungsverträgen Zinsen in Veranlagungszeiträumen gutgeschrieben werden, in denen Beiträge nach § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. c EStG abgezogen werden können [2].
Im hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall sind die vom Kläger abgeschlossenen Lebensversicherungen unstreitig Versicherungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG. Die Ansprüche aus den beiden Versicherungsverträgen des Klägers haben nach dem 13.02.1992 zur Sicherung eines Darlehens gedient, dessen Finanzierungskosten Werbungskosten des Klägers bei dessen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sind. Bei fremdfinanzierter Auffüllung eines Bausparvertrages sind sowohl die damit in Zusammenhang stehenden Schuldzinsen als auch die Bausparguthabenzinsen grundsätzlich bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung und nicht bei denen aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen [3]. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz liegt indes keiner der in § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a bis c EStG aufgeführten Ausnahmetatbestände vor.
Da es sich bei den Lebensversicherungen des Klägers weder um Direktversicherungen handelt (§ 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. b EStG) noch die Ansprüche aus den Lebensversicherungen der Besicherung eines betrieblich veranlassten Darlehens (§ 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. c EStG) dienen, kann die Steuerpflicht nur entfallen, wenn die Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG erfüllt sind. Das setzt voraus, dass das Darlehen unmittelbar und ausschließlich der Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsgutes dient, das dauernd zur Erzielung von Einkünften bestimmt und keine Forderung ist, und dass die ganz oder zum Teil zur Tilgung oder Sicherung verwendeten Ansprüche aus Versicherungsverträgen nicht die mit dem Darlehen finanzierten Anschaffungs- oder Herstellungskosten übersteigen. Diese Voraussetzungen sind jedoch nicht gegeben.
Dadurch, dass ein Teilbetrag von 20.000 EUR des Darlehens B nicht direkt zur Ablösung des bei der XBank aufgenommenen Darlehens eingesetzt worden ist, sondern unmittelbar auf den vom Kläger und seiner Ehefrau bei der Bausparkasse abgeschlossenen Bausparvertrag, der eine Verzinsung des Bausparguthabens mit 3 % jährlich vorsah, eingezahlt wurde, ist dieser Teilbetrag zur Begründung einer Forderung des Klägers und seiner Ehefrau gegenüber der Bausparkasse verwendet worden. Das allein führt bereits zur Steuerschädlichkeit.
Der BFH hat zwar mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass ein wortlautgemäßes Gesetzesverständnis zur Folge hat, dass bei der üblichen Zahlungsabwicklung über ein Girokonto des Darlehensnehmers und anschließender Auszahlung der Darlehensvaluta auf ein anderes Konto regelmäßig Steuerpflicht gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG eintritt und dass ein solches Ergebnis jedenfalls dann über den Gesetzeszweck hinausgeht, der mit der durch das StÄndG 1992 eingeführten Einschränkung des Sonderausgabenabzugs verfolgt wurde, wenn es sich bei einer derartigen Verfahrensweise nicht um ein steuersparendes Finanzierungsmodell, sondern um einen üblichen und typischen Zahlungsweg handelt [4]. Die Zahlung eines Teiles der Darlehensvaluta auf das Bausparkonto der Eheleute und die damit verbundene Begründung einer verzinslichen Forderung durch das mit den Lebensversicherungen abgesicherte Darlehen ist jedoch kein „notwendiges Durchgangsstadium im Rahmen einer wirtschaftlich sinnvollen Zahlungsgestaltung“. Zwar mag die vom Kläger gewählte Umschuldung der bestehenden Finanzierung durch ein Annuitätendarlehen und ein weiteres Darlehen, dessen Tilgung durch einen gleichzeitig abzuschließenden Bausparvertrag erfolgen sollte, aus seiner Sicht wirtschaftlich sinnvoll gewesen sein. Abgesehen davon, dass bei einem Zeitraum von ca. neun Jahren bis zur Zuteilung des Bausparvertrages und der Ablösung des Darlehens B von einem „Durchgangsstadium“ nicht mehr gesprochen werden kann, wäre es aber genauso möglich gewesen, neben dem Annuitätendarlehen ein weiteres Darlehen in Höhe von nur 64.000 EUR aufzunehmen und dieses regelmäßig zu tilgen oder aber zur Tilgung einen Bausparvertrag in nämlicher Höhe aufzunehmen und diesen durch regelmäßige Sparraten aufzufüllen.
Die hier gewählte Finanzierungsart beruht vielmehr auf einem besonderen, von der Bausparkasse entwickelten Finanzierungsmodell, welches die Verknüpfung und spätere Tilgung eines Vorfinanzierungsdarlehens mit einem Bausparvertrag vorsieht und bei dem Darlehenshöhe und Bausparsumme mit 84.000 EUR um 20.000 EUR höher liegen als der abzulösende Darlehensrestbetrag von 64.000 EUR. Die Einzahlung des Darlehensbetrages von 20.000 EUR auf das Bausparkonto und die damit verbundene Begründung einer Forderung waren daher gerade kein notwendiges Durchgangsstadium im Rahmen üblicher Zahlungsgestaltung.
