Eine Teilwertabschreibung auf bilanzierte Anteilscheine an einem Immobilienfonds ist nicht im Umfang des Bestandes eines sog. passiven steuerlichen Ausgleichspostens („negativ thesaurierte Erträge„, § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. g InvStG 2004), der die Anschaffungskosten der Anteilscheine nicht mindert1, „gesperrt“.

Der pStAP hindert daher (in der Höhe seines Bestandes) die Teilwertabschreibung nicht.
Im hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall ermittelt der Anleger seinen Gewinn nach § 8 Abs. 1 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes i.V.m. § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG), jeweils in der in den Streitjahren geltenden Fassung. Er muss dabei gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG für den Schluss eines jeden Wirtschaftsjahres das Betriebsvermögen ansetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist und die Bewertung jenes Betriebsvermögens nach § 6 EStG vornehmen2.
Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG sind die nicht in § 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG genannten Wirtschaftsgüter -u.a. Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens- grundsätzlich mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen. Jedoch kann an Stelle jener Werte der Teilwert angesetzt werden, wenn er aufgrund einer voraussichtlich dauernden Wertminderung niedriger ist (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG). Das Gesetz sieht insoweit für die Bewertung von Umlaufvermögen keine abweichenden Regelungen vor3.
Die Ermittlung des Teilwerts der von dem Anleger gehaltenen Anteile unter Berücksichtigung einer voraussichtlich dauernden Wertminderung ist zwischen den Beteiligten nicht im Streit, so dass sich dazu -wie ebenfalls zu den Grundlagen der Teilwertermittlung4- weitere Ausführungen erübrigen.
Der Anleger ist zur Teilwertabschreibung in dem von ihm begehrten Umfang berechtigt.
Teilwert ist der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde; dabei ist davon auszugehen, dass der Erwerber den Betrieb fortführt (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG). Bei der Ermittlung des Teilwerts als objektivem Wert handelt es sich um eine Schätzung i.S. des § 162 Abs. 1 der Abgabenordnung, die Tatsachenfeststellung i.S. von § 118 Abs. 2 FGO ist und daher revisionsrechtlich nur daraufhin überprüft werden kann, ob sie dem Grunde nach zulässig war, in verfahrensfehlerfreier Weise zustande gekommen ist und nicht gegen anerkannte Schätzungsgrundsätze, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstößt5.
Im angefochtenen Urteil wurde ohne Rechtsfehler dahin erkannt, dass der Umfang der einkommensmindernden Teilwertabschreibung durch den Umstand, dass zu dem Posten „Anteilscheine“ im Umfang der für die vom Fonds mitgeteilten Beträge nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. g InvStG 2004 („Betrag der Absetzungen für Abnutzung und Substanzverringerung“) ein pStAP gebildet wurde, nicht berührt wird.
Dass die von § 2 Abs. 1 InvStG 2004 nicht erfasste Ausschüttung eines sog. Liquiditätsüberhangs („negativ thesaurierte Erträge“) im Rahmen der betrieblichen Bewertung der Immobilienfonds-Anteile des Ausschüttungsempfängers nicht zu einer Minderung der Anschaffungskosten führt, vielmehr ein passiver Ausgleichsposten zu bilden ist, der im Zeitpunkt der Rückgabe/Veräußerung der Anteile gewinnerhöhend aufzulösen ist, hat der Bundesfinanzhof entschieden6.
Die Revision ist allerdings der Ansicht, dass der auch nach Maßgabe des BMF-Schreibens in BStBl I 2009, 931 zu bildende pStAP den „steuerlichen Buchwert“ der Fondsbeteiligung ändert („Wertverzehr“) und damit zum jeweiligen Bilanzstichtag i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG ein „an die Stelle tretender Wert“ (im Verhältnis zur Eingangsbewertung der Anteilscheine mit den Anschaffungskosten) vorhanden sei. In die gleiche Richtung zielt die in der Literatur geäußerte Kritik an der BFH-Entscheidung in BFHE 269, 516, BStBl II 2021, 292, im Umfang der „negativ thesaurierten Erträge“ lägen beim Anleger „AfA-ähnliche“ (steuerfreie) Absetzungsbeträge vor, die auf der Grundlage einer (investmentrechtlichen) Gleichbehandlung mit einem Direktanleger zu einer (jeweils stichtagsbezogenen) Buchwertänderung führen müssten7.
