Übergabe von Anteilen an gewerblich geprägten Personengesellschaften

Die Übergabe von Anteilen an gewerblich geprägten Personengesellschaften ist nicht nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG 2008 begünstigt.

Übergabe von Anteilen an gewerblich geprägten Personengesellschaften

Begünstigt sind gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1a Satz 2 Buchst. a EStG ausdrücklich nur „Versorgungsleistungen im Zusammenhang mit der Übertragung eines Mitunternehmeranteils an einer Personengesellschaft, die eine Tätigkeit im Sinne der §§ 13, 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder des § 18 Absatz 1 ausübt“. Eine gewerblich geprägte Personengesellschaft ist aber nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 EStG definitionsgemäß eine „Personengesellschaft, die keine Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 ausübt“. Aus dem Zusammenspiel dieser Regelungen folgt mit einer Klarheit, die keinen Raum für Zweifel lässt, dass gewerblich geprägte Personengesellschaften nicht unter die Begünstigung nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG fallen. Hätte der Gesetzgeber sämtliche in § 15 EStG genannten Ausprägungen gewerblicher Einkünfte in die Begünstigung einbeziehen wollen, hätte es nahe gelegen, dass er in § 10 Abs. 1 Nr. 1a Satz 2 Buchst. a EStG statt der komplexen Paragraphenkette „§§ 13, 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder des § 18 Absatz 1“ schlicht formuliert hätte: „§§ 13, 15 oder § 18 Absatz 1“.

Zwar enthalten die Gesetzesmaterialien1 keine ausdrückliche Aussage zu der hier in Rede stehenden Formulierung des Gesetzes. Umgekehrt stützen die Gesetzesmaterialien aber auch die gegenteilige Auffassung nicht. Der Gesetzgeber hat sich vielmehr zu der hier umstrittenen Frage nicht ausdrücklich geäußert.

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Aus der allgemeinen Aussage in den Materialien, das Rechtsinstitut der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen solle auf seinen Kernbereich zurückgeführt werden, können die Kläger jedenfalls nichts ihnen Günstiges herleiten, das den klaren Gesetzeswortlaut verdrängen könnte. Im Gegenteil ließe sich durchaus darauf verweisen, dass der Gesetzgeber ausdrücklich „Steuergestaltungen“, insbesondere „die Übertragung von Geldvermögen, Wertpapieren, typisch stillen Beteiligungen und selbst genutztem Wohneigentum“ hat verhindern wollen. In eine gewerblich geprägte Personengesellschaft können aber beliebige Wirtschaftsgüter eingebracht werden, die vormals zum Privatvermögen gehört haben. Auf diese Weise wären die vom Gesetzgeber als unerwünscht angesehenen Gestaltungen zur begünstigten Übertragung von Geldvermögen, Wertpapieren und Wohneigentum weiterhin möglich gewesen2.

Die Gegenansicht verweist demgegenüber darauf, dass gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes unter dem Begriff des Gewerbebetriebs „ein gewerbliches Unternehmen im Sinne des Einkommensteuergesetzes“ zu verstehen sei. Der Begriff des „gewerblichen Unternehmens“ werde innerhalb des § 15 EStG aber ausschließlich in § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG verwendet, nicht hingegen in § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG. Gleichwohl sei unbestritten, dass auch gewerblich geprägte Personengesellschaften der Gewerbesteuer unterlägen.

Diese Argumentation ist zwar im Ausgangspunkt zutreffend. Sie übersieht aber, dass in der -vorliegend streitentscheidenden- Norm des § 10 Abs. 1 Nr. 1a Satz 2 Buchst. a EStG nicht der Begriff des „gewerblichen Unternehmens“ verwendet wird, sondern von einer „Tätigkeit im Sinne … (des) § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1“ die Rede ist. Genau diese Formulierung greift die Regelung des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG im Sinne einer Negativabgrenzung auf und definiert die gewerblich geprägte Personengesellschaft als eine solche, die gerade „keine Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 ausübt“. Dieser gesetzliche Regelungszusammenhang kann nicht anders ausgelegt werden, als es das Finanzgericht im Einklang mit der allgemeinen Literaturauffassung vorgenommen hat.

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Es besteht auch kein Widerspruch zwischen der Behandlung der in § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG genannten Personengesellschaften einerseits und gewerblich geprägten Personengesellschaften andererseits. Die „Abfärberegelung“ des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG kommt ausdrücklich nur zur Anwendung, „wenn die Gesellschaft auch eine Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 ausübt“. Damit sind aber zugleich die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 1a Satz 2 Buchst. a EStG erfüllt, so dass Anteile an derartigen Gesellschaften nach dem klaren Gesetzeswortlaut begünstigt sind.

Demgegenüber üben gewerblich geprägte Personengesellschaften keine in § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG bezeichnete Tätigkeit aus und fallen daher nicht unter § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG.

Soweit unter Berufung auf eine Fundstelle aus der Kommentarliteratur die Auffassung vertreten wird, die Gesellschafter gewerblich geprägter Personengesellschaften erzielten Einkünfte nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, was aber stets ein gewerbliches Unternehmen nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG voraussetze, ist dieses Zitat falsch. Sowohl in der 30. Aufl.2011 als auch in der aktuellen 33. Aufl.2014 heißt es bei Schmidt/Wacker, EStG, § 15 Rz 180: „§ 15 – I 1 Nr 2 setzt grds (Ausnahme § 15 – III Nr 2) voraus, dass die PersGes … ein gewerbl Unternehmen iSv § 15 – I 1 Nr 1 iVm – II betreibt.“ In dieser Kommentarstelle ist also gerade nicht der Rechtssatz aufgestellt, in den Fällen des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG sei stets ein gewerbliches Unternehmen nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG erforderlich. Der Hinweis auf die Ausnahme des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG bringt vielmehr zum Ausdruck, dass die gewerblich geprägte Personengesellschaft zum Anwendungsbereich des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG gehört, obwohl sie gerade kein gewerbliches Unternehmen betreibt.

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Bundesfinanzhof, Beschluss vom 22. Januar 2015 – X B 118/14

  1. Gesetzentwurf der Bundesregierung eines JStG 2008 vom 04.09.2007, BT-Drs. 16/6290, 53[]
  2. vgl. hierzu auch HHR/Kulosa, § 10 EStG Rz 87; Steiner in Lademann, EStG, § 10 EStG Rz 104[]