Die Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG sind ferner auch deshalb nicht erfüllt, weil die Höhe der bei der Bausparkasse aufgenommenen Umschuldungsdarlehen die Restvaluta des Darlehens der XBank um 20.000 EUR übersteigt. Zwar zielte die Finanzierungsmaßnahme des Klägers und seiner Ehefrau im Ergebnis auf die Ablösung der Restvaluta des Darlehens der XBank. Nach den modellspezifischen Besonderheiten des Darlehensvertrages, insbesondere des Darlehens B und dessen geplanter Tilgung, diente das Darlehen aber nicht mehr unmittelbar und ausschließlich der Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsgutes, das dauernd zur Erzielung von Einkünften bestimmt und keine Forderung ist. Die Einzahlung des Darlehensteilbetrages von 20.000 EUR auf das Bausparkonto des Klägers und seiner Ehefrau könnte allenfalls noch als mittelbare Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten angesehen werden. Den Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG wird damit nicht Genüge getan. Dieser Auffassung sind auch die Finanzverwaltung und das Schrifttum. Danach ist eine Umschuldung nur dann steuerunschädlich i.S. des § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG, wenn die Darlehenssumme des Umschuldungsdarlehens die Restvaluta des umzuschuldenden Darlehens zum Zeitpunkt der Umschuldung nicht übersteigt [5].
Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, nach Meinung des Finanzgericht sei die Verpfändung der Ansprüche der von ihm abgeschlossenen Lebensversicherungsverträge wegen der in den gesonderten Verpfändungserklärungen enthaltenen Einschränkung des Sicherungsumfangs steuerunschädlich. Auch der Ansicht, die Sicherung des Darlehens B habe sich nur auf einen Teilbetrag von 64.000 EUR bezogen und der Restbetrag von 20.000 EUR, der auf das Bausparkonto geflossen sei, sei in diesem Zusammenhang nicht von Bedeutung, vermag der BFH nicht zu folgen. Dafür spricht die Formulierung in der Verpfändungserklärung „Zur Sicherung aller Ansprüche aus dem/den und den entstehenden Darlehen verpfändet der Versicherungsnehmer seine bestehende/n und künftig entstehende/n Forderung/en auf den Erlebens- und Todesfall aus nachstehenden bei (…) bestehenden Lebensversicherung/en in voller Höhe mit allen Rechten an die Bausparkasse (…)“. Auch der Darlehensvertrag vom 28.08.2002, der in die Rubriken Vertragspartner, Konditionen, Zahlungsweise, Darlehenssicherung, Ersatzsicherheit, Risikolebensversicherung, Auszahlung und Schlusserklärungen unterteilt ist und im Übrigen lediglich unter dem Punkt Konditionen eine Differenzierung zwischen beiden Darlehen vornimmt, sieht unter dem Punkt Ersatzsicherheit, in dem die Verpfändung der Lebensversicherungsansprüche geregelt ist, keinerlei Einschränkung vor. Die weitere Formulierung in der Verpfändungserklärung, wonach die Verpfändung „höchstens die Höhe des noch vorhandenen Restkapitals des Darlehens“ erfassen soll, ist damit nur als betragsmäßige Begrenzung der Sicherung zu verstehen, nicht aber dahin, dass von vornherein nicht das gesamte Darlehen B besichert werden sollte. Dass die Bausparkasse in ihrer Anzeige nach § 29 Abs. 1 EStDV nicht die gesamte Darlehenssumme, sondern nur einen Teilbetrag von 64.000 EUR angegeben hat, ändert daran nichts.
Insgesamt ist daher eine steuerschädliche Verwendung gegeben, die in vollem Umfang zur Steuerpflicht der Zinsen nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG führt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs tritt die Steuerpflicht insgesamt ein, wenn ein Gesamtdarlehen wie im Streitfall- teilweise steuerschädlich verwendet wird; eine Aufteilung kommt nicht in Betracht [6].
Bundesfinanzhof, Urteil vom 12. Oktober 2011 – VIII R 30/09
- i.d.F. des Steueränderungsgesetzes (StÄndG) 1992 vom 25.02.1992, BGBl – I 1992, 297, BStBl I 1992, 146; nachfolgend bis zum 31.12.2004: § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 4 EStG[↩]
- vgl. dazu im Einzelnen und mit Nachweisen zur Entstehungsgeschichte der Vorschrift: BFH, Urteile vom 13.07.2004 – VIII R 48/02, BFHE 207, 136, BStBl II 2004, 1060 – VIII R 52/03, BFH/NV 2005, 181; und – VIII R 61/03, BFH/NV 2005, 184[↩]
- BFH, Urteil vom 09.11.1982 – VIII R 188/79, BFHE 137, 300, BStBl II 1983, 172; Schmidt/Drenseck, EStG, 30. Aufl., § 21 Rz 65, m.w.N.[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 04.07.2007 – VIII R 46/06, BFHE 218, 308, BStBl II 2008, 49, m.w.N; vgl. zu dieser Problematik auch BMF, Schreiben vom 15.06.2000 – IV C 4 S 2221- 86/00, BStBl I 2000, 1118, Rdnr. 53[↩]
- vgl. BMF, Schreiben in BStBl I 2000, 1118, Rdnr. 43; in diesem Sinne auch Nolde in Herrmann/Heuer/Raupach, § 10 EStG, Lfg. 178 Februar 1995, Rz 372; Meyer-Scharenberg/Fleischmann, Einsatz von Lebensversicherungen zur Finanzierung, DStR 1993, Beihefter zu Heft 4, S. 5; Wacker, Zur einkommensteuerrechtlichen Behandlung der für Finanzierungszwecke eingesetzten Lebensversicherungen nach dem Steueränderungsgesetz 1992, Beilage Nr. 4/93 zu DB, Heft 10/1993, S. 10[↩]
- vgl. BFH, Urteil in BFHE 207, 136, BStBl II 2004, 1060[↩]