Trotz dieser Kritik hält der Bundesfinanzhof an der genannten Auffassung fest.
Der Bundesfinanzhof hat in der angesprochenen Entscheidung in BFHE 269, 516, BStBl II 2021, 292 zwar herausgestellt, dass die Ausschüttung des „Liquiditätsüberhangs“ durch den Fonds (finanziert aus den dortigen laufenden Einnahmen) -ähnlich einer sog. Substanzausschüttung8- (mindernd) den „inneren Wert“ der Anteile berührt, der bei einer Rückgabe der Anteile in der Höhe des Rückgabewerts besteuerungsrelevant ist. Insoweit ist damit aber nur die insbesondere für den betrieblichen Anleger relevante Besteuerung der Vermögenssubstanz im Augenblick der konkreten (Wert-)Realisierung angesprochen. Auf dieser Grundlage sind entsprechende Ausschüttungen während der Behaltenszeit der Anteile durch den Ansatz eines passiven Ausgleichspostens zu neutralisieren, um im Realisationszeitpunkt (z.B. der Rückgabe der Anteile) im Zusammenhang mit der Ermittlung des Rückgabegewinns/-verlustes ertragswirksam („Nachversteuerung“) aufgelöst zu werden.
In der Konsequenz der systematischen Grundlagen, die der Bundesfinanzhof im Urteil in BFHE 269, 516, BStBl II 2021, 292 dargelegt hat, liegt es, dass der pStAP (in der Höhe seines Bestandes) die Teilwertabschreibung nicht hindert9.
Entgegen der Ansicht des Finanzamtes liegt in der Ausschüttung der „negativ thesaurierten Erträge“ kein tragfähiger Grund, von einem -aus der Sicht der Eingangsbewertung der Anteilscheine im Betriebsvermögen des Anlegers mit den Anschaffungskosten- abweichenden „an die Stelle tretenden Wert“ auszugehen. Denn eine nachträgliche Minderung der Anschaffungskosten etwa durch eine Kapitalrückzahlung10 bzw. eine Substanzausschüttung11 liegt insoweit -wie der Bundesfinanzhof in seinem Urteil in BFHE 269, 516, BStBl II 2021, 292 ausführlich begründet hat- nicht vor. Der pStAP hat, wie die Vorinstanz treffend ausführt, eine „eigenständige und von den Anschaffungskosten losgelöste Bedeutung“12. Auf dieser Grundlage stellt der pStAP, der in seinem Bestand nach der Rechtsansicht des Finanzamt nicht berührt sein soll („keine Auflösung“), in der Höhe seines Werts auch kein Hindernis für eine Teilwertabschreibung dar; eine (Sach-)Wertminderung als Grundlage der Teilwertabschreibung ist unabhängig von der bis zu einem Realisationsakt aufgeschobenen Besteuerung bereits zugeflossener Einnahmen („Schlussbesteuerung“).
Es kommt auch nicht in Betracht, unter dem Gesichtspunkt einer Gleichbehandlung mit einem Direktanleger einen „AfA-ähnlichen“ Betrag bei der Bewertung der Anteilscheine abzusetzen, auch wenn es sich um diejenigen AfA-/AfS-Beträge handelt, die auf der Ebene des Fonds auf die dort gehaltenen Wirtschaftsgüter und vor allem den Gebäudebestand anfallen, jedoch nicht von diesem, sondern vom Anleger als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben geltend gemacht werden können (s. § 3 Abs. 3 Satz 1 InvStG 2004 für den Ansatz der AfA-/AfS-Beträge als Werbungskosten). Ein solches „Gleichbehandlungsbild“ wird dem Umstand nicht gerecht, dass es sich um zwei verschiedene Besteuerungsebenen und um unterschiedliche Wirtschaftsgüter handelt13. Der Vorinstanz ist jedenfalls darin beizupflichten, dass die von der Revision favorisierte wertbezogene Relevanz des pStAP noch während der Besitzzeit der Anteilscheine („vorzeitige Erfolgswirksamkeit“) nicht mit der gesetzgeberischen Konzeption des § 3 Abs. 3 Satz 1 InvStG 2004 vereinbar ist, wonach diese Beträge die vom Anleger zu versteuernden laufenden Erträge mindern und eine steuerrechtliche Relevanz erst am Ende der Besitzzeit eintritt.
Schließlich ist durch die (im Zuflusszeitpunkt steuerfreie) Einnahme auch die stichtagsbezogene Bewertung des Vermögensgegenstandes (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG) nicht berührt. Der gedachte Erwerber des klägerischen Betriebs wird für die Anteilscheine einen Wert ansetzen, der stichtagsbezogen dem Veräußerungs- oder Rückgabepreis der Anteile entspricht, ohne die (erst) in diesem zukünftigen Zeitpunkt sich aktualisierende -bis dahin aber nur latente- Ertragsteuerbelastung, die für den aktuellen Anteilscheininhaber in dem pStAp zum Ausdruck kommt, in seine Bewertung einzubeziehen.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 21. April 2021 – XI R 42/20
- BFH, Urteil vom 01.07.2020 – XI R 10/18, BFHE 269, 516, BStBl II 2021, 292[↩]
- zur Anwendung der allgemeinen Gewinnermittlungsregelungen, da das Investmentsteuerrecht insoweit keine eigenständige bzw. abschließende Regelung trifft, s. das BFH, Urteil vom 01.07.2020 – XI R 10/18, BFHE 269, 516, BStBl II 2021, 292; s.a. z.B. Häuselmann, Investmentanteile, Kap. 8 Rz 80, 139 f.; Haisch/Helios, Rechtshandbuch Finanzinstrumente, § 7 Rz 151; Moritz/Strohm in Moritz/Jesch, InvStG, § 2 Rz 54 ff.; Schulz/Petersen, Deutsches Steuerrecht -DStR- 2008, 335; Blümich/Wenzel, § 2 InvStG 2004 Rz 10[↩]
- s. dazu im Zusammenhang mit Anteilscheinen an einem Investmentvermögen z.B. BeckOK InvStG 2004/Bödecker, 18. Ed. [01.01.2021], InvStG § 2 Rz 41.11; s.a. Lübbehüsen in Berger/Steck/Lübbehüsen, Investmentgesetz, § 2 InvStG Rz 100[↩]
- s. BFH, Urteil vom 13.02.2019 – XI R 41/17, BFHE 263, 337; s. aber auch Finanzgericht Köln, Urteil vom 17.06.2020 – 13 K 2038/16, EFG 2021, 370, anhängige Revision – XI R 21/20[↩]
- ständige Rechtsprechung, z.B. BFH, Urteile vom 16.12.2015 – IV R 18/12, BFHE 252, 408, BStBl II 2016, 346, Rz 29 f.; vom 17.08.2017 – IV R 3/14, BFHE 259, 111, Rz 21; BFH, Urteil in BFHE 263, 337, Rz 19[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 269, 516, BStBl II 2021, 292, mit umfassenden Nachweisen; zustimmend z.B. Brill, Der Ertragsteuerberater 2021, 96; Köhler, BB 2021, 240; dies., DStR kurzgefaßt 2021, 36; Nacke, HFR 2021, 174; Reddig in Kirchhof/Seer, EStG, 20. Aufl., § 5 Rz 238 „Liquiditätsüberhang“; s.a. Treiber, BFH/PR 2021, 141[↩]
- Weber-Grellet, Finanz-Rundschau 2021, 231, 232[↩]
- s. zu dieser § 3a InvStG 2004 i.d.F. seit dem Gesetz vom 18.12.2013, BGBl I 2013, 4318[↩]
- gleicher Ansicht Köhler, BB 2021, 240; s.a. dies., DStR 2020, 1697, 1703 und 1705[↩]
- s. allgemein z.B. Blümich/Ehmcke, § 6 EStG Rz 808, 866[↩]
- s. Haisch in Herrmann/Heuer/Raupach, § 5 EStG Rz 1093 „Haltedauer/Ausschüttungen“; s.a. Köhler, DStR 2020, 1697, 1703[↩]
- s.a. Borgdorf, EFG 2020, 756; Sprang, NWB 2020, 2538, 2543[↩]
- Sprang, NWB 2020, 2538, 2543[↩]